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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 28. Okt.

Umgang mit ängstlichen Hunden

Weil das kürzlich hier Thema war, ich selbst auch persönlich einige Leute mit "Angsthunden" kenne (die Gänsefüsschen deshalb, weil bei manchen davon die Menschen mindestens so ängstlich sind wie die Hunde) und sicher auch hier einige Teilnehmer mit dem Problem zu kämpfen haben, mache ich mal einen extra Thread dazu auf. Was ist euer Zugang bzw eure Empfehlung für den Umgang mit Hunden, die generell oder auf spezifische Auslöser stark ängstlich reagieren?
 
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𝓜𝓲𝓷𝓪
23. Okt. 20:34
Ich habe vorallem einen Angsthund . Er ist nicht schlecht geprägt,aber völlig "weltfremd"gewesen. Es gab nichts,was ganz zu Anfang nicht zu einer Panikattacke führte. Selbst ein Windhauch. Was haben wir gemacht? Sich immer wieder dem aussetzen, fein dosiert ,dann steigern ,aber niemals vermeiden,weil der "arme Hund"sonst so gestresst ist. Auch ein Ruhetag zum verdauen der Eindrücke ist dennoch nicht schlecht(bevor der Hund überdreht.) Bei allem Ruhe ausstrahlen ,tief durchatmen hilft da manchmal, dann brauch es Geduld und Verständnis. Es lohnt sich,denn es ist toll den Wandel mitanzuschauen. Und ja,man darf auch Tage der Verzweiflung haben, das gehört auch dazu und deswegen ist man kein schlechterer Mensch.
 
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Sonja
23. Okt. 21:46
Da gibt es nicht DEN Zugang oder DIE Empfehlung.
Normalerweise ist meine Vorgehensweise, dass der Hund sich herantasten darf und ich ihm dabei den Rücken stärke. Ich setze darauf, dass der Hund sein Tempo selbst bestimmen darf und ich bloß nichts erzwinge.

Ronja hatte Angst vor Treppenhäusern, vor der Tiefe. Zu Hause hatten wir keins, aber bei verschiedenen Verwandten und Bekannten. Da habe ich schon mal 2 Stunden mit ihr auf dem Treppenabsatz gesessen und Leckerli verfüttert. Aber man hat nicht immer die Möglichkeit, abzuwarten, und in Ronja's Fall hat das auch keinen Fortschritt gebracht.
Da habe ich sie auf dem Treppenabsatz sitzend auf den Schoß genommen und erst mal ganz fest gehalten, bis sie merkte, dass nichts passiert. Dann sind wir Stufe für Stufe zusammen runter gerutscht.
Ich habe sie zu ihrem Glück gezwungen, aus der Not heraus, gegen meine Überzeugung, aber es war der Durchbruch.

Nala ist unsicher bei fremden Menschen, was sich in Panik steigert, wenn der Mensch auf sie zu kommt. Ich habe gedacht, sie vertraut mit ja, gebe ich ihr Sicherheit, und habe sie auf den Arm genommen (da war sie 4 Monate alt). Grundverkehrt! Dadurch, dass sie nicht weg konnte, hat sie panisch geschrien. Das Vertrauen zu mir hat natürlich einen derben Knacks bekommen.

Damit will ich sagen, der Zugang zu einem Angsthund ist individuell. Manche brauchen einfach nur viel Geduld, andere brauchen kleine Stupser, um den nächsten Schritt zu gehen.

Zu dem Toasterproblem habe ich spontan gedacht: Leckerli verfüttern. Leckerli auf den Toaster legen, bis das Gerät an sich nicht mehr spooky ist. Dann den Toaster einschalten und ein Leckerli nach dem anderen geben. Erst mit reichlich Abstand zum Toaster, dann immer näher ran gehen. So würde ich es versuchen. Setzt natürlich voraus, dass es ein Leckerli gibt, für das der Hund alles stehen und liegen lässt.
 
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Dogorama-Mitglied
23. Okt. 21:54
Hast schon mal versucht Toaster auf den boden stellen ohne inbetrieb nahme und da neben sitzen und selbst kommen lassen und das dann mit funktion zu erweitern. Snow hat letztens bei einem autoersatzreifen(stand an nem baum) angst gehabt,lange leine gemacht und als erster hin ohne ein wort kommen lassen beschnuppern fall erledigt.😁
Jupp, schon gemacht. Mit sehr durchmischtem Erfolg.
 
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Dogorama-Mitglied
23. Okt. 21:55
Dann "verkauf" ihm das Ding doch mal so dass es was "ganz besonderes" ist- ähnlich wie ein gerissener Verkäufer versuchen würde dir so ganz langsam eine Gammelsemmel schmackhaft zu machen. Verknüpf das Ding immer wieder positiv, mach nen Buhai drum. Versteck irgendwelche Premiumleckerchen drin oder Nachbars Lieblingska***... 😁
Er nimmt nix in Toasters Anwesenheit, bzw ist das sehr unterschiedlich. Manchmal geht was besonderes Gutes, manchmal nicht recht.
 
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Katrin
23. Okt. 21:59
Angsthund ist nicht gleich Angsthund. Auf jeden muss man sich individuell einstellen. Die Vorgeschichte ist da eher weniger interessant. Erstmal den Hund beobachten und seine Körpersprache analysieren. Schritt Nr1 bei noch fremden Angsthunden ist bei mir das ich selber ruhig, und möglichst weich in meiner Sprache und Körperhaltung bin und den Hund zuerst Kontakt zu mir aufnehmen lasse. Das passiert meistens während ich ihn ,,heimlich" beobachte. Schritt 2, ich sorge dafür das der Hund mich mit was positivem verbindet (in der Regel wirken Hühnerherzen Wunder oder Käse etc). Schritt 3, Vertrauen aufbauen. Erst wenn der Hund mir vertraut arbeite ich an Problemen die mit Ängsten/Unsicherheit zu tun haben.
 
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Dogorama-Mitglied
23. Okt. 22:00
Unterscheidet er zwischen Geräusch "vom Band" und real? Du könntest das Geräusch mit dem Handy aufnehmen, dann kannst du es auch unabhängig vom Toaster abspielen und das auch ganz leise. Klappt halt nicht bei jedem Hund. Ansonsten den toaster erst mal ohne Strom "bedienen", um sicher zu gehen, dass es wirklich das Geräusch ist (und auch sonst ist es ja die "light" Variante). Man könnte das Geräusch auch beim echten Toaster mit decken etc dämpfen, aber bitte auf Brandschutz achten 😜
Ob er Band unterscheidet weiß ich noch nicht.

Ich hab ein paar Tage lang das Teil öfter mit mir rumgetragen (eh ein Vorschlag aus dem Forum) und damit geklickt. Hatte den Eindruck, dass es ein bisschen was bringt, es dann allerdings nicht mehr weiter gemacht.

Schande über mich 🫣
 
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Dogorama-Mitglied
23. Okt. 22:06
Danke dir - und auch den Anderen - für die gute Antwort.

Ich bin da glaub ich auch manchmal etwas zu ungeduldig und unsicher über das richtige Vorgehen.

Aber diese Ratschläge helfen!
 
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Lisa-Eileen
23. Okt. 22:23
Kann man ja nicht pauschal sagen, kommt auf die Art, Stärke und Reiz usw an.
Wenns nix ist was gefährlich werden würde führe ich Rocket in seinem Tempo heran an das Gruselobjekt und wir begutachten und untersuchen es gemeinsam.
Ansonsten was Menschen und andere Dinge angeht wo er unsicher ist übernehm ich die Verantwortung und biete ihm Schutz indem ich ihn auf die abgewandte Seite nehme.
Er ist ansich kein Angsthund, aber noch sehr umweltunsicher, das ist grad unser Trainingsschwerpunkt, denn das Problem macht halt auch alle anderen Dinge an denen wir arbeiten wesentlich schlimmer als sie eigentlich sind.
Zb Leinenführigkeit, ansich kann er mittlerweile gut an der Leine laufen, nur eben wenn er dann so gestresst ist zb wenn er nen Hund sieht, vorallem wenn der hinter uns ist dann hängt er wieder die ganze Zeit in der Leine.
Also Umweltsicherheit find ich neben Beziehung ein sehr großes nd wichtiges Thema.
Egal ob der Hund nur unsicher oder wirklich ängstlich ist, an der Sache hängt sehr viel dran.
Da gibt es drei verschiedene Typen, den Flüchter und den Erstarrer und dann noch so ein Typ der wie der eine Typ aussieht und daher leicht verwechselt wird... grad bei dem sollte ein guter Trainer dabei sein, denn je nach Typ muss man anders rangehen und wenn man das falsch macht kann man das Problem auch verschlechtern.
Also nochmal zu mir und Rocket... ist es ein akutes Objekt wie zb ein Einkaufswagen der mitten im Wald steht, dann gehen wir hin und untersuchen es zusammen, ich ermutige ihn und ich mach richtig Party wenn er sich hintraut usw.
Wichtig bei sowas, das man den Hund nicht hinzwingt oder so, sondern er in seinem Tempo da ran darf.
Das ist wichtig damit er merkt das man ihn ernst nimmt und seine Gefühle respektiert, denn Gefühle sind nunmal erstmal da, egal ob sie nun logisch sind oder nicht.
Der Hund muss dabei selbst die Erfahrung machen dürfen, "ey, das ist ja garnichts schlimmes".
Auch wichtig nach sowas ist das der Hund dann sich ausruhen kann in seinem Safe Space um das Erlebte zu verarbeiten und im Kopf in die Schublade "nicht gefährlich" abzulegen.
Man sollte den Hund nicht überfordern mit sowas, sonst ist es zu viel und er kommt nicht damit klar und wird ängstlicher.
Immer wohldosiert und mit anschließender Ruhepause.
Das andere was ich mache weil er mit dem Stadtkrach Probleme hat (komischerweise nur wenn wir draußen sind, in der Wohnung juckts ihn null) wir setzten uns einfach mal irgendwo hin und ich agiere nicht mit ihm, er ist an kurzer Leine sodass er sich bequem hinlegen oder hinsetzen kann, aber nicht sich entzieht durch rumalbern oder so und muss sich einfach mal mit seiner Umwelt auseinandersetzen.
Ich lasse ihm Zeit alles zu beobachten und zu verarbeiten, meist ist er Anfangs unruhig, fiepst und jammert meist rum oder hechelt gestresst, aber das ist Teil des Verarbeitungsprozesses, da muss man drüber stehen und das aushalten.
Damit ich mich von seinem rumgestresse nicht anstecken lasse achte ich währenddessen auf meine Atmung, das ich möglichst ruhig und tief atme, bin ich möglichst entspannt und ruhig hilft ihm das ja auch.
Nach einer Weile beruhigt und entspannt er sich dann meist, dann lade ich ihn zum kuscheln ein und kraul und schrubbel ihn, was er halt grad so mag, was ihm angenehm ist und ihm hilft.
Wenn er sich dann irgendwann sogar wirklich umlegen kann ohne alles abzuscannen und er sich ne Weile entspannt hat lade ich ihn ruhig zum weitergehen ein und wir gehen wieder heim.
Ich versuche einmal bei jedem Gassigang mal so eine Übung zu machen, mach ich seit 3-4 Tagen und es hilft echt, er ist entspannter und ruhiger und kann sich so nun viel besser und mehr wieder an mir orientieren.
Wenn ich in der Stadt bin mach ich es so ähnlich, da bleib ich wenn er anfängt zu ziehen und sich in die Leine hängt ein paar Minuten stehen, bzw setz mich an den Rand des Weges und er neben mir und lass ihn da auch einfach mal alles beobachten und einfach mal aushalten.
Nach einer Weile ist er wieder entspannter guckt mich öfters an, stupst mich an zum knuddeln und wir kuscheln nochmal ein bisschen und gehen dann weiter.
Das hilft ihm sehr, er ist einfach ein Typ Hund den man viel an die Hand nehmen muss und dem man einfach viel zeigen muss das man für ihn da ist.
Aber da ist jeder Hund auch anders, also ist das nicht für jeden der richtige Weg, aber vielleicht hilfts ja manchen weiter.
 
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Lisa-Eileen
23. Okt. 22:26
Ich find vor allem Trigger schwierig, wo man als mögliche Vorbildreaktion irgendwie auf nix tun beschränkt ist. Guinness hat ja das Toastergeräusch, das er so scheisse findet. Wenn der jetzt doch mal klackt, kann ich nur quasi "cool" bleiben, was Guinness aber vielleicht nicht zwingend mit dem Geräusch in Verbindung bringt, weil ich ja immer cool bin 😎😄. Und er versteckt sich dann auch noch, sodass er mich nichtmal sieht beim cool sein 🫣 Ich hab hier mal den Tip bekommen, den Toaster mit mir rum zu tragen. Hab ich schon ein paar Mal gemacht, müsst ich ev wieder aufgreifen. Was mich daran ein bisschen stört ist, dass ich dadurch vielleicht in Guinness Wahrnehmung noch mehr zum Auslöser von von diesem speziellen Etwas werde, das er scheisse findet.
Würd ich wie beim Staubsauger aufbauen, ihn so hinstellen das er ständig dran vorbei muss und dann Leckerlies dran und drumherum verstreuen und dann eben ihn auch klacken lassen und das gleiche von vorher mit klackendem Toaster durchziehen.
So hab ichs mit Rocket mitm Staubsauger und Fahrrad gemacht, ist eigentlich auf alles übertragbar.
 
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Lisa-Eileen
23. Okt. 22:30
Generell zum Thema, ich bin der Meinung, Vertrauen ist das A und O. Ich muss meinem Hund zeigen, dass er sich auf mich verlassen kann und dass ich sinnvolle Entscheidungen treffe in Situationen, die ihm wichtig sind. Hat er zb Angst vor Menschen, geh ich mit ihm nicht frontal auf Menschen zu, sondern einen Bogen und biete ihm Schutz. Es muss sich für den Hund gut anfühlen, sich an mir zu orientieren. Wenn das dann klappt, kann ich zb die Bögen kleiner werden lassen. Aber immer darauf achten, dass er nicht panisch wird und sich auch nicht super unwohl fühlt. Ein gutes Maß an Auslastung, Konfrontation und Stressabbau zu finden ist auch super wichtig. Packe ich den Hund in Watte, kann er nicht lernen. Konfrontiere ich ihn aber immer wieder mit ihn überfordernden Situationen, kann er auch nicht lernen und der Stresspegel steigt immer wieder an. Es braucht also Bauchgefühl. Und Kenntnisse der Körpersprache. Allgemeingültig kann ich eigentlich nur sagen: Rückzugsorte bieten, und Dinge zum schnüffeln, schlecken oder kauen anbieten. Das beruhigt und vor allem schnüffeln macht glücklich. Und dem Hund die Zeit geben, die er braucht. Ps: ich kann den Begriff Angsthund nicht mehr hören 🙈 Gefühlt jeder zweite Hund wird so betitelt, wenn er eigentlich nur in bestimmten Situationen ein bisschen unsicher ist... Echte Angsthunde sind aber noch mal ein ganz anderes Level!
Jup, war bei mir bei der Prüfung auch so, die Trainerinnen meinten er wäre ängstlich urbanen Dingen gegenüber.
Er ist einfach nur unsicher, wär er ängstlich wär er wohl eher geflüchtet.
Er fand die Dinge halt komisch weil er damit keinen richtigen Kontakt bisher hatte und es noch nicht einschätzen konnte, das hat ja noch nichts mit Ängstlichkeit zu tun.