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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 11. Feb.

"Raumverwaltung", ein Mythos?!

Ihr Lieben, ich lese im Forum immer wieder davon, dass Hunde "Raum einnehmen" und Menschen "Raum verwalten". Das ist für mich (insbesondere hinsichtlich der Hunde) derart abstrakt und fern jeglicher neutraler Beobachtung, dass ich versucht habe nachvollziehbare Forschungen zu dem Thema zu finden. Ich bin nicht fündig geworden und dachte mir, ich frage mal bei denen, die dies praktizieren und als nachvollziehbar empfinden. Was mir auffällt ist, dass drohenden Hunden unterstellt wird, sie würden "Raum beanspruchen", dass liegenden Hunden unterstellt wird, sie würden "Raum" oder gar "Besitz beanspruchen" und dass Hunden, die z.B. vor jemanden laufen oder stehen bleiben ebenso unterstellt wird, sie würden "Raum einnehmen". So gut wie nie ist dieser "Raum" definiert und all dies ist negativ besetzt. Bei Menschen fällt mir auf, dass sie körperlich und bedrohlich handeln, um ihren "Raum zu beanspruchen", dass sie mit Strafen arbeiten und dass sie regelrecht nervös zu werden scheinen, wenn ihr Hund ihren "Raum" betreten oder streitig machen könnte. Bei meiner Suche bin ich auf diese Blogartikel gestoßen: https://forsthaus-metzelthin.de/mit-hunden-leben/verwalten-hunde-raeume/ Irgendwie gibt er meine Verwirrung gut wieder und mein Glaube an diese ominöse "Raumverwaltung" schwindet nun dahin. Aber vielleicht hat ja doch jemand eine vertrauenswürdige und nachvollziehbare Quelle parat, die mich dieses "Raumdings" verstehen lässt ^^
 
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Friedel
9. Feb. 23:14
Das ist jetzt aber eine sehr romantische Aussage. Sie tun es natürlich auch weil es für sie sich lohnt. Verhalten muss sich lohnen, sonst wird es nicht gezeigt (oder schwächer bis es aufhört). Hunde sind Opportunisten 😊 Was ist Motivation für eine Emotion? Freude würde ich sagen. Das bellen an Zaun ist selbstbelohnend. Warum also ein belohnendes Verhalten einstellen? Aus Freude? Dazu muss diese ja gelernt werden. Also der Hund wird nicht sofort wissen, dass es Spaß macht und das an Zaun stellen wird auch mehrere Anläufe brauchen, bis er das verstanden hat. Anhand eines Beispiel an Menschen: man geht mit einem geliebten Menschen bummeln und schaut gerne in die es Schaufenster (selbstbelohnendes verhalten) und der andere Mensch stellt sich jetzt dazwischen um mir die Sicht zu nehmen. Wird das sofort Freude über die Zusammenarbeit in mir hochkommen? Besonders wenn der Mensch noch Raum einfordert?
Ähm, wieso ist in Schaufenstersehen selbstbelohnend? Wenn mir der Freund dafür was Besseres vorschlägt/anbietet, wieso soll ich nicht mit ihm zusammenarbeiten?
 
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Sonja
9. Feb. 23:23
Hm, das gehe ich nicht mit, den das hast du ihm durch die Wiederholungen beigebracht, also über Konditionierung. Setzte mal an Stelle des Nachbarzauns die Bordsteinkante. Sagst du immernoch, du hast dem Hund beigebracht, dass du den Straßenraum für dich beanspruchst? Übrigens ist gerade die Straße beim Lernen von Straßenhunden & Katzen auch ein Beispiel gegen die Konditionierung. Wir bringen es unseren Hunden durch Konditionierung bei, aber Straßenhunde können es nicht durch Wiederholung /Konditionierung lernen.
Meine Hunde brauchen die Wiederholung, weil ich in meiner Körpersprache so grobmotorisch bin. Die Halterin, die mich auf die Raumverwaltung als bewusst eingesetztes Mittel gebracht hat, beansprucht den Zaun oder die Straße oder das Feld mit einem Blick für sich. Und ihre Hunde gehen dann nicht zum Zaun oder vom Weg runter. Oder über die Straße. Ja, auch die Bordsteinkante. Ich wünschte, ich könnte das auch.

Ein Bereich, wo ich Raumverwaltung selbst nutze, ist Agility. Je nachdem, wo ich stehe, blocke ich den Hund, und beim Ausweichen nimmt er dann das korrekte Hindernis. Denn ich nehme den Raum um das Hindernis ein, das in seinem ursprünglichen Laufweg steht, und das er von sich aus nehmen würde.
Auch hier ist die Raumverwaltung wieder ein reines Lenken, da ist nichts Negatives dran.
 
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Friedel
9. Feb. 23:23
Zur Raumverwaltung gehört zB blocken. Wie empfindest du jemand der dich blockt ohne etwas zu sagen? Warum sagt die Person zu Mensch/ Hund nicht. „Bitte gehe mir aus dem Weg. Bitte gehe dorthin. Bitte gehe nicht hier hin?“.
Wie sagt ein Hund es? Kennst du es? Ein anderer Hund kommt auf dich zu. Dein Hund hält ihn von dir fern ohne Knurren ohne bellen, nur indem er sich zwischen Euch stellt.
 
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Iris
9. Feb. 23:29
Wie sagt ein Hund es? Kennst du es? Ein anderer Hund kommt auf dich zu. Dein Hund hält ihn von dir fern ohne Knurren ohne bellen, nur indem er sich zwischen Euch stellt.
Wir sind keine Hunde Punkt aus. Verhalten von Hunden zu imitieren, weil Hunde machen das unter sich auch so, ist einfach blödsinn. Blödsinn der leider funktioniert, weil Hunde durch Einschüchterung und hemmen ebenso lernen.
 
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Babs
9. Feb. 23:45
Meine Hunde brauchen die Wiederholung, weil ich in meiner Körpersprache so grobmotorisch bin. Die Halterin, die mich auf die Raumverwaltung als bewusst eingesetztes Mittel gebracht hat, beansprucht den Zaun oder die Straße oder das Feld mit einem Blick für sich. Und ihre Hunde gehen dann nicht zum Zaun oder vom Weg runter. Oder über die Straße. Ja, auch die Bordsteinkante. Ich wünschte, ich könnte das auch. Ein Bereich, wo ich Raumverwaltung selbst nutze, ist Agility. Je nachdem, wo ich stehe, blocke ich den Hund, und beim Ausweichen nimmt er dann das korrekte Hindernis. Denn ich nehme den Raum um das Hindernis ein, das in seinem ursprünglichen Laufweg steht, und das er von sich aus nehmen würde. Auch hier ist die Raumverwaltung wieder ein reines Lenken, da ist nichts Negatives dran.
Ich finde es sehr mutig, dass Du Deine Situation beschrieben hast. Im Grunde weißt Du, woran Du für Dich arbeiten kannst 😉. Spielst Du mit Deinen Hunden sozial körperlich?
 
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Sonja
9. Feb. 23:48
Ich finde es sehr mutig, dass Du Deine Situation beschrieben hast. Im Grunde weißt Du, woran Du für Dich arbeiten kannst 😉. Spielst Du mit Deinen Hunden sozial körperlich?
Ja, wir raufen, zergeln, rennen zusammen, ..
 
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Sonja
9. Feb. 23:48
Wir sind keine Hunde Punkt aus. Verhalten von Hunden zu imitieren, weil Hunde machen das unter sich auch so, ist einfach blödsinn. Blödsinn der leider funktioniert, weil Hunde durch Einschüchterung und hemmen ebenso lernen.
Punkt aus.
Das ist mal ein überzeugendes Argument.
 
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Chris
10. Feb. 01:03
Wie hast du ihr erklärt, dass der Grünstreifen ok ist, aber nicht die Büsche?
In den meisten Fällen reicht ein "Nein, da nicht rein!" oder ein "Nicht weiter bitte". Ich arbeite in erster Linie stimmlich, weil dann der Rest authentisch mit kommt.

An ganz besonders schwierigen Stellen ist es schon nötig, dass ich entweder mit der Leine den Raum begrenzen oder ihn aber selbst einnehmen und meinen Hund wegschicken muss.
 
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Salome
10. Feb. 06:08
Ich frage mich grade wie all die Leute die nichts von körpersprachlicher Arbeit mit dem Hund halten mit einem Täubchen umgehen würden 🤔
 
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J
10. Feb. 07:27
Du meinst wahrscheinlich „Sozialeslernen“?! Also Nachwuchs lernt zB von Eltern. Nenne mir ein Beispiel wo gelernt, aber nicht kondioniert wird. Konditionierung ist mehr als Belohnung/ Leckerlie
Im (intrinistischen) spiel mit dem Hund wird so viel gelernt - von Hund und Mensch.

Auch hier ist Raum ein großes Thema: der individuelle Raum von beiden, das aktive Eintreten in diesen persönlichen Raum, die “Erlaubnisfrage” von vorgenanntem (beidseitig), das beanspruchen von “Umweltraum” (also besonderen Stellen, z.B. Erhöhungen und Löchern) uvm.

Er gibt unbestritten verschiedene Arten, wie lernen stattfindet - Konditionierung ist nur einer davon.

Ein tolles Beispiel ist da, wie ein junger Esel und ein junger Hund miteinander spielen lernen - letztlich lernte z.B. der Esel, einen Stock für ein Rennspiel wegzutragen und sich vom Hund abjagen zu lassen und deutete ein “Rempeln und umkreisen” als spielaufforderung nur zart an.

Wer dazu Grundlagen braucht: Udo Gansloßer “Und sie spielen doch” und “Auszeit auf Augenhöhe”, dort werden nochmal diverse Quellverweise gegeben.

Es gibt auch noch ein tolles Experiment zu Füchsen über 43 Generationen, wo immer die verspieltesten weitergezüchtet wurden, ab irgendeiner Generation war dann erst aktive Konditionierung möglich. Mir ist aktuell entfallen, wer dieses Experiment aufgebaut hat.

Das Thema “Raumverwaltung” ist aus meiner Sicht mindestens so universell wie Konditionierung - es funktioniert schließlich nicht nur bei Hunden, sondern zumindest im Nahbereich auch bei anderen Tieren (Pferden, Schafen, Rindern, Menschen).