Liebe Kirstin!
Ihr habt einen Hund aufgenommen, der bislang mit Menschen und auch dem Zugang zu Ressourcen sehr unglückliche Erfahrungen gemacht hat. Ihn nach solch schwieriger Sozialisierung davon zu überzeugen, dass es bei euch anders ist, wird ein langer Weg. Vieles hast du schon an echt guten Tipps bekommen. Maulkorbtraining, Hundetraining mit Schwerpunkt eigene Körpersprache richtig anwenden und Sprache des Hundes verstehen lernen, Geduld haben…
Wir kennen, wie sicher viele andere hier auch, genau dieses Verhalten bei unseren TS-Tieren.
Neben all den o.g. Dingen war eine Lektion für uns ganz wichtig: Lernen, Distanz zu wahren. Der Hund entscheidet, wann er von wem welche Nähe ertragen kann, dulden möchte oder wünscht. Eine Regel, die auch und besonders jeder Besuch einzuhalten hat! „Der Hund ist gar nicht da“.
Schafft Liegeplätze, die nur eurem Hund vorbehalten sind. Versucht, ihm so wenig wie möglich und nur so viel wie nötig Beachtung zu schenken. Beim Verteilen von „menschlichen“ Ressourcen spielt er keine Rolle. Gefressen wird nur nach Erlaubnis. Kauknochen o. Ä. würde ich vorab gar nicht geben (er würde es verteidigen und somit bestehende Muster festigen).
Keine Hand von oben, keine frontale Begegnung mit Blickkontakt, kein Vorbeischleichen…
Alles andere ist Training und voneinander-miteinander Lernen.
Unser ist nun drei Jahre bei uns- wir sind noch lange nicht fertig. Und NEIN! in für unseren Hund stressigen Situationen sind wir immer noch nicht seine erste Adresse um Schutz zu suchen. Das Haus ja, wir Menschen noch nicht! Aber es wird besser. Jede Woche ein wenig mehr! Vertraut auf euch und den gesunden Verstand eures Hundes 👍
Du hast schon ganz viel von dem geschrieben, was ich auch zu dem Thema sagen würde 👍
Mein Mann hat Monty vor 5,5 Jahren bekommen, Mitte 2017.
Geschätzte 3 Jahre alt, bissig und mit Schmerzen in den deformierten Vorderpfoten.
Mein Mann hat wohl instinktiv alles richtig gemacht, erstmal gegen die Schmerzen gearbeitet, den Hund niemals bedrängt, ihn immer von selbst kommen lassen.
Als wir uns 2019 kennengelernt haben und die beiden zu uns zogen, tat sich für Monty wieder eine völlig neue Situation auf, plötzlich nicht mehr Einzelprinz, sondern einer von 5.
Die Hunde untereinander waren kein Problem, aber ich habe quasi bei 0 anfangen müssen.
Natürlich hatte Monty kein Vertrauen zu mir, das musste ich mir über verdammt lange Zeit erarbeiten.
Kein Gedanke daran, dass ich ihm das Halsband umbinden könnte oder während der Fütterung neben ihm stehen.
Alles, was ich bei meinen Hunden wie selbstverständlich gemacht habe, ging bei ihm nicht.
Ja, am Anfang hat er mich auch mal gebissen.
Wollte ihm das Halsband abmachen...zack!
Also blieb es einfach dran, bis mein Mann nach Hause kam🤷♀️
Nach meiner Erfahrung muss man bei diesen Hunden absolut konsequent sein und niemals zögerlich.
Heute ist das alles kein Thema mehr, er vertraut mir zu 100%🥳
Maulkorb haben wir nie benutzt, außer beim Tierarzt.
Wir haben einfach die Situationen vermieden, die zu einem Beißvorfall führen könnten.
Besucher wurden angewiesen, ihn zu ignorieren und erst anzufassen, wenn er von selbst kommt.
Nicht schnell auf uns zuzugehen, uns nicht berühren.
Inzwischen auch kein Problem mehr.
Was heute noch ist, wenn ich allein mit den Hunden unterwegs bin und mir ein einzelner Mann ohne Hund entgegen kommt, nehme ich Monty kurz an die Leine, da er mich sehr beschützt.
Von daher finde ich den Rat, Geduld zu haben, sehr gut, denn die zahlt sich im Endeffekt aus.