Eine ähnliche Diskussion habe ich gestern mit Feuerwerkfans geführt. Es sind viele Lebensbereiche durch den Staat reguliert.
Bis jetzt wurde ich in anderen Lebensbereichen nicht beeinflusst nur weil ich mich an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten muss, keinen LKW fahren darf oder mir nicht einfach Drogen einwerfen darf.
Zu deinem Punkt mit den Lebensbedingungen stimme ich dir zu, allerdings frage ich mich schon ob es sein muss einen Hund in ein von vornherein suboptimales Umfeld zu stecken. Das Beispiel Kangal in der Innenstadt finde ich ganz passend.
Aktuell kann ich jetzt losfahren und mir irgendwo einen 70 kg Molosser kaufen und bis zum ersten Beißvorfall laufen lassen wie es mir gefällt. Das ist einfach krank.
Ich verstehe deinen Standpunkt und sehe die Problematik, insbesondere bei der Haltung von ungeeigneten Hunden in unpassenden Umgebungen. Dennoch halte ich eine so drastische Regulierung, wie du sie vorschlägst, für problematisch – vor allem wegen der psychologischen Reaktion der Reaktanz. Reaktanz entsteht, wenn Menschen das Gefühl haben, dass ihnen eine Freiheit genommen wird, die sie bisher als selbstverständlich betrachtet haben. Genau das passiert, wenn jemand, der bisher problemlos einen Hund halten konnte, plötzlich umfangreiche Nachweise wie Tierheimstunden oder finanzielle Prüfungen erbringen muss. Das wird schnell als ungerecht empfunden und führt nicht zu mehr Verantwortung, sondern dazu, dass Menschen Regeln umgehen oder Hunde gar nicht mehr anmelden.
Hier zeigt sich auch der Unterschied zu Regelungen wie dem LKW-Führerschein, der lange etabliert ist und daher keinen gefühlten Verlust darstellt. Menschen hinterfragen ihn nicht, weil sie schon lange nicht mehr die Freiheit hatten, ohne Qualifikation einen LKW zu fahren. Bei neuen Regelungen wie einem Feuerwerksverbot oder Tempo 130 hingegen entsteht Widerstand, weil bestehende Freiheiten entzogen werden. Menschen empfinden das als Eingriff in ihre Autonomie, selbst wenn die Regelungen sachlich sinnvoll sind. Dasselbe Prinzip greift bei strengen Vorgaben für Hundehalter*innen: Solange es relativ einfach ist, einen Hund zu halten, wird eine Verschärfung als Freiheitsverlust wahrgenommen, der Widerstand auslöst. Wenn solche Regelungen schrittweise eingeführt werden, entsteht in der Regel weniger Widerstand, weil die Menschen Zeit haben, sich an Veränderungen zu gewöhnen und die neuen Regeln als sinnvoll wahrzunehmen.
Dein Beispiel mit dem Kangal in der Innenstadt zeigt, dass Handlungsbedarf besteht. Aber statt hohe Hürden aufzubauen, die viele potenziell gute Halter*innen ausschließen, wäre es sinnvoller, auf verpflichtende Beratung und Schulungen zu setzen. Verantwortung entsteht nicht durch Überkontrolle, sondern durch Begleitung und Unterstützung – und hier spielt ganz massiv die qualitative Ausbildung von Fachkräften im Bereich Hundetraining mit rein, die du bereits angesprochen hast.