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Dogorama-Mitglied
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heute 15:57

"Wege zur Freundschaft" (Ulli Reichmann)

Hallo ihr Lieben :) Ich habe kürzlich o.g. Buch verschlungen und gleich begeistert mit dem dort aufgeführten Training begonnen. Für alle, die es nicht kennen: Es geht darum gemeinsam mit seinem Hund die Welt zu entdecken und Spuren zu suchen etc.. Quasi ein Leitfaden, wie man dem Hund zeigt nicht mehr alleine jagen zu gehen, sondern voller Freude zu kooperieren. Ich bin nun unendlich begeistert, weil erste (auch unerwartete) Erfolge schon in wenigen Tagen sichtbar wurden und wollte nun mal fragen, ob noch jemand inspiriert von diesen Methoden mit seinem Hund die Welt erkundet? Würde mich über einen Erfahrungsaustausch unheimlich freuen! Liebe Grüße
 
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Sonja
17. Mai 07:26
Gestern waren wir im Café. Über unseren Tisch hinweg kam eine Krähe eingeflogen, landete zunächst auf der Rückenlehne eines Stuhls zwischen unserem Tisch und dem Nachbartisch. Das wurde von mir kommentiert mit den Worten „ach, eine Krähe, die hab ich auch gesehen.“ Krähe hüpfte dann auf den Nachbartisch, checkte die Lage, was auf dem Geschirr noch brauchbar war. Pickte sich ein Kaffeesahnebecherchen, positionierte es so, dass sie es aufhacken und die Milch trinken konnte. Ab dem Moment habe ich gefilmt. Nach dem Schwenk auf Kaisa ging es mit der Krähe so weiter, dass sie sich das nächste Kaffeesahnebecherchen schnappte und damit auf den Boden vor unseren Tischen flog, dort wieder den Becher positionierte, aufhackte, trank. Mein Bein im Video dient ganz klar nicht als eine Schranke, sondern war bereits seit längerer Zeit über das andere Bein übergeschlagen und am Tisch-Gestänge bequem abgestellt. Kaisa hat ohne jegliche Ermahnung, Kontrolle, Druck oder Zwang einfach nur die Krähe in ihrem Tun beobachtet. Früher wären durchaus Gläser umgefallen, hätten sich Menschenknie und Hundekopf gestoßen und hysterisches Gekläff hätte ein gemütliches Kaffeetrinken abrupt beendet. Das aktive Suchen und Zeigen von Reizen, dann das Aushalten üben der Reize an Ort und Stelle ist tatsächlich unser Weg der Wahl geworden. Ich hab sogar mittlerweile fast den Eindruck, dass Kaisa diesen Weg als sinnvoll angenommen hat - denn auf unsere Art hat sie auf eine recht lange Zeit die Gelegenheit, vom anderen Tier zu profitieren. Ja, sie darf nicht hinterher, sie darf nicht hetzen. Lange schnuppern und gucken zu können scheint aber auch ein zumindest kleiner Ersatz zu sein.
Toll! Das bestärkt mich, diesen Weg weiter zu gehen.
Gestern war auf unserem Spaziergang ein Storch auf der Wiese, ca. 30 m von uns entfernt. Ella hat allen in der Gegend davon erzählt. 😄 Ich hatte alle 6 Hunde dabei, daher konnte ich nicht optimal auf Ella eingehen, geschweige denn filmen. Ihre Aufregung war ansteckend für die anderen Hunde.
In einer Entfernung, in der Ella noch ansprechbar war, sind wir stehen geblieben und haben beobachtet. Dafür mussten wir allerdings erst ein Stück rückwärts, den Abstand vergrößern. Ich habe den Hunden erzählt, dass das ein Storch ist zu dem wir jetzt nicht näher ran gehen, und alles, was mir sonst noch gerade eingefallen ist. Immer mit Blick zum Storch, und in der Hocke, ganz nah bei den Hunden. Meine Ruhe strahlte langsam aus, aber nicht auf den Storch, dem das Bellen wohl doch zu viel war. Nach ca. 5 Minuten flog er weg.
Als er außer Sicht war, habe ich zu den Hunden gesagt " lasst uns mal gucken gehen", eine Phrase, die sie schon kennen. Dann durften alle auf der Wiese nach Storchgeruch stöbern.
Einige Minuten später war das uninteressant, und ich habe noch Suchspiele mit einem Spielzeug gemacht.
 
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Sonja
17. Mai 07:41
Vor ein paar Tagen lag eine tote Krähe neben dem Weg. Ich war mit allen 6 Hunden unterwegs, als wir sie entdeckt haben. Das erste Mal überhaupt hatte ich Mühe, die Hunde zu halten.
Ella ist total ausgeflippt, hat alles versucht, um da hin zu kommen. Sie hat massiv versucht, sich aus ihrem Halsband zu winden.
Die anderen Hunde haben "nur" gezogen. Die Aufregung war riesig.

Danach habe ich mit jedem Hund einzeln geübt. Die Videos zeigen das mit Lucy, und so wie mit ihr ging das mit allen Hunden außer Ella.
 
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Sonja
17. Mai 07:59
Hier das Einzeltraining mit Ella. Man sieht, dass es einen riesigen Unterschied macht, ob sie alleine ist, oder Verstärkung hat.

Im ersten Video lobe ich jede Bewegung von der Krähe weg, jedes Locker lassen der Leine, und natürlich die Orientierung zu mir. Ich muss allerdings noch mein Timing verbessern.
Ich sahe ihr auch mit ÄhÄh, was nicht gewünscht ist. Das will ich allmählich abbauen, aber hier war der Reiz zu stark dafür.

Im zweiten Video, auf dem Rückweg, liegt die Krähe links von uns. Ella soll lernen, trotz Reiz rechts von mir zu laufen. Das ist mit 6 Hunden extrem wichtig, daher nutze ich jede Gelegenheit, das auch mit Reizen zu üben. Ehrlich gesagt hat sie mich damit überrascht, wie gut sie es gemacht hat.
 
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SandrA
17. Mai 08:06
Gestern waren wir im Café. Über unseren Tisch hinweg kam eine Krähe eingeflogen, landete zunächst auf der Rückenlehne eines Stuhls zwischen unserem Tisch und dem Nachbartisch. Das wurde von mir kommentiert mit den Worten „ach, eine Krähe, die hab ich auch gesehen.“ Krähe hüpfte dann auf den Nachbartisch, checkte die Lage, was auf dem Geschirr noch brauchbar war. Pickte sich ein Kaffeesahnebecherchen, positionierte es so, dass sie es aufhacken und die Milch trinken konnte. Ab dem Moment habe ich gefilmt. Nach dem Schwenk auf Kaisa ging es mit der Krähe so weiter, dass sie sich das nächste Kaffeesahnebecherchen schnappte und damit auf den Boden vor unseren Tischen flog, dort wieder den Becher positionierte, aufhackte, trank. Mein Bein im Video dient ganz klar nicht als eine Schranke, sondern war bereits seit längerer Zeit über das andere Bein übergeschlagen und am Tisch-Gestänge bequem abgestellt. Kaisa hat ohne jegliche Ermahnung, Kontrolle, Druck oder Zwang einfach nur die Krähe in ihrem Tun beobachtet. Früher wären durchaus Gläser umgefallen, hätten sich Menschenknie und Hundekopf gestoßen und hysterisches Gekläff hätte ein gemütliches Kaffeetrinken abrupt beendet. Das aktive Suchen und Zeigen von Reizen, dann das Aushalten üben der Reize an Ort und Stelle ist tatsächlich unser Weg der Wahl geworden. Ich hab sogar mittlerweile fast den Eindruck, dass Kaisa diesen Weg als sinnvoll angenommen hat - denn auf unsere Art hat sie auf eine recht lange Zeit die Gelegenheit, vom anderen Tier zu profitieren. Ja, sie darf nicht hinterher, sie darf nicht hetzen. Lange schnuppern und gucken zu können scheint aber auch ein zumindest kleiner Ersatz zu sein.
Ich kann mich Kirsten und Sonja nur anschließen – das Verhalten deiner beiden Hunde in der Situation find ich total super 👍🏻 🥰 und sehr aufschlussreich für die Frage, wie sich Selbstregulation mit der Zeit entwickeln kann. ☺️
Das wirkte eben nicht wie „zurückgehalten“, sondern wie aktives Teilnehmen am Geschehen – ohne eskalierende Handlung. Für mich ein schönes Beispiel dafür, dass Beobachten, Warten, Aushalten ein eigenständiger, sinnvoller Modus werden können.

Wir hatten gestern einen ganz ähnlichen Moment: Ein Reh stackste keine 20 Meter entfernt über die Wiese – beide Hunde angespannt, aber noch kontrolliert. Als es dann plötzlich lossprang, ist vor allem Neo impulsiv in die Leine gesprungen, hat gebellt, war ziemlich aufgedreht – Rehe sind einfach Endgegner.
Ich bin stehen geblieben, habe gewartet, bis er sich umdreht, und dann ruhig bestätigt. Das umdrehen erfolgt in zunehmend kürzeren Abständen und stellt für mich schrittweise Erfolge dar. Joona springt mittlerweile nicht mehr in die Leine - seit sie allerdings altersbedingt kaum mehr hört, bellt sie wieder vermehrt - Körperkontakt bringt sie aber recht gut runter.
Wichtig ist, die Begegnungen verlaufen ohne Drama, kein hektisches Eingreifen meinerseits und eben keine Kontrollillusion.
Mir geht es inzwischen viel mehr darum, solche Szenen gemeinsam durchzustehen, ohne dass die Hunde sich völlig verlieren. Das ist für uns wirklich ein Perspektivwechsel und seitdem wirkt vieles einfach harmonischer.

Vielleicht ist das tatsächlich der Punkt: dass der Hund lernt, dass Aushalten, Beobachten und bei sich bleiben etwas bringt – weniger als Ersatzhandlung, vielmehr als Teil einer selbstregulierten Strategie.
 
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Babs
17. Mai 09:28
Vor ein paar Tagen lag eine tote Krähe neben dem Weg. Ich war mit allen 6 Hunden unterwegs, als wir sie entdeckt haben. Das erste Mal überhaupt hatte ich Mühe, die Hunde zu halten. Ella ist total ausgeflippt, hat alles versucht, um da hin zu kommen. Sie hat massiv versucht, sich aus ihrem Halsband zu winden. Die anderen Hunde haben "nur" gezogen. Die Aufregung war riesig. Danach habe ich mit jedem Hund einzeln geübt. Die Videos zeigen das mit Lucy, und so wie mit ihr ging das mit allen Hunden außer Ella.
Super schön zu sehen, wie schnell sie lernt und mitdenkt.
 
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Babs
17. Mai 09:35
Hier das Einzeltraining mit Ella. Man sieht, dass es einen riesigen Unterschied macht, ob sie alleine ist, oder Verstärkung hat. Im ersten Video lobe ich jede Bewegung von der Krähe weg, jedes Locker lassen der Leine, und natürlich die Orientierung zu mir. Ich muss allerdings noch mein Timing verbessern. Ich sahe ihr auch mit ÄhÄh, was nicht gewünscht ist. Das will ich allmählich abbauen, aber hier war der Reiz zu stark dafür. Im zweiten Video, auf dem Rückweg, liegt die Krähe links von uns. Ella soll lernen, trotz Reiz rechts von mir zu laufen. Das ist mit 6 Hunden extrem wichtig, daher nutze ich jede Gelegenheit, das auch mit Reizen zu üben. Ehrlich gesagt hat sie mich damit überrascht, wie gut sie es gemacht hat.
Tolles Timing im ersten Filmchen von Dir, als sie die Rute hebt und einen Schritt zurück macht. Ich würde bei ihr mal darauf achten, ob sie das Leckerchen als "Auflösung der Situation" ansieht. War jetzt aber nur mein erster Gedanke, da sie sich 2 oder 3 mal nach dem Leckerchen wieder von Dir abgewandt und ihre Aufmerksamkeit wieder zu der Krähe ging.
 
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Doro
17. Mai 10:18
Gestern waren wir im Café. Über unseren Tisch hinweg kam eine Krähe eingeflogen, landete zunächst auf der Rückenlehne eines Stuhls zwischen unserem Tisch und dem Nachbartisch. Das wurde von mir kommentiert mit den Worten „ach, eine Krähe, die hab ich auch gesehen.“ Krähe hüpfte dann auf den Nachbartisch, checkte die Lage, was auf dem Geschirr noch brauchbar war. Pickte sich ein Kaffeesahnebecherchen, positionierte es so, dass sie es aufhacken und die Milch trinken konnte. Ab dem Moment habe ich gefilmt. Nach dem Schwenk auf Kaisa ging es mit der Krähe so weiter, dass sie sich das nächste Kaffeesahnebecherchen schnappte und damit auf den Boden vor unseren Tischen flog, dort wieder den Becher positionierte, aufhackte, trank. Mein Bein im Video dient ganz klar nicht als eine Schranke, sondern war bereits seit längerer Zeit über das andere Bein übergeschlagen und am Tisch-Gestänge bequem abgestellt. Kaisa hat ohne jegliche Ermahnung, Kontrolle, Druck oder Zwang einfach nur die Krähe in ihrem Tun beobachtet. Früher wären durchaus Gläser umgefallen, hätten sich Menschenknie und Hundekopf gestoßen und hysterisches Gekläff hätte ein gemütliches Kaffeetrinken abrupt beendet. Das aktive Suchen und Zeigen von Reizen, dann das Aushalten üben der Reize an Ort und Stelle ist tatsächlich unser Weg der Wahl geworden. Ich hab sogar mittlerweile fast den Eindruck, dass Kaisa diesen Weg als sinnvoll angenommen hat - denn auf unsere Art hat sie auf eine recht lange Zeit die Gelegenheit, vom anderen Tier zu profitieren. Ja, sie darf nicht hinterher, sie darf nicht hetzen. Lange schnuppern und gucken zu können scheint aber auch ein zumindest kleiner Ersatz zu sein.
Richtig gut machen die beiden das.
 
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Dogorama-Mitglied
17. Mai 11:06
Ich hab ja schonmal den Hundepodcast mit der ehemaligen Ullihundetrainerin Sabine Wöhner empfohlen. Ich mag die einfach und könnte ihr ewig zuhören, weil an dem was sie sagt so unheimlich viel dran ist 🙂 Wer sich mit dem Loben und Sprechen (Lobblase) mit dem Hund so schwer tut, weil es als falsch empfunden wird, mag vielleicht mal reinhören, sie spricht in der aktuellen Folge auch darüber wie Lob als Feedbacken in fordernden Situationen wirkt und bei der Selbstwirksamkeit helfen kann. Und das einfach irgendetwas zu sagen, nur um etwas zu sagen („Ist doch alles gut!“), auch eben nicht hilfreich für den Hund sein kann, wenn es das Problem des Hundes und die Emotion dahinter nicht erfasst und der Hund nicht ernstgenommen wird. Ich finde, da sind wieder sehr viele schöne Gedanken dabei (:
Ich hatte heute endlich mal Gelegenheit, den Podcast zu hören. Super!
Ich finde vor allem schön, dass sich die Trainerinnen nicht einhellig einig sind, sondern genauso wie wir hier leicht andere Meinungen und Erfahrungen mit ihren Hunden haben. Und das ist auch genau richtig so. Wenn man die Erfahrung gemacht hat, dass Kekse beruhigen, dann beruhigen sie. Wenn man die Erfahrung gemacht hat, dass Worte den Hund anstacheln, dann stacheln sie an.
Besonders schön finde ich das Bild, das die Stephanie gemalt hat: die 25 ha große Wiese, die Schafherde dadrauf. Hütehunde bewachen und tun was sie sollen.
Der Schäfer? Der steht ruhig und schaut, der Junghund sitzt bei ihm und beobachtet. Lernt die Ruhe des Schäfers, lernt durch beobachten.
Plus den Punkt, den Hund immer mal EINEN Fehler machen zu lassen, um ihm dann ganz ruhig zu zeigen, wie es richtig und sinnvoller wäre.
Alles voll und ganz mein aktuelles Tun und üben 😊
Ich find in dem Podcast ist alles super gut auf den Punkt gebracht.
Danke dafür!
 
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Sibylle
17. Mai 13:09
Mache sowas ähnliches seit Jahren ,Bolle zeigt mir den Weg ,das ist toll und er ist so stolz ,Mimi fängt auch schon an .Leider kenne ich das Buch noch nicht .Bin am Tag 3-4Std mit ihnen unterwegs .
Es grüsst Bille
 
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Sonja
17. Mai 18:30
Tolles Timing im ersten Filmchen von Dir, als sie die Rute hebt und einen Schritt zurück macht. Ich würde bei ihr mal darauf achten, ob sie das Leckerchen als "Auflösung der Situation" ansieht. War jetzt aber nur mein erster Gedanke, da sie sich 2 oder 3 mal nach dem Leckerchen wieder von Dir abgewandt und ihre Aufmerksamkeit wieder zu der Krähe ging.
Ja, da achte ich mal drauf. Im Moment, am Anfang des Trainings, finde ich es schon toll, dass sie sich überhaupt ein Leckerli abholt und die Aufmerksamkeit von der Krähe abwendet.