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Dogorama-Mitglied
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heute 08:19

"Wege zur Freundschaft" (Ulli Reichmann)

Hallo ihr Lieben :) Ich habe kürzlich o.g. Buch verschlungen und gleich begeistert mit dem dort aufgeführten Training begonnen. Für alle, die es nicht kennen: Es geht darum gemeinsam mit seinem Hund die Welt zu entdecken und Spuren zu suchen etc.. Quasi ein Leitfaden, wie man dem Hund zeigt nicht mehr alleine jagen zu gehen, sondern voller Freude zu kooperieren. Ich bin nun unendlich begeistert, weil erste (auch unerwartete) Erfolge schon in wenigen Tagen sichtbar wurden und wollte nun mal fragen, ob noch jemand inspiriert von diesen Methoden mit seinem Hund die Welt erkundet? Würde mich über einen Erfahrungsaustausch unheimlich freuen! Liebe Grüße
 
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Kirsten
3. Nov. 11:51
Ich finde das gemeinsame Beobachten von Wild total spannend, gerade weil es um geteilte Aufmerksamkeit also auch ums Wir geht. Ein Hund spürt ja eben, wenn man wirklich bei ihm ist. Ich finde diese Herangehensweise bzw. diese Haltung sehr bereichernd, ob nun mit Neo, oder auch schon mit meiner alten Hündin Joona, und jetzt starte ich mit Ivy wieder. Sie ist ca fünf Monate alt, total eigensinnig, jagdlich extrem motiviert und stammt aus einer Tötung, in der sie entsprechend reizarm aufgewachsen ist. In den ersten Tagen war sie so wenig ansprechbar, dass ich ernsthaft dachte, sie sei taub. Mit ihr gehe ich jetzt wieder Schritt für Schritt vor mit dem Ziel, dass sie überhaupt Vorteile darin sieht mit mir zu kooperieren. Also erleben wir Situationen gemeinsam, spüren Spannung und Entspannung und arbeiten daran, dass sie sich an mir orientiert. Beispiel Hühnergewöhnung: Ich begleite sie, sie darf die Aufregung spüren (und davon gibt es reichlich😅), ich zeige Präsenz, wir regulieren gemeinsam, und sie lernt, dass es ums Kooperieren geht, nicht ums Losstürmen. Das ist einfach anders als Deckeln und Tabu im Sinne von „Du darfst eben einfach nicht jagen“.
Ein spannender Neuanfang für euch beide. Ich wünsche euch ganz viel Freude am gegenseitigen Kennenlernen und Zusammenwachsen ☺️

Und ein wenig hoffe ich ganz egoistisch darauf, dass du von deiner Reise berichten magst, ganz besonders von den Dingen, die anders sind als mit deinen bisherigen Hunden.
 
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Caro
3. Nov. 11:56
Das hört sich toll an und hätte ich auch gerne. Müsli und ich erleben und erkunden aber auch ganz viel in der Natur. Auch beobachten wir gemeinsam Wild. Vor der Fährtensuche habe ich tatsächlich bisschen Respekt 😄
Tatsächlich klappt das auch bei Lucy. Sie stürmt nicht mehr (oder nur noch selten 😅) kopflos alleine los, sondern fragt bei mir ab, wie der Plan ist. Das geht sehr, sehr schnell und ich muss aufpassen, den Zeitpunkt nicht zu verpassen, an dem ich reagiere. Daran arbeiten wir noch, aber es wird. Mittlerweile bleibt sie bei jeder (!) Spur kurz stehen und hebt die Pfote, ich lobe verbal und wir gehen weiter oder der Spur nach, wobei ich mich natürlich bei beiden Varianten sehr doll für sie freue, wenn sie meiner Vorgabe folgt.

Sie hat ja schon immer die Nase ausschließlich am Boden, da hat ewiges verbieten, umlenken, sonstiges nichts dran verändert. Also machen wir das nun eben gemeinsam, das gefällt ihr (und mir!) deutlich besser, wir kooperieren eben. Hunde sind halt doch Teamplayer 🥰
 
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Michi
3. Nov. 11:59
Tatsächlich klappt das auch bei Lucy. Sie stürmt nicht mehr (oder nur noch selten 😅) kopflos alleine los, sondern fragt bei mir ab, wie der Plan ist. Das geht sehr, sehr schnell und ich muss aufpassen, den Zeitpunkt nicht zu verpassen, an dem ich reagiere. Daran arbeiten wir noch, aber es wird. Mittlerweile bleibt sie bei jeder (!) Spur kurz stehen und hebt die Pfote, ich lobe verbal und wir gehen weiter oder der Spur nach, wobei ich mich natürlich bei beiden Varianten sehr doll für sie freue, wenn sie meiner Vorgabe folgt. Sie hat ja schon immer die Nase ausschließlich am Boden, da hat ewiges verbieten, umlenken, sonstiges nichts dran verändert. Also machen wir das nun eben gemeinsam, das gefällt ihr (und mir!) deutlich besser, wir kooperieren eben. Hunde sind halt doch Teamplayer 🥰
Aber du hast sie ja meistens an der Schleppleine?
Zumindest sieht es auf den Fotos so aus.
Müsli unterscheidet sehr genau, ob er an der Schleppleine ist oder nicht.
 
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Sonja
3. Nov. 12:02
Ich vertraue ihm, dass er beim gemeinsamen Spurensuchen bei mir bleibt, aber wo ich ihm nicht vertraue, das ist, wenn wir dann ohne Leine im Wald unterwegs sind, er dann selbstständig, also ohne mich, auf die Idee kommt, eine Fährte zu verfolgen. Er dann quasi weg ist 😄 jetzt macht er das nicht, aber vielleicht wenn er das gemeinsame Suchen lustig findet....
Diese Sorge haben die meisten. Sie resultiert aus der Überlegung, den Hund nicht auf dumme Gedanken zu bringen. Und das soll man auch nicht.
Man soll lediglich das, was der Hund aus eigenem Antrieb macht, mit ihm gemeinsam machen. Es begeistert die Hunde, dass ihr Mensch plötzlich ihre Interessen teilt. So sehr, dass sie sich erst mal nach ihrem Menschen umschauen, ob er auch mitmacht, statt weiterhin alleine ihren Hobbys nachzugehen. Genau an dem Punkt kann man dann lenkend einhaken und entscheiden, ob jetzt gejagt wird oder nicht.

Vergleich es mal mit dem, was ein Jäger tut. Der bringt seinem Vorstehhund nicht das Hetzen bei, befeuert aber das Vorstehen.
 
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Caro
3. Nov. 12:10
Aber du hast sie ja meistens an der Schleppleine? Zumindest sieht es auf den Fotos so aus. Müsli unterscheidet sehr genau, ob er an der Schleppleine ist oder nicht.
Das ist richtig. Lucy hatte allerdings auch schon Jagderfolg 🫣
In Rumänien bestimmt sowieso, auf der Pflegestelle vor mir wieder (da hat sie die Hühner getötet), und mir ist sie ganz am Anfang auch einmal entwischt, Leine aus der Hand gerissen und weg, den Rehen nach. Sie hat keins erwischt, weil sich ihre Leine (zum Glück!) verfangen hat und ich sie aus dem Distelfeld pflücken konnte. Ohne ihren durchdringenden Spurlaut hätte ich die nie wieder gefunden 🙈
Sie weiß also, was sie verpasst, weil sie hetzen und reißen kennt. Umso stolzer bin ich, dass sie sich trotzdem auf das gemeinsame, langsame Jagen mit mir einlässt 😁 die Schleppi ist zur Sicherheit, für die Wildtiere und sie und für meine Nerven 😅
 
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SandrA
3. Nov. 12:19
Ein spannender Neuanfang für euch beide. Ich wünsche euch ganz viel Freude am gegenseitigen Kennenlernen und Zusammenwachsen ☺️ Und ein wenig hoffe ich ganz egoistisch darauf, dass du von deiner Reise berichten magst, ganz besonders von den Dingen, die anders sind als mit deinen bisherigen Hunden.
Vielen Dank 🥰

Ja, ich werde gern berichten, zumal sie mit ihrer Herkunft, ihrem Rassemix und ihrem Temperament nochmal ganz eigene Themen mitbringt. Und weil ich jetzt, wo ich mit ihr neu einsteige, auch selbst wieder vieles bewusster wahrnehme und neu lerne, was mit ihren Vorgänger*innen und Neo schon ganz selbstverständlich geworden war und ist.
 
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Michi
3. Nov. 12:20
Das ist richtig. Lucy hatte allerdings auch schon Jagderfolg 🫣 In Rumänien bestimmt sowieso, auf der Pflegestelle vor mir wieder (da hat sie die Hühner getötet), und mir ist sie ganz am Anfang auch einmal entwischt, Leine aus der Hand gerissen und weg, den Rehen nach. Sie hat keins erwischt, weil sich ihre Leine (zum Glück!) verfangen hat und ich sie aus dem Distelfeld pflücken konnte. Ohne ihren durchdringenden Spurlaut hätte ich die nie wieder gefunden 🙈 Sie weiß also, was sie verpasst, weil sie hetzen und reißen kennt. Umso stolzer bin ich, dass sie sich trotzdem auf das gemeinsame, langsame Jagen mit mir einlässt 😁 die Schleppi ist zur Sicherheit, für die Wildtiere und sie und für meine Nerven 😅
Natürlich ist es mit dieser Vorgeschichte besser, dass sie an der Schleppleine geführt wird.
Aber für mich sind die Erkenntnisse daraus nicht unbedingt mit einem Freiläufer vergleichbar.
Als ich mit Müsli trainiert habe( als er in der Pubertät war ), da hat er sehr viele Verhaltensweisen nicht oder anders gezeigt, wenn er an der Schleppleine war. So in etwa...da brauche ich jetzt garnicht zu versuchen hinterherlaufen, wenn die Leine dran ist, klappt eh nicht 😄
 
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Kirsten
3. Nov. 12:21
Nein, so stimmt das nicht. Ich hänge mal einen Ausschnitt aus "Wege der Freundschaft" dran. Im Austausch mit anderen hat sich für mich gezeigt, dass es ganz individuell vom Hund abhängt, was möglich ist. Und noch mehr davon, wieviel Vertrauen der Halter in seinen Hund hat. Bleibt man misstrauisch in HabAcht-Stellung, macht man das gemeinsame Jagen kaputt, denn dann ist es ein Gegeneinander. Wenn Du also Müsli nicht vertraust, dass er in so einer Situation bei Dir bleibt, solltest Du ihn nicht ableinen.
Ich denke durchaus, dass man damit rechnen sollte, das der Hund erstmal in Erfahrung bringen mag, was diese Neuerungen bedeuten und welche Ausmaße diese haben. Siehe eben der Text mit Quendy.

Nichts schlimmes, wenn man darauf vorbereitet ist und entsprechend damit umgeht. Diese Fragen beantworten sich ja durchaus fast von alleine, wenn man diesen Weg verfolgen möchte.
 
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Katja
3. Nov. 12:25
Jetzt habe ich auch noch eine Frage. Wenn man gemeinsam mit dem Hund eine Fährte verfolgt und ihn dabei noch anfeuert...wie funktioniert das mit einem freilaufenden Hund? Dass er bei einem bleibt, wenn man gemeinsam die Spur abgeht, das kann ich mir noch vorstellen, aber bringt man den Hund dann nicht darauf, auch in anderen Momenten eine Spur zu verfolgen? Und zwar selbstständig? Ist sicher abhängig vom Charakter des Hundes, aber ich würde meinen lieber nicht auf den Geschmack kommen lassen. Ich meine jetzt nicht die Wohnung sondern Wald und Feld, also Natur.
Also Polli ist ja auch eigentlich ausschließlich frei unterwegs. Allerdings ist sie nicht unbedingt der Fährtenleser… aber dafür wird sie als Hütehund von Bewegungsreizen absolut getriggert!
Irgendwann kam mal ein Hase quer über den Weg geschossen und sie ist natürlich direkt durchgestartet. Ich kam wenigstens noch dazu, meine Begeisterung hinterherzurufen (hatte erst Schimpfen/konsequenten Rückruf überlebt… aber mich dann aktiv dagegen entschieden)… kurz drauf kam Hundine wirklich aus dem Wald zurück a la „hast Du das gesehen?!?“.
Irgendwelche Ausflüge von ca. 10min, die Hundine früher schonmal dann und wann hingelegt hat, sind inzwischen komplett passe.
Auch auf das Wildschwein letztes Wochenende ist sie erstmal zugeschossen… ist dann aber mitnichten dem flüchtenden Tier hinterher, sondern hat nur hinterhergeschaut. Und hat sich dann bei mir die Belohnung für das todesmutige „Beschützen“ abgeholt.

Sie braucht offensichtlich die Bestätigung durch ihre Menschen/Herde für das, was sie findet bzw. tut, das sehen wir überall, auch in Alltagssituationen!

Ich verstehe Dich aber gut: Wenn wir Deinen Trainingsstand hätten, hätte ich auch Bedenken, was kaputtzumachen…
aber es geht eben ums Verstehen des Verhaltens und der Motivation, inklusive der entstehenden Befriedigung. Sowas kann man vielleicht auch erstmal in kleineren Situationen üben…?🤔

PS: Das Auf-dem-Weg-Bleiben wär bei uns eh nix: Wir arbeiten oft im Wald und das natürlich auch querfeldein. Da muss Hundine auch abseits der Wege ohne Leine funktionieren!
Zum Glück ist sie aber von sich aus beim normalen Spazierengehen weitestgehend wegetreu… sonst sähe unser Alltag auch unentspannter aus!
 
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Sonja
3. Nov. 12:39
Ich denke durchaus, dass man damit rechnen sollte, das der Hund erstmal in Erfahrung bringen mag, was diese Neuerungen bedeuten und welche Ausmaße diese haben. Siehe eben der Text mit Quendy. Nichts schlimmes, wenn man darauf vorbereitet ist und entsprechend damit umgeht. Diese Fragen beantworten sich ja durchaus fast von alleine, wenn man diesen Weg verfolgen möchte.
Ich hatte es so verstanden, dass es für den Hund kein neues Verhalten ist, was gefördert und gelenkt wird. Quendy ist vorher zum Jagen abgehauen, zum Stöbern und Hetzen. Dann wurde ihr durch Begeisterung gezeigt, dass Jagen durchaus erwünscht ist, wenn sie geschickt wird. Durch Ignorieren wurde ihr gezeigt, selbständiges Jagen ist nicht erwünscht. Ab da war Jagen für sie etwas gemeinsames.