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Kat
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Anzahl der Antworten 194
zuletzt 19. Okt.

Haare stellen und "ausrasten" beim Gassi gehen; Update

Hallo zusammen, wir haben seit etwas über einem Jahr unseren Schäferhund-Mix aus Spanien. Über die Zeit hatten wir diverse Verhaltensprobleme, aus denen sich nun ein Teil als besonders hartnäckig erweist. Vielleicht hat oder hatte jemand von euch ähnlich Probleme und kann uns ein paar Tips geben, wie wir daran arbeiten können. Wir hatten bereits 2,5 Trainer mehr oder weniger erfolglos am Hund, auf einen Termin beim neuen Trainer warten wir momentan. 1. Wir üben schon lange Impulskontrolle. Er hat sich insgesamt stark verbessert. Ist ansprechbar und bemüht zu hören, manchmal haben wir aber das Gefühl, dass er sein Hirn komplett abschaltet. Denkprozesse dauern bei ihm generell lange, aber er hat inzwischen andere Lösungswege als "mit dem Kopf durch die Wand" kennengelernt. Manchmal kann er darauf aber wohl nicht zurückgreifen und wird dann körperlich (beißt aber nicht). 2. Auf den bekannten Gassirunden hat er inzwischen Triggerpunkte. Wie die entstanden sind können wir uns nicht erklären. Einer ist z.B. die Einfahrt. Wir gehen entspannt aus der Tür und je näher wir der Straße kommen, desto stärker stellt er seine Haare auf. Gehe ich mit Druck dagegen (am vorbeigehen hindern, nein sagen), explodiert er. Mache ich nichts, explodiert er, wenn wir die Straße erreichen. Manchmal kann ich ihn ansprechen und er guckt, Leckerli rein, Haare wieder unten, alles wieder gut. An der nächsten Ecke das gleiche Spiel von vorne. 3. Sobald er einen anderen Hund beim Gassi sieht geht er hoch (springen in die Leine, abstoßen an mir, bellen) und lässt sich schwer/nicht beruhigen. Dabei ist es egal, was der andere Hund tut. Wir hatten auch eine Phase, in der er Menschengruppen angebellt hat (wir vermuten, dass er nicht sicher war, ob dort auch ein Hund war und "vorsorglich" gebellt hat). Wenn er sich beruhigt hat und der andere Hund sich nicht bewegt kann ich mit ihm Übungen machen. Bewegt sich der Hund wieder, geht alles von vorne los. Er war im Gruppentraining und dort waren die anderen Hunde überhaupt kein Problem, er war dort ein richtiger Streber. Generell funktioniert er in Übungssituationen "leider" gut. Er hat regelmäßig Kontakt mit anderen Hunden und ist dann zwar anfangs aufdringlich, aber gut verträglich und sucht den Kontakt. Die Probleme treten hauptsächlich mit mir auf, bei meinem Mann ist er gemäßigter. Es gibt gute und chlechte Phasen, was sehr frustrierend ist. Ich weiß, ziemlich komplex das Ganze, deshalb werden wir auf jeden Fall noch einmal einen neuen Trainingsversuch starten. Aber bis zu einem Termin wird es wohl noch etwas gehen, deshalb bin ich für jeden Input dankbar! Wenn ihr Empfehlungen für einen Trainer in und um Karlsruhe habt, freue ich mich auch darüber :)
 
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Janine
22. Juli 15:21
Ich würde anfangen mit dem futterbeutel zu arbeiten. Kein Futter mehr aus dem Napf, sondern nur noch mit euch, draußen beim Gassi gehen. Ich würde damit anfangen in der Wohnung. Und wenn er es verstanden hat, nach außen verlegen. Zum einen stärkt es eure Bindung, zum anderen, hat er nun eine Aufgabe und ist beschäftigt. Wenn auch draußen alles mit dem futterbeutel klappt, würde ich ihm beibringen, diesen tragen zu müssen, so könnt ihr auch entspannt irgendwann an Hunden vorbei laufen, weil er ne Aufgabe zu erledigen hat. Für mich hört wa sich nämlich so an, als fühle er sich in der Pflicht, Dinge für euch Regeln zu müssen
 
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Kat
22. Juli 15:25
Da kommt es sehr aufs Timing an... ich weiss, du magst keine Videos ins Netz stellen. Aber ginge es, dass du mir welche über PN schickst? Ich muss die Körpersprache sehen..🙂 Insgesamt scheint mir schnelles!! Radfahren ohne Leine mit diesem Hund eigentlich ideal, damit der Stress abbauen kann... 😉 Habt ihr eine Ecke, die nicht wildreich ist, wo er nicht auf die Idee kommen würde zu jagen? Wobei sich vieles auch gegenseitig bedingt.. meine Gina ist bei ihrer Vorbesitzerin auch jagen gegangen... bei mir macht sie das nicht mehr 😉 Ich würde es durchaus mal probieren, wo du dich traust, den Hund abzuleinen. Dann aber auch nicht im gemütlichen Zockeltempo, sondern Sprint 😁 Also kurz, dafür aber knackig.. 😁
Bisher gehe ich nur alleine mit ihm, ich bin ich sicher, ob er das gleiche Verhalten überhaupt zeigt, wenn mein Mann dabei ist und filmt... momentan habe ich von den Situationen kein Video. Ich denke mal drüber nach. Danke für dein Angebot! Ich will nicht ständig Einwände haben.... aber :D Er wollte bei uns am Anfang an der Leine immer schnell laufen (Augen zu und durch), seit wir darauf achten langsamer zu gehen, ist er draußen etwas weniger gestresst. Wenn er einen stressigen Tag hatte zieht er sich gerne zurück. In seine Höhle oder in ein Zimmer, in dem er alleine ist. Ich denke mal drüber nach, aber ich glaube, für ihn wäre es eher Stress als stressabbau.
 
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Tom
22. Juli 15:27
Hey Kat, ich hab jetzt mal bis zu dieser Stelle gelesen, also keine Ahnung, was da noch kommt 😉 (ist ja sehr umfangreich hier). Auch von mir erstmal ein Kompliment, dein Engagement ist toll und du machst einen sehr reflektierten Eindruck. Und auch von mir der Zusatz: Ferndiagnose ist schwierig. Deshalb gebe ich nur Tipps, die nicht schaden oder den Status Quo verschlimmern würden. Also ich sehe folgende Baustellen und Ansatz: DICH, DEINEN MANN, HUND, TEAM, UMGANG, UMGEBUNG Zu dir: Du hast Selbstzweifel! Du bist dir unsicher, ob du die nächste Situation an der nächsten Ecke managen kannst. Du gehst quasi schon vor die Tür in dem Bewusstsein, dass der Hund an der Einfahrt ausflippt. Und genau das passiert dann auch. Selbsterfüllende Prophezeiung! Der Hund spürt das und verhält sich entsprechend. Deine innere Unruhe, die du auch nicht verstecken oder überspielen kannst, spürt der Hund. Noch bevor du es selber wahrnimmst. Sie sind absolute Empathie-Meister! Cool kann man nicht spielen oder simulieren, man muß es SEIN! Deshalb musst du für dich das richtige mentale Mindset finden. Geh raus mit dem Bewusstsein: Uns kann nichts passieren, ich freue mich auf die nächste Begegnung, ich hab alles im Griff. Was helfen könnte: Mach Entspannungsübungen wie Yoga oder Meditation, spiel gedanklich alle Eventualitäten und deine Reaktion darauf durch. Dann bist du mental schonmal gewappnet. Atmung und Puls sind wichtig, wie Christina auch schon sagte. Die daraus resultierende Souveränität und Coolness wird deinen Hund beeindrucken. Idealerweise wird er sich besser an dir orientieren. Dann deine Rolle bzw Position und die deines Mannes. Du hast den Eindruck, dass dein Mann den besseren Bezug und die körperlich besseren Argumente und eine stärkere Strenge hat. Das mag sein, ist aber falsch! Klar muß man sich bei so einem Kaliber an Hund auch mal körperlich durchsetzen, die sind ja auch nicht zimperlich. Aber es darf nicht der Kurs sein! Wenn ihr körperlich seid, ist es der Hund auch. Er lernt das ja durch euch. Der Umgangston muss sich ändern, denn am Schluß hat er mit 42 Zähnen, 20 scharfen Krallen, 4 Beinen, nem Rottweiler-Dickkopf und nem Schäferhund-Temperament und über 30kg (=90kg Mensch) einfach die besseren Argumente. Körperlich könnt ihr das 100%ig nicht lösen. Es wird immer ein Kampf sein, der euch zum Weinen bringt und frustriert und die Spirale dreht sich weiter... Ihr müsst da Deeskalation betreiben und dem Hund einen friedlichen Weg voller Alternativen bieten. "Dieses Verhalten finde ich doof, aber stattdessen kannst du Jenes machen..." Ausserdem vertraut ein Hund einem nicht, wenn der Mensch ausflippt oder körperliche Härte zeigt! Jeder Ausraster, ob Klapps auf den Hintern, Würgegriff oder Alpharolle (größter Blödsinn) führen nur zu Vertrauensverlust und Misstrauen. Ein souveräner Führer flippt niemals aus! Never! So einem Menschen folgt ein Hund nicht freiwillig, er sieht das als Schwäche und Gefahr. Wenn er dennoch folgt, nur aus Angst oder mangels Optionen. Da dein Mann einerseits wohl besser mit ihm kann und deine Position gefestigt werden muss (im Sinne von Respekt), würde ich deinen Gatten mal 4 Wochen komplett rausnehmen. Du sprichst mit deinem Hund, dein Mann aber nicht. Er ignoriert den Hund 100%. Du fütterst, am besten aus der Hand. Futter nur gegen Leistung. Niemals für süß gucken oder anwesend sein. Nur für Unterordnung und Respekt gibt es was. Wenn er 3 Tage doof ist und zickt, gibt es eben 3 Tage kein Futter. Natürlich gibt es dann auch keine Rauf- und Zerrspiele mehr, das ist eh maximal "bescheuert" und je dynamischer und größer der Hund ist, desto weniger ratsam ist das. Das pusht nur und das könnt ihr echt nicht noch zusätzlich gebrauchen. Stattdessen übe mit ihm Unterordnung und meinetwegen irgendwelche sinnlosen lustigen Tricks. Wirkung: du und der Hund habt viel Interaktion, er muß dir folgen, die Aktivität findet er gut, Bindung wird besser, du musst dich in ruhiger Umgebung durchsetzen, das fördert den Respekt. Natürlich (und das macht ihr ja schon) verwaltest du alle Ressourcen, Räume etc. Team: Wie eben schon beim "Training" beschrieben: Bindung aufbauen. Zusätzlich zu der UO könnt ihr vermehrt kleine oder größere Abenteuer bestehen. Geht in den Wald, möglichst abgeschieden = wenig Hunde und erlebt gemeinsam tolle Sachen. Klettert nen schwierigen Berg hoch und runter (natürlich kontrolliert geht der Hund hinter dir), überquert Bäche, Klettert über Baumstämme und rennt gemeinsam über eine Blumenwiese oder schick ihn ins Wasser. Schwimmt gemeinsam. Genießt es maximal, gemeinsam etwas zu machen, genießt die gemeinsame Zeit. Also das, wofür Ihr einen Hund habt! Vergesst in dem Moment den Scheiß an der Straßenecke! DAS BINDET! Gemeinsame coole Erlebnisse. Und wenn ihr beide dann entspannt seid, lernt der Hund Frauchen neu kennen. Und ihr werdet ein Team, der Hund orientiert sich an dir und ist aufmerksamer. Also mehr DU, weniger Körperlichkeit, dafür mehr Spaß und Souveränität. Der Hund kommt aus Spanien. Okay. War ein Jahr alt und keiner weiß, was er da erlebt hat. Das ist auch völlig egal. Erfahrung hin oder her, das HEUTE zählt. Hunde leben nicht im gestern oder morgen, wie wir. Sie leben im JETZT! Heute zählt. Natürlich sind im Welpenalter gemachte negative Erfahrungen irgendwo gespeichert, aber nicht präsent. An eurer doofen Straßenecke, die ihn triggert, muß was anderes passiert sein. Neu und falsch verknüpft. Entweder war da mal ne blöde Begegnung oder er war unsicher und ihr habt ihn da durchgezerrt oder gar gemassregelt. Vielleicht? Auf jeden Fall war da was körperliches, wie ich gelesen habe. Natürlich findet er die Ecke dann doof. Und vielleicht jede andere Ecke auch. Das blöde an schlecht oder gar nicht sozialisierten Hunden, und dazu gehört er wohl, ist, dass sie ihre Umwelt immer neu bewerten und einschätzen müssen. Sie haben leider nicht gelernt: Ah das hab ich schon 3x gesehen oder erlebt, das ist ungefährlich, alles cool. Ein Welpe lernt das in der Sozialisation und kann generalisieren. Ein Hund, der das nicht gelernt hat, hat immer Kopfkino. Ein Grund mehr, dass er erkennen muss, dass er keine Sorgen, Ängste oder Entscheidungen treffen muß! Das macht ihr, bzw du. Deswegen sind Vertrauen, Routinen, Bindung und Position immens wichtig. Und Respekt! Aber Respekt bekommst du nicht durch körperliche Überlegenheit oder Härte, sondern nur durch Souveränität und Zuverlässigkeit und durch Vorbild sein. Der Hund braucht Alternativen und Vorbilder! An der Ecke ausflippen ist nicht! Wenn er dir vertraut, dass DU für ihn die Dinge entscheidest und regelst: Leine ihn mal 10m vor der Ecke an! Geh gucken, ob die "Luft rein ist". Übernimm den Raum und die Verantwortung für seinen Schutz! Du beschützt ihn, nicht er dich. Das geht auch, wenn du nur 40kg wiegst und er ebenso. Kraft und Gewicht spielen keine Rolle! DANN sagst du, das alles easy peasy ist und beginnst an der Stelle ein Spiel. Ball, Apportieren oder so. Oder du fütterst ihn dort. Mach diesen Trigger-Ort zu seinem Lieblingsplatz! Lobe ihn, wenn er in seiner Komfortzone cool ist und erweitere diese. So kannst du dich rantasten und es wird mit der Zeit immer selbstverständlicher. Auch bei Hundebegegnungen: Weggehen und sitzenbleiben habt ihr ja schon probiert. Du warst aber zu angespannt und er ging vor. Da hat er dir nicht vertraut und auch nicht respektiert! Leine ihn am Laternpfosten an, schick ihn ins Bleib und geh DU zu dem anderen Hund und Menschen. Verwickel sie in ein Gespräch, nett und locker, lacht. Streichel mal wenn erlaubt den anderen. Dein Hund wird dich ganz genau beobachten und einschätzen: Frauchen hat die Situation im Griff und der andere ist gar nicht so schlimm. Mit der Zeit wird das seine Unsicherheit lindern, deine Position stärken und er dir mehr vertrauen. Denn das ist ja der Punkt: Unsicherheit und zu wenig Vertrauen. Hoffe das hilft euch etwas. Peter & Neo 🖖
Wieder mal richtig klasse Peter. Wieder mal ein gedanklicher Ansatz, wie ich ihn auch verfolgen würde. Und - ebenfalls wieder mal - von dir um Welten besser und verständlicher erklärt, als ich es hingekriegt habe. Schade dass man nur eine Pfote geben kann..
 
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Kat
22. Juli 15:29
Ich würde anfangen mit dem futterbeutel zu arbeiten. Kein Futter mehr aus dem Napf, sondern nur noch mit euch, draußen beim Gassi gehen. Ich würde damit anfangen in der Wohnung. Und wenn er es verstanden hat, nach außen verlegen. Zum einen stärkt es eure Bindung, zum anderen, hat er nun eine Aufgabe und ist beschäftigt. Wenn auch draußen alles mit dem futterbeutel klappt, würde ich ihm beibringen, diesen tragen zu müssen, so könnt ihr auch entspannt irgendwann an Hunden vorbei laufen, weil er ne Aufgabe zu erledigen hat. Für mich hört wa sich nämlich so an, als fühle er sich in der Pflicht, Dinge für euch Regeln zu müssen
Danke für deinen Input. Die gleiche Idee hatten wir tatsächlich auch schon. Wir haben zwischenzeitlich mit dem Futterbeutel gearbeitet, wenn Hunde im Spiel sind bricht er die Arbeit aber leider sofort ab und lässt danach auch nicht wieder ins Arbeiten bringen. Tragen möchte er den Beutel leider gar nicht. Deshalb nutzen wir den Futterbeutel momentan nur zuhause. Sein Abendessen bekommt er immer für Tricks, Futterbeutel, Suchspiele, Hütchespiel, etc. Wir wechseln da immer durch :)
 
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Kat
22. Juli 15:32
Erster TA meinte auch dass Wert ok sei, aber es war halt nur der eine Wert. Den anderen hat er gar nicht auswerten lassen… und genau der war halt nicht in Ordnung 🤦🏻‍♀️. Tipp von diesem TA: suchen Sie sich einen vernünftigen Trainer…. Da hätten wir noch viele suchen können und es wäre nichts besser geworden, weil der Hund in so einem Fall gar nichts dafür kann. Verhaltenstrainer haben wir uns trotzdem gesucht und auch mit dessen Hilfe das Problem mit der Schilddrüse geklärt bekommen. Und so kann jetzt auch zielführendes Training starten 💪🏻
Das ist natürlich echt schei.... Ich schau nochmal, was wir da haben testen lassen. Danke!!
 
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Dogorama-Mitglied
22. Juli 15:35
Bisher gehe ich nur alleine mit ihm, ich bin ich sicher, ob er das gleiche Verhalten überhaupt zeigt, wenn mein Mann dabei ist und filmt... momentan habe ich von den Situationen kein Video. Ich denke mal drüber nach. Danke für dein Angebot! Ich will nicht ständig Einwände haben.... aber :D Er wollte bei uns am Anfang an der Leine immer schnell laufen (Augen zu und durch), seit wir darauf achten langsamer zu gehen, ist er draußen etwas weniger gestresst. Wenn er einen stressigen Tag hatte zieht er sich gerne zurück. In seine Höhle oder in ein Zimmer, in dem er alleine ist. Ich denke mal drüber nach, aber ich glaube, für ihn wäre es eher Stress als stressabbau.
Leine und Straße ist was völlig anderes, als mit deinem 2jährigen Hund ohne Leine z. B. im Wald radzufahren... 🙂 Das geht in die gleiche Richtung, wie Peter schon beschrieben hat.. Bindung.. Bindung.. Bindung 🐶
 
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Charlie
22. Juli 15:55
Hallo! Ich würde dir empfehlen, „Ruhe“ zu üben. Klingt jetzt erstmal dämlich, aber du sagst ja das er an bestimmten Orten schon in sein zwanghaftes Verhalten umschlägt. Am Besten stehen bleiben und warten bis er sich hinlegt („Sitz“ zählt nicht, da kann er seine Spannung halten). Im Platz liegen lässt einen Hund abschalten. Also stell dich auf die Leine und mach dich auf warten gefasst! Wenn er richtig entspannt ist, streicheln und dann zum Weitergehen animieren. Das stärkt eure Bindung und macht euch als Team entspannter. Und von mal zu mal werden die Wartezeiten kürzer ;-) halte durch und lass dich bei Rückschlägen nicht demotivieren!! Ihr schafft das!
 
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Kat
22. Juli 15:57
Hey Kat, ich hab jetzt mal bis zu dieser Stelle gelesen, also keine Ahnung, was da noch kommt 😉 (ist ja sehr umfangreich hier). Auch von mir erstmal ein Kompliment, dein Engagement ist toll und du machst einen sehr reflektierten Eindruck. Und auch von mir der Zusatz: Ferndiagnose ist schwierig. Deshalb gebe ich nur Tipps, die nicht schaden oder den Status Quo verschlimmern würden. Also ich sehe folgende Baustellen und Ansatz: DICH, DEINEN MANN, HUND, TEAM, UMGANG, UMGEBUNG Zu dir: Du hast Selbstzweifel! Du bist dir unsicher, ob du die nächste Situation an der nächsten Ecke managen kannst. Du gehst quasi schon vor die Tür in dem Bewusstsein, dass der Hund an der Einfahrt ausflippt. Und genau das passiert dann auch. Selbsterfüllende Prophezeiung! Der Hund spürt das und verhält sich entsprechend. Deine innere Unruhe, die du auch nicht verstecken oder überspielen kannst, spürt der Hund. Noch bevor du es selber wahrnimmst. Sie sind absolute Empathie-Meister! Cool kann man nicht spielen oder simulieren, man muß es SEIN! Deshalb musst du für dich das richtige mentale Mindset finden. Geh raus mit dem Bewusstsein: Uns kann nichts passieren, ich freue mich auf die nächste Begegnung, ich hab alles im Griff. Was helfen könnte: Mach Entspannungsübungen wie Yoga oder Meditation, spiel gedanklich alle Eventualitäten und deine Reaktion darauf durch. Dann bist du mental schonmal gewappnet. Atmung und Puls sind wichtig, wie Christina auch schon sagte. Die daraus resultierende Souveränität und Coolness wird deinen Hund beeindrucken. Idealerweise wird er sich besser an dir orientieren. Dann deine Rolle bzw Position und die deines Mannes. Du hast den Eindruck, dass dein Mann den besseren Bezug und die körperlich besseren Argumente und eine stärkere Strenge hat. Das mag sein, ist aber falsch! Klar muß man sich bei so einem Kaliber an Hund auch mal körperlich durchsetzen, die sind ja auch nicht zimperlich. Aber es darf nicht der Kurs sein! Wenn ihr körperlich seid, ist es der Hund auch. Er lernt das ja durch euch. Der Umgangston muss sich ändern, denn am Schluß hat er mit 42 Zähnen, 20 scharfen Krallen, 4 Beinen, nem Rottweiler-Dickkopf und nem Schäferhund-Temperament und über 30kg (=90kg Mensch) einfach die besseren Argumente. Körperlich könnt ihr das 100%ig nicht lösen. Es wird immer ein Kampf sein, der euch zum Weinen bringt und frustriert und die Spirale dreht sich weiter... Ihr müsst da Deeskalation betreiben und dem Hund einen friedlichen Weg voller Alternativen bieten. "Dieses Verhalten finde ich doof, aber stattdessen kannst du Jenes machen..." Ausserdem vertraut ein Hund einem nicht, wenn der Mensch ausflippt oder körperliche Härte zeigt! Jeder Ausraster, ob Klapps auf den Hintern, Würgegriff oder Alpharolle (größter Blödsinn) führen nur zu Vertrauensverlust und Misstrauen. Ein souveräner Führer flippt niemals aus! Never! So einem Menschen folgt ein Hund nicht freiwillig, er sieht das als Schwäche und Gefahr. Wenn er dennoch folgt, nur aus Angst oder mangels Optionen. Da dein Mann einerseits wohl besser mit ihm kann und deine Position gefestigt werden muss (im Sinne von Respekt), würde ich deinen Gatten mal 4 Wochen komplett rausnehmen. Du sprichst mit deinem Hund, dein Mann aber nicht. Er ignoriert den Hund 100%. Du fütterst, am besten aus der Hand. Futter nur gegen Leistung. Niemals für süß gucken oder anwesend sein. Nur für Unterordnung und Respekt gibt es was. Wenn er 3 Tage doof ist und zickt, gibt es eben 3 Tage kein Futter. Natürlich gibt es dann auch keine Rauf- und Zerrspiele mehr, das ist eh maximal "bescheuert" und je dynamischer und größer der Hund ist, desto weniger ratsam ist das. Das pusht nur und das könnt ihr echt nicht noch zusätzlich gebrauchen. Stattdessen übe mit ihm Unterordnung und meinetwegen irgendwelche sinnlosen lustigen Tricks. Wirkung: du und der Hund habt viel Interaktion, er muß dir folgen, die Aktivität findet er gut, Bindung wird besser, du musst dich in ruhiger Umgebung durchsetzen, das fördert den Respekt. Natürlich (und das macht ihr ja schon) verwaltest du alle Ressourcen, Räume etc. Team: Wie eben schon beim "Training" beschrieben: Bindung aufbauen. Zusätzlich zu der UO könnt ihr vermehrt kleine oder größere Abenteuer bestehen. Geht in den Wald, möglichst abgeschieden = wenig Hunde und erlebt gemeinsam tolle Sachen. Klettert nen schwierigen Berg hoch und runter (natürlich kontrolliert geht der Hund hinter dir), überquert Bäche, Klettert über Baumstämme und rennt gemeinsam über eine Blumenwiese oder schick ihn ins Wasser. Schwimmt gemeinsam. Genießt es maximal, gemeinsam etwas zu machen, genießt die gemeinsame Zeit. Also das, wofür Ihr einen Hund habt! Vergesst in dem Moment den Scheiß an der Straßenecke! DAS BINDET! Gemeinsame coole Erlebnisse. Und wenn ihr beide dann entspannt seid, lernt der Hund Frauchen neu kennen. Und ihr werdet ein Team, der Hund orientiert sich an dir und ist aufmerksamer. Also mehr DU, weniger Körperlichkeit, dafür mehr Spaß und Souveränität. Der Hund kommt aus Spanien. Okay. War ein Jahr alt und keiner weiß, was er da erlebt hat. Das ist auch völlig egal. Erfahrung hin oder her, das HEUTE zählt. Hunde leben nicht im gestern oder morgen, wie wir. Sie leben im JETZT! Heute zählt. Natürlich sind im Welpenalter gemachte negative Erfahrungen irgendwo gespeichert, aber nicht präsent. An eurer doofen Straßenecke, die ihn triggert, muß was anderes passiert sein. Neu und falsch verknüpft. Entweder war da mal ne blöde Begegnung oder er war unsicher und ihr habt ihn da durchgezerrt oder gar gemassregelt. Vielleicht? Auf jeden Fall war da was körperliches, wie ich gelesen habe. Natürlich findet er die Ecke dann doof. Und vielleicht jede andere Ecke auch. Das blöde an schlecht oder gar nicht sozialisierten Hunden, und dazu gehört er wohl, ist, dass sie ihre Umwelt immer neu bewerten und einschätzen müssen. Sie haben leider nicht gelernt: Ah das hab ich schon 3x gesehen oder erlebt, das ist ungefährlich, alles cool. Ein Welpe lernt das in der Sozialisation und kann generalisieren. Ein Hund, der das nicht gelernt hat, hat immer Kopfkino. Ein Grund mehr, dass er erkennen muss, dass er keine Sorgen, Ängste oder Entscheidungen treffen muß! Das macht ihr, bzw du. Deswegen sind Vertrauen, Routinen, Bindung und Position immens wichtig. Und Respekt! Aber Respekt bekommst du nicht durch körperliche Überlegenheit oder Härte, sondern nur durch Souveränität und Zuverlässigkeit und durch Vorbild sein. Der Hund braucht Alternativen und Vorbilder! An der Ecke ausflippen ist nicht! Wenn er dir vertraut, dass DU für ihn die Dinge entscheidest und regelst: Leine ihn mal 10m vor der Ecke an! Geh gucken, ob die "Luft rein ist". Übernimm den Raum und die Verantwortung für seinen Schutz! Du beschützt ihn, nicht er dich. Das geht auch, wenn du nur 40kg wiegst und er ebenso. Kraft und Gewicht spielen keine Rolle! DANN sagst du, das alles easy peasy ist und beginnst an der Stelle ein Spiel. Ball, Apportieren oder so. Oder du fütterst ihn dort. Mach diesen Trigger-Ort zu seinem Lieblingsplatz! Lobe ihn, wenn er in seiner Komfortzone cool ist und erweitere diese. So kannst du dich rantasten und es wird mit der Zeit immer selbstverständlicher. Auch bei Hundebegegnungen: Weggehen und sitzenbleiben habt ihr ja schon probiert. Du warst aber zu angespannt und er ging vor. Da hat er dir nicht vertraut und auch nicht respektiert! Leine ihn am Laternpfosten an, schick ihn ins Bleib und geh DU zu dem anderen Hund und Menschen. Verwickel sie in ein Gespräch, nett und locker, lacht. Streichel mal wenn erlaubt den anderen. Dein Hund wird dich ganz genau beobachten und einschätzen: Frauchen hat die Situation im Griff und der andere ist gar nicht so schlimm. Mit der Zeit wird das seine Unsicherheit lindern, deine Position stärken und er dir mehr vertrauen. Denn das ist ja der Punkt: Unsicherheit und zu wenig Vertrauen. Hoffe das hilft euch etwas. Peter & Neo 🖖
Danke! Danke, dass du dir die Mühe gemacht hast so einen langen und guten Text zu schreiben. Du hast unsere Probleme genau getroffen. Und auch meine Wunschvorstellung zum Training. Genau so möchte ich das machen. Eigentlich. Ich weiß, ich müsste mehr Aufgaben übernehmen (Training abends mache ich deshalb immer). Aber gleichzeitig weiß ich eben nicht, wie ich ihn draußen handeln kann und wie ich da für nachhaltige Verbesserung sorge. Ich habe mit ihm draußen keinen Spaß. Gute Phasen Ja und dann freue ich mich auch aber dann gehe ich am nächsten Tag raus und es ist wieder blöd. Einmal funktioniert meine strategie, die nächsten 5 Mal ist es für die Tonne... Wie baue ich eine Alternative auf, wenn er meistens nicht mal ansprechbar ist... Das ist anstrengend. Deshalb hoffe ich, dass wir mit dem neuen Trainer endlich ein Konzept entwickeln können, das hat bisher keiner ernsthaft versucht und für mich wäre es so wichtig etwas zu haben, an dem ich mich langhangeln kann. Eine Sache möchte ich kurz noch rausgreifen: Das mit dem demonstrativ schon vor ihm die Straße checken. Das habe ich an Ecken versucht. Habe ihn nach hinten geschickt oder abgesetzt und demonstrativ um die Ecke geguckt. Hatte nicht das Gefühl, dass er davon beeindruckt war. Aber ist wahrscheinlich wieder Vertrauenssache. Er weiß ja nicht, ob er sich wirklich drauf verlassen kann, dass ich alles gecheckt hab
 
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Kat
22. Juli 16:05
Hallo! Ich würde dir empfehlen, „Ruhe“ zu üben. Klingt jetzt erstmal dämlich, aber du sagst ja das er an bestimmten Orten schon in sein zwanghaftes Verhalten umschlägt. Am Besten stehen bleiben und warten bis er sich hinlegt („Sitz“ zählt nicht, da kann er seine Spannung halten). Im Platz liegen lässt einen Hund abschalten. Also stell dich auf die Leine und mach dich auf warten gefasst! Wenn er richtig entspannt ist, streicheln und dann zum Weitergehen animieren. Das stärkt eure Bindung und macht euch als Team entspannter. Und von mal zu mal werden die Wartezeiten kürzer ;-) halte durch und lass dich bei Rückschlägen nicht demotivieren!! Ihr schafft das!
Das Thema könnten wir tatsächlich wieder angehen. An den Triggerpunkten nicht, aber an einem Ort ohne Hunde. Genau durch diese Übung ist unser erster Triggerpunkt entstanden. 2 mal während der Übung sind Hunde vorbei gekommen.... ab da war der Ort durch. Das ist jetzt ca. ein Jahr her und die Stelle ist bis heute ein Problem.
 
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Peter
22. Juli 16:14
Danke! Danke, dass du dir die Mühe gemacht hast so einen langen und guten Text zu schreiben. Du hast unsere Probleme genau getroffen. Und auch meine Wunschvorstellung zum Training. Genau so möchte ich das machen. Eigentlich. Ich weiß, ich müsste mehr Aufgaben übernehmen (Training abends mache ich deshalb immer). Aber gleichzeitig weiß ich eben nicht, wie ich ihn draußen handeln kann und wie ich da für nachhaltige Verbesserung sorge. Ich habe mit ihm draußen keinen Spaß. Gute Phasen Ja und dann freue ich mich auch aber dann gehe ich am nächsten Tag raus und es ist wieder blöd. Einmal funktioniert meine strategie, die nächsten 5 Mal ist es für die Tonne... Wie baue ich eine Alternative auf, wenn er meistens nicht mal ansprechbar ist... Das ist anstrengend. Deshalb hoffe ich, dass wir mit dem neuen Trainer endlich ein Konzept entwickeln können, das hat bisher keiner ernsthaft versucht und für mich wäre es so wichtig etwas zu haben, an dem ich mich langhangeln kann. Eine Sache möchte ich kurz noch rausgreifen: Das mit dem demonstrativ schon vor ihm die Straße checken. Das habe ich an Ecken versucht. Habe ihn nach hinten geschickt oder abgesetzt und demonstrativ um die Ecke geguckt. Hatte nicht das Gefühl, dass er davon beeindruckt war. Aber ist wahrscheinlich wieder Vertrauenssache. Er weiß ja nicht, ob er sich wirklich drauf verlassen kann, dass ich alles gecheckt hab
Sehr gerne und vielen Dank ☺️ Ja, das ist ja der Punkt, das Vertrauen fehlt wohl noch. Gegenseitig, übrigens! Ein Hund merkt ebenso, wenn der Mensch IHM Vertrauen entgegenbringt. Nur mal als Randnotiz. Klar bringen ein oder zwei vereinzelte Aktionen oder Änderungen nicht den Durchbruch. Bei euch klingt die Aufgabe eher nach 6 oder 12 Monate kontinuierlicher Arbeit. Jeden Tag! Und immer mit positiver Energie. Es ist wie ne große Kiste mit LEGO Steinen und jeder Stein steht für eine Regel, eine Maßnahme, eine Aktivität. Du willst ein Haus daraus bauen, was den für dich gewünschten Hund ergibt. Und bei einem Rottweiler-Schäferhund wird das ein Hochhaus! Und das braucht ein wirklich solides Vertrauen. Alle Bausteine müssen zusammen passen, sonst brökelt es. Du bist der Bauherr (sorry, ich gender nicht 😉) und Eigentümer, du bestimmst die Regeln und der Trainer ist der Architekt. Also um bei der Metapher zu bleiben: du willst Fenster einbauen, aber das Fundament ist noch nicht trocken. Dazu kommt: mit zwei Jahren sind solche Burschen noch nicht ganz raus aus der Pubertät! Rangordnung und Position finden ist da noch Daily Business. Sich da dran zu reiben, ist falsch. Harmonie, Ruhe, Verständnis und Respekt sind gerade wichtig. Und Vertrauen, aber das hatten wir ja schon. 😉