Vorab: es gibt kein "Freudenpippi" und auch keins aus Aufregung. Urinieren ist Beschwichtigung und heißt einfach, dass der Hund Angst hat und Konflikte vermeiden will. Interessant ist, dass er das hauptsächlich bei dir macht. Muss jetzt nicht bedeuten, dass du strenger, gröber, oder ungerecht zu ihm bist. Es kann auch sein, dass du einfach viel aus seiner Sicht unangenehmes (zB Fellpflege) mit ihm machst oder er mal als Welpe eine negative Assoziation zu dir geknüpft hat. Da reicht sogar, dass du ihm regelmäßig das Geschirr anziehst - wenn er diese Interaktion richtig schlimm findet, kann ein sensibler Hund schon große Angst bekommen.
Leider macht das auf Dauer eure Beziehung kaputt. Es ist jetzt ganz wichtig, dass Anton in seiner Einschätzung der Situation akzeptiert wird. Was der gruselig findet, muss sanft (!) geübt werden. Achte mal darauf, wie er generell auf deine Hand reagiert. Ducken, Züngeln, Gähnen, steife Position mit angelegten Ohren und niedriger Rute? Alles Anzeichen dafür, dass er sich unwohl fühlt.
Ein Halsband ist keine gute Alternative. Das drückt auf Schilddrüse und Kehlkopf. Besser ist, das Geschirr mit dem Clicker positiv aufzubauen. Dafür gibt es Videos bei Youtube. Clickertraining macht Hunde auch generell mutiger. Das Mesh-Geschirr eignet sich dafür nur bedingt, besser wäre als Einstieg eins, wo er selbstständig den Kopf durchstecken kann. Mit viel Platz allerdings, Enge wird das Training erschweren.
Für die Besuchersituationen solltet ihr erst mit dem Besuch eine Runde um den Block gehen, wenn möglich. Oder sie wenigstens vom Auto abholen. Dabei muss Anton aber unbedingt angeleint bei einem Familienmitglied bleiben und nicht in direkter Nähe zum Besuch. Dass er zum Besucher hin will liegt daran, dass er ängstlich ist und beschwichtigen möchte. Das geht nur aus der Nähe. Da es ihm dann aber viel zu gruselig ist, sammelt er beim Urinieren nebenbei negative Erfahrungen mit fremden Menschen. Echt blöd, in seinem Alter. Da sind Probleme später fast vorprogrammiert. Ihr müsst die Situation für ihn managen und solltet die Besucher auch anleiten, Anton zu ignorieren und höchstens kommentarlos ein tolles Leckerli zu schmeißen. Das Buch "Trau keinem Fremden" von McConnell könnte euch helfen, spätere Probleme zu verhindern.
Auch, sich auf Spaziergängen nicht zu lösen, passt zu so einem unsicheren Hund. Auf keinen Fall würde ich ihm seine einzige sichere Toilette nehmen! Wenn er auf Dauer partout nicht in den Garten soll, sucht euch eine ruhige Wiese in der Nähe und geht dort regelmäßig hin, um zu spielen, Futter zu suchen, und auch einfach mal entspannt zu sitzen. Dann wird er sich mit der Zeit da lösen. Aber solange sollte er wirklich noch in den Garten dürfen. Anton ist noch jung und wird (wenn ihr ihn nicht zu schnell kastriert oder mit Gewalt erzieht) sicherer werden. Ein sensibler Trainer kann euch sehr helfen, Anton besser zu verstehen. Dafür am besten mal hier schauen: https://www.trainieren-statt-dominieren.de/trainer-innen-umkreissuche
Ja, das ist ein Beschwichtigungssignal. Dieses kann Aufregung (Stress, Freude, Angst) als Auslöser haben. Heißt, Urinieren kann auch mit diesen Empfindungen verbunden sein. Da konsequent zu sagen, das geht nicht, ist ein wenig engstirnig.
Ich finde auch gut und wichtig, zu schauen was Anton braucht und wie man ihm helfen kann über sich hinauszuwachsen. Um das zu erkennen, muss aber auch gegeben sein, dass er verstanden wird und kommunizieren kann. Das ist ja gerade für Anfänger*innen oft noch sehr unübersichtlich und schwierig.
Ein Halsband ist eine gute Alternative. Natürlich ist ein gut sitzendes Y-Geschirr stets die beste Wahl, doch wenn der Hund nicht zieht und sich damit wohler fühlt, dann kann das natürlich erstmal genutzt werden. Meine Hündin trägt auch lieber ein Halsband. Sie bekommt es allerdings nur an, wenn ich dafür garantieren kann, dass sie nicht ziehen wird. Und das ist ehrlich gesagt arg selten. Es gibt aber auch Hunde, die generell kaum bis gar nicht ziehen. Gerade so unsichere Kandidat*innen meiden das ja und halten sich manchmal lieber beim Menschen auf. Den Kopf durch etwas durchzustecken erfordert von vielen Hunden Vertrauen und Überwindung. Ich glaube nicht, dass das in diesem Falle hilfreich wäre. Ich habe das monatelang und kleinschrittig aufgebaut und bis zum Ende ging es meiner Hündin nicht gut damit. Uns hat eine Halsschnalle Erleichterung verschaffen.
Ich denke auch, dass der Garten als Hunde-WC erstmal prima ist. Irgendwann wird er sich gewiss auch zutrauen neue Gebiete zu nutzen.