Ich habe und brauche keinen perfekten Hund, denn meine Hündin ist völlig abseits dieser Gesellschaft und "Trick Dog" Gehorsamkeitswelt aufgewachsen. Sie hat 3 Jahre nur in einem Zwinger gelebt. Sie kannte diese Welt nicht. Ich habe sie eigentlich nur an die Leine gewöhnt, um sie zu schützen, vor Autos, vor rücksichtslosen Radfahrern auf Fuß, Wald und Wanderwegen.
Wann immer es geht, leine ich sie ab und jeder Spaziergang und jede Abenteuertour ist ihre Zeit... Sie entscheidet oft wo wir lang gehen, in der Natur. Denn ich habe mit der Zeit gemerkt, daß sie dann nicht kopflos weg rennt, sondern immer auf mich wartet, ich finde es spannend, wie dieser Hund Probleme löst, oder sich auch meine Hilfe holt, wenn sie etwas nicht bewältigen kann. Eine Bulldogge ist ein sehr eigenständiger Hund. Menschen zu vertrauen musste sie wieder lernen, auch Selbstbewusstsein und Mut waren ihr völlig abhanden gekommen. Es war wichtig, daß sie auch eigene Wege geht und eigene Entscheidungen trifft. Wenn ich dieses apathische Häufchen Unglück aus dem Zwinger mit heute Vergleiche... Weiß ich es war der richtige Weg.
Denn bei ihr funktionierte nichts, was Andere sagten, nichts was in Büchern stand. Also mussten wir gemeinsam einen Weg finden.
Wie sie ein glückliches Leben in dieser Welt leben kann.
Haley hat sich ihre Kumpels im Grunde selbst ausgesucht und jeden Tag gehen wir mittlerweile mindestens einmal mit einem buntgemixten "Rudel", völlig verschiedener Rassen. Interessant daran war, daß all diese Hunde aus dem Tierschutz stammen und (wenn auch völlig unterschiedlich) ein gewisses Schicksal erlitten haben. Sie sind auch sehr unterschiedlich, aber sie funktionieren als Team, keiner bleibt zurück, es wird aufeinander geachtet.
Natürlich suchen Hunde Kontakt zu Artgenossen und das kann man ihnen auch nicht dauerhaft verwehren.
Auch ich Leine meine Hündin an, wenn ein angeleinter Hund unseren Weg kreuzt, aus Respekt und Rücksicht. Aber oft finde ich es schade wie die Hunde aneinander vorbeigezerrt werden. Viele Probleme, die Hunde mit Artgenossen haben, sind hausgemacht oder werden verstärkt durch unser eigenes Verhalten.
Weil unser Hund damit vielleicht nicht ins Normalbild passt, es uns vor Anderen unangenehm ist. Also wird es vermieden. Aber nicht gelöst oder verändert.
Hunde kommunizieren anders und so Mancher der sagte "Der versteht sich sonst mit Niemandem" war schon überrascht.
So fing ich an, Haley wirklich kennen zu lernen, statt zu dressieren.
Ihre Körpersprache, ihr Verhalten.
Ich lernte Situationen zu lesen und zu beurteilen.
Man könnte sagen, ich habe von meinem Ersten Hund mehr gelernt als sie von mir. Und wenn man sich die Zeit nimmt, den eigenen Hund wirklich kennen zu lernen, entsteht gegenseitiges Vertrauen.
Nicht indem man nur zwanghaft Kommandos durchsetzt, oder ihn von Allem fern hält was uns schwierig erscheint.
Hunde sind soziale Lebewesen. Sie haben einen eigenen Charakter, sie lösen Probleme auf ihre Art, sie sind ganz und gar nicht dumm.
Man muss seinen Hund glaube ich erst kennenlernen, statt direkt mit dem reinen, vorgeschriebenen "Training" zu beginnen.
Meine Hündin hört immer, wenn ich sie stoppe oder zurück rufe. Und ich habe das nicht trainiert.
Ich brülle nicht, ich bestrafe nicht, stopfe sie nicht mit Leckerchen voll (ging nicht, da sie gar nichts genommen hat). Ich bin nicht nachtragend, wütend. Sondern ruhig und konsequent wenn sie sich in Gefahr bringt oder über die Grenzen anderer latscht.
Wir funktionieren einfach als soziales Team.
Und ich finde es oft spannend sie zu beobachten, ihr einfach zuzusehen. Und ich habe dabei viel über mich gelernt.
Weiß sie nicht weiter, übernehme ich. Und sie folgt mir.
Wenn der Hund der beste Freund des Menschen ist, sollte man ihn auch so behandeln.
Mit Respekt, Fürsorge, Achtung, Freiheit und Grenzen.
Nicht wie ein kleines dummes Kind, das nur auf dieser Welt ist, um meinen Befehlen zu folgen und möglichst perfekt und unauffällig in mein Leben und die Gesellschaft zu passen.
Es ist ein langer gemeinsamer Weg, den man geht.