Die "Frucht pädagogischer Arbeit" nennt sich landläufig Erziehung.
Der Erziehungsprozess schließt Gleichwertigkeit aus, weil selbst wenn noch so antiautoritär und wohlwollend erzogen wird, gibt der Erziehende die Grenzen, die Methoden und die Ziele vor, in, über und zu denen der Zögling sich bewegen und entwickeln soll.
Wenn ein Lebewesen nicht weitgenend machen darf was es will, ist es doch aber unmündig.
Ich hab's schon mehrmals gesagt - mir gefällt die Idee von respekt- und verständnisvollerem, zugewandtem, förderndem und kooperativem Umgang mit dem Hund.
Was mir nicht so gefällt, ist die Schwammigleit in der Beurteilung der Methoden.
Absolut. Handelst du aus der Perspektive eines Lehrenden entsteht unweigerlich ein Machtgefälle.
Wir versuchen uns von dem Gedanken, als Mensch die Krone der Schöpfung zu sein, zu distanzieren.
Die Philosophie bringt den Hunden nichts bei in dem Sinne, wie es beim klassischen oder positiven Training getan wird. Vom Jagen haben die Hunde ohnehin mehr Ahnung als wir.
Nun kann man als jemand, der viel weniger weiß, auch schlecht bewerten, was der andere tut.
Je mehr du mit deinem Hund ins Formen gehst, desto weiter weg bewegst du dich davon deinen Hund so kennenzulernen, wie er tatsächlich ist. Wir versuchen nicht wertend zu handeln, denn daraus ergibt sich genau das was du beschreibst.
Hier gibt es zwar Kekse und viel Lob, aber wir benutzen sie auch wieder ein wenig anders, als es das klassische Training tut, auch wenn es nach außen in manchen Fällen ähnlich aussehen mag. Kekse werden hier nicht zur Verhaltensbewertung des Hundes verwendet.
Wir streben maximale Freiheit für den Hund an, aber (leider) haben wir auch ein paar Restriktionen. Wir setzen unsere Bedürfnisse gleich mit denen anderer Menschen und Tiere (und unseren) .Aber auch da bleibt die Basis Freundschaft, was schlichtweg schon sehr viele Herangehensweisen ausschließt.
So üben wir zum Beispiel nicht bis zum Erbrechen den Rückruf, hier ist das Hand-Hoch-Spiel eher ein Kommunikationsmittel, dass den Hund auf etwas aufmerksam machen soll, das ihn interessiert. Dabei üben wir uns selbst darin, unsere Körpersprache so zu verwenden, das es dem Hund das Kommen erleichtert und ihm die Richtung zum Wasser oder ähnlichem weist. Der Schwerpunkt liegt nicht auf dem Lernen. (Natürlich greift auch hier die Konditionierung, für die Leute die immer alles ganz genau nehmen 😄)
Wir können das Handhochspiel auch für ein wenig Spaß während des Spaziergangs verwenden. Aber wir arbeiten nicht emsig daran, dass der Hund zu uns kommt. Das ergibt sich sowieso von alleine.
Edit:
Vielleicht anders formuliert:
Signale die wir verwenden, werden nicht vorher langatmig trainiert, sondern einfach benutzt. Sie ergeben sich aus der Situation.
Der Hund soll nicht tun, was wir wollen, sondern der Schwerpunkt liegt auf dem wohlfühlen mit uns.
Wir wünschen uns, dass unsere Meinung einen Wert für ihn hat und er sich dafür interessiert. Nicht, dass er blind folgt.
Der Anspruch ohne Leine zu Laufen ist nicht so hoch, weil er sich zuerst wohlfühlen soll. Wenn für den Hund alles passt, spricht doch nicht viel dagegen abzuleinen.