Home / Forum / Verhalten & Psychologie / Zwerghunde und die "bösen Grossen"

Verfasser
Dogorama-Mitglied
Einleitungs-Beitrag
Anzahl der Antworten 1141
zuletzt 12. Mai

Zwerghunde und die "bösen Grossen"

(HALTER ENTSPRECHENDER HUNDE AUS ÜBERNAHME ODER TIERSCHUTZ SIND VON DIESEM BEITRAG AUSDRÜCKLICH AUSGENOMMEN) Gerade häufen sich mal wieder die Threads und Beiträge zum Thema winzige Hunde, die vor den angeblich so zahlreichen ungezogenen, normalgrossen Hunden beschützt werden müssen. Einerseits sollte natürlich jeder HH darum bemüht seinen, sein Tier zu weitgehend verträglichem, höflichen Verhalten zu erziehen und es so zu führen, dass es seine Umwelt nicht gefährdet. Andererseits stellt sich mir schon die Frage, woher Menschen, die absichtlich zu den problembehafteten (gesundheitliche, körperbauliche und kommunikationstechnische Probleme) Klein- und Zwergzuchten greifen, die Vorstellung nehmen, dass Halter grösserer Hunde sich in der Führung derselben nochmal extra einschränken müssten, um den künstlich produzierten speziellen Bedürfnissen dieser züchterischen Entgleisungen gerecht zu werden. Für mich fühlt sich das an wie Logik von innen nach aussen gestülpt - zuerst wird absichtlich ein Problem produziert, an das sich dann alle anzupassen haben...? Wie wär's stattdessen damit, das Problem ansich zu beheben? (HALTER ENTSPRECHENDER HUNDE AUS ÜBERNAHME ODER TIERSCHUTZ SIND VON DIESEM BEITRAG AUSDRÜCKLICH AUSGENOMMEN) [Dies ist eine Grundsatzfrage, Beiträge nach dem Motto "soll jetzt jeder bereits existente kleine Hund von grösseren verletzt werden dürfen?" würden an der Intention des Threads total vorbeigehen. Und nein, natürlich sollten sie das nicht.]
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
13. Feb. 10:07
Ist zwar schon sehr lange her, aber ich wollte auf diesen Beitrag trotzdem noch mal eingehen. Was wäre denn passiert, wenn Newton sich nicht untergeordnet hätte? Oder noch schlimmer, selber die höhere Rangordnung beansprucht hätte? Ich bezweifle irgendwie, dass der HSH gesagt hätte "oh sorry Bro, wusste nicht, dass du auch Chef sein willst". 😅 Ich glaube auch gar nicht so sehr, dass Hunde im Kern Kumbaya singende Pazifisten sind. Auch keine sich zerfleischenden Bestien. Aber Konflikte und Eskalation sind auf der Straße genauso möglich, nur viel seltener, weil Straßenhunde sich weiträumig aus dem Weg gehen können. Und zwar kein kleiner Meidebogen, sondern wirklich aus dem Weg gehen. Ich glaube auch ein Hund, der perfekt hündisch kann, wird im Zweifelsfall nicht vor einer Eskalation zurückschrecken, v.a. wenn es um für ihn wichtige Ressourcen geht. Sprich Fortpflanzung, Beute und Territorium. Das sind aber auch in der Regel die Themen, bei denen wir unsere Haushunde quasi entmündigen. Du darfst dich nicht paaren, du darfst nicht jagen und du darfst kein Territorium beanspruchen. Dann ist ein friedliches Miteinander oder zumindest eine Koexistenz bei hoher Hundedichte möglich. Wenn man seinen Hund aber dahingehend nicht entmündigt, knallt es dementsprechend schnell. Die Entmündgung wird dann gerne als Führung bezeichnet. Mein Hund hätte sich vor einem Jahr dem HSH vermutlich nicht untergeordnet. Jetzt vielleicht, ausprobieren würde ich es nicht 😅. Da sind glaube ich die Interessen bzw die Motivation beim HSH und meinem zu ähnlich/groß, als dass sich einer der beiden den Zacken aus der Krone bricht.
Ich finde den Blickwinkel hilfreicher, wo alles ausser ständiger Rauferei und natürlich der Ernstkampf als Deeskalationsabsicht und nicht als Sprungbrett zu Mord und Totschlag verstanden wird.

Echte Beschädigungsabsicht ist unter "normal" funktionierenden Hunden ÄUSSERST selten, zumindest dann, wenn nicht der Mensch konfliktverschärfend einwirkt sondern ebenfalls die Deeskalation befördert.
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
13. Feb. 10:08
Das ist ja spannend 😃 Deine Beschreibung trifft voll auch auf meinen Rüden zu! Er ist drei und erlernt gerade auch erste Beschwichtigende Verhaltensweisen und es ist so schön, das beobachten zu können, wie er sicherer wird in sozialen Interaktionen. Tatsächlich klappt der Transfer aus der Gruppe nach draußen in den Alltag bei Fremdhundkontakt noch nicht. Wie schaut das bei Euch aus? Sorry für das OT, falls das hier nicht passt, gerne per PN.
Für mich passt das, kein Problem.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Nina &
13. Feb. 10:13
Ja, ist alles nicht so einfach. Hast du 3 Trainer, hast du 3 Meinungen 🤪
Sein Alltag ist entspannt, er ist generell sehr ausgeglichen. Wenn es Action gibt, fährt er sofort hoch, ist sie vorbei, fährt er genauso schnell runter. Auch nach einer "negativen" Hundebegegnung ist er schnell wieder entspannt.
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
13. Feb. 10:20
Du meinst also quasi, wenn wir einen Hund sehen, das Kommando z.b "Schnüffeln" und dann belohnen? Das mache ich tatsächlich nicht so, weil ich ihm kein Kommando antrainieren will, sondern sein Verhalten ändern möchte. Er zeigt dieses Verhalten manchmal von selbst, manchmal fixiert er und ich sag nur "na" und er wendet den Blick ab. Er muss ja irgendwie lernen, dass er mit deeskalierendem Verhalten den gleichen Erfolg haben kann, als wenn er nach vorne geht.
Ah, das hatte ich vergessen, gut dass es jemand Anders erwähnt hat!

"Trigger to Cue"- Also den Auslöser für Reaktivität zu einem Signal für Alternativverhalten zu machen.

Das kann anfänglich über Kommando, über Locken gehen oder indem du zB über Bewegung eine Alternativhandlung vorgibst.

Der Knackpunkt ist, dass es sich über kurz oder lang verselbständigen soll und der Trigger "Feind in Sicht" von sich aus, ohne weiteres Kommando, zum Signal für "Frauchen angucken" wird (oder was halt jeweils passt)
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
13. Feb. 10:23
Ja, ist alles nicht so einfach. Hast du 3 Trainer, hast du 3 Meinungen 🤪 Sein Alltag ist entspannt, er ist generell sehr ausgeglichen. Wenn es Action gibt, fährt er sofort hoch, ist sie vorbei, fährt er genauso schnell runter. Auch nach einer "negativen" Hundebegegnung ist er schnell wieder entspannt.
Ja das liegt dann wieder in der Eigenverantwortung, sich das herauszusuchen, was für Hund und einen selbst passt 😉
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Nina &
13. Feb. 10:34
Ja das liegt dann wieder in der Eigenverantwortung, sich das herauszusuchen, was für Hund und einen selbst passt 😉
Das stimmt. Ich probiere auch die verschiedenen Tipps aus. Aktuell sind wir halt bei der Verstärkung von deeskalierendem Verhalten. Muss ich aber halt auch erstmal länger machen, um sagen zu können, ob es uns hilft.
Die üblichen Dinge wie Click für Blick usw machen wir eh.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Babs
13. Feb. 10:39
Ist zwar schon sehr lange her, aber ich wollte auf diesen Beitrag trotzdem noch mal eingehen. Was wäre denn passiert, wenn Newton sich nicht untergeordnet hätte? Oder noch schlimmer, selber die höhere Rangordnung beansprucht hätte? Ich bezweifle irgendwie, dass der HSH gesagt hätte "oh sorry Bro, wusste nicht, dass du auch Chef sein willst". 😅 Ich glaube auch gar nicht so sehr, dass Hunde im Kern Kumbaya singende Pazifisten sind. Auch keine sich zerfleischenden Bestien. Aber Konflikte und Eskalation sind auf der Straße genauso möglich, nur viel seltener, weil Straßenhunde sich weiträumig aus dem Weg gehen können. Und zwar kein kleiner Meidebogen, sondern wirklich aus dem Weg gehen. Ich glaube auch ein Hund, der perfekt hündisch kann, wird im Zweifelsfall nicht vor einer Eskalation zurückschrecken, v.a. wenn es um für ihn wichtige Ressourcen geht. Sprich Fortpflanzung, Beute und Territorium. Das sind aber auch in der Regel die Themen, bei denen wir unsere Haushunde quasi entmündigen. Du darfst dich nicht paaren, du darfst nicht jagen und du darfst kein Territorium beanspruchen. Dann ist ein friedliches Miteinander oder zumindest eine Koexistenz bei hoher Hundedichte möglich. Wenn man seinen Hund aber dahingehend nicht entmündigt, knallt es dementsprechend schnell. Die Entmündgung wird dann gerne als Führung bezeichnet. Mein Hund hätte sich vor einem Jahr dem HSH vermutlich nicht untergeordnet. Jetzt vielleicht, ausprobieren würde ich es nicht 😅. Da sind glaube ich die Interessen bzw die Motivation beim HSH und meinem zu ähnlich/groß, als dass sich einer der beiden den Zacken aus der Krone bricht.
Man muss natürlich Newtons Werdegang mit einbeziehen. Es ging ja bei dem HSH hier im Thread darum, dass Straßenhunde eine ausgeprägte Kommunikation haben.

Newton hat Erfahrung mit den unterschiedlichsten Hunden. Er hat gelernt, wann er King ist, aber auch, wann ein anderer das Sagen hat. Das dauert keine 10 Sekunden und die Rangordnung ist geklärt. Dabei kommt es nicht immer zu einem Kommentkampf, sondern es gibt schon viele Signale vorher.

Hier jetzt die komplette Situation: Hunde waren beide an lockerer Leine (der HSH ist noch nicht abrufbar, daher blieb Newton auch an der Leine, um für beide die gleiche Situation zu schaffen). Yoko (unsere Hündin) war frei, da sie sich null um andere Hunde kümmert. Ein anderer Rüde, der im Haushalt des HSH lebt, blieb an der Leine, aber war nie mit in der Situation selber. Grund dieses Spazierganges war u. a. zu schauen/zu analysieren, wie sich der HSH fremden Hunden gegenüber verhält. Welche Situationen ihn triggern ...

Wir haben die beiden Rüden an lockerer Leine seitlich (nicht frontal) Kontakt aufnehmen lassen. Sie waren so nah, dass sie sich hätten berühren können. Ihre Begrüßung: ständig anschauen und wieder wegschauen, bis wir entspannt gemeinsam losgegangen sind. Wir gingen auf eine große Wiese und ich machte auf großer Distanz Newton los. Schon hier war zu erkennen, dass Newton dem HSH auswich (nicht frontal auf ihn zu und bei einer Distanz von ca. 7 Metern abdrehte. Weicher Körper. Der HSH beobachtete. Ich leinte wieder an und wir gingen alle gemeinsam los. Die HF vom HSH und ich gingen nebeneinander und die beiden Hunde jeweils außen. Jeder Hund machte sein Ding. Nun kam die von mir herbeigeführt Dynamik ins Spiel. Ich ließ Newton seitlich an mir hochspringen. Und das triggerte den HSH. Er ging 1 Schritt auf Newton zu, knurrte kurz, Newton wandte sich ab, der HSH wandte sich ab und wir gingen entspannt weiter. 2 Stunden lang. Die beiden Rüden beachteten sich nicht weiter. Jeder ging seinen Interessen nach.Mal gingen wir vor, Yoko rannte durch die Gruppe, mal gingen wir hinten ... Kam Newton dem HSH zu nahe, wandte sich dieser ab und umgedreht. Beide waren nicht auf Eskalation aus. Der gesamte Spaziergang war entspannt. Kein Knistern in der Luft. Eben nur diese 1 Situation, in der Newton gesagt hat:" Alles klar, ich habe das verstanden. Findest Du doof." Das meinte ich mit leichter Unterordnung. Newton hätte auch anders reagieren können. Ressourcen gab es genug, aber die waren zu keiner Zeit Thema. Es ging nur darum zu schauen, worauf die HF des HSH bei Spaziergängen an der Leine achten muss. Training eben. Die Ansage des HSH war klar, der Situation angemessen (nicht überzogen, sondern er hat das richtige Maß für seine Reglementation gewählt). Aus Sicht der hündischen Kommunikation mega gut und für die HF des HSH das Wissen, worauf ihr Hund reagiert (sie führt ihn super, aber hat ihn noch nicht lange) und da ist es gut zu wissen, wo seine Grenzen bei anderen (fremden) Hunden sind und wie er reagiert und die HF reagieren kann/sollte. Eine tolle, feinfühlige und verantwortungsbewusste Hundeführerin (das musste ich noch los werden).

Jetzt kann man natürlich sagen, dass beide Hunde sich nicht richtig verhalten konnten, da sie an der Leine waren. Aber darum ging es bei diesem Training nicht. Es ging um das Verhalten an der Leine. Man kann nur dann an "Probleme" arbeiten, wenn man sie kennt.
Warum lief Yoko frei? Ein unangeleinter Hund, der an einem angeleinten vorbei läuft mit der Fragestellung:" Wie reagiert der HSH da?" Antwort:" Gar nicht."
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
13. Feb. 10:51
Das stimmt. Ich probiere auch die verschiedenen Tipps aus. Aktuell sind wir halt bei der Verstärkung von deeskalierendem Verhalten. Muss ich aber halt auch erstmal länger machen, um sagen zu können, ob es uns hilft. Die üblichen Dinge wie Click für Blick usw machen wir eh.
Gegen Verstärkung von Verhalten ist ja eh nix zu sagen.
Wirst eh sehen, ob es klappt, das von neutralem Verhalten ohne deeskslierende Konnotation in die Begegnungen zu übertragen.

Guinness trödelt und schnüffelt von sich aus sehr viel, kann auch in Begegnungen grundsätzlich super beschwichtigen - bei seinen Feinden in Leinenbegegnungen ist das bisher trotzdem keine Option.

Ich frag mich auch, ob ich da will dass er da aktiv beschwichtigen soll. Die sind ja auch Blöd...
Ich glaub ich möcht für uns eher, dass er irgendwann drüber steht und das Zurückpöbeln nicht nötig hat...

Sind halt aber zwei unterschiedliche Situationen und Tiere und Menschen.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Marlene
13. Feb. 11:08
Ich kann Dir zu 100 Prozent zustimmen. Meine beiden Huskies sind die Ruhe selbst. Ich bin derjenige, der die Straßenseite wechselt oder Abstand bzw. die Leine kurz hält und trotzdem fängt fast jeder kleine Hund schon von Weitem an zu kläffen.
Ich kann es nicht mehr hören ,die Aussage die kleinen Hunde sind die Pöbler .Ich habe seit über 40 Jahren Yorkshireterrier und noch nie war einen Kläffer oder Pöbler dabei .Mein jetziger 10 Jahre und seit 4jahren bei mir hat noch nie einen Hund angebellt wir werden meistens von anderen angekläfft und auch da interessiert es meinem Buddy null.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Babs
13. Feb. 11:11
Du meinst also quasi, wenn wir einen Hund sehen, das Kommando z.b "Schnüffeln" und dann belohnen? Das mache ich tatsächlich nicht so, weil ich ihm kein Kommando antrainieren will, sondern sein Verhalten ändern möchte. Er zeigt dieses Verhalten manchmal von selbst, manchmal fixiert er und ich sag nur "na" und er wendet den Blick ab. Er muss ja irgendwie lernen, dass er mit deeskalierendem Verhalten den gleichen Erfolg haben kann, als wenn er nach vorne geht.
Beides ist aus meiner Sicht antrainiert. Hunde untereinander kommunizieren anders. Man kann Hilfestellungen geben, aber die feine Körpersprache der Hunde ist authentisch, von innen heraus. Situationsabhängig, Geruchsabhängig, Verhaltensabhängig, Stimmungsabhängig...

Wenn man ein deeskalierendes Verhalten antrainiert, bedeutet das nicht, dass der Hund weiß, dass das deeskalierend ist. Er muss erst mal die Situation aktiv wahr nehmen, einschätzen können und dann kannst Du ihm eine "neue" Lösung anbieten (wenn er Rambomäßig unterwegs ist), die er mit der Situation verknüpfen kann. Aber er muss mental schon in der Situation sein, um lernen zu können.

Ich weiß nicht wie ich das erklären soll.

Es gibt sooo viele unterschiedliche Situationen. Manchmal ist ein antrainiertes Alternativverhalten sinnvoll, vor allem dann, wenn er nur die Lösung hat, Rambo an der Leine zu spielen und nicht mehr ansprechbar ist. Darüber kann man eine neue Situation schaffen und den Hund dann in blöden Situationen auf ein Lernlevel bekommen, sodass dieser ansprechbar ist.