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Jennifer
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zuletzt 28. Mai

Rücksicht und die "Chemiekeule" beim Hund.

Flöhe, Zecken, Milben, Würmer, Impfungen und Rücksichtnahme auf Mitmenschen. Wie passt das zusammen fragt man sich? Ganz einfach: ist der Hund geimpft und wird regelmäßig entwurmt, besteht eine viel geringere Ansteckungsgefahr bei Mitmenschen und anderen Hunden. Je nach Parasit oder Krankheit kann der Hund auch stiller Träger sein und auf den Menschen übertragen. Viele vernachlässigen die Tatsache, dass einige Impfungen, Entwurmen, Floh- und Zeckenmittel eben auch den Menschen schützen sollen! Eine "gute Darmflora" des Hundes durch den Einsatz natürlicher Mittel hilft nicht, wenn sich der Mensch mit Tollwut, Leptospirose oder Bandwürmern ansteckt. Immer mehr Leute scheinen eine natürliche Alternative zu suchen, ohne sich eingehend mit den Folgen auseinander zu setzen, wenn es zu einer Infektion oder Übertragung kommt. "In dem Moment in dem ich meinem Hund Chemie verabreiche ist das etwas schlechtes." Das kann ich absolut nachvollziehen und bin auch kein Fan davon. Einen Hund damit "vollzupumpen" halte ich auch nicht für zielführend. Aber eine monatliche Vorsorge oder ein Parasitenhalsband ist genau das. Vorsoge, um schlimmeres zu verhindern. Hat sich der Hund mit Parasiten oder Krankheiten infiziert gibt es meist keinen Ausweg mehr und man MUSS pharmazeutische Mittel einsetzen, die meist stärker belasten als die Vorsorge es je getan hätte. Alle 4 Wochen ein Spot on könnte vor Krankheiten schützen, die durch einen Zecken- oder Mückenbiss entstehen. Das macht mindestens 12 im Jahr. Selbstverständlich kann man es mit natürlichen Mitteln versuchen und selbstverständlich bieten pharmazeutische Mittel nie einen 100%igen Schutz. Letzteres ist aber durch weitaus mehr wissenschaftliche Studien erforscht und/oder in der Wirksamkeit belegt. Leidet der Hund unter Borreliose, Babesiose, Leishmaniose, Ehrlichiose, Anaplasmose oder FSME, hilft oft nur der Ganz zum Tierarzt. Hier fallen Kosten an für intensive Untersuchungen, um eine genau Diagnose zu finden und einen Therapieplan aufzustellen. Dann führt auch selten der Weg um Antibiotika herum und die Gabe wird an weitaus mehr als 12 Tagen im Jahr erfolgen. Wie findet die Darmflora des Hunde das? Mehr zu Zecken und Co.: https://www.tierarzt-rueckert.de/blog/details.php?Kunde=1489&Modul=3&ID=19231 Warum ein richtiges Entwurmen so wichtig ist und warum negative Kotproben nicht verlässlich sind (auch nicht an aufeinander folgenden Tagen!), findet sich hier: https://www.tierarzt-rueckert.de/blog/details.php?Kunde=1489&Modul=3&ID=20728 Von der Bundestierärztekammer gibt es eine interessante "Leitlinie Verhinderung der Erregerübertragung durch Blut saugende Vektoren bei Hunden" www.bundestieraerztekammer.de/tieraerzte/leitlinien/downloads/Ekto2007.pdf. Auf den letzten Seiten werden einzelne Wirkstoffgruppen, ihre Anwendungen und Nebenwirkungen erläutert. Diese Seite ist sehr nützlich, wenn man sich vorab über Präparate informieren möchte. Sie enthält Infos zu den Wirkstoffen und meist den kompletten Text der Beipackzettel. U.a. sind dort auch Studien zu den Mitteln aufgeführt und Ergebnisse einsehbar: www.vetpharm.uzh.ch/tak/clinidoc.htm Mir ist bewusst, dass nicht jeder Hund alles verträgt. Dafür haben Tierärzte studiert und meist einiges an Berufserfahrung gesammelt, um hierzu gründlich zu beraten und aufzuklären. Man kann vorab testen, ob der Hund ein Mittel im besten Fall verträgt oder man kann sich zu den Wirkstoffen informieren und andere Präparate nutzen. Möglichkeiten sich, seinen Hund und Mitmenschen effektiv(!) zu schützen gibt es immer. Aussagen zu Hausmitteln sollten vielleicht auch etwas mehr hinterfragt werden und nicht sofort als DAS Mittel anerkannt werden, weil einige darauf schwören. Wie ist die Zeckenlage im Wohngebiet? Geht der Hund überhaupt im Wald spazieren? Wie war der Zeckenbefall davor? Hab es Änderungen in Vergleich zum Vorjahr, die eine geringere Zeckendichte hervorrufen? Gleichermaßen kann man Studien hinterfragen. Wer hat diese durchgeführt? Wurde es gesponsert von Pharma Firmen? Sind die Ergebnisse offen dargelegt oder gibt es nur eine Zusammenfassung? Wie groß war die Versuchspopulation? Handelte es sich um Haus- oder reine Labortiere? Letztendlich wird die Entscheidung keinem abgenommen. Aber man könnte netterweise an mehr als das unmittelbare Wohlbefinden des Hundedarms denken. Bei Bedenken gibt es sogar Möglichkeiten den Magen zu schützen und aufzubauen. Zu guter Letzt, hier geht es in erster Linie um mehr Aufklärung, in der Hoffnung, dass sich HalterInnen intensiver mit eventuellen Spätfolgen einiger im Netz kursierenden Hausmittel auseinandersetzen. Das besagt nicht, das eine gewollte Wirkung nicht möglich wäre. Aber es sollte immer auf den eigenen Hund und die eigenen Umstände bezogen werden. Ist der Hund viel mit Kindern zusammen, wäre eine regelmäßige Wurmkur ratsam. Läuft der Hund gerne auf der Hundewiese mit unbekannten Hunden oder frei im Wald, wäre eine Tollwutimpfung bestimmt sinnvoll. Edit, damit es nicht unter geht: Wenn ein Hund an und/oder im Zusammenhang mit einem Medikament Probleme bekommt oder verstirbt: Genau wie Giftköderfunde bei der Polizei gemeldet werden müssen, damit behördlich etwas geschieht, sollten Unverträglichkeiten und Nebenwirkungen dem Pharmahersteller gemeldet werden. Die Tierärzte haben immer die direkte Hotline der Hersteller, die sie vertreiben, aber auch im Internet kann man fündig werden. Zumindest alle größeren Pharmakonzerne (bei kleineren wahrscheinlich auch, nur habe ich da persönlich keine Erfahrungen) haben Teams die sich mit Anzeigen von Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten beschäftigen. Es werden Obduktionen durchgeführt, Tiere vor Ort begutachtet oder weitere Untersuchungen durchgeführt, um der Sache auf den Grund zu gehen. Das geschieht oft durch unabhängige Gutachter/Tierärzte. Wer's nicht meldet, trägt nicht dazu bei Medikamente zu verbessern, Beipackzettel zu ändern oder Medikamente gar vom Markt zu nehmen. Diskussionen zu diesem Thema bitte freundlich halten. ;-)
 
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Katrin
Beliebteste Antwort
12. Juni 20:59
Woohooo, ich feier den Beitrag total🥳🥳🥳🥳. Sehr sehr gut und sooooo wichtig.
 
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Holger
12. Juni 19:13
Danke, wichtiger Beitrag! Als kleine Ergänzung vielleicht noch:
Es gibt etliche "Chemiekeulen" die aus natürlichen Mitteln entstanden sind - nur als Beispiel: Aspirin (Weidenrinde). Der große Vorteil der "chemischen" Herstellung ist die exakte Dosierungsmöglichkeit und die Abwesenheit weiterer Bestandteile, die gegebenenfalls ungewollte Wirkungen haben.

Da die Dosis ein Gift macht, ist es bei rein natürlichen Mitteln sehr viel leichter fasch zu dosieren und entweder keine oder im schlimmsten Fall eine giftige Wirkung zu haben.
 
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Sophia
12. Juni 20:35
Vielen Dank für die guten Artikel. Ich war tatsächlich bis jetzt im "Kotprobe untersuchen" Lager, habe mich aber eines besseren belehren lassen und werde mir etwas von meiner Tierärztin empfehlen lassen.

Ich denke wie bei vielem ist uns oft die unsichtbare Konsequenz von unserem Verhalten nicht bewusst, und inzwischen gibt es so viel Meinungsmache die einen dann schnell verwirren können...
 
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Katrin
12. Juni 20:59
Woohooo, ich feier den Beitrag total🥳🥳🥳🥳. Sehr sehr gut und sooooo wichtig.
 
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Nicole
12. Juni 21:18
Super Beitrag! Richtig gut gemacht!

👍👍👍👍
 
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Veronika
12. Juni 21:24
Super Jenny 😉. Sprichst mir aus der Seele😁
 
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Katrin
12. Juni 21:34
Wenn ein Hund etwas nicht verträgt tut man gut damit mit mehreren Ärzten zu sprechen und gemeinsam eine passende Alternative zu suchen. Es gibt soviele chemische oder pflanzliche Produkte die gut wirken und die sogar durch Studien belegt sind. Wenn dann aber zu Hausmittlchen und Zaubersnacks gegriffen wird kann das ganze echt nach hinten losgehen.
 
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Dogorama-Mitglied
12. Juni 21:44
Vielen Dank für die guten Artikel. Ich war tatsächlich bis jetzt im "Kotprobe untersuchen" Lager, habe mich aber eines besseren belehren lassen und werde mir etwas von meiner Tierärztin empfehlen lassen. Ich denke wie bei vielem ist uns oft die unsichtbare Konsequenz von unserem Verhalten nicht bewusst, und inzwischen gibt es so viel Meinungsmache die einen dann schnell verwirren können...
Hi Sophia,

ich finde es total gut, dass du dich von einem Tierarzt beraten lassen willst.
Ich würde hier gerne noch eine Info mitgeben, die vielleicht interessant sein könnte.
Unser Hund hat immer
Milpro bekommen und wirklich sehr gut vertragen; keine Nebenwirkungen. Unser Tierarzt hatte beim letzten Mal aber nur Milbemax da. Da es der gleiche Wirkstoff ist, haben wir eben das genommen. Leider hat Lína Milbemax überhaupt nicht gut vertragen 🙈
Ihr ging es am Abend echt nicht gut und hat am nächsten Tag viel gepennt.

Eine (einfache) Konsequenz wäre natürlich gewesen, alle Wurmmittel zu verteufeln und die Chemie einfach nicht mehr zu geben.

Zwischen Milbemax und Milpro (nur als Beispiel) gibt es aber Unterschiede, nicht im Wirkstoff, aber die Galenik - also die Herstellung und die Hilfsstoffe.

Wir haben uns jetzt also einfach wieder Milpro besorgt und gut ist’s für uns.

Was will ich sagen 🙈 Chemie kann auch mal Nebenwirkungen haben, aber es gibt meist Alternativen, mit denen man dann gut zurecht kommt.
 
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Dogorama-Mitglied
12. Juni 21:54
Laika's Epilepsie wurde durch ein Zeckenmittel ausgelöst.....sollte ich wieder ein chemisches Mittel probieren (gibt ja mehr als genug) könnte sie es im schlimmsten Fall mit ihrem Leben bezahlen.
Es kann immer etwas passieren, da meint man es gut und es geht komplett nach hinten los.
Umgekehrt ist es natürlich auch möglich.
Wir verzichten so gut wie möglich auf Chemie, wirklich nur im Notfall.
 
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Dogorama-Mitglied
12. Juni 21:58
Laika's Epilepsie wurde durch ein Zeckenmittel ausgelöst.....sollte ich wieder ein chemisches Mittel probieren (gibt ja mehr als genug) könnte sie es im schlimmsten Fall mit ihrem Leben bezahlen. Es kann immer etwas passieren, da meint man es gut und es geht komplett nach hinten los. Umgekehrt ist es natürlich auch möglich. Wir verzichten so gut wie möglich auf Chemie, wirklich nur im Notfall.
Das tut mit total leid für Laika.
Darf ich fragen, wie ihr das rausgefunden habt?


Ohne Bewertung - nicht immer gibt es ja einen tatsächlichen Zusammenhang.
 
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Dogorama-Mitglied
12. Juni 22:04
Das tut mit total leid für Laika. Darf ich fragen, wie ihr das rausgefunden habt? Ohne Bewertung - nicht immer gibt es ja einen tatsächlichen Zusammenhang.
Weil der Anfall unmittelbar nach der Anwendung aufgetreten ist, wir haben alles durchchecken lassen.
Und ja, ich mache mir Vorwürfe das ich ihr dieses Teufelszeug gegeben haben. Auch heute, wenn ich nach Zeckenmittel frage bekomme ich Bravecto angeboten. Es wird mehr als verharmlost...."theoretisch dürfte nix passieren".
Wer sowas erlebt denkt über Chemie-Keulen eben anders 🤷