Ich denke, solche Entscheidungen fallen niemandem leicht und sind ganz individuell zu betrachten. Auch wir haben gerade die Entscheidung getroffen, unseren Hund ins Tierheim „zurück zu geben“. Die schwerste Entscheidung, die wir je treffen mussten. Er wohnt erst seit Anfang des Jahres bei uns und mit zunehmender Bindung steigt sein Herdenschutztrieb. Er ist tatsächlich ein Traum von Hund, gelehrig, Grundgehorsam, Freilauf, Rückruf, verschmuust, Verträglichkeit mit unseren Katzen, alles wirklich perfekt! Aber der Weg zum Wald/ Feld wird zum Spießrutenlauf, wenn viele Menschen unterwegs sind. Es können 34 Leute an uns vorbei gehen ohne besondere Vorkommnisse. Und beim 35. schießt er plötzlich in die Leine, bellt und schnappt. Drei Hundetrainer haben wir schon einbezogen, in der Hoffnung, dass man dieses Verhalten irgendwie „abtrainieren“ kann. Aber Fakt ist: Er ist ein Herdenschutzhund-Mix. Er hat eine große Individualdistanz - anfassen lässt er sich von kaum einem Nicht-Familienmitglied. Auch da schnappt er. Und sein Territorialverhalten verhindert entspanntes Empfangen von Besuch.
Und nein, das hat sich anfangs so nicht gezeigt. Die ersten 14 Tage waren wir täglich im Tierheim und sind mit ihm zwei Stunden spazieren gegangen, um ihn kennenzulernen. Hätte er dieses Verhalten gezeigt, hätten wir ihn nicht adoptiert. Auch in den ersten zwei Wochen bei uns, war er eher zurückhaltend. In Woche drei fing er an, sein Köfferchen auszupacken. Es liegt nicht am Hund und auch wir sind zu vielem bereit. Aber wir wohnen eben nicht ländlich, sondern in einer kleinen Siedlung, in einem alten Reihenhaus mit Garten. Für ihn ist es einfach nicht die richtige Umgebung.
Wir kämpfen gerade so sehr mit uns und wissen doch, dass er nicht bleiben kann…
Das kann ich nur so halb verstehen. Man kann theoretisch auch Hütehunde in der Stadt halten, die brauchen dann halt eine Aufgabe. Also nur, weil er zum Hüten gezüchtet wurde, heißt es nicht, dass er nur im Hüten glücklich werden kann. Deswegen macht man ja mit Aussies zB Hundesport. Also es muss definitiv nicht an der Lage scheitern. Also was ich verstehen kann, ist, wenn der Hund nicht in eure Ansprüche passt - das ist schade, aber dann frage ich mich auch ein bisschen, warum ihr einen Mischling geholt habt, bei dem ihr nicht vorher wusstest, was er für ein Mix ist und was für Anforderungen das bedeutet. Was ich aber eben auch sagen muss: Ihr könnt sein Verhalten auch nicht einfach damit erklären, dass er ein Hütehundmix ist und deswegen nichts zu machen wäre. Auch rassebedingtes Verhalten kann man trainieren und umlenken - zB lässt man einem Aussie ja auch nicht einfach durchgehen, dass er Kinder in den Hintern zwickt, weil das durch sein genetisch veranlagtes Treibverhalten entstehen kann. Bei einem Tierheimhund würde ich mich eher fragen, was seine Vorgeschichte ist, weil die es wahrscheinlich mindestens so schwer macht wie die Rasseprägung.