Home / Forum / Verhalten & Psychologie / Immer mehr verhaltenauffällige Hunde

Verfasser-Bild
Katrin
Einleitungs-Beitrag
Anzahl der Antworten 1616
zuletzt 7. März

Immer mehr verhaltenauffällige Hunde

Die Tierheime sind voll, Resozialisierungstätten für Hunde ebenfalls und auf sämtlichen Portalen werden verhaltensauffällige Hunde für wenige Euros angeboten. Hauptsache schnell weg damit, egal ob es sich um einen Beißer oder ,,nur" um einen Angsthund oder schlicht um einen untrainierten unerzogen Hund handelt der nun vollkommen ungehemmt durchknallt. Nie war es einfacher wie heutzutage an Wissen über Hundetraining, Hundeerziehung usw ranzukommen und doch scheinen immer mehr Menschen mit dem eigenen Hund absolut überfordert zu sein. Woran liegt das? Rasse Genetik und Herkunft spielen da natürlich auch eine Rolle aber halt nicht nur. Auch Vermenschlichung, fehlende Regeln und Grenzen, mangelnde Führung und Sicherheit usw sind mit ein Grund. Es ist kein Geheimnis das auch hier Hunde inzwischen ausgesetzt, vom Halter ,,entsorgt", oder sogar wegen ,,Aggressivität" eingeschläfert werden. Das sind für mich absolute worst case Szenarien die ihren Ursprung in falscher Hundewahl und mangelnden Hundeverständnis hat. Ein Hund ist heutzutage schnell angeschafft. Ahnung vom Hund? Die ist oftmals begrenzt auf vorne kommt fressen rein, hinten der Rest wieder raus. Mit der hohen Anzahl an auffälligen Hunden geht aber auch ein gewisses Risiko für fremde Menschen und Tiere einher. Es betrifft also uns alle. Mich besorgt diese Entwicklung sehr und ich befürchte durchaus weiterhin eher ein zunehmen an Problemhunden und damit auch an Vorfällen mit traurigen und unschönen Ausgang für Mensch und Tier. Aber was kann man dagegen tun? Wie schaffen wir es das die Anzahl auffälliger Hunde wieder abnimmt? Was kann jeder einzelne von uns dazu beitragen? Welche Hilfe brauchen die Halter solcher Hunde im Alltag? Könnten Gesetze wie Pflichtkurse für Hundehalter vor der Anschaffung helfen? Welche Rolle könnten die sozialen Medien dabei spielen? Wie immer bitte nett und höflich kommentieren. Das Bild ist ein KI Bild und stellt keine spezielle Rasse dar sondern steht stellvertretend für alle auffälligen Hunde.
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
12. Jan. 19:21
Ich kann mit deinen extrem vermenschlichenden Interpretationen nicht viel anfangen. Auf der Basis kann man das Thema imho nicht sinnvoll besprechen.

Leinepöbeln dient dazu, die vermeintliche Bedrohung oder die Rivalen zu vertreiben und damit eine Verschärfung des Konfliktes zu verhindern.

Imponieren/Rumprollen hat den selben Zweck - auf niedrigem Aggressionsniveau eine Lösung des Konflikts zu erreichen und eine Eskalation unnötig zu machen.

Konflikte gibt es natürlich, aber die Interaktionen und Kommunikationen gut sozialisierter Hunde in Konfliktsituationen sind auf die Lösung selbiger auf möglichst niedrigem Eskalationsniveau und auf das "Runterkühlen" ausgerichtet und nicht auf das "Hochfahren" in Richtung Gewalteskalation.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Michi
12. Jan. 19:21
Es ist immer leicht dem Halter die Schuld zu geben. Wobei ich gerne darauf Hinweise das es gut und gerne dann eventuell auch ein wenig am Umfeld liegt. Fremde Hundehalter die ihren Hund weder an der Leine noch im Freilauf unter Kontrolle haben. Was kann jemand dafür wenn sein Hund an der Leine bedrängt wird von Fremden Hunden. Und es dann zu einer Rauferei kommt. Und jetzt kommt mir bitte nicht mit den fremden Hund blocken den eigenen Hund hinter sich bringen. Wenn der Hund sich nicht blocken lässt hat man wenig Möglichkeiten. Ja Leine locker lassen und locker und ruhig bleiben. Wenns dann knallt hat der jenige Hund der an der Leine war danach das Problem. Das der Hund danach erstmal nicht besonders gut an der Leine läuft. Und auch sehr Nervös ist. Und es gibt noch zich andere Gründe wie zb. Jugendliche die Böller in die Richtung von Hunden schmeißen. Da ist dann nicht der Halter in meinen Augen daran schuld.
Da ist dann halt der Halter Schuld, der seinen Hund nicht unter Kontrolle hat und ihn ungefragt zu anderen Hunden hin laufen lässt.
Aber sicherlich nicht der Tierschutzverein.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
SandrA
12. Jan. 19:22
Deine Beschreibung des unsicheren Hundes, der trotz Beschwichtigungssignalen eskaliert, passt gut zu wissenschaftlichen Erkenntnissen über Reaktivität, emotionale Dysregulation und fehlende Selbstregulation bei Hunden. ☺️ Allerdings ist es wichtig, auch Hunde einzubeziehen, die nicht aus Unsicherheit, sondern aus anderen Motivationen wie Ressourcenverteidigung oder sozialer Kontrolle eskalierendes Verhalten zeigen. Hier mal was ich wissenschaftlich dazu finden konnte: Unsichere Hunde zeigen aggressives Verhalten häufig aufgrund von: Angst oder Überforderung: Der Hund fühlt sich bedroht und sieht keine Möglichkeit zur Flucht. Fehlerhafter Erfahrung mit Drohkommunikation: Der Hund hat gelernt, dass subtile Signale wie Knurren oder Abwenden ignoriert werden, und greift deshalb zu intensiveren Strategien. Stress und Dysregulation: Chronischer Stress führt zu verminderter Frustrationstoleranz und einem reaktiven, eskalierenden Verhalten. Diese Hunde eskalieren häufig proaktiv, weil sie eine antizipierte Bedrohung sehen und die Situation kontrollieren möchten, bevor sie „außer Kontrolle“ gerät. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein souveränes Verhalten, sondern um eine erlernte Strategie, die auf Unsicherheit basiert. Typische Verhaltensweisen: Eskalation trotz Distanz oder Beschwichtigungssignalen. Umlenkung der Aggression auf andere Reize, z. B. den Halter. Starke Sensibilisierung gegenüber spezifischen Auslösern, die sich durch Generalisierung auf ähnliche Situationen verstärkt. Hunde, die nicht aus Unsicherheit handeln, sondern gezielt aggressiv agieren, zeigen ein anderes Motivationsmuster. Diese Hunde nutzen Aggression strategisch, um ihre Ziele zu erreichen. Gezielte Kontrolle der Situation: Der Hund eskaliert bewusst, um Ressourcen, Status oder Kontrolle zu sichern. Klares, direktes Verhalten: Die Körpersprache ist oft entspannt, aber dominant (z. B. fixierender Blick, aufrechter Körper). Kontextgebundenheit: Das Verhalten tritt in spezifischen Situationen auf, z. B. bei Ressourcenkonflikten oder bei dem Versuch, andere Hunde auf Distanz zu halten. Typische Verhaltensweisen: Eskalation, um Zugang zu Ressourcen zu sichern oder andere Hunde zu vertreiben. Aggression als Mittel der sozialen Kontrolle, z. B. bei der Verteidigung von Besitz oder Rang. Häufig begrenzt auf spezifische Auslöser und weniger generalisiert als bei unsicheren Hunden. Beide Verhaltensweisen fallen jedoch aus dem Schema des „normalen“ Hundeverhaltens heraus und können als Verhaltensauffälligkeiten betrachtet werden, die gezielte Unterstützung erfordern. Der Unterschied zwischen beiden Typen ist entscheidend für das Training, da sie unterschiedliche Ansätze benötigen. Quellen: Palagi, E., Nicotra, V., & Cordoni, G. (2022). Conflict management in dogs: The role of de-escalation and escalation signals. PLOS ONE. Levine, E., Ramos, D., & Mills, D. (2012). The impact of shelter care on the welfare of dogs: Stress and its consequences. Journal of Veterinary Behavior. Lindsay, S. R. (2000). Handbook of Applied Dog Behavior and Training. Wiley-Blackwell. Mills, D. S., Karagiannis, C., & Zulch, H. (2017). Stress—Its effects on health and behavior. Veterinary Behavior: Clinical Applications and Research. Overall, K. L. (2013). Manual of Clinical Behavioral Medicine for Dogs and Cats. Elsevier. van Kerkhove, W. (2004). A fresh look at the wolf-pack theory of companion-animal dog social behavior. Journal of Applied Animal Welfare Science.
Interessant ist übrigens, dass nach S. Heath (Aggression associated with dominance and rivalry, 2002) auch statusbedingte Aggression und Dominanzverhalten aufgrund der damit einhergehenden Schaffung und Festigung von Hierarchien in der sozialen Gruppe darauf abzielen, das Risiko für körperliche Auseinandersetzungen und so auch die Verletzungsgefahr zu senken.
Damit sei auch hier als Ziel der Aggression anzunehmen, Konflikte und ernste Auseinandersetzungen zu vermeiden und nicht etwa zu provozieren.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Alina
12. Jan. 19:26
Kann es nicht einfach sein das es nicht mehr "Problemhunde" gibt, sondern mehr Problemmenschen?
Jaein. Ja viele Probleme sind menschengemacht (auf verschiedene Weise), aber der Rückschluss auffälliger Hund und Besitzer ist Schuld ist eben nicht richtig. Sei es später übernommen, früher Fehler gemacht, die jetzt aufgearbeitet werden, manche Hunde mit Charaktereigenschaften, die es selbst für Profis schwierig machen, familiäre Schwierigkeiten (kenne da zwei Fälle, Jugendliche allein verantwortlich für den Hund, Eltern nicht bereit Trainer zu bezahlen)…
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Jessica
12. Jan. 19:27
Gekauft wie gesehen...das passiert beim Vermehrer. Ein guter Tierschutzverein steht einem zur Seite und nimmt den Hund auch zurück, wenn notwendig. Allerdings sollte schon jeder selbst dafür verantwortlich sein, seinen Hund zu erziehen und Probleme zu lösen. Also ich sehe deutlich mehr Halter mit Rassehunden, die große Probleme haben. Die haben diese Hunde dann von kleinauf und es dann selbst verbockt, warum auch immer. Oder ist dann da auch der Züchter schuld?
Bisher hattest du immer auf den Unterschied zwischen Züchtern und Vermehrern hingewiesen.

Was ist los?

Auch Züchter schauen nach dem Verkauf noch nach ihren Hunden und im Vorfeld genau auf die Käufer, sehen bei Fragen den neuen Haltern bei, nicht nur gute Tierschutzvereine.

Nicht jeder Rassehund ist vom Züchter.
Viele sind mitlerweile gerade sehr beliebte Rassen vom Vermehrer.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Jörg
12. Jan. 19:29
Da ist dann halt der Halter Schuld, der seinen Hund nicht unter Kontrolle hat und ihn ungefragt zu anderen Hunden hin laufen lässt. Aber sicherlich nicht der Tierschutzverein.
Nein da ist nicht der Tierschutz dran schuld aber sicher auch nicht die Halter die alles dafür geben sein Hund an Regeln zu gewöhnen. Es sind meistens die die sich Mühe geben die das nachsehen haben. Und meistens werden die dann noch ausgelacht und müssen sich dumme Sprüche anhören. Wie du gönnst deinem Hund ja gar kein Spaß. Oder so ein blöder Leinenpöbler. Und was es da noch so gibt.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Carola
12. Jan. 19:30
Gekauft wie gesehen...das passiert beim Vermehrer. Ein guter Tierschutzverein steht einem zur Seite und nimmt den Hund auch zurück, wenn notwendig. Allerdings sollte schon jeder selbst dafür verantwortlich sein, seinen Hund zu erziehen und Probleme zu lösen. Also ich sehe deutlich mehr Halter mit Rassehunden, die große Probleme haben. Die haben diese Hunde dann von kleinauf und es dann selbst verbockt, warum auch immer. Oder ist dann da auch der Züchter schuld?
Es ist ja durchaus legitim sich Hilfe zu holen, eine Hundeschule oder einen Hundeverein ins Boot zu holen und unter Anleitung zu trainieren.
Mein "Problemhund" war zwar schlecht sozialisiert wurde aber niemals misshandelt und eigentlich weiß ich gar nicht ob es einfach ihr Charakter war oder tatsächlich die unzureichende Sozialisierung dass sie war wie sie war. Als sie zu mir kam war sie schon"verkorkst" und ja wir hatten eine lange Zeit der harten Arbeit vor uns die sich aber tausendfach gelohnt hat. Sie kam aber nicht aus dem Tierschutz ich habe sie übernommen.
Meine jetzigen Hunde sind Rassehunde und sie sind von klein auf bei mir. Probleme gibt es keine, sie sind gut sozialisiert, nicht auf Konflikte aus und haben keine Probleme mit anderen Hunden. Trotzdem trainieren wir unter Anleitung regelmäßig schon um die Zusammenarbeit zu verbessern und Probleme gar nicht erst auftreten zu lassen.
Und nein der Züchter ist in der Regel nicht schuld und der Tierschutzverein in der Regel auch nicht. Allerdings habe ich manchmal schon das Gefühl dass beim Tierschutz Probleme verschwiegen werden und den Leuten auch nicht bewusst ist dass sie unter Umständen einen problematischen Hund bekommen.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Michi
12. Jan. 19:30
Bisher hattest du immer auf den Unterschied zwischen Züchtern und Vermehrern hingewiesen. Was ist los? Auch Züchter schauen nach dem Verkauf noch nach ihren Hunden und im Vorfeld genau auf die Käufer, sehen bei Fragen den neuen Haltern bei, nicht nur gute Tierschutzvereine. Nicht jeder Rassehund ist vom Züchter. Viele sind mitlerweile gerade sehr beliebte Rassen vom Vermehrer.
Hab ich doch garnicht anders geschrieben...
Bei den Vermehrern bekommt man Hunde gekauft wie gesehen....
Unten habe ich gefragt, ob der Züchter auch verantwortlich sein soll, wenn etwas schief läuft....
Also alles gut.
Ich unterscheide sehr genau .
 
Beitrag-Verfasser
Dogorama-Mitglied
12. Jan. 19:35
Ich finde Leinenpöbeln ein schwieriges Beispiel.

Erstens gibt es auch da defensiveres und offensiveres Pöbeln. Geht der Hund in der Körperhaltung und Bewegung nach vor oder auf Abstand?
Ich finde nicht, dass jedes Pöbeln als Fight zu klassifizieren ist.

Ist das aus Hundesicht tatsächlich unabhängig von einer tatsächlichen Bedrohung?
Wenn der Hund nahe Begegnungen bedrohlich findet, ist das für ihn sehr real.
Ich glaube man sollte sich hüten, das als unbegründet zu bezeichnen, nur weil wir Menschen den Grund nicht sehen...

Zweitens ist es dem Hund an der Leine unmöglich gemacht, die Konfliktsituation in ihm angemessener Weise davor schon zu umgehen/vermeiden.
Ohne Leine wär der womöglich in ganz anderem Abstand und mit anderer Kommunikation an die Begegnung rangegangen.
 
Beitrag-Verfasser-Bild
Andreas
12. Jan. 19:37
Die wenigsten wirklich auffälligen Hunde wurden misshandelt oder sind traumatisiert. Die meisten wurden nur nicht richtig verstanden und/oder in die richtigen Bahnen gelenkt. Traumatisiert oder misshandelt ist gut für das menschliche Mitgefühl, aber Mitgefühl ist nicht angenehm für den Betroffenen und auch nicht hilfreich, da es den Blick auf die wahren Ursachen verhindert. Unter anderem wurde das auch von Vanessa Bokr (Gründerin Hellhoundfoundation) und anderen Resozialisationsstellen bestätigt. Die Leute, die mit den Hunden arbeiten, die wirklich ernsthaft verletzt oder gar getötet haben.
interessant.. Das passt zu meinem geliebten Dobermann, um den ich mich vor gut 20 Jahren kümmern durfte, da er aggressiv gegenüber seinen Besitzern wurde.. Er war "einfach" vernachlässigt, nicht ausgelastet und auch nicht geliebt.
Er war ein fantastischer Hund ❤️

Allerdings hörte ich schon oft von traumatisierten Hunden.. zum Glück habe ich damit keine Erfahrungen.