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Sabrina
Einleitungs-Beitrag
Anzahl der Antworten 85
zuletzt 17. Sept.

Orientierung oder doch bloß betteln!?

Momentan schaue ich mir viele Videos an zum Thema Leinenführigkeit und Orientierung. Dabei fällt mir immer wieder eine besondere Situation auf. Gerade bei sogenannten "Hundetrainern". Es wird von Orientierung gesprochen, wenn der Hund zum Halter schaut, das möglichst oft. Daher wird jeder Blick belohnt mit Futter und alle paar Sekunden werden Leckerlies in den Hund geschoben. Bei vielen ohne das sich der Hund zwischendurch abwendet und zb schnüffelt, bei manchen ist der Hund zwischen den Leckerlies abgelenkt und beschäftigt sich anderweitig. In der Theorie macht das natürlich Sinn, dass der Blick belohnt wird um dieses Verhalten möglichst häufig zu bekommen. Allerdings sehe ich dabei praktisch ein großes Problem. Meiner Meinung nach orientiert sich der Hund nicht. Er bettelt stattdessen um leckerchen und schaut nur deswegen immer wieder. Egal ob er die ganze zeit starrt oder sich auch mal zum schnüffeln abwendet, in beiden Fällen wird doch nicht die Orientierung belohnt, sondern das betteln. Bei einigen Hunden mag das ja vielleicht auch egal sein, ob man sie nun für die Orientierung oder das betteln belohnt. Bei meinem hatte es aber negative Auswirkungen in Form von gesteigertem Frust, wenn er dann halt immer häufiger kein Futter dafür bekommen hat. Auch in diesen Videos sehe ich häufig gefrustete/fordernde und gestresste Hunde wenn diese dann kein Futter bekommen, dann wird gebellt, gebuddelt, angesprungen etc. Meiner zb hat nur leckerchen bekommen wenn er zwischendrin andere Dinge gemacht hat und nicht durchgängig schaut/starrt. Dennoch empfand ich es zunehmend als kontraproduktiv. Ohne dieses anstarren und mit Futter belohnen hat mein Hund zumindest meist ein Ohr zu mir gerichtet, auch wenn er nicht direkt schaut. Biege ich ab, bleibe ich stehen oder versteck mich hinter einem Baum zb merkt er das auch sehr schnell. Er entfernt sich nur so weit, wie er mich sehen oder hören kann, bleibt daher meist auch an Kreuzungen/Abbiegungen (im Freilauf) stehen, wartet oder kommt zurück. Demnach würde ich schon sagen er orientiert sich an mir. Ist das also vielleicht nur so ein social Media Ding, mit dem anschauen? Ist das überhaupt Orientierung? Wie sieht für euch Orientierung aus? Würdet ihr zustimmen, dass es eher betteln anstatt orientieren ist oder seht ihr das anders? Wo habe ich vielleicht einen Denkfehler? Wenn es für euch Orientierung bedeutet, wo ist dann der Unterschied zum betteln? Was wird in Videos falsch gemacht oder habe ich dann vielleicht falsch gemacht? Ich bin gespannt auf eure Meinungen dazu🙃
 
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Jörg
15. Sept. 15:20
Ja, wer kennt sie nicht, die durch den Wald streunenden Dackel und Terrier, etc… 🙈 Ich muss dir leider sagen du hast das Thema “sozialer Beutegreifer” nicht verstanden hast, auch die jagen in Gemeinschaft mit dem Jäger…. 🤷‍♂️
Gibt bestimmt einige die auch ohne Anleitung Jagen gehen ist zwar hier zu Lande eher selten. Aber eigentlich nichts ungewöhnliches.
 
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Maike
15. Sept. 19:06
Basierend auf der Selbstbestimmungstheorie (Self-Determination Theory, SDT) von Deci und Ryan, sehe ich die Thematik der Leinenführigkeit und Orientierung so: Die klassische Konditionierung durch Futterbelohnung, wie sie oft angewendet wird, funktioniert in der Theorie gut, da sie Verhalten verstärken soll. Aber langfristig hinterfragt die Selbstbestimmungstheorie diesen Ansatz. Sie legt nahe, dass äußere Verstärker, wie etwa das ständige Füttern zur Orientierung, die intrinsische Motivation untergraben könnten. Das bedeutet, dass der Hund sich weniger aufgrund einer echten inneren Orientierung an seinem Halter orientiert, sondern vielmehr, weil er die nächste Belohnung erwartet. Diese Art der Konditionierung fördert nicht unbedingt die Orientierung an der Person selbst, sondern eher das Betteln oder Abwarten auf Futter, was bei einigen Hunden sogar Frust auslösen kann, wenn die Belohnung ausbleibt. Die Selbstbestimmungstheorie zeigt, dass Verhalten, das durch innere Motivation und Freiwilligkeit entsteht, langfristig stabiler und nachhaltiger ist. Für mich bedeutet daher Orientierung eher, dass der Hund auf eine natürliche Art und Weise mit seinem Halter verbunden ist – ohne ständigen Futtereinsatz. Leinenführung sehe ich dabei auch nicht als Trick oder Übung, sondern als einen dauerhaften Zustand der Zusammenarbeit zwischen Hund und Halter. Für mich funktioniert es so und ich glaube, dass dies auch zu einer entspannteren und nachhaltigeren Zusammenarbeit führt, die auf gegenseitiger Freiwilligkeit statt auf Erwartung basiert. Aber auch da gibt es viele Wege nach Rom… ☺️
 
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Andreas
15. Sept. 19:31
..Deine Gedanken kann ich gut nachvollziehen und ich trainiere daher meinen Schäfi schon immer ohne Leckerlis. Er bekommt ab und an meine kurze, körpersprachliche Bestätigung oder auch ein ausgiebiges Knuddeln und Spielen, wenn etwas besonders toll oder anspruchsvoll war. Das klappt bei uns gut und es entspricht mehr meinen Vorstellungen.. Aber, wie hier schon erwähnt wurde.. "viele Wege fuhren nach Rom".. Ich kenne auch niemanden in meinem Umfeld, der wie ich, komplett ohne Leckerlis trainiert. Umso stolzer bin ich auf meinen Schatz 😘 Nachtrag: Rocky nimmt auch keine Leckerlis von anderen Personen an oder frisst nichts vom Wegesrand bzw er kennt kein Betteln.. Das war und ist mir aus verschiedenen Gründen wichtig.
 
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Christian
16. Sept. 09:07
Basierend auf der Selbstbestimmungstheorie (Self-Determination Theory, SDT) von Deci und Ryan, sehe ich die Thematik der Leinenführigkeit und Orientierung so: Die klassische Konditionierung durch Futterbelohnung, wie sie oft angewendet wird, funktioniert in der Theorie gut, da sie Verhalten verstärken soll. Aber langfristig hinterfragt die Selbstbestimmungstheorie diesen Ansatz. Sie legt nahe, dass äußere Verstärker, wie etwa das ständige Füttern zur Orientierung, die intrinsische Motivation untergraben könnten. Das bedeutet, dass der Hund sich weniger aufgrund einer echten inneren Orientierung an seinem Halter orientiert, sondern vielmehr, weil er die nächste Belohnung erwartet. Diese Art der Konditionierung fördert nicht unbedingt die Orientierung an der Person selbst, sondern eher das Betteln oder Abwarten auf Futter, was bei einigen Hunden sogar Frust auslösen kann, wenn die Belohnung ausbleibt. Die Selbstbestimmungstheorie zeigt, dass Verhalten, das durch innere Motivation und Freiwilligkeit entsteht, langfristig stabiler und nachhaltiger ist. Für mich bedeutet daher Orientierung eher, dass der Hund auf eine natürliche Art und Weise mit seinem Halter verbunden ist – ohne ständigen Futtereinsatz. Leinenführung sehe ich dabei auch nicht als Trick oder Übung, sondern als einen dauerhaften Zustand der Zusammenarbeit zwischen Hund und Halter. Für mich funktioniert es so und ich glaube, dass dies auch zu einer entspannteren und nachhaltigeren Zusammenarbeit führt, die auf gegenseitiger Freiwilligkeit statt auf Erwartung basiert. Aber auch da gibt es viele Wege nach Rom… ☺️
😍
 
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Corinna
17. Sept. 12:29
Wenn man möchte, dass der Hund alles für Kekse tut, dann macht man das so. Orientierung, Beziehung und Miteinander haben nichts mit Keksen zu tun. Das beruht auf Vertrauen, klarer Führung und gegenseitigem Respekt. Mein Hund muss mich nicht anschauen, um "bei mir" zu sein. Anschauen für einen Keks ist lediglich ein gelernter Trick. Habe ich eine vertrauensvolle Beziehung schaut der Hund mich von alleine an, wenn er Fragen hat.
Du schreibst mir aus dem Herzen. Viele Hundebesitzer möchten "den perfekten 🐕". Wir Menschen sind sich nicht perfekt. Vertrauen ist das A und O. Ist NUR meine Meinung.