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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 31. Juli

"Notfall"-Reaktion bei Leinenreaktivität

Guinness ist einigen Rivalen in der Gegend gegenüber gerade eine ziemliche Popoöffnung. In den allermeisten Fällen bemerke ich seine Vorzeichen und hab das dann sehr gut im Griff, da kann ich auch ohne sonderliche Umstände normal weitergehen. Aber manchmal verpenn ich das rechtzeitige Reagieren oder es kommt jemand um ein Eck und dann mutiert er zum Monstrum, incl ganz hässliches, geiferndes Knurren. Da denkst du, der will den Anderen fressen. Ich find das derart GACK!, dass ich Probleme hab, da vernünftig darauf zu reagieren, meist werd ich dann auf Guinness ärgerlich und wir enden in einem Gerangel um Kontrolle. Ich möchte mir jetzt dafür eine Notfall-Reaktion zurechtlegen, um diesem Blödsinn entgegenzusteuern, möchte aber gleich von vorne weg "Nebenwirkungen" möglichst vermeiden - also zB wenn ich G einfach kurz nehmen und stehen bleiben würde, könnte er daraus schließen wenn er steht und geifert, geht der Rivale weg...? Habt ihr vielleicht Vorschläge, was eine sinnvolle Reaktion sein könnte, wenn er bereits ausgelöst hat?
 
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Dogorama-Mitglied
17. März 00:44
Ich verstehe deinen Einwand. Das wäre eben auch meine Sorge, dass ich ihm durch das Blocken zeige, dass man den anderen vertreiben sollte. Von diesem Trip will ich ja eigentlich weg. Aber, wenn einer mal nicht friedlich angelaufen kommt, wäre es schon wichtig, dass ich den blocken kann, ohne dass Bokar eben auch nach vorne geht. Ich kann ja nicht gleichzeitig meinen Wüterich halten und den anderen Hund blocken. In der gestrigen Situation war Ableinen nicht möglich oder mir einfach zu riskant, weil wir im Wohngebiet unterwegs waren. Daher ließ ich die Leine lang und stand neben Bokar auf Kopfhöhe. Ich hatte ja gesehen, dass der Labbi in friedlicher Mission kam.
Uh, gerade wenn ein Hund nicht so friedlich daherkommt, würde ich persönlich viel eher deeskalieren und ausweichen, als den zu konfrontieren.

Warum sollte ich exakt das Gegenteil von dem tun, was aus Hundesicht sinnvoll und konfliktvermeidend ist?
Weder hab ich Bock mich beissen zu lassen, noch will ich Guinness vorleben, dass man sich so verhalten sollte.
 
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Dogorama-Mitglied
17. März 01:45
Das Blocken soll nicht Spannungs- und Konfliktgeladen sein, sondern ruhig und souverän. Es geht um die Führungskompetenz. Wer führt, entscheidet, wie die Situation gelöst werden soll. In dem Fall, als der Labbi ankam, hat Bokar entschieden. Nina hat ihm die Führung überlassen. Das kann man auch mal zulassen, wenn alles gut verläuft. Aber was ist, wenn der andere Hund nicht so freundlich ist oder Bokar mit dem ein Problem hat? Wenn ein Hund lernt, in solchen Situationen immer selber die Entscheidung zu treffen, kann der Schuss auch nach hinten losgehen und die Leinenführigkeit incl. der Führungskompetenz hat sich erledigt. Ich denke, dass das Blocken oftmals falsch umgesetzt wird. Es ist nichts Negatives, eine Situation zu regeln. Es muss nur angemessen sein. Zum Regeln gehört das Blocken (ruhig und souverän), auch um Energie rauszunehmen und die Hunde eine Chance haben, sich eventuell später, ohne räumliche Einschränkung und dem Sozialpartner hinter sich an der Leine, ruhiger zu begrüßen. Es ist alles Situationsabhängig und vom Lern/Reifezustand des Hundes abhängig. Ich hatte auch geschrieben, dass man den Hund nicht hinter sich absetzen sollte, da er so die Mimik seines HF nicht sehen kann. Er soll einfach nur stehen bleiben und die Führung dem HF überlassen. Man muss auch keinen Hund vertreiben, sondern er soll lediglich die Individualdistanz einhalten. Ihn einfach in seine Grenzen verweisen. Wenn er 3 Meter vor mir stehen bleibt und mir und meinem Hund das in diesem Moment ausreicht, ist doch alles ok. Es geht nur um das Einfordern eines Raumes/der Individualdistanz. Mal aus einem anderen Blickwinkel betrachtet: ICH möchte diesen Hund nicht in meinem Raum haben (z. B weil ich den HF nicht mag oder der Hund Distanzlos ist oder, oder, oder), dann ist das MEIN Bedürfnis und MIR wichtig und ich habe jedes Recht dazu, das einzufordern. Dabei spielt es erst mal keine Rolle, was mein Hund möchte. Wenn mein Hund seinen Willen durchsetzen möchte, dann haben wir beide in diesem Moment einen Konflikt miteinander und den gilt es auch zu klären. Da nehme ich meinen Hund schon ernst und ignoriere ihn nicht. Ich helfe ihm gerne dabei, sich auch mal zurücknehmen zu können und Geduld zu lernen. Ein ruhiger/entspannter und souveräner Hund lebt auf Dauer gesünder. Wenn ich merke, dass mein Hund bei dem Gegenüber in Stress gerät, dann weiß ich, dass er noch nicht so weit ist, an diesem vorbei zu gehen. Dann nehme ich die Energie raus. Lasse ihn schnuppern, Pipi machen, sich bewegen ... was er gerade braucht, um sich runterzufahren und wenn nötig, drehen wir auch um. Es gibt kein Patentrezept. Jedes Mensch-Hund-Team ist individuell, aber ich würde dem Hund zu Liebe immer an der Inpulskontrolle, Frusttoleranz und Geduld arbeiten, weil Dauerstress einfach ungesund ist. Wenn ich möchte, dass mein Hund künftig an der Leine zu jedem Hund hinzieht, kann man solche Situationen zulassen und ihn entscheiden lassen. Wenn ich möchte, dass mein Hund sich an der Leine zurücknimmt und dem HF die Führung/Entscheidung überlässt, muss ich als HF auch die Situation lösen/regeln.
Blocken, egal wie ruhig und souverän, ist aber dem entgegenkommenden Hund gegenüber unausweichlich konfrontativ und abwehrend - und damit spannungserzeugend.
Ich stelle mich offensiv der Annäherung entgegen und muss darauf bauen, damit das Gegenüber in die Defensive zu bringen.
Das spricht ja auch klar aus deiner diesbezüglichen Wortwahl: in Grenzen verweisen, einfordern, Willen durchsetzen, regeln...Das ist alles ein Konfliktszenario, sowohl mir dem Gegenüber wie mit dem eigenen Hund.

Gerade wenn ich einen Hund habe, der selber offensiv und konfliktbereit reagiert, ist das aber ein Konzept, was ich eben genau nicht perpetuieren will, indem ich es auch noch aktiv vorführe.
Gerade da will ich doch die Alternative etablieren, stattdessen deeskalierende Strategien anzuwenden, abzudrehen, auszuweichen, Abstand zu vergrössern.

Also das zu tun, was souveräne Hunde in Begegnungen machen.

Dabei übernehme ich genauso die Führung wie beim Konfrontieren, nur lernt mein Hund dabei auch noch das Verhalten, das er letztendlich ja anwenden soll, damit ich nicht auf ewig jede Bewegung für ihn entscheiden und regeln muss, sondern darauf vertrauen kann, dass er auch eigenständig halbwegs vernünftig und ohne gröberen Zoff an Artgenossen vorbei oder womöglich sogar mit ihnen interagieren kann.

Blocken brauche ich fast nie, das ist für mich keine Standardstrategie im Training und definitiv keine gegenüber drohenden Hunden, sondern eigentlich nur sehr selten mal nötig gegenüber den paar wenigen Dödeln, die so garnicht verstehen, wenn unsere Hunde Distanzbedürfnis kommunizieren.
 
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Nina &
17. März 03:51
Uh, gerade wenn ein Hund nicht so friedlich daherkommt, würde ich persönlich viel eher deeskalieren und ausweichen, als den zu konfrontieren. Warum sollte ich exakt das Gegenteil von dem tun, was aus Hundesicht sinnvoll und konfliktvermeidend ist? Weder hab ich Bock mich beissen zu lassen, noch will ich Guinness vorleben, dass man sich so verhalten sollte.
Hmm...interessanter Blickwinkel. Und auch plausibel. Aber wenn ein Hund unfreundlich angeschossen kommt, weiß ich nicht, ob ich dem den Rücken kehren möchte 😅
Mit dem Vorleben bin ich bei dir, wenn es nur Spannungen gibt. Auch ich habe wenig Lust mich beißen zu lassen, aber wenn einer mit Vollspeed kommt und offensichtlich auf Eskalation aus ist, so wie es mir passiert ist, als Bokar noch klein war, dann bin ich für Blocken bzw in dem Fall sogar für körperliche Verteidigung. Dafür hätte ich mich dann in der Tat auch beißen lassen. War aber auch wirklich eine Extremsituation, da der von hinten kam und Bokar in dem Alter keine Chance gehabt hätte.
 
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Babs
17. März 11:32
Blocken, egal wie ruhig und souverän, ist aber dem entgegenkommenden Hund gegenüber unausweichlich konfrontativ und abwehrend - und damit spannungserzeugend. Ich stelle mich offensiv der Annäherung entgegen und muss darauf bauen, damit das Gegenüber in die Defensive zu bringen. Das spricht ja auch klar aus deiner diesbezüglichen Wortwahl: in Grenzen verweisen, einfordern, Willen durchsetzen, regeln...Das ist alles ein Konfliktszenario, sowohl mir dem Gegenüber wie mit dem eigenen Hund. Gerade wenn ich einen Hund habe, der selber offensiv und konfliktbereit reagiert, ist das aber ein Konzept, was ich eben genau nicht perpetuieren will, indem ich es auch noch aktiv vorführe. Gerade da will ich doch die Alternative etablieren, stattdessen deeskalierende Strategien anzuwenden, abzudrehen, auszuweichen, Abstand zu vergrössern. Also das zu tun, was souveräne Hunde in Begegnungen machen. Dabei übernehme ich genauso die Führung wie beim Konfrontieren, nur lernt mein Hund dabei auch noch das Verhalten, das er letztendlich ja anwenden soll, damit ich nicht auf ewig jede Bewegung für ihn entscheiden und regeln muss, sondern darauf vertrauen kann, dass er auch eigenständig halbwegs vernünftig und ohne gröberen Zoff an Artgenossen vorbei oder womöglich sogar mit ihnen interagieren kann. Blocken brauche ich fast nie, das ist für mich keine Standardstrategie im Training und definitiv keine gegenüber drohenden Hunden, sondern eigentlich nur sehr selten mal nötig gegenüber den paar wenigen Dödeln, die so garnicht verstehen, wenn unsere Hunde Distanzbedürfnis kommunizieren.
Blocken ist erst mal nichts anderes, als eine Grenze zu setzen. Das ist nichts Schlimmes es sei denn, der andere Hund kann damit nicht umgehen und ist gefrustet. Normalerweise sollte aber jeder Hund meine Individualdistanz respektieren können. In der Regel drehen die dann ab oder zeigen sich demütig. Was lernt mein Hund?:" Ui, mein Frauchen kann Situationen regeln." Signalisiert mir mein Hund jetzt, dass er den anderen Hund interessant findet steht doch einem Kennenlernen nichts im Weg, wenn der andere HF das ok findet. Dann leine ich meinen Hund ab und gebe ihm die Freigabe oder der andere Hund wird angeleint und man geht ein Stückchen zusammen. Passt es, dann kann man beide ableinen und freigeben und sie können selber entscheiden, ob und was sie miteinander unternehmen möchten.

Wenn meine Hündin läufig ist und da kommt ein intakter Rüde an, drehe ich doch nicht um oder lass den an meine Hündin ran. Selbstverständlich zeige ich dem Rüden, dass er nichts bei uns zu suchen hat. Will ich, dass der fremde Rüde uns verfolgt? Nein! Irgendwann müsste ich ihm die Grenze setzen. Der fremde Hund kann dann machen was er möchte. Frust schieben, sich eine andere Hündin suchen ... , aber an meine Hündin kommt der nicht dran! Ich setze eine Grenze und was der andere Hund damit macht, ist sein Ding. Meine Hunde respektieren meine Entscheidung und wir gehen entspannt weiter ohne verfolgt zu werden.

Damit ich meine Führung umsetzen kann, ist es wichtig, dass meine Hunde gelernt haben mit Situationen umzugehen. Wenn mein Hund es noch nicht schafft, ohne Frust an einem anderen Hund vorbeizugehen, dann arbeite ich mit ihm an seiner Frusttoleranzgrenze. Schritt für Schritt. Ist mein Hund ungeduldig, dann arbeite ich mit ihm daran, dass er auch mal geduldig warten kann. Schritt für Schritt. Kann er seine Impulse nicht kontrollieren, dann arbeite ich mit ihm daran. Schritt für Schritt. Das sind die Kompetenzen die ein Hund braucht, um entspannt an andere Hunde vorbeigehen zu können. Das ist übrigens auch fair meinem Hund gegenüber, dies mit ihm zu üben. Ich setze übrigens auch meinen Hunden Grenzen. Wenn ich das Bedürfnis habe das Essen auf meinem Teller alleine zu essen, dann muss sich mein Hund zurücknehmen. Wenn ich das Bedürfnis habe meinen Mann zu umarmen, dann muss sich mein Hund zurücknehmen. Da fängt Grenzen setzen an. Meine Hunde haben das gelernt und lassen sich auch von fremden Menschen blocken. Sie verstehen das und drehen um. Es ist ganz normale hündische Kommunikation. Raumverwaltung. Ich muss auch nicht immer deeskalierend sein, wenn der andere Hund frech und distanzlos ist und meine Hunde anpöbelt. Zur Souveränität gehört auch, sich Situationen zu stellen und Probleme zu lösen. Wenn sich mein Hund mir gegenüber frech benimmt, dann wirke ich doch nicht deeskalierend auf ihn ein und gehe weg. Ich bleibe ruhig und weise ihn in seine Schranken und sage ihm, dass er gerade zu weit geht. Und dann reden wir über sein Problem. Ich schaue was ihn dazu veranlasst hat, mir gegenüber frech zu werden und da hinterfrage ich auch mein vorheriges Verhalten. Aber auf der energiegeladenen Ebene diskutiere ich nicht und ich lasse meinen Hund auch nicht mit seinem Gefühl alleine im Regen stehen. Ich nehme meinen Hund ernst. Konflikte werden bei uns souverän und wohlwollend besprochen.

Mir fällt immer wieder auf, dass der Mensch extrem viel Energie in die Gedanken setzt:"Wie verhalte ich mich, damit mein Hund von mir Strategien lernt und übernimmt oder ist mein Verhalten richtig, sodass ich meinem Hund ein gutes Vorbild bin und was nimmt er für sich aus dieser Situation mit?" Das Einzige was aber wichtig ist ist, dass der Hund geführt wird und er darauf vertrauen kann, dass meine Entscheidung in dieser Situation die richtige Entscheidung für UNS ist. Das kann blocken sein (siehe mein Beispiel "läufige Hündin"), das kann umdrehen sein (weil ich gerade nicht gut drauf bin oder mein Hund gerade nicht dazu in der Lage ist sich selber zu regulieren), aber ich treffe im Rahmen der Leinenführigkeit keine Entscheidung auf der Grundlage, dass mein Hund Strategien lernt. An der Leine muss er sich an mir orientieren und damit er das kann, lernt er seine Impulse zu kontrollieren, mot Frust umzugehen und geduldig zu sein.
 
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Lena
17. März 11:43
Blocken, egal wie ruhig und souverän, ist aber dem entgegenkommenden Hund gegenüber unausweichlich konfrontativ und abwehrend - und damit spannungserzeugend. Ich stelle mich offensiv der Annäherung entgegen und muss darauf bauen, damit das Gegenüber in die Defensive zu bringen. Das spricht ja auch klar aus deiner diesbezüglichen Wortwahl: in Grenzen verweisen, einfordern, Willen durchsetzen, regeln...Das ist alles ein Konfliktszenario, sowohl mir dem Gegenüber wie mit dem eigenen Hund. Gerade wenn ich einen Hund habe, der selber offensiv und konfliktbereit reagiert, ist das aber ein Konzept, was ich eben genau nicht perpetuieren will, indem ich es auch noch aktiv vorführe. Gerade da will ich doch die Alternative etablieren, stattdessen deeskalierende Strategien anzuwenden, abzudrehen, auszuweichen, Abstand zu vergrössern. Also das zu tun, was souveräne Hunde in Begegnungen machen. Dabei übernehme ich genauso die Führung wie beim Konfrontieren, nur lernt mein Hund dabei auch noch das Verhalten, das er letztendlich ja anwenden soll, damit ich nicht auf ewig jede Bewegung für ihn entscheiden und regeln muss, sondern darauf vertrauen kann, dass er auch eigenständig halbwegs vernünftig und ohne gröberen Zoff an Artgenossen vorbei oder womöglich sogar mit ihnen interagieren kann. Blocken brauche ich fast nie, das ist für mich keine Standardstrategie im Training und definitiv keine gegenüber drohenden Hunden, sondern eigentlich nur sehr selten mal nötig gegenüber den paar wenigen Dödeln, die so garnicht verstehen, wenn unsere Hunde Distanzbedürfnis kommunizieren.
Wenn ein junger, wilder auf einen souveränen Althund zustürmt, dann wird der aber doch vermutlich auch geblockt oder ggf sogar korrigiert, wenn er zu aufgeregt in den Raum des anderen Hundes eindringt.
Oder nicht!?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein souveräner Hund bei so viel Energie dann nur deeskalierend agieren würde.
🤷🏽‍♀️

Edit:
Denke es kommt viel auf die Intention des herankommenden Hundes an, wie der andere auf ihn reagiert, blocken oder deeskalieren.
 
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Dogorama-Mitglied
17. März 11:46
Hmm...interessanter Blickwinkel. Und auch plausibel. Aber wenn ein Hund unfreundlich angeschossen kommt, weiß ich nicht, ob ich dem den Rücken kehren möchte 😅 Mit dem Vorleben bin ich bei dir, wenn es nur Spannungen gibt. Auch ich habe wenig Lust mich beißen zu lassen, aber wenn einer mit Vollspeed kommt und offensichtlich auf Eskalation aus ist, so wie es mir passiert ist, als Bokar noch klein war, dann bin ich für Blocken bzw in dem Fall sogar für körperliche Verteidigung. Dafür hätte ich mich dann in der Tat auch beißen lassen. War aber auch wirklich eine Extremsituation, da der von hinten kam und Bokar in dem Alter keine Chance gehabt hätte.
Solche Ausnahmesituation sind kein Maßstab dafür, welches Verhalten im "Notmalfall" Sinn macht.

Von einem knurrenden Hund wende ich mich 10 Mal lieber ab und geh mit Guinness weg, als dass ich den weiter mit Geblocke provozieren würde.
 
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Dogorama-Mitglied
17. März 12:03
Ich weiß, was Blocken ist, ich find es auch nicht "schlimm", sondern häufig fehlgeleitet und kontraproduktiv.
Es ist einem deeskalierenden, entspannenden Händling von Begegnungssituationen nicht zuträglich.

Ich will auch nicht, dass mein Hund lernt, dass Durchschnittsbegegnungen mit Konfrontation zu regeln sind, sondern dass wir uns konfliktvermeidend verhalten und im Zweifelsfall die sind, die sich umdrehen und gehen.

Und weil wir das so machen und er ein sehr kompetenter selbständiger Begegner ist, haben wir ausser seine paar Rivalen in der Gegend auch so gut wie nix zu regeln.

Läufige Hündin ist eine Ausnahmesituation, aus der sich keine allgemeine Sinnhaftigkeit des Blockens ableiten lässt.
Das gleiche trifft auf gelegentliche Keckheiten zu.

Nur weil ich Blocken, Abwehren, Grenzen setzen kann, heisst das nicht, dass ich es zu meiner go-to Reaktion mache.
Ich habe weder mir noch meinem Hund irgendwelche Toughheiten zu beweisen.

Aber hey, jeder wie er/sie mag!
 
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Dogorama-Mitglied
17. März 12:04
Wenn ein junger, wilder auf einen souveränen Althund zustürmt, dann wird der aber doch vermutlich auch geblockt oder ggf sogar korrigiert, wenn er zu aufgeregt in den Raum des anderen Hundes eindringt. Oder nicht!? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein souveräner Hund bei so viel Energie dann nur deeskalierend agieren würde. 🤷🏽‍♀️ Edit: Denke es kommt viel auf die Intention des herankommenden Hundes an, wie der andere auf ihn reagiert, blocken oder deeskalieren.
Da braucht mein Hund aber nicht mich dafür, das kann er selbst kommunizieren.

Und hätte ich einen Hund, der selber vorrangig konfrontativ ist, wäre das letzte was ich wollte, ihn durch meine Konftontativität in diesem Verhalten zu bestätigen.
Weil dann muss immer ich vor ihm dran sein, damit von ihm kein Mist kommt und Alternative lernt er erstrecht keine.

Aber das wiederholt sich jetzt ich hab dazu eigentlich alles gesagt.

Wem Konfrontieren als Standardreaktion lieber ist, der kann das ja gerne so machen.
 
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Nina &
17. März 12:07
Blocken ist erst mal nichts anderes, als eine Grenze zu setzen. Das ist nichts Schlimmes es sei denn, der andere Hund kann damit nicht umgehen und ist gefrustet. Normalerweise sollte aber jeder Hund meine Individualdistanz respektieren können. In der Regel drehen die dann ab oder zeigen sich demütig. Was lernt mein Hund?:" Ui, mein Frauchen kann Situationen regeln." Signalisiert mir mein Hund jetzt, dass er den anderen Hund interessant findet steht doch einem Kennenlernen nichts im Weg, wenn der andere HF das ok findet. Dann leine ich meinen Hund ab und gebe ihm die Freigabe oder der andere Hund wird angeleint und man geht ein Stückchen zusammen. Passt es, dann kann man beide ableinen und freigeben und sie können selber entscheiden, ob und was sie miteinander unternehmen möchten. Wenn meine Hündin läufig ist und da kommt ein intakter Rüde an, drehe ich doch nicht um oder lass den an meine Hündin ran. Selbstverständlich zeige ich dem Rüden, dass er nichts bei uns zu suchen hat. Will ich, dass der fremde Rüde uns verfolgt? Nein! Irgendwann müsste ich ihm die Grenze setzen. Der fremde Hund kann dann machen was er möchte. Frust schieben, sich eine andere Hündin suchen ... , aber an meine Hündin kommt der nicht dran! Ich setze eine Grenze und was der andere Hund damit macht, ist sein Ding. Meine Hunde respektieren meine Entscheidung und wir gehen entspannt weiter ohne verfolgt zu werden. Damit ich meine Führung umsetzen kann, ist es wichtig, dass meine Hunde gelernt haben mit Situationen umzugehen. Wenn mein Hund es noch nicht schafft, ohne Frust an einem anderen Hund vorbeizugehen, dann arbeite ich mit ihm an seiner Frusttoleranzgrenze. Schritt für Schritt. Ist mein Hund ungeduldig, dann arbeite ich mit ihm daran, dass er auch mal geduldig warten kann. Schritt für Schritt. Kann er seine Impulse nicht kontrollieren, dann arbeite ich mit ihm daran. Schritt für Schritt. Das sind die Kompetenzen die ein Hund braucht, um entspannt an andere Hunde vorbeigehen zu können. Das ist übrigens auch fair meinem Hund gegenüber, dies mit ihm zu üben. Ich setze übrigens auch meinen Hunden Grenzen. Wenn ich das Bedürfnis habe das Essen auf meinem Teller alleine zu essen, dann muss sich mein Hund zurücknehmen. Wenn ich das Bedürfnis habe meinen Mann zu umarmen, dann muss sich mein Hund zurücknehmen. Da fängt Grenzen setzen an. Meine Hunde haben das gelernt und lassen sich auch von fremden Menschen blocken. Sie verstehen das und drehen um. Es ist ganz normale hündische Kommunikation. Raumverwaltung. Ich muss auch nicht immer deeskalierend sein, wenn der andere Hund frech und distanzlos ist und meine Hunde anpöbelt. Zur Souveränität gehört auch, sich Situationen zu stellen und Probleme zu lösen. Wenn sich mein Hund mir gegenüber frech benimmt, dann wirke ich doch nicht deeskalierend auf ihn ein und gehe weg. Ich bleibe ruhig und weise ihn in seine Schranken und sage ihm, dass er gerade zu weit geht. Und dann reden wir über sein Problem. Ich schaue was ihn dazu veranlasst hat, mir gegenüber frech zu werden und da hinterfrage ich auch mein vorheriges Verhalten. Aber auf der energiegeladenen Ebene diskutiere ich nicht und ich lasse meinen Hund auch nicht mit seinem Gefühl alleine im Regen stehen. Ich nehme meinen Hund ernst. Konflikte werden bei uns souverän und wohlwollend besprochen. Mir fällt immer wieder auf, dass der Mensch extrem viel Energie in die Gedanken setzt:"Wie verhalte ich mich, damit mein Hund von mir Strategien lernt und übernimmt oder ist mein Verhalten richtig, sodass ich meinem Hund ein gutes Vorbild bin und was nimmt er für sich aus dieser Situation mit?" Das Einzige was aber wichtig ist ist, dass der Hund geführt wird und er darauf vertrauen kann, dass meine Entscheidung in dieser Situation die richtige Entscheidung für UNS ist. Das kann blocken sein (siehe mein Beispiel "läufige Hündin"), das kann umdrehen sein (weil ich gerade nicht gut drauf bin oder mein Hund gerade nicht dazu in der Lage ist sich selber zu regulieren), aber ich treffe im Rahmen der Leinenführigkeit keine Entscheidung auf der Grundlage, dass mein Hund Strategien lernt. An der Leine muss er sich an mir orientieren und damit er das kann, lernt er seine Impulse zu kontrollieren, mot Frust umzugehen und geduldig zu sein.
Das hast du sehr schön und vor allem sehr gut verständlich erklärt. Ich war da jetzt erstmal hin- und hergerissen, was da jetzt besser ist. Deeskalierendes Verhalten vorleben oder eben blocken.
Wenn ich mich allerdings so erinnere, bei unserem vorigen Hund habe ich auch andere Hunde geblockt, die ich aus verschiedenen Gründen, meistens jedoch, weil ich aus Erfahrung wusste, dass sie Ärger bedeuten, nicht an uns dran haben wollte. Unsere damaliger Hund ist allerdings auch brav hinter mir stehengeblieben, weil er wusste, Frauchen macht das schon. Bokar setzt da noch nicht so viel Vertrauen in mich.

Manchmal schon bescheuert, dass einem, oder zumindest mir, Zweifel kommen bei Dingen, die man jahrelang automatisch richtig gemacht hat.
 
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Dogorama-Mitglied
17. März 12:10
Das hast du sehr schön und vor allem sehr gut verständlich erklärt. Ich war da jetzt erstmal hin- und hergerissen, was da jetzt besser ist. Deeskalierendes Verhalten vorleben oder eben blocken. Wenn ich mich allerdings so erinnere, bei unserem vorigen Hund habe ich auch andere Hunde geblockt, die ich aus verschiedenen Gründen, meistens jedoch, weil ich aus Erfahrung wusste, dass sie Ärger bedeuten, nicht an uns dran haben wollte. Unsere damaliger Hund ist allerdings auch brav hinter mir stehengeblieben, weil er wusste, Frauchen macht das schon. Bokar setzt da noch nicht so viel Vertrauen in mich. Manchmal schon bescheuert, dass einem, oder zumindest mir, Zweifel kommen bei Dingen, die man jahrelang automatisch richtig gemacht hat.
Weißt du woraus dieser diametrale Unterschied im Zugang resultiert?

Mein Ziel ist nicht, dass mein Hund sich denken muss Frauchen macht das schon, sondern dass er es selber machen kann, ohne hilflos rumzustehen oder in Probleme zu geraten.

Ihr setzt in Begegnungen auf Verwaltung durch den Menschen, ich auf größtmögliche Eigenständigkeit.