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Katrin
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zuletzt 7. März

Immer mehr verhaltenauffällige Hunde

Die Tierheime sind voll, Resozialisierungstätten für Hunde ebenfalls und auf sämtlichen Portalen werden verhaltensauffällige Hunde für wenige Euros angeboten. Hauptsache schnell weg damit, egal ob es sich um einen Beißer oder ,,nur" um einen Angsthund oder schlicht um einen untrainierten unerzogen Hund handelt der nun vollkommen ungehemmt durchknallt. Nie war es einfacher wie heutzutage an Wissen über Hundetraining, Hundeerziehung usw ranzukommen und doch scheinen immer mehr Menschen mit dem eigenen Hund absolut überfordert zu sein. Woran liegt das? Rasse Genetik und Herkunft spielen da natürlich auch eine Rolle aber halt nicht nur. Auch Vermenschlichung, fehlende Regeln und Grenzen, mangelnde Führung und Sicherheit usw sind mit ein Grund. Es ist kein Geheimnis das auch hier Hunde inzwischen ausgesetzt, vom Halter ,,entsorgt", oder sogar wegen ,,Aggressivität" eingeschläfert werden. Das sind für mich absolute worst case Szenarien die ihren Ursprung in falscher Hundewahl und mangelnden Hundeverständnis hat. Ein Hund ist heutzutage schnell angeschafft. Ahnung vom Hund? Die ist oftmals begrenzt auf vorne kommt fressen rein, hinten der Rest wieder raus. Mit der hohen Anzahl an auffälligen Hunden geht aber auch ein gewisses Risiko für fremde Menschen und Tiere einher. Es betrifft also uns alle. Mich besorgt diese Entwicklung sehr und ich befürchte durchaus weiterhin eher ein zunehmen an Problemhunden und damit auch an Vorfällen mit traurigen und unschönen Ausgang für Mensch und Tier. Aber was kann man dagegen tun? Wie schaffen wir es das die Anzahl auffälliger Hunde wieder abnimmt? Was kann jeder einzelne von uns dazu beitragen? Welche Hilfe brauchen die Halter solcher Hunde im Alltag? Könnten Gesetze wie Pflichtkurse für Hundehalter vor der Anschaffung helfen? Welche Rolle könnten die sozialen Medien dabei spielen? Wie immer bitte nett und höflich kommentieren. Das Bild ist ein KI Bild und stellt keine spezielle Rasse dar sondern steht stellvertretend für alle auffälligen Hunde.
 
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Dogorama-Mitglied
11. Jan. 08:07
Was soll sich denn flächendeckend ändern, wenn selbst hier ein paar Hanserl schon nicht auf einen grünen Zweig kommen? Wenn selbst die Definition von "verhaltensauffällig" ebenso unklar ist, wie die Antwort auf die Frage, ob es zahlen- und anteilsmässig tatsächlich mehr auffällige Hunde gibt als früher.
Ich steig jetzt mal von ganz Quer ein, ohne was gelesen zu haben.

Ein Konsens zu "verhaltensauffällig" ist auch schwierig.
Was einen Halter stört, kann ein anderer toll finden, was in einem Kontext unpassend ist, kann in einem anderen notwendig sein.
Bellen, Jagen, Hüten etc...

Vielleicht kommt man leichter auf einen grünen Zweig, wenn man das Verhalten aus Hundesicht beurteilt und Alles, was aus dauerhaft erhöhtem Stress entsteht bzw ihn verursacht, als Auffälligkeit definiert?
 
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SandrA
11. Jan. 08:18
Ich steig jetzt mal von ganz Quer ein, ohne was gelesen zu haben. Ein Konsens zu "verhaltensauffällig" ist auch schwierig. Was einen Halter stört, kann ein anderer toll finden, was in einem Kontext unpassend ist, kann in einem anderen notwendig sein. Bellen, Jagen, Hüten etc... Vielleicht kommt man leichter auf einen grünen Zweig, wenn man das Verhalten aus Hundesicht beurteilt und Alles, was aus dauerhaft erhöhtem Stress entsteht bzw ihn verursacht, als Auffälligkeit definiert?
Und den Faktor „Leiden“ hinzunimmt - Hund, Mensch, Umfeld.
 
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Dogorama-Mitglied
11. Jan. 08:21
Und den Faktor „Leiden“ hinzunimmt - Hund, Mensch, Umfeld.
Leid des Hundes seh ich im Stress automatisch beinhaltet.

Leiden ausserhalb des Hundes würd ich nicht mit verhaltensauffällig gleichsetzen, weil Menschen ja auch unter völlig normalen Verhaltensweisen oder schon allein unter der Anwesenheit von Hunden leiden können.
 
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SandrA
11. Jan. 08:22
Leid des Hundes seh ich im Stress automatisch beinhaltet. Leiden ausserhalb des Hundes würd ich nicht mit verhaltensauffällig gleichsetzen, weil Menschen ja auch unter völlig normalen Verhaltensweisen oder schon allein unter der Anwesenheit von Hunden leiden können.
Nur ist Leiden nicht immer so sichtbar.

Leiden und Verhaltensweisen auf mehreren Ebenen und aus unterschiedlicheren Perspektiven zu betrachten ist allerdings hilfreich, um Aufälligkeiten adäquat einzuschätzen.
 
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Dogorama-Mitglied
11. Jan. 08:27
Nur ist Leiden nicht immer so sichtbar. Leiden und Verhaltensweisen auf mehreren Ebenen und aus unterschiedlicheren Perspektiven zu betrachten ist allerdings hilfreich, um Aufälligkeiten adäquat einzuschätzen.
Vorigen Beitrag erweitert.

Ob "so" sichtbar oder nicht, ändert an der Definitionsgrundlage nichts.
Theoretisch kann das sicher über eine Messung der relevanten Spiegel (Cortison etc) nachgewiesen werden.
 
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SandrA
11. Jan. 08:30
Vorigen Beitrag erweitert. Ob "so" sichtbar oder nicht, ändert an der Definitionsgrundlage nichts. Theoretisch kann das sicher über eine Messung der relevanten Spiegel (Cortison etc) nachgewiesen werden.
Es geht mir eher um die Wahrnehmung, dass überhaupt ein Problem vorliegt.
 
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Dogorama-Mitglied
11. Jan. 08:34
Es geht mir eher um die Wahrnehmung, dass überhaupt ein Problem vorliegt.
Ahso ja das ist natürlich nicht immer so einfach.

Wobei Dauerstress ja sehr oft schon auch mit sichtbaren Verhaltenseigenheiten einher geht, die Rückschlüsse auf Leidensdruck zulassen.
 
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Alina
11. Jan. 08:57
Das Problem ist sehr vielschichtig und es wurde zu lange ignoriert. Ein paar Punkte die ich sehe (nicht abschließend):
- unkontrollierte Vermehrung bzw. Einfuhr von Hunden und Welpenhandel. Lauter Hunde mit fragwürdiger Herkunft, schlechter Genetik (weil nicht auf entsprechende Elterntiere geachtet wird)
- diese Hunde landen dann in ahnungslosen Händen, weil jeder sich einfach jeden Hund holen kann, egal ob es objektiv betrachtet Sinn ergibt
- es wird zu sehr nach Optik und nicht nach Charakter/Eigenschaften entschieden. Siehe Trend zum Aussie oder Border, Frenchie, zT Molosser
- wegwerfgesellschaft: wenn es nicht passt, dann wird der Hund schnell verhökert und sich der nächste Hund geholt und die gleichen Fehler noch mal gemacht, „lag ja nur am Hund“
- fehlendes Wissen um Hundekommunikation und dadurch fehlende Anleitung der Hunde bzw. aktives Verlernen von hündischen Verhalten (z.B. hinschleifen zum Hallo sagen)
- höhere Hundedichte und vor allem mehr Hunde in Städten, wo der Hund eben nicht einfach im Garten/Zwinger gelassen wird sondern raus muss
- Internettrainer. So viele Fragen hinsichtlich Training in Foren im Internet mit haufenweise unqualifizierten Antworten und zu selten wird zu einem Trainer geraten
- Auslastung: Riesen Trend auf Kosten der Hunde. Ja Hunde brauchen Beschäftigung, aber nicht jeden Tag so lange bis sie völlig erschöpft umkippen und endlich Ruhe geben. Ruhe muss genauso erlernt werden und Verhaltensauffälligkeiten entstehen auch bei überforderten Hunden, ebenso ist Auslastung nicht die Lösung für alles
- keine Regularien für Hundetrainer, von „Nein“ sagen ist Gewalt am Hund bis wirf die Tür zu und triff den Hund damit ist alles dabei, zu wenige angemessen dazwischen
- generell der Trend zu nur positiv und das Aufbauen eines schlechten Gewissens. Hunde brauchen Regeln und Grenzen. Die wenigsten Hunde mit Auffälligkeiten wurden misshandelt, die meisten haben nur nie Grenzen gelernt und gelernt mit Aggression ihre Meinung durchzusetzen
- fehlende Menschlichkeit und Rücksicht: ich habe einen hundeaggressiven Hund übernommen und durch Training super viel erreicht mit ihm, aber wie oft habe ich gehört ich bin schuld an seinem Verhalten, ich hätte keine Ahnung, Aggrohund bis hin zu Beleidigungen. Ich weiche aus oder bitte um Abstand wenn das nicht geht, aber wie oft kommen die Leute trotzdem super nah mit ihren Hunden ran oder lassen ihre Hunde unkontrolliert frei laufen. Warum reicht ein einfaches Nein zu Kontakt nicht aus, sondern man wird in Diskussionen verstrickt. Von den ganzen abwertenden Blicken und Sprüchen mal abgesehen. Alle schreien „die armen Hunde“, aber wenn sich einer einem solchen Hund annimmt, dann ist es den Leuten auch nicht recht.
 
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Dogorama-Mitglied
11. Jan. 09:06
Ich kann viel mit deinem Beitrag anfangen, nur bei "mit Aggression ihre Meinung durchsetzen" bin ich skeptisch.

Das klingt mir viel zu vermenschlicht, um die Motivation der Hunde angemessen widerzugeben.
 
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Alina
11. Jan. 09:58
Ich kann viel mit deinem Beitrag anfangen, nur bei "mit Aggression ihre Meinung durchsetzen" bin ich skeptisch. Das klingt mir viel zu vermenschlicht, um die Motivation der Hunde angemessen widerzugeben.
Beispiel: Hund wird angegrabbelt und zeigt durch Meiden, dass er das nicht möchte, wird übergangen oder gar niedlich gefunden. Irgendwann knurrt der Hund und alle springen weg. Beim nächsten Mal probiert er es noch nett, aber wird schneller zum Knurren greifen. Er lernt Aggression effektiv einzusetzen. Dann setzt er es bei seinem Kuscheltier um und es wird ihm nicht weggenommen, dann wird das Sofa beansprucht und die Menschen kuschen.

Ist jetzt etwas überspitzt und kurz gefasst, aber der Hund wird dann immer schneller zu Aggressionen greifen bis diese seine Standardantwort sind (auch charakterbedingt bzw. Rasse, wie tolerant der Hund ist usw.)

Ich habe so einen Kandidaten zu Hause sitzen. Er möchte keinen Kontakt zu fremden Hunden, wurde anscheinend oft übergangen und gezwungen und hat dann gelernt, dass pöbeln/ausrasten die einzig sinnvolle Lösung ist um Kontakt zu verhindern, sodass diese seine Standardantwort bei Anblick eines fremden Artgenossens wurde. Hat ja auch immer funktioniert, die Hunde haben ja dann kein Kontakt mehr gehabt.
Sprich ich arbeite mit ihm daran dass er lernt, dass ich ihn nicht zu Kontakt zwinge, er das aber auf eine andere Weise zeigen soll, dass er nicht möchte, und dass ausrasten nicht die Lösung ist.

Geht mir nicht darum, dass der Hund die Weltherrschaft möchte, wie schnell mal behauptet wird, sondern ua um solche Dinge wie Hund möchte sich nicht anfassen lassen und lernt das mit überzogener Aggression durchzusetzen, sodass nicht mal mehr Behandlungen möglich sind