Blocken, egal wie ruhig und souverän, ist aber dem entgegenkommenden Hund gegenüber unausweichlich konfrontativ und abwehrend - und damit spannungserzeugend.
Ich stelle mich offensiv der Annäherung entgegen und muss darauf bauen, damit das Gegenüber in die Defensive zu bringen.
Das spricht ja auch klar aus deiner diesbezüglichen Wortwahl: in Grenzen verweisen, einfordern, Willen durchsetzen, regeln...Das ist alles ein Konfliktszenario, sowohl mir dem Gegenüber wie mit dem eigenen Hund.
Gerade wenn ich einen Hund habe, der selber offensiv und konfliktbereit reagiert, ist das aber ein Konzept, was ich eben genau nicht perpetuieren will, indem ich es auch noch aktiv vorführe.
Gerade da will ich doch die Alternative etablieren, stattdessen deeskalierende Strategien anzuwenden, abzudrehen, auszuweichen, Abstand zu vergrössern.
Also das zu tun, was souveräne Hunde in Begegnungen machen.
Dabei übernehme ich genauso die Führung wie beim Konfrontieren, nur lernt mein Hund dabei auch noch das Verhalten, das er letztendlich ja anwenden soll, damit ich nicht auf ewig jede Bewegung für ihn entscheiden und regeln muss, sondern darauf vertrauen kann, dass er auch eigenständig halbwegs vernünftig und ohne gröberen Zoff an Artgenossen vorbei oder womöglich sogar mit ihnen interagieren kann.
Blocken brauche ich fast nie, das ist für mich keine Standardstrategie im Training und definitiv keine gegenüber drohenden Hunden, sondern eigentlich nur sehr selten mal nötig gegenüber den paar wenigen Dödeln, die so garnicht verstehen, wenn unsere Hunde Distanzbedürfnis kommunizieren.
Blocken ist erst mal nichts anderes, als eine Grenze zu setzen. Das ist nichts Schlimmes es sei denn, der andere Hund kann damit nicht umgehen und ist gefrustet. Normalerweise sollte aber jeder Hund meine Individualdistanz respektieren können. In der Regel drehen die dann ab oder zeigen sich demütig. Was lernt mein Hund?:" Ui, mein Frauchen kann Situationen regeln." Signalisiert mir mein Hund jetzt, dass er den anderen Hund interessant findet steht doch einem Kennenlernen nichts im Weg, wenn der andere HF das ok findet. Dann leine ich meinen Hund ab und gebe ihm die Freigabe oder der andere Hund wird angeleint und man geht ein Stückchen zusammen. Passt es, dann kann man beide ableinen und freigeben und sie können selber entscheiden, ob und was sie miteinander unternehmen möchten.
Wenn meine Hündin läufig ist und da kommt ein intakter Rüde an, drehe ich doch nicht um oder lass den an meine Hündin ran. Selbstverständlich zeige ich dem Rüden, dass er nichts bei uns zu suchen hat. Will ich, dass der fremde Rüde uns verfolgt? Nein! Irgendwann müsste ich ihm die Grenze setzen. Der fremde Hund kann dann machen was er möchte. Frust schieben, sich eine andere Hündin suchen ... , aber an meine Hündin kommt der nicht dran! Ich setze eine Grenze und was der andere Hund damit macht, ist sein Ding. Meine Hunde respektieren meine Entscheidung und wir gehen entspannt weiter ohne verfolgt zu werden.
Damit ich meine Führung umsetzen kann, ist es wichtig, dass meine Hunde gelernt haben mit Situationen umzugehen. Wenn mein Hund es noch nicht schafft, ohne Frust an einem anderen Hund vorbeizugehen, dann arbeite ich mit ihm an seiner Frusttoleranzgrenze. Schritt für Schritt. Ist mein Hund ungeduldig, dann arbeite ich mit ihm daran, dass er auch mal geduldig warten kann. Schritt für Schritt. Kann er seine Impulse nicht kontrollieren, dann arbeite ich mit ihm daran. Schritt für Schritt. Das sind die Kompetenzen die ein Hund braucht, um entspannt an andere Hunde vorbeigehen zu können. Das ist übrigens auch fair meinem Hund gegenüber, dies mit ihm zu üben. Ich setze übrigens auch meinen Hunden Grenzen. Wenn ich das Bedürfnis habe das Essen auf meinem Teller alleine zu essen, dann muss sich mein Hund zurücknehmen. Wenn ich das Bedürfnis habe meinen Mann zu umarmen, dann muss sich mein Hund zurücknehmen. Da fängt Grenzen setzen an. Meine Hunde haben das gelernt und lassen sich auch von fremden Menschen blocken. Sie verstehen das und drehen um. Es ist ganz normale hündische Kommunikation. Raumverwaltung. Ich muss auch nicht immer deeskalierend sein, wenn der andere Hund frech und distanzlos ist und meine Hunde anpöbelt. Zur Souveränität gehört auch, sich Situationen zu stellen und Probleme zu lösen. Wenn sich mein Hund mir gegenüber frech benimmt, dann wirke ich doch nicht deeskalierend auf ihn ein und gehe weg. Ich bleibe ruhig und weise ihn in seine Schranken und sage ihm, dass er gerade zu weit geht. Und dann reden wir über sein Problem. Ich schaue was ihn dazu veranlasst hat, mir gegenüber frech zu werden und da hinterfrage ich auch mein vorheriges Verhalten. Aber auf der energiegeladenen Ebene diskutiere ich nicht und ich lasse meinen Hund auch nicht mit seinem Gefühl alleine im Regen stehen. Ich nehme meinen Hund ernst. Konflikte werden bei uns souverän und wohlwollend besprochen.
Mir fällt immer wieder auf, dass der Mensch extrem viel Energie in die Gedanken setzt:"Wie verhalte ich mich, damit mein Hund von mir Strategien lernt und übernimmt oder ist mein Verhalten richtig, sodass ich meinem Hund ein gutes Vorbild bin und was nimmt er für sich aus dieser Situation mit?" Das Einzige was aber wichtig ist ist, dass der Hund geführt wird und er darauf vertrauen kann, dass meine Entscheidung in dieser Situation die richtige Entscheidung für UNS ist. Das kann blocken sein (siehe mein Beispiel "läufige Hündin"), das kann umdrehen sein (weil ich gerade nicht gut drauf bin oder mein Hund gerade nicht dazu in der Lage ist sich selber zu regulieren), aber ich treffe im Rahmen der Leinenführigkeit keine Entscheidung auf der Grundlage, dass mein Hund Strategien lernt. An der Leine muss er sich an mir orientieren und damit er das kann, lernt er seine Impulse zu kontrollieren, mot Frust umzugehen und geduldig zu sein.