Ich verstehe was du meinst und sehe natürlich unterschiedliche Möglichkeiten im Umgang mit den Hunden.
Ich mach es ja tw ähnlich wie ihr und möchte auch auf Ähnliches hinaus.
Ich sehe allerdings auch einen grossen Unschärfebereich in den Interpretationen von Kontrolle, Befehle, Miteinander und Selbständigkeit.
Kontrolle läuft für mich nicht nur über Kommandos und Befehle, sondern ist ja auch im Stehenbleiben an der Ampel wenn ICH Stehenbleibe, im Warten solange ICH warte, im Weitergehen wenn ICH weitergehe.
Mein Hund hat da wenig mitzureden und würde das vielleicht anders machen oder woanders hingehen, wenn er alleine wäre.
Wobei er durchaus auch Wege vorschlagen kann und ich mich beim Schnüffeln zig mal mit ihm im Kreis drehe - aber ich denke es ist wert und wichtig, genauer und kritisch hinzuschauen, wieviel hundeseitige freie Entscheidung in den von uns beschriebenen und angestrebten Situationen wirklich drinnen ist...
Ich glaube, vieles hängt davon ab, wie wir uns Kontrolle vorstellen und wohin wir mit unseren Hunden eigentlich wollen.
Wenn ich mir den Alltag mit meinem Gespann anschaue, dann ist da - wie gesagt - natürlich Kontrolle im Spiel. Ich entscheide, wann wir rausgehen, wo wir langlaufen, wann und was gefressen wird, ob und was wir jagen. Ich sorge dafür, dass andere Hunde bzw andere Lebewesen generell unversehrt bleiben, indem ich meine Hunde sobald erforderlich selbstverständlich manage.
Aber was mich mittlerweile wirklich interessiert, ist nicht, ob ich Kontrolle habe sondern wie viel Eigenbeteiligung hundeseits möglich ist.
Das ist für mich keine ideologische und keine entweder-oder Frage, allerdings eine spannende und für mich eine Riesenherausforderung: Wie viel kann ich den Chaoten zutrauen? Wann lasse ich los? Wann entscheiden die sich für uns, obwohl es da draußen gerade eine oder 1000 bessere Ideen gibt?
Als Neo anfing, sich bei Sichtung von Eichhörnchen, Katzen oder Vögeln (noch nicht die Endgegner, aber das Hörnchen ist nah dran) nicht mehr direkt festzubeißen in den Reiz, sondern sich nach ein paar Sekunden - ohne ein Wort von mir - zu mir umzudrehen mit diesem „Na los, du bist doch dran!“-Blick, ging mir echt das Herz auf. Weil er von sich aus den Impuls hatte, mich einzubeziehen.
Ich brauch da keinen Abbruch brüllen oder ihn ins Platz trillern (hab ich früher mal bei meiner Hündin angefangen, aber meine eigenen Ohren klirrten bei dem Getriller so sehr, dass ich das schnell verworfen habe 🙈).
Ja, das Verhalten ist trainiert, und ja, da fliegt ein Superleckerli oder der Superfutterbeutel. Aber es ist trotzdem keine dressierte Geste. Es ist eine Entscheidung. Eine, die aus vielen kleinen Erfahrungen gewachsen ist, in denen ich ihm gezeigt habe: Ich nehme dich ernst. Du musst hier nicht alleine durch. Und: Ich bring den Jackpot mit.
Also Kontrolle: Ja, aber definiert als Rahmen, in dem sich Vertrauen und Beziehung entfalten kann. Als Einladung zur Kooperation. Und dann wird auch das Stehenbleiben an der Ampel vielleicht zu etwas, das beide verstanden haben.