Ich würde von einer Box abraten. Dazu gibt es eine sehr gute Folge vom Podcast "2 Beine, 4 Pfoten & 1000 Fragen".
Was uns geholfen hat war folgendes:
1. Reize reduzieren. Nicht zuviel trainieren und sie nicht zu vielen neuen Umgebungen aussetzen. Die 5-Minuten Regel hilft da, wir haben zB dann nur 3 Gassigänge gemacht, bei allen anderen Gelegenheiten ging es nach der Toilette direkt wieder rein. Ich habe auch gedacht, dass der Tipp total doof ist und sie klar kommt, aber es hilft wirklich. Kommandos könnt ihr später genug trainieren.
2. Führt Zonen ein wo der Hund nicht hin darf. Bei uns war es das Bett bzw die Couch. Wenn er hoch will, einfach sanft mit einem Kissen runterschieben. Wenn er sich gar nicht beruhigt, könnt ihr euch da zurückziehen, damit ihr ihn leichter ignorieren könnt.
3. Gestaltet den Ruheraum möglichst welpensicher, so dass ihr möglichst wenig korrigieren müsst. Komplett geht das natürlich nie (unsere hat angefangen den Boden und die Tapete anzuknabbern. Die kann ich schlecht wegmachen). Wenn es ganz schlimm wird und ihr mit den Nerven am Ende seid, könnt ihr ihn so auch kurz (wenige Minuten, nicht lange!) alleine lassen.
4. Widmet einen Gassigang dem Schnuppern. Lasst ihn soviel und ausführlich schnuppern wie er will (im Rahmen der 5-Min-Regel). Wenn ihr euch nur 5m bewegt ist das ok.
5. Führt ein Ruheritual ein. Das kann ruhiges Streicheln auf einer Decke sein, ruhiges Kuscheln, Musik (nehmt welche, die auch nach dem 40. Mal nicht blöd wird), eine Geste,... Was eben zu euch und eurem Kleinen passt.
6. Etabliert ein Wort das ihr sagt, wenn er euch zum Spiel auffordert, ihr aber nicht wollt/Ruhe angesagt ist. "Jetzt nicht" oder "Leg dich wieder hin" taugen gut. Wenn ihr das sagt, dürft ihr euch aber nicht überreden lassen
7. Meiner Meinung nach das schwierigste bis fast unmöglich: entspannt euch. Zeigt ihm was angesagt ist, indem ihr selbst ein Nickerchen macht oder euch einfach hinlegt und die Augen schließt. Versucht auch innerlich zu entspannen, wenn es irgendwie möglich ist, ansonsten faket es halt so gut es geht.
8. Sobald er irgendwie ruhig ist und erwünschtes Verhalten zeigt, loben. Anfangs verbal auf Distanz, wenn er sehr schläfrig ist, auch kurz kraulen. Er soll merken, dass er auch Aufmerksamkeit bekommt, wenn er ruhig ist und nicht nur wenn er Randale macht. Das war für uns eines der wichtigsten Dinge, die wir geändert haben.
9. Wenn es über 30min her ist seit er das letzte Mal gepinkelt hat, kann es gut sein, dass er wieder auf Toilette muss. Kurz raustragen, aufs Gras setzen, 1-2 Minuten warten und wieder reintragen. Wir haben oft festgestellt, dass sie auf Toilette muss, wenn sie komplett aufdreht.
10. Besorgt euch eine Schleckmatte, bestreicht die zB mit Magerquark oder Nassfutter, wenn ihr eh Nassfutter gibt, und gebt es ihm zu der Tageszeit, wenn es am schlimmsten ist. Bei uns war das morgens, häufiger ist abends. Lecken hilft beim Stressabbau. Wenn ihr kein Nassfutter füttert, bleibt erstmal beim Quark, um den Magen nicht durcheinander zu bringen. Von einem Kong würde ich zur Beruhigung abraten, das könnt ihr später noch machen. Der springt die ganze Zeit umher und dreht dadurch eher auf.
11. Genauso kann man etwas zum knabbern geben. Wir haben mit Karotten gute Erfahrungen gemacht. Auch da aber darauf achten, ob er es verträgt. Magenschmerzen helfen nicht weiter.
Und abschließend: das ist normal und geht vorbei. Dieser Bilderbuch-Welpe, der 20-22h schläft, ist halt ein Zielbild, aber nicht immer realistisch. Manche Welpen sind einfach aufgedreht und brauchen mehr Hilfe beim zur Ruhe kommen und es dauert einfach bis es soweit ist.
Ich war als wir unsere bekommen haben, öfter an dem Punkt wo ich nicht mehr weiter wusste und sogar darüber nachgedacht habe, sie zurückzugeben. Seit ungefähr 6-8 Wochen läuft es jetzt viel harmonischer und sie kommt in der Wohnung von selbst zur Ruhe und versteht, wenn wir ihr sagen, dass jetzt Pause angesagt ist.
Reize reduzieren ist extrem wichtig. Die 5-Minuten-Regel ist aber nur ein Hilfsmittel, das nicht allzu wörtlich zu nehmen ist. Wie lange man den Welpen in einer Umgebung lassen kann, ist davon abhängig, wie vielen Reizen er ausgesetzt ist und ob er genug Zeit hat, sie zu verarbeiten. In der Innenstadt, mitten im Trubel, würde ich ihn so kurz wie möglich lassen. Im Grünen kann er vielleicht schon 1/2 h laufen. Aber Vorsicht, es kommt ausschließlich auf das Empfinden des Welpen an, nicht auf Eure Einschätzung, was zu viel sein könnte. Ich habe mal einen friedlichen einsamen Waldspaziergang stark verkürzt, weil Lucy das Krächzen der Krähen zu unheimlich fand.
Wichtig ist, viel zu verweilen, damit der Hund alles in Ruhe in sich aufnehmen und verarbeiten kann. Nach so einer Pause ist der Welpe oft wieder empfänglich für neue Reize.
Wenn er nach so einem Gang noch mal richtig aufdreht, war es zu viel, dann möchte er sich abreagieren. Das müsst Ihr aber nicht zulassen. Begrenzt ihn, kuschelt mit ihm, dann wird er sich schnell beruhigen.
Was das Training angeht: setzt von Anfang an konsequent Eure "Hausregeln" durch (über die Ihr Euch natürlich erst mal klar werden müsst). Training im Sinne von"Kunststücke beibringen", also die Klassiker Sitz, Platz, ..., haben noch Zeit. Und sind viel leichter zu trainieren, wenn der Hund erst mal gelernt hat, zur Ruhe zu kommen.
Schnupperspiele kann man auch gut Drinnen machen, um den Welpen müde zu kriegen.
Dem 8. Punkt würde ich widersprechen. Manchen Hunden mag es helfen, für Ruhe gelobt zu werden, aber die meisten drehen dann wieder auf. Zur Ruhe kommen und entspannen ist selbstbelohnend, ich würde den zur Ruhe gekommenen Welpen ignorieren.
Seid Euch bewusst, dass ein Blick zum Welpen für diesen eine Aufforderung ist. Ein "Achtung, ich will jetzt was von Dir", die Ankündigung eines Kommandos. Vermeidet also, den Welpen direkt anzuschauen, wenn er zur Ruhe kommen soll oder gekommen ist.
Man liest immer von 20 h Schlaf, aber die hat bei uns selten mal ein Hund gehabt. Es sollte wie die 5-Minuten-Regel eine Orientierungshilfe sein, ein Anhaltspunkt, dass so ein Welpe viel Ruhe und auch ungestörten tiefen Schlaf braucht, um die täglichen Reize verarbeiten zu können. Also lasst ihn in Ruhe, wenn er sich von sich aus hinlegt, denn dann hat er es wirklich nötig. Aber einen aufgedrehten Hund zur Ruhe zwingen zu wollen, erzeugt auf beiden Seiten nur Frust.