Liebe Sylvi, danke für deine liebe Antwort. Deine Emmi ist ja wohl auch ein Sonnenscheinchen. Wenn ich für Crissy ein Problem kommen sehe, nehme ich sie kurz und oft klappt es, aber nicht immer. Ich bin z.B. jeden Tag mit ihr im Auwald (wohne in Leipzig) unterwegs. Oft treffen wir eine ältere Dame, welche einen etwas längeren Mantel trägt. Die Frau macht gar nichts, aber Crissy eskaliert immer, schon wenn sie sie von weitem sieht. Natürlich bin ich Schuld, ich muss meinen Hund erziehen usw. Aber kann es nicht sein, dass einfach die Chemie nicht stimmt? Gibt es doch bei uns auch, oder?
Ich habe nochmal ein wenig zum Thema Erziehung nachgedacht und finde, dass das viel zu sehr im Mittelpunkt steht. Erziehung verstehen viele als "unauffällig machen" oder "anpassen" und nicht als Hilfe, sich im Leben zurechtzufinden und Selbstbewusstsein zu entwickeln (was es m.M.n. eher sein sollte). Wenn es um Hundeerziehung geht, dann denken viele Menschen direkt an den super gehorsamen und untergeordneten Hund, der die Gedanken seiner Menschen liest und stets das tut, was andere sich von ihm wünschen. Aber das ist kein würdiges Leben und sollte auch kein Ziel im Zusammenleben mit Hunden sein.
Hunde sind nunmal einer anderen Spezies zugehörig, die noch andere Bedürfnisse mit sich bringt, eine andere Sprache spricht und dessen wir uns bewusst sein sollten. Es ist an uns, ihr Verhalten zu studieren, ihre Form der Kommunikation verstehen zu lernen und ihre Bedürfnisse zu erfüllen.
Um zurück zu deiner Crissy zu kommen: Es sollte also nicht dein Anliegen sein, dass sie unauffällig ist, weil sie durch Training möglichst angepasst ist, sondern weil sie sich durch deine Hilfe (ja, das ist auch Training) verstanden fühlt und ihre Bedürfnisse berücksichtigt werden.
Wenn ich dich richtig verstanden habe, möchtest du ihr auch helfen :)
Bellt sie nun, weil sie Angst hat? Weil ihr die Bewegungen unheimlich sind, die Geschwindigkeit zu viel für sie ist? Bellt sie, um solche Leute auf Distanz zu halten? Weil sie sie aufregen oder sie auf deinen Stress reagiert? Bellt sie, weil solche Reize bedeuten, dass gleich die Leine gestraft wird und somit ein unangenehmes Gefühl auf sie einwirkt, welches sie lieber vermeiden würde?
Das gilt es erst einmal herauszufinden. Denn ohne die Ursache zu kennen, ist das Herumdoktorn an Symptomen keine wahre Hilfe. Und genau das ist es leider, was viele machen. Sie trainieren nur ein passendes Verhalten, statt dem Hund tatsächlich zu helfen.
Nun, was gibt es für Möglichkeiten? Als erstes der Blick auf dich selbst. Schau genau hin, wie du dich verhältst und wie du reagierst, wenn du diese Reize oder ihre Verhaltensweisen wahr nimmst. Dann noch die Weiterbildung. Lerne möglichst viel über ihre Körpersprache. Es ist oft schon lange vor dem Auslösen erkennbar, dass einem Hund etwas nicht gefällt. Wenn du da bereits freundlich umlenkst, dann kommt es gar nicht erst zu der unangenehmen Situation. Schau auch, wie ihr alternativ da raus kommt bzw. es vermeidet. Kurz nehmen und durch sollte wirklich nur der letzte Ausweg sein. Vorher schon könnt ihr einen Bogen laufen, ausweichen, umkehren, du kannst Leckerchen in passender Distanz streuen usw.usf.
Dann gibt es noch so kleine Übungen für euch beide. Ihr könnt zum Beispiel andere auf Entfernung beobachten. Am besten mit vielen Keksen zwischendurch und natürlich soweit weg, dass sie schauen kann, ohne aufgeregt zu werden. Du kannst auch selbst mal weitere Kleidung tragen oder ein Lastenrad schieben. Auch kannst du dich, wie bereits erwähnt, gezielt mit anderen treffen. Dabei solltest du aber nie zu viel verlangen und auch den Mut haben, es jederzeit abzubrechen.
Und ganz wichtig: Vergleiche euch nicht mit anderen. Das tut euch nicht gut und hilft euch ohnehin nicht. Und glaub mir, niemand ist perfekt ;-)