Wie soll Führung ohne Gefälle in der Entscheidungsmacht funktionieren?
Wenn alle Entscheidungen wirklich gleichwertig dastehen, wer ist dann der Führer?
Einer Meinung zu sein, ist meiner Definition nach keine Führung...?
Soweit ich das verstehe, plädierst du für einen möglichst wenig autoritären und möglichst kooperativen Führungsstil.
Das finde ich gut, eliminiert aber imho nicht das einer Führung inhärente Machtgefälle sondern flacht es nur ab.
Deshalb sehe ich auch im kooperativen Führungsstil keine echte Entscheidungsfreiheit für den Geführten, sondern erweitere Zugeständnisse.
Ähnlich wäre es ja auch umgekehrt, wenn ich dem Hund die Führung überlasse und seinen Vorgaben folge, bin ich in der Situation in der Entscheidungsmacht ihm untergeordnet.
Ich sehe das anders, weil ich Führung hier nicht über Entscheidungsmacht, sondern über Verantwortungsübernahme in Beziehung definiere.
Macht im Sinne von „jemand muss sich fügen, damit einer führt“ ist ein tradiertes, überholtes Konzept. Es ignoriert, dass Bindung, Sicherheit und Verständigung oft tragfähiger sind als Kontrolle.
Ich übernehme Verantwortung für meinen Hund, indem ich aushandle, was für uns beide tragfähig ist. Das braucht Klarheit, aber keine Überordnung.
Neo zum Beispiel ist keiner, der sich „führen“ lässt, wenn es innerlich nicht stimmt. Und trotzdem funktioniert unser Alltag – nicht weil ich mich durchsetze, sondern weil wir z. B. gemeinsam gelernt haben, mit Spannung umzugehen.
Die Vorstellung, dass es ohne Machtgefälle keine Führung geben kann, blendet zudem aus, dass auch geteilte Verantwortung eine Form von Führung ist. Und dass es kein Zeichen von Stärke ist, wenn einer entscheidet und der andere folgt – sondern ein Zeichen von Beziehung, wenn beide miteinander in Verbindung bleiben – auch unter Belastung.