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Home / Forum / Verhalten & Psychologie / Stereotypie

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Akie
Einleitungs-Beitrag
Anzahl der Antworten 21
zuletzt 17. Apr.

Stereotypie

Hallo zusammen, nach einem langem Krankheitsverlauf hat unser Hund eine Verhaltensstörung entwickelt und kürzlich die Diagnose Stereotypie erhalten. Mit Unterstützung einer fachkundigen Tierärztin haben wir nun eine Verhaltenstherapie begonnen, die (hoffentlich) erfolgreich verlaufen wird. 🍀 Meine Fragen richten sich primär an Menschen mit Hunden, die Stereotypien oder andere zwanghafte Verhaltensweisen zeigen, aber natürlich ist jede:r herzlich zum mitlesen und -schreiben eingeladen. Habt ihr eine (fachtierärztliche) Diagnose bekommen oder eigenständig recherchiert? Habt ihr an dem Thema gearbeitet und wenn ja, mit wie viel Erfolg? Wo seid ihr an Grenzen gekommen - oder darüber hinaus gegangen? Musstet ihr euren Hund medikamentös unterstützen? Wie lange hat es gedauert, bis erste Erfolge sichtbar wurden? Erzählt mir gern von eurem Lebensweg mit eurem Hund. Ich bin gespannt auf eure Geschichten! PS: Ein Hund mit Verhaltensstörung kann eine große Belastung sein, deshalb gehen wir hier wertschätzend miteinander um und verurteilen uns nicht. Thank you!
 

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Akie
16. Apr. 21:53
Mein Gedanke: das ist ja stressbedingt. Hilft da zB ein Thundershirt?
Leider nicht, haben wir schon ausprobiert. Es ist ein bisschen Henne und Ei: hat er Stress und kratzt sich dann - oder kratzt er sich und gerät dann in Stress, weil er sich reinsteigert?
 
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Akie
16. Apr. 21:59
Zum kratzen, ist wirklich ausgeschlossen das es nicht eventuell doch von der allergie kommt. Wird das behandelt.... Die Zeit bis bei Nora der erste Maszellentumor diagnostiziert wurde, war für uns beide die Hölle! Und danach musste sie auch erst wieder lernen das kratzen und lecken in der Form kein normales Verhalten sind. Dafür hatten wir verschiedene Medikamente vom Tierarzt bekommen, damit sie schlussendlich einfach mal schläft und zwar die meiste Zeit. Ich weiß nicht mehr wie es genießen hat, aber es waren "behrühigungsmittel"
Das ist ausgeschlossen so gut es eben geht, schau dazu gern in meine Antwort an Joe Cool, da bin ich darauf auch eingegangen. Psychopharmaka/Beruhigungsmittel stehen bei uns auch im Raum. Wir wollen es aber zuerst ohne versuchen, aber wenn wir nicht erfolgreich sind, sind wir dafür offen. Eventuell kannst du rausfinden, welche Medikamente euch geholfen haben? Ich würde sie mir gern notieren und bei Bedarf mit unseren Tierärztinnen besprechen. Alles Gute auch für die Border Collie Hündin, mit der du manchmal spazieren gehst! Es tut mir wirklich leid, dass sie draußen manchmal solche Schwierigkeiten hat.
 
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Dogorama-Mitglied
16. Apr. 22:15
Mein Gedanke: das ist ja stressbedingt. Hilft da zB ein Thundershirt?
Ist jetzt reine Spekulation, aber ich glaube es würde vermutlich nicht helfen. Stress ist wahrscheinlich oft ein Trigger für Zwangsverhalten, aber das perfide an solchen Störungen ist, dass sie sich verselbstständigen und ausgeführt werden, wenn der Trigger (bei Akies Hund die Allergie, bei meinem Hund der soziale Stress) schon lange nicht mehr da ist. Daher sind solche Sachen auch so unglaublich schwer zu therapieren (sowohl bei Menschen, als auch bei Tieren). Es ist ein verselbstständigtes und sich selbst verstärkendes Verhalten, das vom ursprünglichen Trigger losgelöst ist. Sonst könnte man ja die Ursache bekämpfen und das Problem wäre erledigt. Wieso manche Individuen solche Störungen entwickeln und manche nicht ist meines Wissens nach auch nicht wirklich bekannt. Es gibt sicherlich eine genetische Komponente, einige Rassen neigen ja viel mehr dazu, solche Verhaltensstörung unter ungünstigen Bedingungen zu entwickeln. Ich denke eine Veranlagung kann aber auch durch eine ungünstige Schwangerschaft der Mutterhündin (Stress, Umwelteinflüsse, Schwermetalle) oder im frühen Welpenalter gelegt werden. Aber wie gesagt, reine Spekulation. Wenn jemand fundiertes Fachwissen hat wäre es sehr interessant und hilfreich.
 
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Sonja
16. Apr. 22:17
Es gibt ja ein Schmerzgedächtnis, so dass Schmerzen verspürt werden, selbst wenn alles verheilt ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass es auch ein "Juckreiz-Gedächtnis" gibt. Vielleicht wäre das auch noch ein Ansatz. Wir sind bisher von solchen Extremen verschont geblieben. Shiba und Lucy jagen ab und zu ihren Schwanz, wenn die Vorbereitungen für den Spaziergang zu lange dauern. Und Shiba ist sehr wehleidig. Wenn sie auf etwas Spitzes getreten ist, ohne dass Reste davon in der Pfote stecken, kann sie sich trotzdem stundenlang die Pfote lecken und anknabbern. Das müssen wir unterbinden, denn sie hört nicht auf, selbst wenn schon alles wund ist und nässt. Aber es reichen 1-3 Ermahnungen, dann seufzt sie und legt sich schlafen.
 
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Dogorama-Mitglied
16. Apr. 22:25
Hey, danke für deine Antwort! Toll, dass ihr es geschafft habt und er heute weitestgehend normal leben kann. Schattenjagen stelle ich mir unfassbar belastend vor, besonders, wenn keine Ablenkung mehr funktioniert. Umso mehr Hoffnung nehme ich aus deiner Geschichte mit, dass wir es auch schaffen können. ❤️
Ich wünsche euch sehr, dass ihr auch bald mehr oder weniger beschwerdefrei leben könnt! Rückfälle sind glaube ich nicht zu vermeiden, aber es ist ja schon eine ernome Entlastung, wenn man mit sowas nur ein paar Wochen im Jahr konfrontiert ist. Dass ihr professionelle Hilfe an der Hand habt und nicht auf eigene Faust rumdoktort finde ich toll. Ich wünschte ich hätte es auch so gemacht. Und die Tatsache, dass Anton sich bei der Sitterin nicht kratzt ist vermutlich ein gutes Zeichen und lässt auf eine positive Prognose hoffen.
 
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Akie
16. Apr. 22:46
Es gibt ja ein Schmerzgedächtnis, so dass Schmerzen verspürt werden, selbst wenn alles verheilt ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass es auch ein "Juckreiz-Gedächtnis" gibt. Vielleicht wäre das auch noch ein Ansatz. Wir sind bisher von solchen Extremen verschont geblieben. Shiba und Lucy jagen ab und zu ihren Schwanz, wenn die Vorbereitungen für den Spaziergang zu lange dauern. Und Shiba ist sehr wehleidig. Wenn sie auf etwas Spitzes getreten ist, ohne dass Reste davon in der Pfote stecken, kann sie sich trotzdem stundenlang die Pfote lecken und anknabbern. Das müssen wir unterbinden, denn sie hört nicht auf, selbst wenn schon alles wund ist und nässt. Aber es reichen 1-3 Ermahnungen, dann seufzt sie und legt sich schlafen.
Ich glaube auch, dass es ein Juckreiz-Gedächtnis gibt! Und ich denke, dass es eine Rolle spielt, aber nicht der Auslöser ist. Also Anton kratzt sich, weil er das schon immer gemacht hat, damit triggert er sein Juckreiz-Gedächtnis und damit fällt er in die totale Abwärtsspirale. Ich bin keine Fachfrau, aber ich habe seine Dermatologin danach gefragt und sie meint, das sei plausibel.
 
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Akie
16. Apr. 23:00
Ich wünsche euch sehr, dass ihr auch bald mehr oder weniger beschwerdefrei leben könnt! Rückfälle sind glaube ich nicht zu vermeiden, aber es ist ja schon eine ernome Entlastung, wenn man mit sowas nur ein paar Wochen im Jahr konfrontiert ist. Dass ihr professionelle Hilfe an der Hand habt und nicht auf eigene Faust rumdoktort finde ich toll. Ich wünschte ich hätte es auch so gemacht. Und die Tatsache, dass Anton sich bei der Sitterin nicht kratzt ist vermutlich ein gutes Zeichen und lässt auf eine positive Prognose hoffen.
Ohne Rückfälle geht es wahrscheinlich nicht. Aber das wäre okay für mich, wenn wir dafür insgesamt an Lebensqualität gewinnen können und Anton die meiste Zeit ein normales Hundeleben haben dürfte, denn das geht leider ziemlich abhanden, wenn ständig so viele Themen um ihn schwirren. Im Laufe von Antons Krankheit hatte ich auch Momente, wo ich unfair reagiert habe. Wenn man selbst überlastet ist oder die eigenen Grenzen nicht ausreichend schützen kann, passiert sowas - wir sind alle nur Menschen. Am Ende wolltest du nur das Beste für deinen Hund und wenn du mit deinem Weg dorthin nicht mehr einverstanden bist, darfst du trotzdem nicht vergessen, dass du ihm geholfen hast.
 
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Joe
17. Apr. 02:36
Anton hat eine Krankengeschichte, bei der einem Angst und Bange werden kann, aber ich möchte sie kurz fassen: er war vier Monate alt, als er sich das erste Mal gekratzt hat. Nach zwei Monaten bekam er die Diagnose Pyodermie, dann atopische Dermatitis. Er hat genug Allergien, um das ganze Jahr abzudecken und litt sehr lange Zeit unter "echtem" wirklich schwerem Juckreiz. Medikamente gegen den Juckreiz wirken bei ihm nicht (mehr), so kamen wir erstmals auf den Gedanken, dass es nicht mehr allergiebedingt sein könnte. Mittlerweile sind auch seine anderen Symptome verschwunden, selbst sein Hautbild ist durch die Behandlung seiner Allergie besser geworden (wenn auch nicht gut, er verletzt sich ja immer wieder.) Der endgültige Anstoß, es von einer Verhaltenstierärztin anschauen zu lassen, kam von seiner Hundesitterin, denn bei ihr kratzt er sich nicht mehr. Fast so, als gäbe es gar keinen Juckreiz. Es ergibt in der Gesamtheit Sinn: wir mussten das krankheitsbedingte Kratzen ja unterbinden, also sind wir hinterher gegangen, haben ihn angefasst, angesprochen... Das Kratzen immer ungewollt mit Aufmerksamkeit belohnt, weil es anders nicht möglich war. Er hat von der Kratzerei immer profitiert, beim Spazierengehen wird er ständig von allen Nachbarn begrüßt (nur er, wir nicht 😂), weil alle hier ihn kennen und lieben. Und jetzt kratzt er sich eben, weil er gelernt hat: dafür gibt's Zuwendung und Aufmerksamkeit. Das ganze war ein ziemlicher Selbstläufer, der Weg wieder raus ist natürlich nicht so einfach, weil wir das Kratzen nicht weg-ignorieren können. Seine Tierärztin ist jedoch vorsichtig optimistisch, dass wir mit fleißigem Training Alternativverhalten aufbauen können, also toi toi toi 🍀
Hast du als Ersthilfe schon Hundesocken versucht? Um mal die gröbste Verletzungsgefahr abzuschwächen? Und beim Gegentrainieren vielleicht mal das, was ich in meinem Kopf "interceptive reinforcement" nenne - wo man noch bevor das unerwünschte Verhalten, also bei den ersten Vorzeichen, mit Lob und Bestätigung abfängt? In deinem Fall wär das quasi wenn der Fuss das erste Zucken zum Ansetzen Richtung Kratzen macht mit "Ja super, sehr gut (dass du dich noch nicht gekratzt hast)!" und feiner Belohnung reingrätschen...? Wird oft bei Leinenaggression oder Jagdthemen empfohlen und zeigt gute Wirkung.
 
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Akie
17. Apr. 06:49
Hast du als Ersthilfe schon Hundesocken versucht? Um mal die gröbste Verletzungsgefahr abzuschwächen? Und beim Gegentrainieren vielleicht mal das, was ich in meinem Kopf "interceptive reinforcement" nenne - wo man noch bevor das unerwünschte Verhalten, also bei den ersten Vorzeichen, mit Lob und Bestätigung abfängt? In deinem Fall wär das quasi wenn der Fuss das erste Zucken zum Ansetzen Richtung Kratzen macht mit "Ja super, sehr gut (dass du dich noch nicht gekratzt hast)!" und feiner Belohnung reingrätschen...? Wird oft bei Leinenaggression oder Jagdthemen empfohlen und zeigt gute Wirkung.
Socken trägt er momentan wieder als Schutz. Im nächsten Schritt bauen wir einen Ganzkörperbody auf, aber step-by-step. "Interceptive reinforcement" klingt nach einer interessanten Idee, aber ich würde Moment davon absehen, Sachen einfach auszuprobieren. Ich mach mir aber eine Notiz und bespreche es beim nächsten Termin mit Antons Tierärztin, vielen Dank!
 
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Joe
17. Apr. 09:31
Socken trägt er momentan wieder als Schutz. Im nächsten Schritt bauen wir einen Ganzkörperbody auf, aber step-by-step. "Interceptive reinforcement" klingt nach einer interessanten Idee, aber ich würde Moment davon absehen, Sachen einfach auszuprobieren. Ich mach mir aber eine Notiz und bespreche es beim nächsten Termin mit Antons Tierärztin, vielen Dank!
Ja, Body wollt ich auch noch vorschlagen. Das Interceptive-Ding nenn ich nur für mich so, das ist aber eh eine sehr gängige Methode. Der Punkt daran ist halt, dass man nicht warten soll, bis das unerwünschte Verhalten aufgetreten ist, um dann korrigieren zu müssen, sondern dass man es abfängt sobald es sich abzeichnet und die "Alternativhandlung" des (noch) nicht Gemacht verstärkt. Konkrete Beispiele bei Guinness: - Unbeliebter Hund kommt entgegen, G macht Ohren und Rute hoch - Idealerweise sag ich in dem Moment schon "Super, toll gemacht!" und schieb ihm ein Leckerli rein, anstatt zu warten, dass er zu Knurren und Ziehen beginnt und ich ihn danach zurückhalten und korrigieren muss. - Gleichzeitig versuch ich Abstand zu vergrössern oder ihn durch das Vorbeigehen weiter für gemässigtes Benehmen durchzubelohnen. Schau also, dass das erwünschte Verhalten möglichst lang aufrecht bleibt. (Das würd sich bei dir wahrscheinlich erst nach und nach ausdehnen lassen) Damit kann man halt eine automatisierte Verhaltenskette sehr gut durchbrechen, von dem Impuls ablenken, und eben Alternativverhalten attraktiv machen, ohne selber - ausser für Lob und Belonung - mit dem Hund interagieren zu müssen. Die Aufmerksamkeit, die er bekommt, reduziert sich damit auf Klicker/Markerwort und das Leckerli und über Klicker/Markerwort könntest du dann auch zeitliche und räumliche Distanz erweitern.
 

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