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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 2. Juli

Was bringen Wesenstests?

Ich bin gerade űber Jessica Bokrs Äußerungen zum Wesenstest gestolpert. Jessica arbeitet seit Jahren erfolgreich mit bissigen, traumatisierten Hunden in ihrer "Hellhound-Foundation" Ich poste mal hier ihre Gedanken dazu und bin gespannt auf eure Meinungen... 🙂 ZITAT: Zauberwort : Wesenstest Anspruch ist: Dass der Hund durch einen Katalog an Situationen geht und dort möglichst kein auffälliges/ unangemessenes Verhalten zeigt. Er wird dabei vom Halter oder seiner Bezugsperson geführt, diese soll allerdings keinen Einfluss auf den Hund nehmen. Heißt in der Praxis (im niedersächsischen Test) : Der Hund wird unteranderem in 3 verschiedenen Situationen durch einen Prüfer angeschrien, bedrängt und mit einem Stock bedroht, während man selbst daneben steht und nichts tut. Heißt für uns das wir den Hund verraten und innerhalb weniger Sekunden all unsere Versprechen komplett in Frage stellen. .... Ich als Mensch kann in diesen künstlich gemachten Situationen natürlich verstehen was passiert – der Hund kann ggf. sehen dass ich unaufgeregt dort stehe- dennoch gleicht grade für einen Hund, der grade lernt Menschen zu vertrauen und sie um Hilfe zu fragen, diese „Überprüfung“ allerdings einem freien Fall aus dem 10ten Stock ungebremst in den Keller eigener Lösungen und dem aufkeimen alter Sorgen und Ängste. Zumal ich mir grade letzten Sonntag ernsthaft die Frage gestellt habe, wie anmaßend es doch ist zu erklären das man innerhalb 2 Stunden über ein anderes Lebewesen urteilen kann. Nicht falsch verstehen unsere Prüferin macht das sehr gut und fair, aber Come on ! 2 Stunden und man weiss alles ? Dann geh ich morgen zum Kartenlegen und gewinn im Lotto. Wenn dies eine erfolgsversprechende Methode wäre, frage ich mich allen Ernstes warum unsere Gefängnisse und die Zwinger in Tierheimen grade überquellen. Lasst die schuldig gesprochenen im Gerichtssaal doch einfach über ein paar Bänke hüpfen, bedroht sie mit einem Stock und sprecht sie danach nett an. Wenn sie bis dahin cool geblieben sind und sich artig vom Arzt abhören lassen, kann man die doch ungebremst laufen lassen. Genauso wie dann auch nicht verstehe warum wir aktuell 3 Hunde mit bereits mit den Ex Haltern abgelegtem Test haben, die trotzdem wieder auffällig wurden und Hunde mit Wesenstest die ich wegen meiner zwar bröseligen aber immer noch vorhandenen Nächstenliebe so nicht mehr vermitteln würde. Fehler in der Matrix…oder so. Mir ist klar, dass das alles übertrieben und für manch einen zu spitz formuliert ist- aber es geht hier immerhin auch darum, dass ein Verfahren durchgeführt wird, von dem man nicht überzeugt sein kann, wenn man sieht, wie Hund und Halter zum Teil darunter leiden und Ergebnisse varrieren. Dennoch sehe ich im Wesenstest folgende Risiken: Ich denke dass ein derartiger Test Hund und Halter unter extreme Bedingungen stellt und eine bereits durch einen Vorfall belastete Beziehung zusätzlich schädigen kann. Ich denke auch nicht, dass eine gute und aussagekräftige Wesensbeurteilung in so kurzer Zeit und unter derart unnatürlichen Bedingungen möglich ist Es gibt außerdem Ausnahmen, so wird z.B. nicht getestet wie Hunde auf Kinder reagieren- zu hohes Risiko… was aber doch im Nachhinein zu dem Risiko führen könnte, dass der Halter seinen Hund im Bezug auf Kinder falsch einschätzt In Bayern denkt man bereits um und gestaltet den Wesenstest nicht mehr unter „Laborbedingungen“ sondern geht mit dem Hund und Halter Gespann zum Gassi und durch die Stadt, wo Alltagssituationen entstehen und nicht gestellt werden. Ich verstehe, dass eine Überprüfung von Nöten wäre – allerdings nicht unter dem Aspekt, dass erst jemand gebissen werden muss. Oftmals ist es hier nämlich so, dass man bei genauerer Analyse dann Fehler in der Mensch Hund Beziehung entdeckt und auch feststellt, dass der Halter gewisse Verhaltensweisen verändern muss damit der Hund sich ausreichend orientieren lernt und sicher führen lässt. ZITAT ENDE
 
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Annette
1. Juli 16:18
Gibt es dafür Präzedenzfälle?
Ich habe mich auf das Strafrecht bezogen.
Im Zivilrecht wird ebenfalls eine mögliche Klage vorher geprüft. Für den deutschen Raum ist mir kein Fall, der Erfolg hatte, bekannt, wenn man bei dem Beispiel "Einbrecher" und privater Hund bleibt. Das sind theoretische Überlegungen.
 
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Dogorama-Mitglied
1. Juli 17:15
Ich bin kein Jurist, aber ich habe das immer so verstanden:

Nach deutschem Strafrecht muss der Einbrecher dich erst verletzen, devor du ihn in Selbstverteidigung schädigen darfst.

Das heißt, wenn ein Einbrecher zum Schlag ausholt und du ihn zum Beispiel mit Pfefferspray abwehrst, gilt das nicht als Selbstverteidigung. ERST wenn er dich geschlagen hat, dann darfst du dich wehren.

Sollte also ein Einbrecher von einem Hund gebissen werden, bevor er den Halter verletzt, sind der Halter und Hund Schuld.

Ein Einbruch oder Sachbeschädigung rechtfertigen keine Körperverletzung.
 
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Ingo
1. Juli 18:20
Was für eine Aufgabe hat denn ein Wachhund?

Jemand, der dieses in Kauf nimmt und sich trotz dem Erfolg verspricht, wird gegenüber uns oder unseren Hund keine guten Absichten haben.

Hunde (ausgenommen der aufgeführten Rassen) gelten nicht als gefährlich, wenn sie zur Verteidigung ihrer Aufsichtsperson oder zu ihrer eigenen Verteidigung gebissen haben.
 
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Lena
2. Juli 10:26
Ich kann mich noch gut an den Thread erinnern, wo es um Samus Leinenführigkeit und den Sinn des Brustrings am Geschirr ging. Du hast damals für den Test trainiert und hattest so einen Bammel. Toll, was Du seitdem geschafft hast. Gerade, wenn man Deine Beschreibung des Tests liest. Hut ab vor dieser Trainingsleistung!
Hab den Hinweis vom Team erst jetzt gesehen… 🙈
Deshalb zurück zum Thema Wesenstest 😅:

Danke 🥰
oh jaaa…. Wir haben echt viel auf uns genommen um gescheit mit Samu trainieren zu können und oft lagen meine Nerven blank, aber ich hab immer versucht Samu das nicht spüren zu lassen! Aber es gab doch oft Momente der Verzweiflung, wegen seiner Aufgeregtheit und dass er dann einfach nicht an lockerer Leine laufen kann! Wir haben mit Training schon sehr sehr viel erreicht!
Und es war ausreichend, damit die Prüfer beim Wesenstest echt gestaunt haben und begeistert von unserer Veränderung waren, dass sie mich echt sehr gelobt haben! 🤗

Aber gewisse Probleme macht uns das Ganze immer noch, dass Samu schnell aufgeregt ist und dann teilweise wenn’s extrem ist nicht mehr ansprechbar und Leinenführung gleich 0.. ABER: Wir wissen jetzt, dass er krank ist und jetzt bekommt er seit ca. 1 Woche Medikamente! 🙏🏻 (subklinische Schilddrüsenunterfunktion)
Jetzt muss er erstmal richtig eingestellt werden und das dauert meist ne Weile (meist ca. halbes Jahr) und so lange wird es ein auf und ab sein, was wir jetzt in der ersten Woche schon merken!
Bei jeder dosisänderung (am Anfang wird jede Woche gesteigert) kann es zu einer Erstverschlimmerung der Symptome kommen. D.h. jetzt einige Monate lang wird es immer ein paar Tage besser werden, dann wird wieder die Dosis gesteigert, dann wird’s erstmal wieder schlimmer, dann wieder besser, Tage später wieder schlimmer, weil Dosis wieder höher usw….. 🙈 Aber solange es ihm hilft und es am Ende mit passender Dosis besser ist.. dann müssen wir da jetzt wohl gemeinsam durch!

Wir sind so froh, dass wir unsere 2 Tests schon durch haben jetzt..!! Weil bei diesem Hormonchaos nen Wesenstest machen..!?!? Das könnte man vergessen! Das würde die Prüfer aber halt nicht interessieren, warum der Hund grad so ist wie er ist.. die sagen halt (womit sie ja auch recht haben), dass es im Alltag ja auch so ist und man ja da auch mit dem Hund klar kommen muss, also wollen die sehen wie man damit klar kommt ..oder eben nicht!

Nur dass sie da die Maßstäbe zu hoch setzen finde ich!
Weil z.B. bei uns war’s beim ersten Mal (in BW muss man ja 2x die Prüfung machen, 1x als Junghund ab 6 Mo., 1x so mit ca. 15-18 Mo. nach Geschlechtsreife) schon so, dass Samu wunderbar auf alles reagiert hat im Test, gab keine Probleme! Nur war er eben recht aufgeregt und konnte nicht eine Min. an lockerer Leine laufen. Und ich hab’s nicht geschafft ihn zu beruhigen (wenn er so extrem aufgeregt ist geht das auch nicht! Auch heute noch nicht! Da hilft nur raus aus der Situation!! Was ja bei jedem Hund so ist, nur kommt es eben drauf an wie oft und warum der Hund so aufgeregt ist, dass nix mehr geht.. und bei Samu ist das eben zu oft/zu schnell, aber daran arbeiten wir und voraussichtlich wird es noch mal deutlich besser werden, wenn Samu medikamentös richtig eingestellt ist). Naja auf jeden Fall haben die gesagt sie lassen uns ganz knapp bestehen, aber „wenn’s beim nächsten mal so aussieht ist der Hund weg“….!!!!! 😱 Nur weil er vor Aufregung nicht an lockerer Leine laufen konnte und ich ihn nicht beruhigen konnte. Obwohl sie gesagt haben man sieht, dass er 0 gefährlich ist oder bösartig oder so! Und darum sollte es ja eigentlich gehen..!
wie viele „nicht Listenhunde“ sehe ich, die extrem aufgeregt sind! Die würden alle Probleme kriegen beim Test, aber die müssen keinen machen! Da interessiert es keinen! Deshalb hat man als Halter eines Listenhundes einen enormen Druck!! Wir hatten immer im Kopf, dass Samu bis zu einem bestimmten Termin auf einem bestimmten Trainingsstand sein muss, sonst wird er beschlagnahmt!! 🫣🥺
Die Erleichterung nach der 2. Prüfung war mega 🤩🥳
(Jetzt hat man nur im Hinterkopf, dass bloß niemals was passieren darf, weil man sonst mit Listenhund anders behandelt wird wie mit anderen Rassen - obwohl man ja eigentlich mit dem Test die Kampfhundeeigenschaft widerlegt und er somit offiziell nicht mehr als solcher gilt.. bis etwas passiert! Dann ist es als hätte man die Prüfung nie gemacht und der Hund gilt unwiderlegbar als gefährlich bis Lebensende! Und einen als gefährlich eingestuften Listenhund darf man nicht ohne Haltungserlaubnis der Gemeinde halten und diese bekommt man zu 99,9% nicht! D.h. wenn der Kampfhund mit positivem Wesenstest beißt, dann kann es gut sein, dass er danach beschlagnahmt wird und weg ist! Keine 2. Chance……)

Alle anderen Rassen bekommen die Chance sich zu beweisen. Die werden nach nem Beißvorfall erstmal von einem Polizeihundeführer geprüft, dann wird entschieden ob sie einen Wesenstest machen müssen oder nicht (muss ein Hund nämlich nicht automatisch, nur weil er gebissen hat!). Und selbst wenn er den Test nicht besteht, dann darf er nochmal wiederholen. Selbst wenn er 2x nicht besteht, dann gibts halt Auflagen wie Leinen- und Maulkorbpflicht. Aber der Hund darf beim Halter bleiben!
Sowas wird bei Listenhunden nicht gemacht.. Entweder er ist ungefährlich und darf ohne Auflagen gehalten werden (nach Prüfung), oder er ist gefährlich und darf gar nicht gehalten werden!

Noch dazu wird es einem mit den Auflagen (Leine, Maulkorb) zusätzlich schwer gemacht! Also die Auflagen zählen ja ab 6 Monaten bis man dann die erste Prüfung bestanden hat.
Ohne Freilauf (oder zumindest Schleppleine) den Hund richtig auszulasten körperlich ist schwierig und außerdem wie soll man so z.B. den Rückruf trainieren!? Aber beim Test muss der sitzen! Und durch den MK wird man noch mehr gemieden von anderen Hundehaltern. Wie soll der Hund sozialisiert werden, wenn er nicht ohne Leine und MK raus darf, somit sehr eingeschränkt ist und dann noch dazu die ganzen Vorurteile……. Da hat man es echt nicht einfach!!
Wir haben z.B. nur einen Bekannten mit Hund, diesem Hund ist Samu aber zu wild, also nur gemeinsames Gassi an der Leine. Wie soll er so lernen mit Hunden richtig zu kommunizieren!? Wenn jeder uns meidet.. wenn der Hund gar keine Hundekontakte hat, kann auch schnell mal Frust aufkommen und sich ne Leinenaggression entwickeln.. Wir suchen dringend nach Kontakten, aber man hat es echt nicht leicht, auch jetzt ohne die Auflagen, da reichen schon die Vorurteile..!! 😔

So… jetzt hab ich einiges geschrieben 🙈 sollte eigentlich gar nicht so viel werden am Anfang 😅
..also sorry für den langen Text, aber das Thema weckt einfach gewisse Gefühle in mir….. 😤
..aber wir haben es uns ja selbst so ausgesucht, indem wir uns für einen American Staffordshire Terrier entschieden haben 🙈🥰