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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 31. Juli

"Notfall"-Reaktion bei Leinenreaktivität

Guinness ist einigen Rivalen in der Gegend gegenüber gerade eine ziemliche Popoöffnung. In den allermeisten Fällen bemerke ich seine Vorzeichen und hab das dann sehr gut im Griff, da kann ich auch ohne sonderliche Umstände normal weitergehen. Aber manchmal verpenn ich das rechtzeitige Reagieren oder es kommt jemand um ein Eck und dann mutiert er zum Monstrum, incl ganz hässliches, geiferndes Knurren. Da denkst du, der will den Anderen fressen. Ich find das derart GACK!, dass ich Probleme hab, da vernünftig darauf zu reagieren, meist werd ich dann auf Guinness ärgerlich und wir enden in einem Gerangel um Kontrolle. Ich möchte mir jetzt dafür eine Notfall-Reaktion zurechtlegen, um diesem Blödsinn entgegenzusteuern, möchte aber gleich von vorne weg "Nebenwirkungen" möglichst vermeiden - also zB wenn ich G einfach kurz nehmen und stehen bleiben würde, könnte er daraus schließen wenn er steht und geifert, geht der Rivale weg...? Habt ihr vielleicht Vorschläge, was eine sinnvolle Reaktion sein könnte, wenn er bereits ausgelöst hat?
 
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Dogorama-Mitglied
1. Juni 05:36
Ich glaube, er soll nur keine Stöcker mehr kauen, weil er die frisst und sich auch immer mehr hochfährt, statt zu beruhigen.
Ja stimmt, das wurde erwähnt. Aber keine Alternative, die ihm besser beim Regulieren hilft, oder?
 
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Nina &
1. Juni 05:40
Ja stimmt, das wurde erwähnt. Aber keine Alternative, die ihm besser beim Regulieren hilft, oder?
Nein. Ich glaube auch nicht, dass es bei Samu mit Frustrationstoleranz getan ist. Sicher ist das auch ein Part, aber wenn er so gestresst ist, muss man erstmal da ansetzen und eine Alternative bieten. Was natürlich schwierig ist, wenn er beim Überqueren der Straße ausflippt.
 
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Dogorama-Mitglied
1. Juni 05:43
Mir gefällt das auch nicht. Aber wenn du fürchtest, dein Hund könnte sich irgendwann in seinem Frust nach hinten richten, dann muss man was machen. Frust ist ja nunmal etwas, das uns allen, inkl Hund, mehrfach im Leben begegnet, daher finde ich es schon wichtig, dass sie lernen, damit umzugehen. Und wie sollen sie es lernen, wenn man nicht gezielt und kleinschrittig übt? Uns hat es enorm viel gebracht. Bokar gerät nicht mehr in den "ich töte euch alle" Modus, wenn er (nicht von mir herbeigeführt) frustriert ist und bleibt ruhig. Das ist für mich entspannter, für ihn entspannter und für mögliche Dritte auch. Ich sehe da keinen Verlierer.
Ich verstehe das und wenn die Situation schon so brisant ist, ist das womöglich auch wirklich nötig und sinnvoll...

Ich kann aber nicht umhin mich zu fragen - ausdrücklich NICHT als Schuldzuweis sondern im Sinne einer Reflexion oder Analyse gemeint - wie es zu derart heftigen Reaktionen kommt - die Befürchtung, dass der eigene Hund auf einen losgehen könnte, weil ihm was nicht passt, ist ja jetzt schon im oberen, ziemlich zugespitzten Bereich der Problempyramide...
 
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Nina &
1. Juni 05:50
Ich verstehe das und wenn die Situation schon so brisant ist, ist das womöglich auch wirklich nötig und sinnvoll... Ich kann aber nicht umhin mich zu fragen - ausdrücklich NICHT als Schuldzuweis sondern im Sinne einer Reflexion oder Analyse gemeint - wie es zu derart heftigen Reaktionen kommt - die Befürchtung, dass der eigene Hund auf einen losgehen könnte, weil ihm was nicht passt, ist ja jetzt schon im oberen, ziemlich zugespitzten Bereich der Problempyramide...
Das hat Lena nicht geäußert, das kam von mir. Bokar war wirklich manchmal so in Rage, dass ich dachte, ich muss das schnell lösen, nicht dass er sich immer weiter hochfährt und irgendwann auf die Idee kommt, rückgerichtet zu reagieren.

Und auch da kann ich nur vermuten, dass es an seinen schlechten Erfahrungen mit anderen Hunden lag.
Ich bin jedenfalls froh, dass das gelöst ist und hinter uns liegt.
 
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Dogorama-Mitglied
1. Juni 06:04
Ich finde den Gedanken sehr treffend, dass Samus Verhalten weniger mit „Frust“ im klassischen Sinne als mit Dauerstress und fehlender Regulation zu tun hat. Das passt gut zu meiner Erfahrung mit Neo. Ich habe mit ihm weniger an „Frustübungen“ gearbeitet, sondern eher an Ritualen für Stressabbau und Impulsregulation. Zum Beispiel bei Hundebegegnungen: Nach dem Passieren haben wir ein festes Ritual aufgebaut – Neo sollte mich anschauen, und dann kam eine Freigabe zum Stressabbau. Das konnte Freilauf, Spur nachgehen, Schütteln, Scharren, Knurren oder einfach Körperkontakt sein. So wusste er: Erst ansprechbar bleiben, dann gibt’s eine echte Lösung für den inneren Druck. Bei Wildsichtung (auch ein erheblicher Frustauslöser) haben wir ein gemeinsames Jagdspiel ritualisiert – statt einfach Frust zu erleben, haben wir die Erregung kontrolliert umgelenkt. Das hat uns geholfen, in hochstressigen Situationen einen Plan zu haben, ohne dass Neo sich in unkontrolliertes Verhalten „verirrt“. Ich würde also auch eher nach festen, vorhersehbaren Abläufen suchen, die Samu helfen, sich nach der Begegnung oder in schwierigen Momenten selbst zu regulieren – indem ihm ein konstruktives Angebot hilft, mit dem Stress umzugehen.
Ah ich glaube da seh ich eine Andeutung, was mir nicht gefällt - es scheint mir die Gefahr naheliegend, dass es in Symptombekämpfung stecken bleibt bzw ähnlich wie bei Impulskontrolle in wenig zielgerichteten "Übungen" zu verlaufen, die mit dem eigentlich Thema womöglich nicht so viel zu tun habe.
 
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SandrA
1. Juni 06:20
Ah ich glaube da seh ich eine Andeutung, was mir nicht gefällt - es scheint mir die Gefahr naheliegend, dass es in Symptombekämpfung stecken bleibt bzw ähnlich wie bei Impulskontrolle in wenig zielgerichteten "Übungen" zu verlaufen, die mit dem eigentlich Thema womöglich nicht so viel zu tun habe.
Ich verstehe, was du meinst mit der Gefahr von „Symptombekämpfung“ – das ist ein wichtiger Punkt, den man bei Frustübungen und Impulskontrolle im Hinterkopf behalten sollte.

Ich habe bei Neo aber genau das Gegenteil versucht: Statt „Frustübungen“ oder isolierte Impulskontrollübungen in den Alltag einzustreuen, haben wir alltägliche, reale Situationen ritualisiert, in denen Frust und Erregung sowieso auftreten (z. B. Hundebegegnungen oder Wildsichtung). Das Ziel war nicht, Symptome zu bekämpfen, sondern Neo Werkzeuge zu geben, wie er selbst mit der Erregung oder dem Frust umgehen kann – und das im Rahmen echter Situationen.

Diese Rituale waren also konkrete Hilfen in Momenten, die vorher unkontrolliert oder problematisch waren. Neo hat nicht „einfach geübt“, sondern gelernt: „Wenn ich jetzt hochfahre, gibt es ein bekanntes Muster, das mir hilft, wieder runterzukommen.“

Mir ist wichtig, dass so etwas nicht als „Training für die Prüfung“ missverstanden wird, sondern als echte Hilfe im Alltag, die den Hund unterstützt, eigene Lösungsstrategien zu entwickeln.
 
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Dogorama-Mitglied
1. Juni 06:29
Ich verstehe, was du meinst mit der Gefahr von „Symptombekämpfung“ – das ist ein wichtiger Punkt, den man bei Frustübungen und Impulskontrolle im Hinterkopf behalten sollte. Ich habe bei Neo aber genau das Gegenteil versucht: Statt „Frustübungen“ oder isolierte Impulskontrollübungen in den Alltag einzustreuen, haben wir alltägliche, reale Situationen ritualisiert, in denen Frust und Erregung sowieso auftreten (z. B. Hundebegegnungen oder Wildsichtung). Das Ziel war nicht, Symptome zu bekämpfen, sondern Neo Werkzeuge zu geben, wie er selbst mit der Erregung oder dem Frust umgehen kann – und das im Rahmen echter Situationen. Diese Rituale waren also konkrete Hilfen in Momenten, die vorher unkontrolliert oder problematisch waren. Neo hat nicht „einfach geübt“, sondern gelernt: „Wenn ich jetzt hochfahre, gibt es ein bekanntes Muster, das mir hilft, wieder runterzukommen.“ Mir ist wichtig, dass so etwas nicht als „Training für die Prüfung“ missverstanden wird, sondern als echte Hilfe im Alltag, die den Hund unterstützt, eigene Lösungsstrategien zu entwickeln.
Ja genau so!

Mein Einwurf war auch nur inspiriert von deinem Beitrag bzw eine ganz allgemeine Überlegung zu dem Thema.
 
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Lena
1. Juni 07:37
Also ich werde ein wenig Zeit brauchen um auf alles was hier jetzt geschrieben wurde zu antworten.. 🙈😅
 
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Lena
1. Juni 13:14
Ich denke, mit diesem Kommentar beschreibst Du gut die Ursache der Anspringens - Stress. Samu hat Stress, wenn er nicht in Ruhe schauen darf - wahrscheinlich würde er durch längeres Schauen seine Unsicherheit runter regulieren. Und er hat Stress, wenn er nicht - wie früher - mit einem Stock spielen darf. Wie soll er diesen Sinneswandel auch verstehen? Und er hat Stress, wenn Du rennst - und ist damit nicht alleine, das ist weit verbreitet. Ich glaube nicht, dass es was ändern würde, wenn Du Frustrationstoleranz übst, denn meinem Eindruck nach ist Frust nicht sein Problem. Sein Problem ist Dauerstress. Krankheitsbedingt + Stress, den jeder Hund mal hat. Du hast früher viel mit Click für Blick gearbeitet, das würde ich in solchen Situationen einsetzen, mit dem Ziel, die Emotionen ins Positive zu wandeln. Samu muss von dem Stress befreit werden, nicht noch mehr Stress bekommen durch Frustübungen oder "da muss er durch". Es gibt doch bestimmt ein lustiges Spiel, das ihn von fremden Hunden ablenkt. Und eine attraktive Alternative zum Stock. Nach solchen Lösungen würde ich suchen.
Ich hab nicht unbedingt immer das Gefühl, dass länger schauen die Lösung ist und ihn beruhigt. Manchmal vielleicht, aber er steigert sich auch beim schauen teilweise rein und fängt an zu fixieren und so. Außerdem kann ich ihn ja nicht immer darüber entscheiden lassen und jedes Mal schauen lassen, wenn er das gerne möchte. Ich denke das wäre ein falscher Ansatz.

Und ja, es stresst ihn teilweise, wenn er keine Stöckchen haben und darauf kauen und das Holz fressen darf.. aber es stresst ihn auch bzw pusht ihn hoch, wenn er es darf. Und teilweise macht er das „nur zum Spaß“, oft aber auch grad wenn er schon gestresst ist. Das bringt ihn aber wie gesagt nicht runter, sondern verstärkt das Ganze noch. Deshalb kann ich das nicht mehr zulassen.
Zusätzlich zu dem Risiko.. er hatte schon 2x was im Rachen quer stecken, was ich rausholen musste, und 1x was zwischen den Zähnen, was im Zahnfleisch steckte und ne ordentliche Entzündung gegeben hätte, wenn ich es nicht entdeckt hätte.
Deshalb ist es mir ehrlich gesagt egal ob er verstehen kann WARUM er das jetzt nicht mehr darf. Wichtig ist nur, dass er versteht und akzeptiert, DASS er es nicht mehr darf.
Und schon nach ein paar Tagen hat er von sich aus schon viel seltener Stöckchen genommen und wenn er doch mal einen nimmt kann ich es zu ca. 80% gut abbrechen, ohne sichtbaren/ spürbaren Frust oder Stress. Oder wenn ich es schon rechtzeitig abbreche noch bevor er den Stock in Maul hat, dann klappt es zu 98%, dass er ihn dann liegen lässt.
Nur manchmal will er es eben nicht akzeptieren und kaut weiter und wenn ich dann versuche was zu machen (verschiedene Dinge probiert..), dann springt er mich an. Wenn ich ihn einfach kauen lassen würde, gäbe es auch keinen Stress. Aber das ist natürlich keine Option, wenn ich es abbreche, er das ignoriert und ich es dann einfach bleiben lasse.

Dass viele Hunde den Besitzer eingrenzen, wenn dieser rennt, das ist mir bekannt.
Macht die Sache aber nicht besser leider.

Ich denke Stress ist das Hauptproblem und in manchen Situationen entsteht dann zusätzlich auch noch Frust. Und beides lässt Samu dann manchmal an mir aus, wenn er kein anderes Ventil hat.
Leider hab ich noch keine Alternative für ihn gefunden..

Früher hatte er draußen Dauerstress!
Sobald wir draußen waren hecheln vor Stress, mal mehr, mal weniger. Aber eigentlich wirklich immer.
Das haben wir aber schon länger ganz gut im Griff, dass er definitiv schon deutlich weniger gestresst ist.
Und seit der Kastration vor ca 10 Wochen sind wir draußen nochmal mit einer anderen „Grundstimmung“ unterwegs. Ich hab wirklich von Tag 1 nach der OP eine klare Veränderung bemerkt!

Wie genau meinst du das, dass ich „in solchen Situationen“ Click für Blick anwenden soll?

Und nein, es gibt kein Spiel, das ihn von Hunden ablenkt. Ich kann bzw konnte ihn eigentlich mit gar nix ablenken.

Was ich aber jetzt durch das aktuelle Maulkorb Training draußen festgestellt hab, dass sein Nassfutter, was er mittlerweile bekommt, für ihn tatsächlich interessanter zu sein scheint als andere Hunde. Zumindest hatten wir jetzt schon 3x Situationen, wo er sonst in die Leine gegangen wär, weil zu eng, aber durch das Nassfutter saß er mit lockerer Leine und Rücken zum Hund vor mir! Sowas war sonst nicht möglich!
Und früher wär das auch mit so tollem Futter undenkbar gewesen! Aber es hat sich eben schon viel getan und jetzt können wir gewisse Dinge endlich trainieren, wo es früher einfach noch zu viel war, auch wegen seiner Krankheit.

Spielen draußen kann ich leider gar nicht mit Samu. Hab’s lange nicht probiert und wollte es langsam mal wieder versuchen. Aber damals ist er da immer direkt zu sehr hochgefahren. Und konnte sich dann eben nicht mehr richtig regulieren.
Und hat dann auch nicht akzeptiert, wenn ich das Spiel beendet hab. Das war früher ein generelles Problem, was wir aber sehr gut im Griff haben mittlerweile. Aber wir spielen schon lange eben nur noch daheim oder im Hof/Garage. Aber nicht mehr unterwegs.
 
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Jörg
1. Juni 13:22
Sowas ist auch kein Thema 😅 Er kennt es, wenn ich wie wild zur Musik tanze und manchmal provoziere ich ihn dabei mit Absicht noch etwas mehr.. Das kennt er sowohl im Kommando, als auch ohne. Alles wirklich gar kein Problem.
Zuhause ist ein anderer Situation das solltest du mal draußen machen. Hunde lernen auch Ortsabhängig. Das was bei mir Zuhause funktioniert muss nicht zwangsläufig unterwegs so sein.