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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 12. Mai

Zwerghunde und die "bösen Grossen"

(HALTER ENTSPRECHENDER HUNDE AUS ÜBERNAHME ODER TIERSCHUTZ SIND VON DIESEM BEITRAG AUSDRÜCKLICH AUSGENOMMEN) Gerade häufen sich mal wieder die Threads und Beiträge zum Thema winzige Hunde, die vor den angeblich so zahlreichen ungezogenen, normalgrossen Hunden beschützt werden müssen. Einerseits sollte natürlich jeder HH darum bemüht seinen, sein Tier zu weitgehend verträglichem, höflichen Verhalten zu erziehen und es so zu führen, dass es seine Umwelt nicht gefährdet. Andererseits stellt sich mir schon die Frage, woher Menschen, die absichtlich zu den problembehafteten (gesundheitliche, körperbauliche und kommunikationstechnische Probleme) Klein- und Zwergzuchten greifen, die Vorstellung nehmen, dass Halter grösserer Hunde sich in der Führung derselben nochmal extra einschränken müssten, um den künstlich produzierten speziellen Bedürfnissen dieser züchterischen Entgleisungen gerecht zu werden. Für mich fühlt sich das an wie Logik von innen nach aussen gestülpt - zuerst wird absichtlich ein Problem produziert, an das sich dann alle anzupassen haben...? Wie wär's stattdessen damit, das Problem ansich zu beheben? (HALTER ENTSPRECHENDER HUNDE AUS ÜBERNAHME ODER TIERSCHUTZ SIND VON DIESEM BEITRAG AUSDRÜCKLICH AUSGENOMMEN) [Dies ist eine Grundsatzfrage, Beiträge nach dem Motto "soll jetzt jeder bereits existente kleine Hund von grösseren verletzt werden dürfen?" würden an der Intention des Threads total vorbeigehen. Und nein, natürlich sollten sie das nicht.]
 
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Heike
11. Feb. 10:43
Nach all dem was ich jetzt hier gelesen habe, kann ich beide Seiten in großen Teilen verstehen.
Es ist immer ein Mix aus Erfahrungen, Umgebung, Voraussetzungen beim Hund und auch Training und Trainingsfortschritt. Ich bin nun ziemlich froh, dass ich in einer Gegend wohne, wo Begegnungen sowohl mit Fremdhunden als auch mit Menschen eher selten sind, was das Ganze entstresst. Obwohl wir äußerst schlechte Erfahrungen gemacht haben, klappt der Kontakt zu anderen Hunden bei Suki inzwischen wieder gut, wir haben dafür andere Baustellen (Jagdtrieb) bei denen nur mäßiger bis kein Fortschritt feststellbar ist.
Gegenseitige Rücksichtnahme und auch Verständnis für die Probleme des Anderen sind für mich Schritte in die richtige Richtung.
 
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Heike
11. Feb. 10:47
Ich kenne beide Seiten aus erster Hand. Bis vor zwei Jahren hatte ich einen großen, schwarzen Schäferhundmischling (ca. 30kg). Zu der Zeit waren Spaziergänge unkompliziert und für mich völlig entspannt. Mir wurden keine unerwünschten Kontakte aufgezwungen, man ist ausgewichen, der Hund wurde nicht einfach angequatscht oder gar angefasst, andere Hundebesitzer haben ihre Hunde angeleint. Jetzt laufe ich seit zwei Jahren mit zwei 6kg Dackeln und fast jeder Spaziergang wird zum Spießrutenlauf. Die Hunde werden angequatscht, es wird versucht zu streicheln, Kinder werden ungebremst drauf los gelassen, niemand hält Abstand, Hunde werden nicht angeleint. Kleine Hunde werden einfach nicht ernst genommen und durch ständige Grenzüberschreitungen sind meine tatsächlich auch reaktiv geworden. Ich arbeite dran und gebe mir echt verdammt viel Mühe, aber es ist wie kämpfen gegen Windmühlen wenn einem ständig in die Parade gefahren wird. Hin und wieder bin ich mit einer Bekannten und ihrer Dogge unterwegs und sämtliche Hundehalter, die sich bei mir alleine nicht mal die Mühe machen ihre Hunde ranzurufen, leinen dann plötzlich schon auf mehreren 100m Entfernung an und laufen einen Bogen, so dass man friedlich passieren kann. Davon kann ich echt nur träumen. Es ist teilweise so schlimm, dass ich wirklich schwer darüber nachgedacht habe mir wieder einen großen Hund zu holen, einfach um wieder meine Ruhe zu haben 🤷‍♀️
Die selbe Erfahrung habe ich auch, wenn ich mit einer Bekannten zusammen gehe, mit einem sehr großen Hund, dass dann angeleint und zurückgerufen wird von Leuten, die es nicht notwendig finden, wenn ich alleine mit Suki dort laufe.
 
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Kirsten
11. Feb. 10:50
Manchmal denke ich ein Hundetausch für zwei Wochen würde Klein- und Großhundebesitzern richtig gut tun. Dann erlebt man Alltagssituationen aus einer ganz neuen Perspektive. Aus den Beiträgen der Kleinhundebesitzer entnehme ich zum Beispiel, dass man mit einem großen Hund scheinbar komplett unbeschwert durch die Welt laufen kann, weil ihm nichts passieren kann. Man muss mit einem großen Hund natürlich weniger Angst haben, dass er bei einem unglücklichen Kontakt direkt in Todesgefahr gerät. Dafür hat man aber andere Sorgen. Es ist auch nicht spaßig Angst zu haben, dass der eigene Hund einen anderen aus Versehen verletzt. Oder dass der eigene Hund immer unter Generalverdacht steht und nur unter tadellosem Gehorsam gesellschaftlich akzeptabel ist. Gewüscht oder gemocht immer noch nicht, aber zumindest akzeptabel. Ein kleiner bellender Hund ist eine kläffende Fußhupe, ein großer bellender Hund gemeingefährlich (beide Hunde sind vermutlich überfordert). Kleine Hunde werden ungefragt betatscht, großen Hunden geht man skeptisch aus dem Weg. Beides fühlt sich doch nicht gut an (übrigens merken Hunde sehr wohl, wenn sie aktiv gemieden oder anders behandelt werden). Mit einem großen Hund ist die Wahrscheinlichkeit viel größer für das gleiche Vergehen oder sogar unverschuldet viel strengere Konsequenzen zu tragen. Anzeigen, Auflagen etc. Als Beispiel: mir ist es jetzt zwei mal passiert, dass ein freilaufender, kleinerer Hund meinen angeleinten Hund angegriffen hat und vorbeigehende Passanten dem Besitzer des kleineren Hundes angeboten haben, gegen mich auszusagen, falls der Halter eine Anzeige machen möchte. Das muss man sich mal vorstellen 🤷🏻‍♀️. Zum Glück waren beide Male die Halter ehrlich und haben zugegeben, dass sie Schuld waren. Gefragt ob meinem Hund etwas passiert ist wird nie. Ich würde echt gerne mal ein paar Wochen mit einem Hund spazieren gehen, bei dem ich nicht Angst haben muss, dass er bellt oder nicht auf den Rückruf hört, weil er süß ist und man uns das viel eher verzeiht. Und vielleicht sollte jemand, der täglich um das Leben seines kleinen Hundes fürchtet, mal ein paar Wochen mit einem großen Hund gehen, den keiner begrabscht und lockt und die meisten von alleine die Straßenseite wechseln. Ich denke beide Seiten würden lockerer aus der Erfahrung rausgehen.
Das manch einer mit großem Hund so an den Rand der Gesellschaft geschoben wird, und ihm so wichtige Entwicklungsmöglichkeiten in Sachen Sozialverhalten nicht, wie anderen Hunden, ermöglicht werden können, finde ich auch richtig schlimm 😢
 
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Dogorama-Mitglied
11. Feb. 10:56
Das ist jetzt ausdrücklich nicht abwertend gemeint, ich kann die Sorge gut verstehen, aber es ist ein gutes Beispiel:

Jemand, der wegen 3 nicht so optimaler Ereignisse/Erlebnisse den ansonsten scheinbar fein aufgewachsenen Junghund als ängstlich und unsicher kategorisiert.

Das fiele mir im Traum nicht ein.

Bei mir wär das, ja blöd gelaufen, erledigt und abgehakt. Wenn es daraus tatsächlich eine kleine Unsicherheit gäbe, würd ich die als situativ und nicht als pauschal betrachten.

Das macht so einen Unterschied in der Art, wie man mit Hund und Situationen umgeht.
 
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Nina &
11. Feb. 10:57
Ich gehöre ja leider auch zu der Fraktion, bei der Hundebegegnungen problematisch sind. Und ja, die eigenen Gemütslage überträgt sich auf den Hund. Die eigenen Emotionen aber zu kontrollieren, ist meistens nicht so einfach. Und trotzdem kann es ja nur besser werden, wenn man solche Situationen übt.
Ich habe vor ein paar Tagen einen von Bokars "Feinden" getroffen. Border Collie Rüde, ist lammfromm und hat ihm noch nie was getan. Warum er den so hasst, keine Ahnung. Manche vermuten die geduckte Haltung 🤔
Jedenfalls wollte ich erst einen U turn machen, hab mir dann aber überlegt, kontrolliert in die Situation zu gehen. Der Besitzer spielte auch noch Ball mit dem, durch die Dynamik also noch schwieriger für meinen. Wir sind auf Anstand hinter denen hergegangen, zwischendurch mal paar Meter wieder umgedreht usw. Bokar war angespannt, aber eskalierte nicht. Bei dem hat er vor ein paar Woche noch versucht, über die Straße zu kommen. Wenn er Blickkontakt zu mir suchte oder sich mit dem Blick von dem Hund abwandte, habe ich ihn gelobt.
Seit dem bin ich viel entspannter unterwegs und das überträgt sich natürlich auch wieder auf meinen Hund. Ich will damit sagen, dass es manchmal hilfreich ist, gezielt und kontrolliert in eine gefürchtete Situation zu gehen, dann ist man nicht mehr so nervös und vielleicht kopflos, wenn man ungewollt spontan in so eine Situation gerät.
 
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Dogorama-Mitglied
11. Feb. 11:01
Das manch einer mit großem Hund so an den Rand der Gesellschaft geschoben wird, und ihm so wichtige Entwicklungsmöglichkeiten in Sachen Sozialverhalten nicht, wie anderen Hunden, ermöglicht werden können, finde ich auch richtig schlimm 😢
Das ist doch aber schon wieder sowas opferorientiertes - man wird gedrängt, "Rand der Gesellschaft " (hä...?), wird nicht ermöglicht, Tränengesicht.

Wie wär's stattdessen, sich die Möglichkeiten aktiv zu suchen und zu schaffen?

Wenn man sich freundlich und aufgeschlossen Anderen nähert und kund tut, was man braucht und sucht, finden sich auch Leute, mit denen das möglich ist.

😃😃😃
 
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Sophie
11. Feb. 11:10
Das ist jetzt ausdrücklich nicht abwertend gemeint, ich kann die Sorge gut verstehen, aber es ist ein gutes Beispiel: Jemand, der wegen 3 nicht so optimaler Ereignisse/Erlebnisse den ansonsten scheinbar fein aufgewachsenen Junghund als ängstlich und unsicher kategorisiert. Das fiele mir im Traum nicht ein. Bei mir wär das, ja blöd gelaufen, erledigt und abgehakt. Wenn es daraus tatsächlich eine kleine Unsicherheit gäbe, würd ich die als situativ und nicht als pauschal betrachten. Das macht so einen Unterschied in der Art, wie man mit Hund und Situationen umgeht.
Auf wen beziehst du dich denn? Wer kategorisiert seinen Hund als ängstlich, obwohl er es nicht ist? Mein Eindruck ist, dass hier gegen etwas "gefeuert" wird (mir fällt kein besseres Wort ein), was so niemand gesagt oder getan hat. Aber vielleicht habe ich auch den entsprechenden Kommentar dazu überlesen.
 
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Dogorama-Mitglied
11. Feb. 11:12
Auf wen beziehst du dich denn? Wer kategorisiert seinen Hund als ängstlich, obwohl er es nicht ist? Mein Eindruck ist, dass hier gegen etwas "gefeuert" wird (mir fällt kein besseres Wort ein), was so niemand gesagt oder getan hat. Aber vielleicht habe ich auch den entsprechenden Kommentar dazu überlesen.
Das Beispiel stammt nicht von jemandem aus dem Forum. Hat nur gerade gepasst.
 
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Dogorama-Mitglied
11. Feb. 11:17
Ich habe mich zum Beispiele gefragt, wenn Joe für ein paar Monate Nero hätte, würde Nero mehr wie Guiness werden, oder Joe mehr wie ich (wenn man vereinfachend ignoriert, dass wir komplett verschiedene Rassen haben und grundsätzlich verschiedene Typen Mensch sind). In der Theorie bin ich nämlich zu 100% bei Joe. In der Praxis klappt das dagegen nicht.
...mehr wie Guinness...der ist aber auch keineswegs ohne Baustellen.

Welche sind es denn bri Nero? Vielleicht ist das garnicht so unterschiedlich, wie du denkst...

Und ich war die ersten Monate auch nicht so gelassen wie jetzt, weil halt alles neu war und ich es schlecht einschätzen konnte.
Mein Grundeinstellung zum Leben half aber sehr, das relativ schnell auszubalancieren .
 
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Sigi
11. Feb. 11:42
Ich kenne beide Seiten aus erster Hand. Bis vor zwei Jahren hatte ich einen großen, schwarzen Schäferhundmischling (ca. 30kg). Zu der Zeit waren Spaziergänge unkompliziert und für mich völlig entspannt. Mir wurden keine unerwünschten Kontakte aufgezwungen, man ist ausgewichen, der Hund wurde nicht einfach angequatscht oder gar angefasst, andere Hundebesitzer haben ihre Hunde angeleint. Jetzt laufe ich seit zwei Jahren mit zwei 6kg Dackeln und fast jeder Spaziergang wird zum Spießrutenlauf. Die Hunde werden angequatscht, es wird versucht zu streicheln, Kinder werden ungebremst drauf los gelassen, niemand hält Abstand, Hunde werden nicht angeleint. Kleine Hunde werden einfach nicht ernst genommen und durch ständige Grenzüberschreitungen sind meine tatsächlich auch reaktiv geworden. Ich arbeite dran und gebe mir echt verdammt viel Mühe, aber es ist wie kämpfen gegen Windmühlen wenn einem ständig in die Parade gefahren wird. Hin und wieder bin ich mit einer Bekannten und ihrer Dogge unterwegs und sämtliche Hundehalter, die sich bei mir alleine nicht mal die Mühe machen ihre Hunde ranzurufen, leinen dann plötzlich schon auf mehreren 100m Entfernung an und laufen einen Bogen, so dass man friedlich passieren kann. Davon kann ich echt nur träumen. Es ist teilweise so schlimm, dass ich wirklich schwer darüber nachgedacht habe mir wieder einen großen Hund zu holen, einfach um wieder meine Ruhe zu haben 🤷‍♀️
Gehst Du immer noch mit der Vorstellung deines grossen schwarzem Hundes durch Welt?