Mal ganz ehrlich, ich finde diese Diskussion hier teilweise wirklich traurig. nein ich bin auch kein Fan von aversiven Trainingsmethoden, dass hier allerdings schon ein Sicherheitsgeschirr als zwang/aversiv bewertet wird finde ich genauso merkwürdig. zumal hier einige Kommentare wirklich anmaßend sind, vor allem wenn man Hund/Halter*in nicht kennt.
Ich habe meinen Rüden mit ca. 7/8 Monaten aus dem Tierschutz übernommen. Er war am Anfang völlig überdreht, auch meistens in den Abendstunden. Er kam nur zur Ruhe, wenn ich wirklich genau neben ihm saß, hat abends angefangen alles mögliche anzuknabbern, inklusive mir selbst. Auch ich war irgendwann völlig mit den Nerven am Ende, weil man nun eben auch erstmal verschiedene Methoden probieren muss, ob/welche bei seinem eigenen Hund funktionieren. Für uns hat es geholfen:
- jeden Tag die gleichen Runden spazieren zu gehen. Meiner darf draußen überall schnüffeln, so viel er will, die gleichbleibenden Runden können aber dabei helfen, eine völlige Reizüberflutung zu verhindern.
- wenn ich abends schlafen gehen wollte & er noch völlig aufgedreht war, habe ich ihn auf seinen Platz geschickt. Sein Bett liegt am Fußende meines Bettes. Dort habe ich ihn dann so lange mit langsamen Bewegungen und flacher Hand gestreichelt, bis er etwas runtergefahren ist. Wenn seine Augen zugefallen sind, habe ich aufgehört, ist er sofort wieder aufgedreht, habe ich von vorne angefangen. Das hat teilweise bis zu 2 Stunden gedauert, er ist dann aber eingeschlafen.
- Zuhause fand er seine Box richtig scheiße, auf seinem Platz ist er nicht geblieben und hat aus Frust angefangen nach mir zu schnappen, Platz für ein Welpengitter hatte ich nicht. wenn er so völlig überdreht ist, habe ich ihn ruhig mit einer ganz normalen Leine angeleint und habe mir diese um die Schulter gemacht. Dann habe ich mich mit ihm so im Raum platziert, das er nirgendwo rankommt. Am Anfang hat er dann immer noch versucht die Leine zu fressen/mich zu beißen, das musste ich ggf. länger aushalten und ignorieren. nach einer Weile hat er sich dann meistens abgelegt, sobald er ruhig war habe ich die Leine entfernt und mich ruhig neben ihn gesetzt. ist er wieder aufgedreht, habe ich das ganze wiederholt.
Für einige mag das nach zwang klingen und bis zu einem gewissen Maße ist es das auch. Er hat aber eben in seinem Leben vorher nie gelernt zur Ruhe zu kommen und war den ganzen Tag völlig überdreht. damit ging es ihm nicht gut und dieser Zustand kann langfristig wirklich schädlich für einen Hund sein. körperkontakt hat er in diesen Momenten nicht ausgehalten, da ihn das noch mehr überfordert hat. Für uns (!!!!) war das eine gute Methode, die uns durch diese Phase geholfen hat. inzwischen kommt er meistens sehr gut von alleine zur Ruhe.
wichtig ist halt zu erkennen, woran das Verhalten liegt. wenn meiner unterfordert gewesen wäre und ich dann diese Methoden angewandt hätte, hätten diese vermutlich mehr schaden als gutes angerichtet. ist er aber überfordert und ich laste ihn noch mehr aus, in der Hoffnung ihn "müde zu machen" richtet auch das mehr schaden als gutes an.
wie viele andere hier schon geschrieben haben, würde ich empfehlen, genau zu beobachten, ob es Auslöser für dieses Verhalten gibt, wie genau euer Tag strukturiert ist, ob du noch mehr Struktur aufbauen kannst, welche Art der Auslastung dein Hund bekommt (nur körperlich? oder vielleicht zu viel Kopfarbeit?) und vor allem konsequent bleiben.
und auch ganz wichtig- wenn du merkst, dass es dir selbst zu schlecht mit der Situation geht, zieh dich kurz zurück. wenn ich gemerkt habe, das meine Nerven auch einfach am Ende waren, bin ich für 30-60 Sekunden aus dem Raum gegangen und habe die Tür zu gemacht. draußen habe ich durch atemübungen versucht selber etwas mehr zur Ruhe zu kommen, damit ich nicht unfair meinem Hund ggü. werde.
wenn du die Möglichkeit hast, dass jemand anders Mal einen Spaziergang übernehmen, oder kurze Zeit auf deinen Hund aufpassen kann, nutz das. auch wir können nicht 24/7 die perfekten Hundeeltern sein und brauchen Raum um uns zu erholen.
und am wichtigsten - ziemlich sicher sind das nur Phasen. Wenn du es jetzt schaffst, konsequent aufzuzeigen welches verhalten du dir wünscht und welches nicht okay ist, zeigt das irgendwann Erfolg.
Ich glaube es kommt vielen nicht auf die Methode an sich an, sondern die Willkür wie sie teilweise eingesetzt wird.
Da muss man mit manchen Tipps einfach vorsichtig sein. (Unten wurde dazu ein gutes Beispiel mit einem Ehepaar und der Box gebracht)
So wie du es gehändelt hast, klingt es für mich sehr vernünftig. Man muss eben heraus finden, was für den eigenen Hund die beste Methode ist.