Erwartungshaltung und Stresssymptome
Hallöchen.
Vielleicht kennt ihr bereits meinen ersten Thread, den ich vor etwas über einem Jahr erstellt habe. Da war unser Hund 10 Monate alt und hat unser Leben ist den Kopf gestellt. Kurz zusammengefasst extreme Unruhe und Wille nach Aufmerksamkeit rund um die Uhr, was für Stress bei allen Beteiligten und Schlafmangel beim Hund gesorgt hat.
Mittlerweile sieht es um Welten besser aus - er kommt selbständig zur Ruhe und akzeptiert immer besser, wenn er mal nicht dran ist und schläft längere Zeiten.
Leider haben wir pupertätsbedingt immernoch 2 große Knackpunkte, die ich euch gerne an 2 Beispielen beschreiben würde.
1. Situation - Großer Stress vor Gassirunden:
Wenn wir ihn zum Gassi gehen vorbereiten wollen, ist es, als hätte man bei ihm einen Schalter umgelegt und er fährt innerhalb weniger Sekunden auf 180ps hoch. Er hüpft, zappelt und rennt uns um die Beine. Er zappelt manchmal so sehr dass es schwer wird ihm das Geschirr anzuziehen. Er zeigt (sobald er realisiert, dass wir ihn für draußen vorbereiten) sofort massive Stresssymptome, wie hecheln, strecken, schütteln ect. Leider finden wir nicht heraus, was sein Stresstrigger ist. Wir haben verschiedene Methoden ausprobiert, doch keine hilft so richtig.
Hier was wir probiert haben:
- ignorieren und ganz in Ruhe weiter machen und ihn nichtsdestotrotz anziehen und rausgehen.
- Zwischenschritte (wie Jacke greifen, Schuhe anziehen, Schlüssel nehmen ect.) Unterbrechen, sobald Hund zu fiepen anfängt und weitermachen, wenn er aufhört.
- alles kleinschrittig machen; zu Jacke greifen, Hand wieder zurück, wenn Hund ruhig bleibt wieder zu Jacke greifen, aber einen Schritt weiter (zb. Jacke auch vom Haken nehmen und sofort wieder zurück hängen) und dann Stück für Stück steigern.
- Hund und sich selbst ganz normal anziehen (auch wenn Hund fiept) Leine ran und dann erstmal eigenes Zeug weitermachen (zb. Essen, Buch lesen, E-Mails checken) solange bis der Hund wirklich entspannt war. Dann wortlos Leine genommen und rausgegangen (hat nur beim ersten Mal funktioniert danach nie wieder (hat die ganze Zeit in Erwartungshaltung verharrt und nicht entspannt))
- haben versucht die Gassirunden so uninteressant und langweilig wie möglich zu machen, weil wir dachten er sei zu aufgeregt wegen den tollen Sachen, die er draußen erkunden kann.
-> momentan korrigieren wir ihn, sobald er anfängt sich hochzupushen und dadurch bleibt er zumindest so ruhig, dass man ihn richtig anziehen kann. Anders ging es garnicht mehr. Das einzige Problem ist nur, dass er trotz, dass er nichtmehr fiept immernoch Stresssymptome anzeigt und das führt dazu, dass er draußen nichts gelerntes abrufen kann. Das einzige was wirklich immer klappt ist der Rückruf aber mehr auch nicht. Er zieht an der Leine, schnüffelt überall, springt auf jeden Reiz an und sobald man mal für 5 Sekunden an eine Stelle stehen bleibt geht die Welt unter und das Geschrei ist groß. Sein Stress blockiert ihn total.
!Wichtig: wir haben die Trainingsmethoden jeweils über mehrere Wochen bei Monate ausprobiert, um ihm genügend Zeit zu geben, sich daran zu gewöhnen und ihn nicht zu überfordert, indem man plötzlich alles anders macht!
Genau einmal hatte ich eine super entspannte Runde (das war bei der Trainingsmethode, die nur beim ersten Mal funktioniert hat). Da hab ich gesehen, dass er wirklich alles kann. Er war so bei der Sache und hat viele Dinge von sich aus gemacht, wodurch ich nur 2 mal was sagen musste und dann auch nur ne kurze liebevolle Hilfestellung. Ansonsten war schnüffeln, hat sich aber an mir orientiert, sodass die keine nicht straff war. Er war immer ansprechbar und hat Menschen und andere Hunde ignoriert. Da war ich echt Sau stolz - Aaaber das war ein einziges Mal. Alle anderen Gassirunden verfällt er vorher in so einem Stresszustand, dass es ihn blockiert.
Weiß leider echt nicht mehr was ich machen soll.
Ich habe vor einer Weile einen Artikel über Vorfreude gelesen. Das Vorfreude gesund ist, der Hund sich aber nach der Situation direkt wieder entspannen kann und auch nicht hochpusht. Aber wenn der Hund eine gewisse Situation mit viel Frust verbindet, kann das dazu führen, dass die Situation auch dauerhaft mit Stress verknüpft ist und er sich dadurch so verhält. Man kennt ja, dass gerade pubertäre Rüden durch ihren chaotischen Hormonhaushalt oft gefrustet sind und super ungeduldig sind.
Falls es bei unserem Hund der Fall aus dem Artikel ist, wie kann ich ihn unterstützen, die Situation nichtmehr mit Stress zu verknüpfen.
Er bekommt frühs (im Sommer auch Mittags kurz) und abends die gleiche Runde, damit er eine gewohnte Umgebung hat und es ihn nicht überfordert. Er bekommt genügen Auslastung, Aufmerksamkeit und Liebe, hat aber auch längere Ruhephasen, in denen er schläft.
Bevor es tatsächlich ruas geht warte ich deinen vor der Tür kurz, bis er ein wenig ruhiger ist und gehe dann erst raus, weil ich die ganze Unruhe nicht mit nach draußen nehmen möchte.
2. Situation - Erwartungshaltung bis zum geht nicht mehr:
Im Alltag zeigt er in zahlreichen Situationen eine Erwartungshaltung. Teilweise können wir garnicht nachvollziehen woher diese kommen.
Vor Gassirunden oder Futterzeiten starrt er uns die ganze Zeit an und fiept was das Zeug hält.
Die kleinsten Dinge können eine Erwartungshaltung bei ihm auslösen, sei es, wenn mein Partner und ich uns küssen, einer von uns vom Bett oder vom Schreibtisch aufsteht oder auf Toilette ist. Logisch gehen wir auch manchmal unmittelbar vor Gassirunden auf die Toilette, dass ist aber nicht immer so, dennoch gibt es Tage wo er ständig drauf reagiert, wenn wir auf die Toilette gehen. Wir versuchen, oft vor Gassirunden nicht zu oft ein bestimmtes Verhalten zu zeigen, damit er es nicht miteinander verbindet. Aber es ist ja auch keine Dauerlösung, wenn wir uns dadurch einschränken und er uns durch die Weltgeschichte manipuliert, um uns zu einem gewissen Verhalten zu drängen.
Wir haben versucht auf seine Erwartungshaltung nicht einzugehen (durch ignorieren) damit er diese ablegen kann. Leider kommt er mit dieser Methode garnicht zurecht und fiept mehrere Stunden durch, wodurch er nicht zur Ruhe findet.
Ich würde es auch durchziehen und ihn bei unangemessenen Erwartungshaltungen und Forderungen weiterhin ignorieren, leider bin ich mir unsicher, ob das eine gute, nachhaltige und langfristige Lösung ist und sich sein Verhalten dadurch bessert.
Ich weiß leider nicht, wie man das handhaben kann, denn es ist uns nicht möglich seine Erwartungshaltung nie zu erfüllen. Zb bekommt er Minimum 1 Stunde (oder auch bisschen später) nach der frühs und abends Gassirunde sein Essen. Nach der Gassirunde legt er sich also auf seinen Platz und starrt uns die ganze Zeit an. Mal wird gefiept, mal nicht. Leider können wir nicht warten, bis er damit aufhört, sonst müssten wir stundenlang warten, auf Kosten seiner Ruhezeiten. Also bekommt er irgendwann natürlich sein Futter. Ich biete ihm auch Kauartikel an, mit denen er die Zeit überbrücken kann oder Stress abbauen kann, leider nutzt er die in solchen Fällen nicht.
Was kann man machen, dass er lernt selbständig zur Ruhe zu finden, wenn er merkt, dass seine Erwartungshaltung nicht bestätigt wird? Essen und Gassi sind ja Grundbedürfnisse, die wir selbstverständlich nicht weglassen können. Auch das nach vorne oder hinten Verlegen der Gassizeiten hat dazu geführt, dass er schon vor seiner Zeit fiept und nicht aufhört.
Kennt sich jemand mit diesen 2 Problematiken aus und kann mir gut gemeinte Ratschläge geben? Ich habe in den letzten 2-3 Jahren super viel recherchiert, gelesen und mich mit der Hundesprache und den Prozessen im Gehirn und Körper des Hundes beschäftigt, sodass ich mehr Verständnis und wissen habe. Leider hilft mir dass nur die Situation einzuschätzen, aber nicht einen geeigneten Trainingsweg zu finden bzw. mir zu erarbeiten.
Das sind tatsächlich auch seine einzigen beiden Probleme, die leider so gravierend sind, dass sie im Alltag dauerhaft zu Stress führen, weil wir nicht wissen wie wir ihm helfen können.
Eine tierärtztliche Untersuchung ist geplant und wir schauen uns aktiv nach Trainern im der Nähe um, die uns vielleicht helfen können. Leider sieht es hier in der Gegend sehr mau aus, weshalb ich hier diese Problematiken anspreche.
Alle anderen Dinge funktionieren mit ihm super und er kann auch ein super liebenswürdiger, toller Hund sein, doch zurzeit sind wir durch sein Verhalten und unsere Ratlosigkeit einfach kein Team mehr. Wünsche mir gut gemeinte Tipps und Ratschläge, habe aber keine Lust auf vorwurfsvolle, besserwisserische Hate - Kommentare von wegen "ja, die hat keine Ahnung" oder "ja so kann das ja auch nicht funktionieren, du machst das alles falsch".
Bitte bleibt respektvoll. <3 Ich interessiere mich sehr für Hundetraining und -Erziehung und hab mir über die Jahren viel Wissen aneignen können und bin auch bereit immer neues zu lernen, vor allem Dingen, wenn jemand mein Wissen ergänzen oder korrigieren kann.