Wenn ich frontal auf ihn zu gehe setzt er sich meistens... bei ihm ist "sitz" gleich "sitz" und "bleib" entsprechend bemüht ist er dann, auch bei Reizen zu bleiben. Wenn ich das Kommando nicht gebe stehen die Chancen dafür nicht so gut.
Naja, er geht von selbst aus dem Weg, wenn wir an ihm vorbei wollen. Manchmal braucht er eine Ansprache oder einen Stups, damit er das versteht. Er ist etwas schwer von Begriff. Kürzlich stand er über einen Minute im Wohnzimmer, weil die Hündin in "seinem" Bett lag. Ein unlösbares Problem, Rauchwolken aus dem Dickschädel. Am Ende musste ich ihm zeigen, dass er noch zwei Betten zur Auswahl hat.
Dankeschön :) wir haben mit ihm schon einiges erreicht, ich hoffe, der Rest kommt auch noch. Die Nerven brauchen wir sicher :D
Danke auch für Deine vielen Nachrichten, ich hoffe, wir können davon etwas umsetzen.
Hey Kat, ich hab jetzt mal bis zu dieser Stelle gelesen, also keine Ahnung, was da noch kommt 😉 (ist ja sehr umfangreich hier).
Auch von mir erstmal ein Kompliment, dein Engagement ist toll und du machst einen sehr reflektierten Eindruck. Und auch von mir der Zusatz: Ferndiagnose ist schwierig. Deshalb gebe ich nur Tipps, die nicht schaden oder den Status Quo verschlimmern würden.
Also ich sehe folgende Baustellen und Ansatz:
DICH, DEINEN MANN, HUND, TEAM, UMGANG, UMGEBUNG
Zu dir: Du hast Selbstzweifel! Du bist dir unsicher, ob du die nächste Situation an der nächsten Ecke managen kannst. Du gehst quasi schon vor die Tür in dem Bewusstsein, dass der Hund an der Einfahrt ausflippt. Und genau das passiert dann auch. Selbsterfüllende Prophezeiung! Der Hund spürt das und verhält sich entsprechend. Deine innere Unruhe, die du auch nicht verstecken oder überspielen kannst, spürt der Hund. Noch bevor du es selber wahrnimmst. Sie sind absolute Empathie-Meister! Cool kann man nicht spielen oder simulieren, man muß es SEIN! Deshalb musst du für dich das richtige mentale Mindset finden. Geh raus mit dem Bewusstsein: Uns kann nichts passieren, ich freue mich auf die nächste Begegnung, ich hab alles im Griff. Was helfen könnte: Mach Entspannungsübungen wie Yoga oder Meditation, spiel gedanklich alle Eventualitäten und deine Reaktion darauf durch. Dann bist du mental schonmal gewappnet. Atmung und Puls sind wichtig, wie Christina auch schon sagte. Die daraus resultierende Souveränität und Coolness wird deinen Hund beeindrucken. Idealerweise wird er sich besser an dir orientieren.
Dann deine Rolle bzw Position und die deines Mannes. Du hast den Eindruck, dass dein Mann den besseren Bezug und die körperlich besseren Argumente und eine stärkere Strenge hat. Das mag sein, ist aber falsch! Klar muß man sich bei so einem Kaliber an Hund auch mal körperlich durchsetzen, die sind ja auch nicht zimperlich. Aber es darf nicht der Kurs sein! Wenn ihr körperlich seid, ist es der Hund auch. Er lernt das ja durch euch. Der Umgangston muss sich ändern, denn am Schluß hat er mit 42 Zähnen, 20 scharfen Krallen, 4 Beinen, nem Rottweiler-Dickkopf und nem Schäferhund-Temperament und über 30kg (=90kg Mensch) einfach die besseren Argumente. Körperlich könnt ihr das 100%ig nicht lösen. Es wird immer ein Kampf sein, der euch zum Weinen bringt und frustriert und die Spirale dreht sich weiter... Ihr müsst da Deeskalation betreiben und dem Hund einen friedlichen Weg voller Alternativen bieten. "Dieses Verhalten finde ich doof, aber stattdessen kannst du Jenes machen..."
Ausserdem vertraut ein Hund einem nicht, wenn der Mensch ausflippt oder körperliche Härte zeigt! Jeder Ausraster, ob Klapps auf den Hintern, Würgegriff oder Alpharolle (größter Blödsinn) führen nur zu Vertrauensverlust und Misstrauen. Ein souveräner Führer flippt niemals aus! Never! So einem Menschen folgt ein Hund nicht freiwillig, er sieht das als Schwäche und Gefahr. Wenn er dennoch folgt, nur aus Angst oder mangels Optionen.
Da dein Mann einerseits wohl besser mit ihm kann und deine Position gefestigt werden muss (im Sinne von Respekt), würde ich deinen Gatten mal 4 Wochen komplett rausnehmen. Du sprichst mit deinem Hund, dein Mann aber nicht. Er ignoriert den Hund 100%. Du fütterst, am besten aus der Hand. Futter nur gegen Leistung. Niemals für süß gucken oder anwesend sein. Nur für Unterordnung und Respekt gibt es was. Wenn er 3 Tage doof ist und zickt, gibt es eben 3 Tage kein Futter. Natürlich gibt es dann auch keine Rauf- und Zerrspiele mehr, das ist eh maximal "bescheuert" und je dynamischer und größer der Hund ist, desto weniger ratsam ist das. Das pusht nur und das könnt ihr echt nicht noch zusätzlich gebrauchen.
Stattdessen übe mit ihm Unterordnung und meinetwegen irgendwelche sinnlosen lustigen Tricks. Wirkung: du und der Hund habt viel Interaktion, er muß dir folgen, die Aktivität findet er gut, Bindung wird besser, du musst dich in ruhiger Umgebung durchsetzen, das fördert den Respekt.
Natürlich (und das macht ihr ja schon) verwaltest du alle Ressourcen, Räume etc.
Team: Wie eben schon beim "Training" beschrieben: Bindung aufbauen. Zusätzlich zu der UO könnt ihr vermehrt kleine oder größere Abenteuer bestehen. Geht in den Wald, möglichst abgeschieden = wenig Hunde und erlebt gemeinsam tolle Sachen. Klettert nen schwierigen Berg hoch und runter (natürlich kontrolliert geht der Hund hinter dir), überquert Bäche, Klettert über Baumstämme und rennt gemeinsam über eine Blumenwiese oder schick ihn ins Wasser. Schwimmt gemeinsam. Genießt es maximal, gemeinsam etwas zu machen, genießt die gemeinsame Zeit. Also das, wofür Ihr einen Hund habt! Vergesst in dem Moment den Scheiß an der Straßenecke! DAS BINDET! Gemeinsame coole Erlebnisse. Und wenn ihr beide dann entspannt seid, lernt der Hund Frauchen neu kennen. Und ihr werdet ein Team, der Hund orientiert sich an dir und ist aufmerksamer.
Also mehr DU, weniger Körperlichkeit, dafür mehr Spaß und Souveränität.
Der Hund kommt aus Spanien. Okay. War ein Jahr alt und keiner weiß, was er da erlebt hat. Das ist auch völlig egal. Erfahrung hin oder her, das HEUTE zählt. Hunde leben nicht im gestern oder morgen, wie wir. Sie leben im JETZT! Heute zählt. Natürlich sind im Welpenalter gemachte negative Erfahrungen irgendwo gespeichert, aber nicht präsent. An eurer doofen Straßenecke, die ihn triggert, muß was anderes passiert sein. Neu und falsch verknüpft. Entweder war da mal ne blöde Begegnung oder er war unsicher und ihr habt ihn da durchgezerrt oder gar gemassregelt. Vielleicht? Auf jeden Fall war da was körperliches, wie ich gelesen habe. Natürlich findet er die Ecke dann doof. Und vielleicht jede andere Ecke auch. Das blöde an schlecht oder gar nicht sozialisierten Hunden, und dazu gehört er wohl, ist, dass sie ihre Umwelt immer neu bewerten und einschätzen müssen. Sie haben leider nicht gelernt: Ah das hab ich schon 3x gesehen oder erlebt, das ist ungefährlich, alles cool. Ein Welpe lernt das in der Sozialisation und kann generalisieren. Ein Hund, der das nicht gelernt hat, hat immer Kopfkino. Ein Grund mehr, dass er erkennen muss, dass er keine Sorgen, Ängste oder Entscheidungen treffen muß! Das macht ihr, bzw du. Deswegen sind Vertrauen, Routinen, Bindung und Position immens wichtig. Und Respekt! Aber Respekt bekommst du nicht durch körperliche Überlegenheit oder Härte, sondern nur durch Souveränität und Zuverlässigkeit und durch Vorbild sein.
Der Hund braucht Alternativen und Vorbilder! An der Ecke ausflippen ist nicht! Wenn er dir vertraut, dass DU für ihn die Dinge entscheidest und regelst: Leine ihn mal 10m vor der Ecke an! Geh gucken, ob die "Luft rein ist". Übernimm den Raum und die Verantwortung für seinen Schutz! Du beschützt ihn, nicht er dich. Das geht auch, wenn du nur 40kg wiegst und er ebenso. Kraft und Gewicht spielen keine Rolle! DANN sagst du, das alles easy peasy ist und beginnst an der Stelle ein Spiel. Ball, Apportieren oder so. Oder du fütterst ihn dort. Mach diesen Trigger-Ort zu seinem Lieblingsplatz! Lobe ihn, wenn er in seiner Komfortzone cool ist und erweitere diese. So kannst du dich rantasten und es wird mit der Zeit immer selbstverständlicher.
Auch bei Hundebegegnungen: Weggehen und sitzenbleiben habt ihr ja schon probiert. Du warst aber zu angespannt und er ging vor. Da hat er dir nicht vertraut und auch nicht respektiert! Leine ihn am Laternpfosten an, schick ihn ins Bleib und geh DU zu dem anderen Hund und Menschen. Verwickel sie in ein Gespräch, nett und locker, lacht. Streichel mal wenn erlaubt den anderen. Dein Hund wird dich ganz genau beobachten und einschätzen: Frauchen hat die Situation im Griff und der andere ist gar nicht so schlimm. Mit der Zeit wird das seine Unsicherheit lindern, deine Position stärken und er dir mehr vertrauen. Denn das ist ja der Punkt: Unsicherheit und zu wenig Vertrauen.
Hoffe das hilft euch etwas.
Peter & Neo 🖖