Home / Forum / Verhalten & Psychologie / Mein Hund kann ploetzlich nicht mehr mit Rueden

Verfasser-Bild
Sabine
Einleitungs-Beitrag
Anzahl der Antworten 23
zuletzt 8. Okt.

Mein Hund kann ploetzlich nicht mehr mit Rueden

Wer hat Tipps oder Meinungen oder selbst Erfahrungen warum kann mein Rüde nicht mehr mit anderen Rüden ? Wenn er beim spazieren einem Rüden begegnet zeigt er Zähne und knurrt. Bei Weibchen habe. Wir keine Probleme. Also Welpe und Junghund könnte er mit beiden Geschlechter. Er ist jetzt 2 Jahre und 5. Monate alt.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Maike
8. Okt. 12:10
Doch: siehe Bücher von Shaun Ellis, Elli Radinger…. Sobald es nach läufiger Hündin riecht, können alle Geschlechter aggressiver reagieren. Das haben unsere Hunde noch von ihren Vorfahren.
Das Verhalten, das Shaun Ellis und Elli Radinger beschreiben, ist meines Wissens nach spezifisch für Situationen im Fortpflanzungskontext und nicht als allgemeines Muster auf das Verhalten von Haushunden zu übertragen. Farhoody et al. (2018) Coppinger & Coppinger (2001) Usw. Siehe weiter unten.
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
8. Okt. 12:18
Ich kann einige deiner Punkte nachvollziehen, insbesondere was die unnatürlichen Bedingungen auf Hundewiesen und das Zusammenwerfen fremder Hunde angeht. Diese Umstände schaffen oft Spannungen, weil die Hunde nicht die Möglichkeit haben, sich aus dem Weg zu gehen oder auf natürliche Weise Konflikte zu vermeiden, wie sie es in freier Wildbahn tun würden.   Dass unterschiedliche Meinungen bestehen, ist ja völlig normal. Möglicherweise beziehen wir uns auch auf verschiedene wissenschaftliche Quellen. Welche Quellen nutzt du denn?
Hier meine Quellen:   Dominanztheorie und ihre Widerlegung: Mech, L. D., & Boitani, L. (eds.). (2003). Wolves: Behavior, Ecology, and Conservation. University of Chicago Press. Bradshaw, J. W. S., Blackwell, E. J., & Casey, R. A. (2009). Dominance in domestic dogs—useful construct or bad habit? Journal of Veterinary Behavior.   Die Dominanztheorie in ihrer ursprünglichen Form wurde tatsächlich widerlegt, insbesondere in Bezug auf Wolfsrudel und die Übertragung auf Haushunde. Die Beobachtung, dass fremde Wölfe in Gefangenschaft durch Dominanz eine Hierarchie festlegen, mag in einem künstlichen Setting wie einem Gehege zutreffen, ist jedoch nicht repräsentativ für das natürliche Verhalten von Wölfen in einem Rudel. In natürlichen Wolfsrudeln, die aus Familienverbänden bestehen, gibt es klare soziale Strukturen, bei denen Aggressionen oder Dominanzkämpfe selten vorkommen, da Kooperation und familiäre Bindungen im Vordergrund stehen (Mech & Boitani, 2003). Diese veralteten Dominanzmodelle sind nicht ohne weiteres auf Hunde übertragbar. Hunde, wie auch Wölfe, agieren kooperativer und nutzen nicht ständig Dominanzkämpfe zur Hierarchieetablierung (Bradshaw et al., 2009).   Hundewiesen als unnatürliches Umfeld: Haug, L. I. (2008). Canine aggression toward unfamiliar people and dogs. Veterinary Clinics of North America: Small Animal Practice, 38(5), 1023-1041.    Ähnlich verhält es sich bei Hunden. Hundewiesen schaffen eine unnatürliche Umgebung, in der Konflikte entstehen können, da die Hunde gezwungen sind, auf engem Raum miteinander zu interagieren, ohne die Möglichkeit zu haben, sich zurückzuziehen. Diese Aggressionen entstehen jedoch oft nicht aufgrund von Dominanzstreben, sondern aus Unsicherheit, Stress oder Überforderung (Haug, 2008). Hunde nutzen normalerweise subtile Kommunikationsmittel wie Körpersprache und Raumanspruch, um Konflikte zu vermeiden, und Aggressionen entstehen in der Regel, wenn diese Signale ignoriert werden oder der Hund keine Möglichkeit hat, der Situation zu entkommen.   Natürliche Aversion gegenüber gleichgeschlechtlichen Artgenossen: Bonanni, R., Cafazzo, S., Valsecchi, P., & Natoli, E. (2010). Free-ranging dogs assess the quantity of opponents in intergroup conflicts. Animal Cognition, 13(1), 109-122. Coppinger, R., & Coppinger, L. (2001). Dogs: A New Understanding of Canine Origin, Behavior and Evolution. University of Chicago Press. Farhoody, P., Mallawaarachchi, I., Tarwater, P. M., & Serpell, J. A. (2018). Aggression toward Familiar People, Strangers, and Conspecifics in Gonadectomized and Intact Dogs. Frontiers in Veterinary Science, 5, 18.   Dass Hunde eine „natürliche Aversion“ gegenüber gleichgeschlechtlichen Artgenossen haben, ist wissenschaftlich nur bedingt zutreffend. Studien zu freilaufenden Hunden, wie die von Bonanni et al. (2010), zeigen, dass Konflikte zwischen Hunden eher selten sind und dass sie in der Regel vermieden werden, indem die Tiere sich sozial distanzieren oder durch subtile Kommunikation Spannungen abbauen. Dies steht im Gegensatz zu künstlichen, engen Umgebungen wie Hundewiesen oder an der Leine, wo Hunde nicht die Möglichkeit haben, solchen Situationen zu entkommen. In der freien Wildbahn würden Straßenhunde oder Wölfe Konflikte durch Ausweichen und Distanz lösen (Coppinger & Coppinger, 2001). Auch neuere Studien, wie die von Farhoody et al. (2018), zeigen, dass gleichgeschlechtliche Aggression oft auf sozialen Stress, Unsicherheit oder negative Erfahrungen zurückzuführen ist, nicht auf eine angeborene „Aversion“. Aggressionen, die wir häufig beobachten, sind also eher das Ergebnis von unnatürlichen Umständen, in die wir unsere Hunde bringen, und nicht von einem natürlichen Instinkt.
Eigentlich haben wir das selbe geschrieben oder nicht? Zumindest kann ich bis auf die Wortwahl auf den ersten Blick keine signifikanten Unterschiede erkennen. 1) Dominanztherorie ist nicht auf Wolfsrudel übertragbar (das wurde widerlegt), sondern beschreibt den Kampf (Kampf nicht zwangsweise als "körperliche Kampf") um soziale Überlegenheit zwischen sich fremden, eingesperrten Tieren (die Beobachtung bleibt bestehen, sie wurde nur falsch interpretiert). 2) Auf Hundewiesen sind fremde Hunde eingesperrt. Kommunikation über Körpersprache und Raumanspruch habe ich angesprochen. Dass Konflikte "oft" nicht aus Dominanz entstehen, heißt nicht, dass sie nie aus Dominanz entstehen (oft impliziert nicht mal, dass die Mehrheit von Konflikten nicht aus Dominanz entstehen, wobei ich ebenfalls glaube, dass die meisten Hunde ängstlich, unsicher, überfordert und nicht dominant sind. Dominant heißt nicht Kläffer oder einer, der bei jedem Blick ausratest). Also ja Dominanz/soziale Überlegenheit äußert sich nicht immer in einer körperlichen Auseinandersetzung oder Konfrontation. Blicke, Körpersprache, wer darf was oder wohin läuft oft sehr subtil ab. Bis sich einer nicht daran halten will (junger, aufbrausender Rüde, der die Stellung in Frage stellt oder zwei Rüden, die sich gleichermaßen als überlegen ansehen) und dann "kracht" es. Je selbstbewusster und souveräner ein Hund ist, umso besser kommt er mit den unnatürlichen Begebenheiten zurecht. 3) Straßenhunde und Wölfe weichen sich aus und halten Distanz ein. Wenn nicht aufgrund einer "natürlichen Aversion", wieso denn dann? Wieso gäbe es ohne Distanz und Ausweichen Konflikte, wenn nicht eine natürliche Aversion vorliegen würde? Dass aufgrund künstlicher Begebenheiten, also Leinen, zu engen Begegnungen, Begegnungen überhaupt, Hunde durch Aggression oder Fiddeln reagieren habe ich auch erwähnt. Verstehe die Interpretation des Textes nicht. Fremde Hunde gehen sich aus dem Weg und halten Distanz ein, aber nicht aufgrund eines natürlichen Instinktes bzw einer Aversion? Aversion = Unwohlsein auslösend. Für mich Wortklauberei. Ich schaue aber abends gerne genauer drüber, in welchen Punkten Differenzen verliegen👍🏼.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Michi
8. Okt. 12:18
Was das hier für ne Diskussion auslösst:-)
Da hast du tatsächlich nicht ganz Unrecht 😄