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Guy
Einleitungs-Beitrag
Anzahl der Antworten 49
zuletzt 6. Jan.

Tierschutzhund hat Angst vor uns

Wir haben vor 2 Wochen eine Hündin aus Bulgarien zu uns aufgenommen. Bei den Videos, die wir vorher gesehen haben, wurde schon klar, dass es ein unsicherer Hund ist, aber da es nicht unser erster Hund aus dem Tierschutz ist, haben wir uns auf unsere Leni eingelassen. Seit sie bei uns eingezogen ist, hat sie Angst vor uns. Scheint eine Angstreaktion auf Männer sein, da sie wohl in dem Shelter, in welchem sie aufgewachsen ist, keine Männer als Bezugsperson hatte. In den 14 Tagen haben wir folgendes erreicht. Sie frisst aus der Hand, geht auch an der Leine, allerdings nur hinter mir, sobald jemand hinter ihr läuft, ist sie extrem unsicher und neigt zum Fluchtverhalten. (siehe Video) In den Garten lassen wir sie aktuell nur ohne Leine. Dann schnuppert sie auch schon rum und löst sich. Das funktioniert an der Leine überhaupt nicht. Sie braucht viele Anläufe, bis sie wieder ins Haus kommt. Türen sind wohl irgendwie auch doof. Außerdem darf ich nicht in der Nähe der Tür sein. Im Haus hat sie die ersten Tage nur in ihrer Rückzugsbox zugebracht, jetzt kommt sie schon mal raus, aber sobald ich oder mein Mann sich nähert, flüchtet sie. Kommt also nicht von alleine zu uns. Wir können Sie aus dem Körbchen nehmen und mit auf die Couch legen, dann wirkt sie recht entspannt und lässt sich auch streicheln. Anfassen ist in solchen Momenten kein Problem und sie reagiert auch nicht aggressiv. Meine Schwiegermutter war Weihnachten ein Tag da, zu ihr hatte sie direkt einen Draht und hat, als wir nicht dabei waren, sogar mit ihr gespielt. Davon sind wir Meilen entfernt. Ich weiß, dass wir bei Leni lange brauchen werden, bis sie ein hoffentlich glücklicher Hund wird, aber wir möchten ihr von Anfang an die beste Unterstützung bieten. Nun zum Schwarmwissen. Was können wir tun, damit sie Vertrauen zu uns aufbaut, was sollten wir auf keinen Fall tun. Sind für jeden Tipp dankbar, welcher von erfahrenen Hundebesitzern kommt. Würden auch Hilfe von außen begrüßen. Wenn jemand einen Tipp hat, wo eine gute Verhaltenstherapie im Raum Osnabrück angeboten wird, bitte auch mitteilen.
 
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Johanna
5. Jan. 00:17
Ich würde ihr auch Zeit geben. Am besten in Ruhe lassen, evtl. auch in die Nähe setzen, ohne sie zu beachten, oder irgendwas von ihr zu wollen (z.B mit dem Rücken zu ihr). Wenn sie etwas anbietet (zu euch kommt etc.) schön, wenn nicht, dann nicht. Außerdem ganz normal verhalten (fast als wäre sie nicht da) und mit den anderen beiden Hunden alles vorleben.
 
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Sonja
5. Jan. 01:42
Wir haben Yoshi, einen Angsthund, der beim Vermehrer nicht sozialisiert wurde, und Ella, eine Angsthündin aus Italien. Beide reagieren stark auf Umweltreize, also Geräusche, Licht und Schatten, Menschen, unbekannte Gegenstände, ... Yoshi ist nun 3 Jahre bei uns. Bei ihm haben wir schnell gelernt, uns nicht aufzudrängen, sondern ihn auf uns zukommen zu lassen, denn er weicht allem, was sich auf ihn zu bewegt panisch aus. Mittlerweile nur noch ein paar Zentimeter, aber die grundsätzliche Reaktion ist noch da. Man darf ihn nicht von oben über den Kopf streicheln. Nicht einfach auf den Arm nehmen. Nicht festhalten. Zwang erzeugt Angst. Geholfen hat auch, alles, was wir machen, anzukündigen. Dann lässt er sich auch festhalten und auf den Arm nehmen. Man muss ihn dabei immer im Blick behalten, um in seinem Tempo vorzugehen. Wir sind keiner gruseligen Sache aus dem Weg gegangen. Haben uns alles zusammen angeschaut. Inzwischen traut er sich sehr viel alleine. Nach ein paar Monaten habe ich mit Agility angefangen. Das war für ihn der Durchbruch. Er hat davon so viel Selbstbewusstsein und Vertrauen zu uns gewonnen, dass er kaum wiederzuerkennen ist. Mit Ella sind wir genauso gestartet. Die erste Woche hat sie fast nur in ihrer Box verbracht, die dadurch ihr Rückzugsort wurde. Nach ein paar Wochen hat sie sich einen neuen Rückzugsort gesucht. Wir lassen sie gewähren, setzen aber unsere "Hausregeln" durch. Unsichere Hunde profitieren davon, wenn man sie ruhig und souverän durchs Leben führt und Routinen einhält. In Deinem Video ist mir aufgefallen, dass Du sie ständig anschaust, zögerlich gehst, Dich eher an ihr orientierst als umgekehrt. Ich würde eher langsam aber konsequent meinen Weg verfolgen, ihr dabei möglichst viel Leine lassen, und sie möglichst gar nicht direkt anschauen. Ein direkter Blick kann für den Hund eine Ankündigung, eine Zurechtweisung, eine Drohung, und noch vieles mehr sein. Ich fand die YouTube-Videos von Maja Nowak über ihren Tierschutzhund Josefine sehr hilfreich, vor allem als Erinnerung daran, wie wichtig Nichtstun und Geduld ist.
 
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N
5. Jan. 08:58
Neben all den hilfreichen Tipps hier, möchte ich Euch empfehlen, Eure Maus für die nächste Zeit doppelt zu sichern. So lange ihr nicht genau wisst, auf welche Außenreize sie in welcher Art und Weise reagiert , kann eine Leine (gerade jetzt bei der Kälte ) dich ganz plötzlich aus der Hand rutschen…Vielleicht würde es Eurer Hündin helfen, wenn sie an einer längeren Führ- oder Schleppleine laufen und sich von selbst an Euch orientieren, ihre derzeitige Individualdistanz wahren könnte. Trotz ihrer Unsicherheit, schaut sie immer wieder zu ihrem Gegenüber mit der Leine. Ich denke, sie ist durchaus offen, braucht aber noch etwas Zeit, um Euch als Ressource vor allem für ihre Sicherheit zu sehen.
 
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Guy
5. Jan. 09:35
Neben all den hilfreichen Tipps hier, möchte ich Euch empfehlen, Eure Maus für die nächste Zeit doppelt zu sichern. So lange ihr nicht genau wisst, auf welche Außenreize sie in welcher Art und Weise reagiert , kann eine Leine (gerade jetzt bei der Kälte ) dich ganz plötzlich aus der Hand rutschen…Vielleicht würde es Eurer Hündin helfen, wenn sie an einer längeren Führ- oder Schleppleine laufen und sich von selbst an Euch orientieren, ihre derzeitige Individualdistanz wahren könnte. Trotz ihrer Unsicherheit, schaut sie immer wieder zu ihrem Gegenüber mit der Leine. Ich denke, sie ist durchaus offen, braucht aber noch etwas Zeit, um Euch als Ressource vor allem für ihre Sicherheit zu sehen.
Du meinst dann zwei Leinen und nicht nur eine doppelt gesichert, denke ich mal. Ja, eine Schleppleine ist die nächste Anschaffung, dann hat sie noch mehr Freiraum, obwohl das Laufen ander Keine schon echt gut funktioniert. Das wurde in Bulgarien schon geübt und das merkt man. Gehen immer die gleich kleine Runde und das geht echt gut. Was mir schon aufgefallen ist, dass sie mich sehr stark anschaut, eher schon fixiert und wenn ich aus dem Blickfeld bin, schaut sie, wo ich bin. Entweder als erste Bindungsversuche zu deuten oder als Zeichen ihrer Unsicherheit, kann ich aktuell noch nicht richtig einschätzen.
 
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Sandra
5. Jan. 09:42
Mein dreibeiniger Bulgare hat die ersten drei Monate nichts gefressen und nur an die Wand geguckt. Und er ist der allerbeste Hund geworden. Geduld, Konsequenz. Berechenbarkeit. Einfach „da sein“ und seinen Alltag bestreiten. Der Hund bekommt auch im sicheren Körbchen / Box / Rückzugsort ne Menge davon mit und beobachtet im Stillen, lernt euch so kennen. Das braucht es. Liebe ist solchen Hunden am Anfang einfach viel zu viel. Halten sie im Zweifel gar nicht aus. Unsere jetzige Hündin Ella hat meinen Mann in den ersten Tagen sogar zu stellen versucht. Dieser hochgewachsene Mensch im dunklen Anzug hat ihr einfach durch seine Präsenz Angst gemacht. Das war schnell überwunden, aber „schnell“ ist relativ, das braucht dennoch alles Zeit. Heute hängt sie sehr an ihm. Empfehlen kann ich die Hilfe eines Tierarztes / einer Tierärztin für Verhaltensmedizin (über die TÄ Kammer erfragen) und das Buch „Leben will gelernt sein“ Birgit Laser Verlag, vielleicht auch noch „Hund im Stress?“ von Sarah Both. Bei beiden Büchern wünschte ich, ich wäre früher darauf aufmerksam geworden. Letzter und eventuell bester Tipp: nicht vergleichen! Sondern den ureigenen Weg für genau dieses spezielle Mensch-Hund-Team suchen, finden und gehen.
 
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Tamara
5. Jan. 10:58
Hi Guy, Das klingt, als hättet ihr in den letzten 14 Tagen schon richtig viel erreicht! 🎉💪 Es ist unglaublich wichtig, sich bewusst zu machen, dass so ein sensibler Hund wie eure Leni Zeit und Vertrauen braucht – und genau das gebt ihr ihr. ❤️ Dass sie schon aus der Hand frisst, sich im Garten löst und sogar erste Schritte aus ihrer Rückzugsbox wagt, ist ein toller Fortschritt! 🐾🌟 Bei Hunden mit einer schwierigen Vorgeschichte fängt man wirklich nicht bei 0 an, sondern manchmal bei -100 – aber ihr arbeitet euch gemeinsam Stück für Stück nach oben, und das ist bemerkenswert. Meine alte Amstaff-Hündin hat mich auch die ersten drei Monate komplett ignoriert, während sie an der Schleppleine war. Erst dann hat sie realisiert: „Hoppla, da hängt ja ein richtig netter Mensch hinten dran!“ 😅 Es braucht Geduld, aber irgendwann macht es bei ihnen „klick“, und das Vertrauen wächst. 💡 Ein paar Tipps für eure Situation: 1. Selbstbewusstsein ausstrahlen: Hunde spüren Unsicherheit sofort. Wenn ihr ruhig und gelassen bleibt, kann Leni sich an euch orientieren und lernen, dass ihr die „Felsbrocken“ seid, auf die sie sich verlassen kann. 🪨✨ 2. Kleine Schritte feiern: Jeder Fortschritt – sei es das Fressen aus der Hand, ein entspannterer Spaziergang oder ein Moment der Nähe – ist ein riesiger Schritt für sie. Lobt euch selbst dafür und gebt ihr Zeit, den Rest in ihrem Tempo zu schaffen. 🎈🐶 3. Fluchtverhalten vermeiden: Achtet darauf, dass ihr Situationen, in denen sie fliehen möchte, möglichst vermeidet. Das würde ihren Stress nur erhöhen. Wenn sie sich sicherer fühlt, wird sie sich auch nach und nach an mehr Situationen gewöhnen. 🛑 4. Rituale schaffen: Regelmäßigkeit hilft enorm. Feste Abläufe bei Fütterung, Spaziergang und Entspannung geben ihr Sicherheit. 📆🐕 5. Besuch kontrolliert einbinden: Toll, dass sie einen Draht zu eurer Schwiegermutter hatte! Baut solche positiven Erfahrungen gezielt ein, indem ihr vertrauenswürdige, ruhige Personen nach und nach in ihre Welt integriert. 6. Professionelle Hilfe: Ein Verhaltenstherapeut könnte euch wertvolle Tipps geben, wie ihr gezielt an ihrem Vertrauen arbeiten könnt. Im Raum Osnabrück könnte euch ein spezialisierter Hundetrainer oder ein Verhaltenstherapeut mit Erfahrung in Tierschutzhunden weiterhelfen. Denkt dran: Vertrauen ist ein Prozess, und es sieht so aus, als seid ihr bereits auf einem großartigen Weg. 🥰 Leni hat großes Glück, bei euch gelandet zu sein – das Wichtigste habt ihr schon: Geduld, Liebe und die Bereitschaft, sie zu verstehen. 💕 Bleibt dran, ihr macht das großartig! 🌟🐾
 
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N
5. Jan. 11:20
Du meinst dann zwei Leinen und nicht nur eine doppelt gesichert, denke ich mal. Ja, eine Schleppleine ist die nächste Anschaffung, dann hat sie noch mehr Freiraum, obwohl das Laufen ander Keine schon echt gut funktioniert. Das wurde in Bulgarien schon geübt und das merkt man. Gehen immer die gleich kleine Runde und das geht echt gut. Was mir schon aufgefallen ist, dass sie mich sehr stark anschaut, eher schon fixiert und wenn ich aus dem Blickfeld bin, schaut sie, wo ich bin. Entweder als erste Bindungsversuche zu deuten oder als Zeichen ihrer Unsicherheit, kann ich aktuell noch nicht richtig einschätzen.
Wir sind absolut ,Team Schleppleine‘…Für uns und unsere vier TS-Hunde ein unverzichtbares Must-Have. Ob als Einstieg ins Thema Leinenführung, im Rückruftraining, als Begleiter im Urlaub oder im Wald ( bei uns Wolfgebiet) -wir möchten sie nicht mehr missen. Manchmal hat man ja auch selbst einen nicht ganz so guten Tag, ist grundsätzlich schon angespannt oder ein bisschen unsicher. Dann nutze ich die Schleppleine auch gern als lange Führleine. Unsere Vier machen das aber mittlerweile auch so toll, dass kaum Managment nötig ist. Viele tauschen von Führ-auf Schleppleine und am Ende wieder zurück , so dass der Hund den Wechsel klar erkennen kann. Wir haben stattdessen ein Markerwort gesetzt, damit ich nicht mit vier Hunden und acht Leinen unterwegs bin. Eines möchte ich noch ergänzen… Seit Eurer Hündin, aber auch Euch gegenüber fehlerfreundlich. Nicht nur sie, sondern auch ihr braucht Zeit zum Verstehen und Lernen. Wenn ihr Euch unter Druck setzt, Euch zu viel Gedanken macht, nehmt ihr Euch ganz viele Chancen .
 
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Karsten
5. Jan. 12:22
Geduld ist das Zauberwort. Wir hatten zu Anfang auch eine sehr unsichere Hündin. Ich spreche hier bewusst nicht von "Angst", weil mir zu oft und zu schnell der Hund in dieser Kategorie eingeordnet wird. Die meisten Hunde sind "nur" stark verunsichert und wissen die neuen Situationen noch nicht einzuordnen (meines Erachtens sind die meisten Hunde keine "Angsthunde") Uns hat damals Geduld und klare Strukturen geholfen. Sie durfte entscheiden, wann es Zeit ist auf uns zuzugehen, zu Anfang (ca. 3-4 Monate) nur kurze und vor allem immer wiederkehrende Strecken zum Spazierengehen. Alles Neue wurde zusammen erkundet und als ungefährlich dargestellt. Mittlerweile heißt es hier:"Da kommt die verrückte Polly", weil sie so offen geworden ist und alle ihr Bekannten so stürmisch begrüßt. (Bei unbekannten Situationen ist sie immer noch vorsichtig, aber vertraut uns mittlerweile komplett und meistert diese recht schnell) Also dranbleiben und in kleinen Schritten an euren Alltag gewöhnen. Ich sehe auf dem Video einen verunsicherten Hund in einer für ihn unbekannten Situation, der aber auch schon Blickkontakt zu dir aufnimmt, vermutlich um zu "fragen" , wie geht's weiter. Ihr seid da schon auf dem richtigen Weg. Lasst sie entscheiden, wann es Zeit ist, endgültig aufzutauen.
 
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Alexandra
5. Jan. 17:52
Ich habe mir das Video angeschaut...und sage euch... seht das positive! Der Hund ist er neu hier, völlig verunsichert, aber er folgt dir. 😊 Am Ende scheint sie zu urinien? Auch positiv! Das sie am Ende nach vorne weg will und hektisch wird liegt daran das der Halter frontal auf sie zu ging, das gilt generell als Bedrohung, und bei einem Hund der zu euch noch kein vertrauen hat, weiß nicht, dass das bei euch nichts zu bedeuten hat. Ich hoffe die Motivationsdusche tat gut ! 😃
 
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Guy
5. Jan. 18:13
Ich habe mir das Video angeschaut...und sage euch... seht das positive! Der Hund ist er neu hier, völlig verunsichert, aber er folgt dir. 😊 Am Ende scheint sie zu urinien? Auch positiv! Das sie am Ende nach vorne weg will und hektisch wird liegt daran das der Halter frontal auf sie zu ging, das gilt generell als Bedrohung, und bei einem Hund der zu euch noch kein vertrauen hat, weiß nicht, dass das bei euch nichts zu bedeuten hat. Ich hoffe die Motivationsdusche tat gut ! 😃
Auf jeden Fall. Ja, am Ende hat sie Pipi gemacht.