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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 31. Juli

"Notfall"-Reaktion bei Leinenreaktivität

Guinness ist einigen Rivalen in der Gegend gegenüber gerade eine ziemliche Popoöffnung. In den allermeisten Fällen bemerke ich seine Vorzeichen und hab das dann sehr gut im Griff, da kann ich auch ohne sonderliche Umstände normal weitergehen. Aber manchmal verpenn ich das rechtzeitige Reagieren oder es kommt jemand um ein Eck und dann mutiert er zum Monstrum, incl ganz hässliches, geiferndes Knurren. Da denkst du, der will den Anderen fressen. Ich find das derart GACK!, dass ich Probleme hab, da vernünftig darauf zu reagieren, meist werd ich dann auf Guinness ärgerlich und wir enden in einem Gerangel um Kontrolle. Ich möchte mir jetzt dafür eine Notfall-Reaktion zurechtlegen, um diesem Blödsinn entgegenzusteuern, möchte aber gleich von vorne weg "Nebenwirkungen" möglichst vermeiden - also zB wenn ich G einfach kurz nehmen und stehen bleiben würde, könnte er daraus schließen wenn er steht und geifert, geht der Rivale weg...? Habt ihr vielleicht Vorschläge, was eine sinnvolle Reaktion sein könnte, wenn er bereits ausgelöst hat?
 
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Sonja
22. März 08:52
Ja vielleicht muss ich da in so einem Fall echt umdenken und Guinness schimpfen lassen...?
Nein, selber schimpfen.
 
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Dogorama-Mitglied
22. März 09:08
Mein erster Gedanke beim Lesen dieser Situation war, warum lässt Du Dich abdrängen? Ich weiß, so einfach ist es nicht. Einerseits ist Ausweichen eine super Strategie zur Deeskalation, andererseits gibst Du dem anderen Hund damit den Raum frei. Vielleicht kannst Du in einer Situation, wo Ausweichen und Bogen laufen nur dazu führt, dass der andere Hund den frei gewordenen Raum einnimmt, einen Strategiewechsel machen. Den Raum wieder für Euch beanspruchen, Guinness hinter Dir. Dieses Beanspruchen des Raumes ist das, was die anderen mit Blocken meinen, das geht auch auf Distanz. Geh auf den anderen Hund zu mit dem Gedanken, dass er Euch auszuweichen hat, dann strahlst Du mental die richtige Energie aus. Guinness gibt es Sicherheit, wenn Du Dich selbstbewusst darum kümmerst, dass Eure Individualdistanz nicht unterschritten wird. Bestenfalls hat er dann keinen Grund, selbst zu pöbeln. Das ist von Dir auch kein Angriff, sondern ein selbstverständliches "wir dürfen diesen Weg genauso benutzen wie Ihr".
Das klingt in der Theorie richtig super.

Und jetzt sagst du mir bitte noch, wie "Guinness hinter dir" klappen soll bei einem Hund, der findet, dass wenn der Aff sich kümmert heisst das wir beide kümmern uns.

Er weiss absolut, dass ich mir Respekt und Raum verschaffen kann, das erlebt er ja durchaus an sich selbst und ich hab als er kleiner war auch Hunde von ihm vertrieben und zwar so, dass die froh waren, ihrerseits auf Abstand gehen zu können.

Er ist aber so absolut nicht der Typ, der wenn er ärgerlich ist hinter jemandem Schutz suchen will.
Jede räumliche, körperliche Offensive sieht er als Aufforderung, gemeinsam mit mir zu handeln.

Ganz anders übrigens ohne Leine und wenn er irritiert anstatt ärgerlich ist, da kommt er sehrwohl zu mir und beschwert sich (auch über Rivalen), aber auch da führe ich ihn auf Distanz und nicht in die Offensive, weil er sonst raufen würde.

Er ist definitiv nicht zu feige für eigenständiges Vertreiben und Kommentkämfe und obwohl ich das als zum Repertior gehörend betrachte, will ich es nicht befördern oder bestärken.
 
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Dogorama-Mitglied
22. März 09:11
Nein, selber schimpfen.
Ich weiss nicht, wie oft ich das noch wiederholen muss - Guinness empfindet mein in die Offensive Gehen als Ansporn, das ebenfalls (noch stärker) zu tun.

Ich bin skeptisch, ob es sinnvoll ist, ihn diesbezüglich zu befeuern oder gar in eine Rauferei vorzuführen.
 
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Dogorama-Mitglied
22. März 09:24
Ich zerbrech mir gerade ernsthaft den Kopf, wie sich das in der Praxis umsetzen ließe...

Müsste ich das machen, bevor Guinness selbst auslöst?

Mit Zugehen und Blocken würd ich ihn aber wahrscheinlich auslösen...

Müsste ich aus der sicheren Entfernung sagen "Nehmen Sie ihren Hund kurz!!"

Hat erfahrungsgemäß ausser blöde Widerworte wenig Wirkung...

Was tun, was tun...???
 
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Sybille
22. März 09:35
Genauso würde ich es machen und die Kommentare ignorieren, wenn das nicht hilft: ich warne Sie, mein Hund wird echt eklig, Sie wollen doch sicher nicht, dass Ihr Hund verletzt wird
 
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Sonja
22. März 09:46
Das klingt in der Theorie richtig super. Und jetzt sagst du mir bitte noch, wie "Guinness hinter dir" klappen soll bei einem Hund, der findet, dass wenn der Aff sich kümmert heisst das wir beide kümmern uns. Er weiss absolut, dass ich mir Respekt und Raum verschaffen kann, das erlebt er ja durchaus an sich selbst und ich hab als er kleiner war auch Hunde von ihm vertrieben und zwar so, dass die froh waren, ihrerseits auf Abstand gehen zu können. Er ist aber so absolut nicht der Typ, der wenn er ärgerlich ist hinter jemandem Schutz suchen will. Jede räumliche, körperliche Offensive sieht er als Aufforderung, gemeinsam mit mir zu handeln. Ganz anders übrigens ohne Leine und wenn er irritiert anstatt ärgerlich ist, da kommt er sehrwohl zu mir und beschwert sich (auch über Rivalen), aber auch da führe ich ihn auf Distanz und nicht in die Offensive, weil er sonst raufen würde. Er ist definitiv nicht zu feige für eigenständiges Vertreiben und Kommentkämfe und obwohl ich das als zum Repertior gehörend betrachte, will ich es nicht befördern oder bestärken.
Mehr als Theorie kann ich Dir ja nicht liefern, und dann auch nur Anregungen, Ideen. Was davon umsetzbar ist, kann ich nicht beurteilen.

Mir fällt auf, dass Guinness entscheidet, ob er beim Angriff mitmischt oder nicht. Ich bin sicher, man kann trainieren, dass er Deine diesbezügliche Entscheidung akzeptiert. Aber das ist ein Gesamtkonzept, inklusive Deines Verhaltens den anderen Hunden gegenüber.

Die Frage ist doch, warum bläst er zum Angriff. Ich vermute, dass er Angriff für die beste Verteidigung hält. So wie Du es beschreibst, vermute ich, dass er gelernt hat, dass Deine Abwehrversuche für ihn eine Aufforderung zum Zuende führen Deines Angriffs sind. Natürlich nicht so von Dir beabsichtigt, aber Du scheinst es in seinen Augen nicht alleine zu schaffen. Da würde ich ansetzen.
Und da es so kompliziert klingt, würde ich entweder jemanden suchen, der das filmt, oder einen Trainer, der das live beobachtet, und Dir die richtigen Handlungsanweisungen im richtigen Moment geben kann.
 
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Dogorama-Mitglied
22. März 10:06
Mehr als Theorie kann ich Dir ja nicht liefern, und dann auch nur Anregungen, Ideen. Was davon umsetzbar ist, kann ich nicht beurteilen. Mir fällt auf, dass Guinness entscheidet, ob er beim Angriff mitmischt oder nicht. Ich bin sicher, man kann trainieren, dass er Deine diesbezügliche Entscheidung akzeptiert. Aber das ist ein Gesamtkonzept, inklusive Deines Verhaltens den anderen Hunden gegenüber. Die Frage ist doch, warum bläst er zum Angriff. Ich vermute, dass er Angriff für die beste Verteidigung hält. So wie Du es beschreibst, vermute ich, dass er gelernt hat, dass Deine Abwehrversuche für ihn eine Aufforderung zum Zuende führen Deines Angriffs sind. Natürlich nicht so von Dir beabsichtigt, aber Du scheinst es in seinen Augen nicht alleine zu schaffen. Da würde ich ansetzen. Und da es so kompliziert klingt, würde ich entweder jemanden suchen, der das filmt, oder einen Trainer, der das live beobachtet, und Dir die richtigen Handlungsanweisungen im richtigen Moment geben kann.
Ich gehe ja normalerweise nicht auf Angriff!!

Weil ich persönlich null Probleme mit snderen Hunden hab, auch keine Begegnungen oder Kontakte fürchte und der Angriff bei Guinness inzwischen eigentlich nur gegen Leinenbegegnungen mit ebenfalls provokanten Rivalen gerichtet ist. Und weil ich genau das Angreifen eben nicht als Handlungsstrategie verfestigen will.

Es ist tatsächlich ein rechtes Nieschenproblem, das es garnicht gäbe, wenn hier nicht so viele Idioten rumlaufen würden, die ihrerseits die Hunde extrem pöbeln lassen.
 
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Dogorama-Mitglied
22. März 10:07
Aber ich werde ernsthaft überlegen, wie ich diese Ausnahmen in der Ausnahme besser handhaben kann...
 
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SandrA
22. März 10:09
Ich verstehe ja eure Argumente und finde sie in dieser speziellen Situation sogar angebracht. Ich weiss aber echt nicht, wie ich blocken oder wegschicken soll, wenn ich damit meinen ohnehin schon auf Angriff gepolten Hund konfrontativ auf den Anderen zuführe...?? Den hab ich ja an der Leine, der geht ja dann zwangsläufig mit mir nach vorne in die Offensive...das kann doch nicht sinnvoll sein...??? Könnt ihr mir da eine konkrete Anleitung geben, in der ich nach vor kann, ohne dass ich die Bestätigung von Guinness Angriffsbedürfnisses oder gar eine Rauferei riskiere? (Man bedenke, dass das Gegenüber häufig an der Flexi ist und auch noch weiter auf uns zu könnte. Ein direktes aufeinander Losgehen ist also durchaus möglich)
Bei uns hat sich die Variante, dass ich meine Hunde in solchen beengten Situationen hinter mich bringe, bewährt; heißt ich stehe mit dem Rücken zu ihnen. Dem zu uns ziehenden und pöbelnden Hund stehe ich frontal und durchaus drohend gegenüber. Das klappt - wie gesagt - mittlerweile überwiegend recht gut, weil wir das so zigfach in kontrollierten Hundebegegnungen trainiert haben - auch mit Signalwort. Es läuft nach wie vor nicht immer alles rund; meine größte Baustelle ist aktuell aber diejenige bei mir selbst; in das Vertrauen meinerseits insbesondere in meinen Rüden, dass er mir die Kontrolle überlässt.
 
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Dogorama-Mitglied
22. März 11:17
Ich zerbrech mir gerade ernsthaft den Kopf, wie sich das in der Praxis umsetzen ließe... Müsste ich das machen, bevor Guinness selbst auslöst? Mit Zugehen und Blocken würd ich ihn aber wahrscheinlich auslösen... Müsste ich aus der sicheren Entfernung sagen "Nehmen Sie ihren Hund kurz!!" Hat erfahrungsgemäß ausser blöde Widerworte wenig Wirkung... Was tun, was tun...???
Mein heutiges Beispiel:
Ich war mit der Kleinen am Strand spazieren und üben. Den Rückweg hab ich über den oben liegenden Weg gemacht. Vor mir ging eine Frau mit zwei großen Mischlingen, beide an der Leine, einer rechts, einer links. Sie ging ca. 30 m vor mir. Plötzlich schossen vom Strand kommend zwei Hunde, ein weißer Schäferhund und ein etwas kleinerer Mischling auf sie zu. Da sie keine Hand frei hatte wegen ihrer angeleinten Hunde, hatte sie dann aus der Not heraus nach dem Schäferhund getreten (nicht getroffen, war auch nicht beabsichtigt, es war nur ein „in die Richtung treten“). Natürlich suboptimal, aber was sollte sie sonst machen. Letztlich zogen beide Hunde ab.
Ich hatte ja nun die gleiche Richtung und dachte an Umkehr, anderen Weg - weil einmal mag so ein abblocken gut gehen, beim zweiten Mal kann der Reiz ja noch höher sein, außerdem war ich nur mit einem Hund unterwegs. Letztlich dachte ich: nö, ich lass mich doch nicht vertreiben. Außerdem könnte man ja vielleicht (VIELLEICHT) erwarten, dass die Halter auch dazulernen und ihre Hunde vielleicht bei sich behalten oder so. Ich Dummerchen.
Es kam also so, wie es kommen musste: als ich an der Stelle vorbei kam schoss der Schäferhund auf uns zu, und ja, wie befürchtet lies er sich nicht so gut abwimmeln wie kurz zuvor. Es handelte sich übrigens um eine Hundeschulgruppe von drei Mensch-Hund-Teams, die auf einer Wiese zwischen Strand und Weg trainierten. Ich hatte zuerst verbal geblockt, null Wirkung. Dann hab ich meinen Weg deutlich von „weiter geradeaus“ auf „frontal auf den Schäferhund zu“ geändert und ihn mit Körper, ausgestreckter Hand und einem „hau ab!!!“ gestoppt.
Kaisa an der kurzen Leine hat alles mitgemacht. Zu ihr zu schauen hatte ich keine Zeit und keine Nerven. Aber sie hat mich zu null in meinem Tun behindert. Und sie konnte haargenau unterscheiden, wen ich meinte. Dass das Blocken den anderen Hunden galt und ICH mich gekümmert hatte, dass das mein Ding war. Zwischendurch hatte sie gewufft, also einfach nur ein leises „Wuff, Wuff!“ Darauf hab ich mit meinem ganz neutral gesprochenen „wir gehen weiter“ reagiert.
Also letztlich ist die Situation doch ziemlich entspannt abgelaufen, nach meinem „hau ab!“ war ich die anderen Hunde los.
Spannend war an der ganzen Sache die totale Untätigkeit der Halterinnen und der Trainerin. Es wirkte, als warteten sie auf mehrere Situationen, um verschiedene Varianten des Blockens zu studieren 😂.
So, nun zu deiner Frage „was tun“.
Also zum einen: dass das Blocken den eigenen Hund mit offensiv werden lässt und dass das unbedingt kontraproduktiv sein muss, das kann ich nicht bestätigen.
Ich würde an deiner Stelle dieses offensive blocken üben. Indem du einfach mal zackig die Richtung auf andere Hunde zu änderst, und dann bevor sich G. steif macht sogleich wieder abwendest. Dass er dieses „drauf zu“ einfach lernt, dass du das machst. Und dass das dein Ding ist, er damit Nix weiter zu tun hat, als unbeteiligt dabei zu sein. Ist doch ein Klacks 😉.
Bei uns funktioniert das echt gut.