Ich denke, dass der gesellschaftliche Wandel großen Einfluss auch auf unsere Hunde hat. Viele Verhaltens"probleme" sind antrainiert. Beispiel: "Training mit Leckerchen". Um damit zu trainieren ist Voraussetzung, dass man den Hund lesen kann und man im sogenannten "Timing" bleibt. Bestätigt man ein Verhalten zu einem falschen Zeitpunkt, bestätigt man auch das "blöde" Verhalten. (Ziel: Hund soll bei Sichtung eines anderen Hundes entspannt bleiben. Nun wird der Hund zugequatscht und es werden Leckerchen gegeben. Der Hund aber ist schon mit seinen Gedanken längst bei dem anderen Hund. Also bestätigt man die ganze Zeit die Orientierung nach Außen, obwohl der Hund neben einem sitzt).
Dann das Thema "Blocken". Auch hier gilt, dass man fair bleibt. Oft wird zu hart geblockt. In windeseile stellt man sich plötzlich vor dem Hund, ohne auf seine eigene Körpersprache zu achten (zusätzlich vorbeugen, dem Hund die Sicht nehmen ...). Da er an der Leine ist, hat er kaum eine Chance der "Drohung" auszuweichen. Es entsteht Frust, der spätestens bei der nächsten Hundebegnung sichtbar wird.
Dann der Außendruck auf den Hundehalter. Gesetze sind einzuhalten. Nachbarn beschweren sich. Es wird gelästert, man bekommt böse Blicke und nicht zuletzt der Hundeknigge (habe ich bei Dogorama zum ersten mal gehört) setzen Grenzen, die zunächst den Hundeführer unter Druck setzen. Dieser Druck wird dann auf den Hund übertragen, denn er muss ja "funktionieren", damit man nicht bestraft wird, sei es mit Bußgelder oder auch bösen Blicken aus der Gesellschaft. Büchst ein Hund aus, macht man sich schon aus seinem eigenen Pflichtgefühl heraus vorwurfsvolle Gedanken und dann kommt der Druck noch von außen und schon steht die Panik im Vordergrund und das Handeln des Hundeführers ist nicht mehr klar und der Situation angepasst.
Früher war nicht alles besser, aber es galten ein paar Grundregeln: Als Kind lernte ich, auch bei unserem eigenen Schäferhund: Nicht dran, nicht drauf, nicht drüber. Also Respekt haben. Gleichzeitig gehörte er aber zur Familie. Er war einfach mit dabei und wurde nicht ständig angesprochen, betatscht ... Er lebte einfach mit im Familienverbund. Leckerchen gab es auch, aber nicht als Verstärker für ein bestimmtes Verhalten. Dennoch kannte unser Hund die Regel: Nicht dran, nicht drauf, nicht drüber. Die Spaziergänge waren entspannter. Nicht so viele andere Hunde und es gab weder so viele Gesetz/Regeln noch einen Hundeknigge. Irgendwie war klar, was für ein harmonisches Zusammenleben nötig war. Der "Job" unserer Hündin war, aufzupassen, dass Unbefugte unser Grundstück nicht betraten. Sie verbellte denjenigen, aber biss nicht. Ein ganz normaler Schäferhund, dem man das Verbellen nicht beigebracht hat. Sie tat es und gut war. Heute darf ein Hund das nicht mehr. Dass das nicht überall so war, ist klar, deswegen ja, dass früher nicht alles besser war. Aber wenn z. B. ein Hund mal ausgebüchst ist, war das nicht gleich ein riesen Drama. Der Hund wurde von anderen zurück gebracht, eine Tasse
Kaffee getrunken und die Gelegenheit genutzt sich über die neuesten Ereignisse im Dorf auszutauschen. Was ich damit sagen möchte, dass der Druck von Außen nicht so groß war und man sich auf das Wesentliche konzentrieren und sich auf der eigenen Intuition verlassen konnte und durfte. Fehler wurden und werden gemacht.
Mein Kommentar ist aus keiner negativen Emotion heraus geschrieben. Es sind einfach nur meine Gedanken zu diesem Thema.