Verhalten & Psychologie

Verfasser-Bild
Mona
Anzahl der Antworten 19
zuletzt 20. Sept. 20:55

Keine Ruhe beim Streicheln

Hallo in die Runde (: Uns würden sehr ein paar Meinungen zum 'Rumgehampel' unseres Rüden interessieren. Falls relevant - er ist erst seit etwas über 2 Monaten bei uns und ca. 5 Jahre alt. Er LIEBT Kuscheln und gestreichelt werden, kommt dabei aber irgendwie nie zur Ruhe. Wie auf dem Video zu sehen wechselt er dauernd die Position, manchmal geht er auch mit offenem Maul zu unseren Händen, als wollte er spielen, legt sich aber direkt wieder zum Streicheln hin, wenn wir darauf eingehen. Manchmal schiebt er sich oder seinen Kopf auch gezielt in unsere Hand, als wollte er eine bestimmte Stelle gestreichelt haben, hampelt aber 2 Sekunden später wieder rum. Wir haben schon versucht herauszufinden ob er vielleicht bestimmte Stellen nicht, oder besonders gerne mag. Ob lieber leichtes Streicheln, oder eher eine Massage. Kraulen oder streichen.. Macht alles keinen Unterschied. Wir hören auch zwischendurch auf um zu gucken, ob er überhaupt noch angefasst werden will. Wie im Video holt er sich die Hand dann wieder ran oder stupst uns an, hat also grundsätzlich schon Interesse dran. Hat jemand eine Idee woran das liegen kann? Bei meinem Freund bleibt er etwas ruhiger, kommt aber auch da meistens nicht wirklich runter. Wenn man aufhört und er mit seinem Stupsen und 'Hand ranholen' keinen Erfolg mehr hat, legt er sich bequem mit Körperkontakt hin und schläft / döst. Fängt man dann an ihn zu streicheln, bleibt er nach einem kurzen 'nochmal anders hinlegen' ruhig liegen und döst weiter. Wir können das Verhalten nicht wirklich deuten und würden uns über Feedback freuen.
 
Verfasser-Bild
Jennifer
Anzahl der Antworten 41
zuletzt 20. Sept. 19:46

Enormer Stress beim Gassi gehen

Hallo zusammen! Bitte entschuldigt den wirklich langen Text, aber falls sich hier Menschen mit ähnlichen Problemen auseinandersetzen, würde ich mich sehr über einen Erfahrungsaustausch freuen! Unser Junghund ist ein 10 Monate alter, unkastrierter Rüde, den wir mit knapp 5 Monaten aus dem Tierschutz adoptiert haben. Über seine Vergangenheit ist nicht allzuviel bekannt, er ist aber auf einer Pflegestelle in DE geboren und war vor uns bereits vermittelt. Von dieser Familie wurde er nach 1 Monat aufgrund von Überforderung allerdings wieder zurückgebracht. Auf seiner Pflegestelle hat er mit mehreren Hunden mitten im Nirgendwo gelebt. Er ist ein recht intelligenter und eigentlich selbstbewusster Kerl, der inzwischen auch in der Pubertät angekommen ist. Jegliche Gefühle drückt er schon seitdem er bei uns ist sehr durch seine Stimme aus und deckt dabei das gesamte Spektrum von fiepsen über jaulen bis zum bellen ab. Drinnen kommt er zum Glück inzwischen meist gut zur Ruhe. Da gibt es sicher auch noch die ein oder andere Baustelle, z.B. bei Besuch, unser Hauptproblem ist aber das Spazieren gehen. Sobald es nach draußen geht, ist er enorm gestresst. Das beginnt bereits beim Anziehen, wo er jedes Stresssignal aus dem Lehrbuch zeigt. Öfter, abseits vom Gassi gehen fertig machen, um die Erwartungshaltung zu reduzieren oder das ganze in die Länge ziehen und warten bis er wieder runter fährt, führt zwar dazu, dass er sich etwas beruhigt, aber sobald er versteht, dass es raus geht, ist er von 0 auf 100. Das bedeutet konkret: er ist unfassbar hibbelig, läuft von links nach rechts oder dauerhaft um einen herum, sprintet nach vorne, bellt Bewegungsreize (Blätter, Autos etc) an oder auch einfach „grundlos“ aus allgemeiner Überforderung und pusht sich damit selber weiter hoch. Hundebegegnungen sind der Endgegner: egal aus welcher Entfernung, sobald er einen Hund als solchen ausmachen kann, rastet er komplett aus. Selbst wenn er nur die Spur eines Hundes aufnimmt, der 2 Minuten vorher an der gleichen Stelle war, stresst ihn das unfassbar. Im direkten Kontakt zeigt er sich zwar unterwürfig, aber auch sehr ungestüm und spricht „Hund“ trotz Erfahrung im Rudel nicht sonderlich gut. Wir haben bereits alles probiert, um die Spaziergänge so stressfrei wie möglich zu gestalten und langfristig mehr positive Erlebnisse für ihn zu schaffen. Darunter fällt unter anderem - keine Runden drehen, sondern einfache Strecken hin- und zurück - sehr reizarme Umgebungen wählen - immer die gleichen Wege außerhalb der Stoßzeiten laufen - Inselspaziergänge - hinsetzen und beobachten (anfangs wurde nach 10 Sekunden bereits gebellt, jetzt können wir uns mit etwas fiepsen meist schon gut länger hinsetzen) - trödeln - sich neben ihn setzen, langsam streicheln und beruhigend zureden - Dauer variieren (von 10min bis 1h haben wir schon alles ausprobiert) - Schleppleine für mehr Radius - Fokus auf uns (Click for Blick etc) - Leinentritt (drinnen die absolute Wunderwaffe, da kommt er sofort runter, draußen allerdings nur wenig effektiv) - hochnehmen in direkten Stressituationen (das beruhigt ihn sehr gut, ist aber natürlich nur ein Quick Fix) Nichts davon konnte ihm allerdings langfristig wirklich Ruhe/Sicherheit vermitteln oder den Stress reduzieren. Im städtischen Kontext mit vielen Hunden und Gerüchen ist es zwar definitiv schlechter, aber selbst auf einem leeren Feld oder im Wald nicht merklich besser als in der normalen Umgebung Zuhause. Dass er drinnen dafür recht ausgeglichen ist, grenzt, wenn man bedenkt wie lange der Abbau von Stress im Körper eigentlich dauert, wirklich an ein Wunder. Da hat er Spaß an Tricks, Dummy suchen und apportieren, Schnüffelhandtüchern, Leckmatten etc und kuschelt gerne. Auch seine Impulskontrolle ist recht gut und er kann schon gut alleine bleiben. Eine Hundeschule und ein Trainer haben uns bis jetzt nicht wirklich weitergebracht, daher sind wir gerade auf der Suche nach neuer Unterstützung, ggf auch in Richtung Verhaltenstherapie. Falls hier zufällig jemand eine gute Adresse in der Münchner Umgebung kennt, sehr gerne! Ein Tierarzttermin, um ihn allgemein nochmal durchchecken zu lassen, inkl großem Blutbild und Betrachtung der Schilddrüse, ist in den kommenden Tagen angesetzt. Auch beruhigende Mittel (CBD Öl etc) wollen wir in diesem Kontext ansprechen. Natürlich ist das Ganze sehr vielschichtig und es wird keine schnelle Lösung geben. Trotzdem würde ich mich über Erfahrungen/Anregungen von außen freuen, ich selbst bin mit meinem Latein nämlich so langsam am Ende 😅
 
Verfasser-Bild
Steffi
Anzahl der Antworten 87
zuletzt 18. Sept. 15:31

Der Hund ist ein Dämon!

Hier im Forum sehe ich leider sehr häufig, dass Hunden - egal ob den eigenen oder gar fremden - die wildesten Intentionen und Eigenschaften unterstellt werden. Mit keinen, wenigen oder kaum aussagekräftigen Hintergrundinformationen, mutieren aufgrund voreiliger Schlüsse und fehlerhafter Annahmen viele Tiere schnell zur machtbesessenen und allesdominierenden Bestie. Häufig wird dabei vollkommen außer Acht gelassen, dass Hunde aufgrund der Domestikation überaus anpassungsfähige und eher konfliktmeidende Lebewesen sind. Nicht selten werden Beschwichtigungsgesten, Demut oder Aufregung somit schnell zu Respektlosigkeit, Machtdemonstration und Übergriffigkeit. Dies geschieht jedenfalls in den Köpfen der Menschen! Immer wieder fällt mir bei solchen Aussagen auf, dass dabei lang veraltete Thesen (Rudeltheorie, Hierachiedenken, Hintergedanken der Tiere etc.)  in den Raum geworfen werden und an diesen auch hartnäckig festgehalten wird. Weiterhin scheint es vielen schwer zu fallen, die Dinge zunächst neutral zu betrachten. Zügig wird gewertet und verurteilt. Die hündische Kommunikation und Körpersprache wird zuhauf fehlerhaft interpretiert, negativ bewertet oder im Zuge dessen sogar dem Tier untersagt. Damit wird diesen gutmütigen und überaus sozialen Lebewesen Unrecht getan und sie werden auch leider durch Schubladendenken und schlechten Vorschlägen (oft zu unfairen und/oder gewaltvollen Methoden) unangemessen behandelt und erneut missverstanden. Ich bin eher dafür, grundlegend davon auszugehen, dass kein Hund böse Absichten hegt und es stets eine nachvollziehbare Ursache für jegliches Verhalten gibt. Anstatt die damit verbundenen Symptome mit allen Mitteln zu bekämpfen, sollte doch geschaut werden, an welchen wichtigen Rädchen tatsächlich gedreht werden kann. Und das nicht nach Schema F, sondern individuell an das Hund-Mensch-Team, dessen Situation und Umfeld angepasst. Mir fällt auch vermehrt auf, dass viele Menschen sich schwer damit tun, die Fehler an anderer Stelle, als beim Hund zu suchen. Niemand ist perfekt und das ist sicher auch allen irgendwie klar. Warum also geben so viele Hunden die Schuld daran, dass sie Verhaltensweisen zeigen, die uns (Menschen) persönlich unangenehm sind oder unpassend erscheinen? Wir haben die Hunde in unser Leben geholt und sind es ihnen schuldig, sie durch dieses menschliche Konstrukt zu begleiten und ihnen zu zeigen, wie sie sich gut anpassen können, um ein möglichst harmonisches, erfülltes und entspanntes Leben zu führen. Nun frage ich mich, wie man das derzeitige Denken umkrempeln kann? Weg vom Unterstellen böser Absichten, hin zur vernünftigen Ursachenforschung. Ohne voreilige Schlüsse, unangebrachte Wertungen (gegenüber den Hunden wie auch den Menschen) und vollkommen absurder Interpretationen. Wie können wir Menschen es schaffen uns zu verbessern? Werden wir jemals Schubladendenken, Verbissenheit und Schuldfragen hinter uns lassen können? Ist das überhaupt möglich? Und wenn ja, auf welche Weise? Gibt es Wege einander dabei gegenseitig zu unterstützen und somit dafür zu sorgen, dass die Menschheit sich wenigstens hier ein kleines bisschen weiterentwickelt? Sicher können wir uns alle informieren, bilden und reflektieren. Wir können unser Gedankengut und das anderer hinterfragen und neue Erkenntnisse dazu gewinnen. Mir geht es hier aber darum, wie wir einander helfen können, eben dahin zu gelangen, wenn vermeintlich ein Stein im Weg zu liegen scheint. Freue mich auf einen friedlichen und konstruktiven Austausch :)