Danke Sonja, Sandra, Heiner - genau auf solche Antworten hatte ich gehofft.
Ich glaube auch, dass sich Hunde ständig weiterentwickeln - ich glaube, dass Rudi aber gerade versucht, herauszufinden „in welche Richtung“ er das tut.
Ich denke da gar nicht von Gehorsam oder Ungehorsam oder Führung mir gegenüber übernehmen - er ist ein toller und bislang sehr kooperativer Hund.
Ich gebe mal ein paar Beispiele, die mich gerade umtreiben und bei denen ich glaube, dass er einfach eine Aufgabe (SEINE Aufgabe) sucht:
1.
Gehen wir mit anderen Hunden und deren Haltern spazieren, kennt Rudi bislang noch recht genau seinen Radius. Ich hoffe natürlich, dass das so bleibt. Nun haben die Hunde anderer Besitzer oft einen größeren Radius. Er versucht sie - wenn Sie den „von mir bestimmten“ Radius verlassen, wieder zu uns Menschen zu treiben. Ich habe ja schon vor ein paar Wochen bemerkt, dass er es nicht gut findet, wenn wir zueinander zu viel Abstand haben und Sonja hatte mir da ganz toll geantwortet, bleiben wir beisammen, ist alles gut. Entfernt sich aber jemand, der nicht ich ist, probiert er, diese Hunde (oder auch Menschen, aber das weniger nachdrücklich) zu mir zu holen. Die Hunde sind älter als er und können sich in anderen Situationen durchaus mit einem einzigen Blick gegen ihn durchsetzen, also glaube ich nicht, dass er generell ein „Machtgefüge“ schaffen will, sondern sich einfach zur Aufgabe macht, draußen „die Gruppe zusammenzuhalten“.
2.
Er bellt jetzt immer mal wieder bei Geräuschen in unserem Treppenhaus. Er wirkt auf mich eher, als würde er grade probieren „wie belle ich am besten in Situation x - y - z“ und variiert das. Ich kann keine gesteigerte Aufregung bemerken, es sieht wirklich aus, als würde er einfach „seine Stimme testen“ und meine Reaktion. Es kommen, da wir ganz oben wohnen, auch immer nur die gleichen Leute bis auf unsere Etage. Wenn doch einmal jemand ganz fremdes kommt, bellt und verhält er sich ganz anders - ist unruhiger und bellt „ernsthafter“, leiser und sucht viel Blickkontakt. Kann jetzt Quatsch sein, aber die letzten Wochen habe ich den Eindruck gewonnen bei bekannten Geräuschen „übt“ er, während er bei Unbekannten schon möchte, dass ich mich irgendwie darum kümmere.
3.
Auch scheint er nur nachts im Schlafzimmer, ansonsten aber nur im Flur richtig zum schlafen zu kommen. In anderen Räumen der Wohnung liegt er zwar, lässt sich auch auf die Decke und in die Bix schicken, schläft aber einfach partout nicht. Im Flur hat er alle Räume im Blick plus hört die Geräusche aus dem Treppenhaus.
Das sind jetzt so die beiden Dinge, die absolut wiederkehrend sind - es gibt aber auch andere „Kleinigkeiten“. Z.B. fordert er Rituale, die wir eingeführt haben, auch ein und wird furchtbar nervös, wenn diese mal so nicht stattfinden. Z.b. bürsten wir nach jedem Spaziergang. Am Anfang habe ich das gemacht, um ihn täglich mehrmals an die Bürste zu gewöhnen, aber wenn ich es jetzt mal nicht tue, ist er „aus dem Tritt“. Oder wenn morgens mein Mann vor mir aufsteht gibt es keine Ruhe, bis ich nicht auch aufgestanden bin.
Ich frage mich jetzt, wie ich mit diesen Beobachtungen umgehen soll; unterbinden, ignorieren, fördern?
Zu 1)
Allgemein fände ich es ja schön, wenn er „unseren Radius“ auch künftig akzeptiert und uns bei einem Spaziergang auch als Gruppe empfindet. Da er sich in anderen Bereichen nicht gegen die Hunde oder Menschen „auflehnt“ oder deren Raum beansprucht und auch die anderen Hunde keine Stresssignale zeigen, bin ich unsicher, wie ich damit umgehen soll.
Zu 2)
Auch hier weiß ich es nicht genau. Hätte ich ein Haus, wäre mir das vermutlich vollkommen egal bzw. eher recht. Meine Nachbarn hier stört es auch nicht - aber natürlich will ich nicht, dass sich das bellen auf ein unsinniges Maß „auswächst“. Und Nachbarn in einem Mietshaus können auch mal wechseln...
Zu 3)
Natürlich sehe ich hier das „Risiko“, dass er damit Kontrollverhalten zeigt, also offenbar nur entspannt, wenn er uns und/oder die Außenwelt „im Blick“ behält. Auf der anderen Seite will ich schon, dass er irgendwie zu seinen 18 Stunden Schlaf kommt, wenn ich ihm den Flur verbiete ist das einfach nicht der Fall - da er einfach nicht schläft. Ich frage mich jetzt wirklich, was das „falschere“ ist.
Ganz allgemein frage ich mich eben, ob man ggf. an anderer Stelle Schwierigkeiten schafft, wenn man schlichtweg alles verbietet, was in Richtung Übernahme einer Aufgabe geht. Eine Aufgabe scheint er mir irgendwie schon zu suchen und ich merke einfach, dass er sehr viel mehr Klarheit und Struktur braucht als mein Hund davor - natürlich will ich mich aber auch nicht von ihm (oder wie am Beispiel bürsten von meinen eigenen Regeln) kontrollieren lassen…
Auch wenn ich vorher einen Hund gleicher „Mischung“ hatte, war der doch komplett anders. Er hat all dies nie gezeigt und war schon als Welpe sehr selbstständig und hat sich auch gern mal in einen anderen Raum zurückgezogen...
Viele Fragezeichen 😅