Ich finde gar nicht, dass man sich den Stress nur selbst macht. Ich weiß noch, dass ich extremen Druck auch durch Außenstehende bzw. der Gesellschaft generell empfunden habe.
Als ich unseren Nachbarn erzählt habe, dass ein Hund bei uns einziehen wird, war gleich das erste „Aber ich hoffe, ihr bringt ihm ordentlich das Alleinbleiben bei, damit er uns nicht die Ohren vollbellt & jault“
In der Welpengruppe wurde uns bereits in der 2. Stunde Angst gemacht, weil wir uns angeblich eine „schwierige Rasse“ nach Hause geholt haben und wenn wir nicht direkt von Anfang an alles richtig machen, das ganze zum Scheitern verurteilt ist.
Beim Tierarzt wurde uns gesagt, dass der Welpe niemals etwas in den Mund nehmen darf, sonst drohen Not-OPs bei Verschlucken.
Beim Spazierengehen wird man von anderen Hundehaltern angesprochen, dass der Hund ja total aggressiv ist, weil er spielerisch in die Leine sprang, als der andere Hund schon meilenweit fixierte.
Und hier im Internet bekommt man schnell mal eine „Tierquäler“-Beleidigung an den Kopf geworfen, wenn man den Welpen nach dem Spaziergang im Welpengitter die Ruhe gibt, die er nun benötigt.
Irgendwie hat so gut wie jeder eine Meinung dazu, wenn man sich einen Hund holt und scheut sich auch nicht, das lauthals kundzutun.
Da muss man schon ein dickes Fell haben, um sich das nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen.
Ich hatte das damals noch nicht und musste es mir aneignen.
Das hat auf jeden Fall dazu geführt, dass mein Junghund total überfordert mit mir und den Ansprüchen war und deshalb auffälliges Verhalten gezeigt hat. Ich bin froh, dass ich einen Menschen habe, der das adäquat erkannt hat und da den Stress ausgenommen hat, so konnte das wieder ausgemerzt werden und nun sind wir ein klasse Team, das bei weitem nicht alles perfekt macht. Aber das interessiert mich nun nicht mehr, solange mein Hund glücklich ist und wir ein harmonisches Zusammenleben haben.
Hunde sind nunmal keine Maschinen, ignorieren mal ein Kommando, wollen mal ein Spielzeug länger behalten, fragen mal nach zusätzlichen Leckerlies und Futter, sind auch mal genervt von anderen Lebewesen, haben Angst oder sind einfach mal überdreht. Das heißt noch lange nicht, dass der Hund einen nicht ernst nimmt oder man deshalb nicht harmonisch miteinander leben kann. Aber irgendwo bekommt man von vielen Seiten aus vermittelt, dass das alles sofort und zu 100% funktionieren muss, sonst hat man als Halter schlicht und ergreifend versagt. 🙈
Ich kann dich sehr gut verstehen. Der Druck von außen ist oft enorm und scheint in vielen Bereichen des Lebens ähnlich zu sein. Egal ob Hund, Kind oder andere Entscheidungen – es gibt immer Menschen, die einem ungefragt die Herausforderungen und möglichen Fehler vor Augen führen. Wenn man ein Kind plant, wird einem erzählt, dass man sich vom Schlaf verabschieden kann. Will man sich selbstständig machen, heißt es, dass man dann „alles selbst und ständig“ machen muss. Es scheint fast, als gäbe es einen unbewussten Drang, andere Menschen durch solche Kommentare zu verunsichern. Vielleicht eine Art Projektion.
Dein Erlebnis erinnert mich an eine ähnliche Situation, als wir unseren Hund bekommen haben. Wir saßen mit unserem Welpen auf einer Wiese, als ein Jäger mit seinem Münsterländer kam. Statt eines freundlichen Gesprächs stellte er gleich infrage, ob wir uns gut genug überlegt hätten, was es heißt, so einen Hund zu halten. Auf meine Frage, wie oft er mit seinem Hund denn wirklich jagt, kam heraus: maximal einmal im Jahr. Danach war er peinlich berührt und ging.
Manche Menschen trauten uns eher ein Kind als einen Hund zu - rein zeitlich - man sollte meinen ein Kind beansprucht mehr Ressourcen über einen längeren Zeitraum.
Aber wie du sagst, man wächst an diesen Herausforderungen, lernt, solche Kommentare nicht mehr an sich heranzulassen, und fokussiert sich auf das, was wirklich zählt: ein glückliches Leben mit dem Hund, ohne den Anspruch, alles perfekt machen zu müssen. ☺️