Hallo Kerstin,
ich denke auch, dass es daran liegt, dass er in „feindlichem Gebiet“ also für einen Straßen Hund alles jenseits der gewohnten Gassirunde, einfach zuviel Angst hat und sich deshalb nicht lösen kann.
Unsere scheue Hündin war auch immer sofort im absoluten Alarm-Zustand, wenn wir mal die gewohnten Bahnen verlassen haben. Einmal über die Straße war schon zuviel für sie.
Und bei Rüden heißt Pinkeln ja Markieren, das ist ja nochmal ein Unterschied. Das bedeutet ja, „Mit diesem Pinkeln erkläre ich dieses Gebiet zu meinem Gebiet.“
So in etwa, als ob jemand in einem fremden Stadtviertel sein Graffiti Zeichen hinsprüht. Keine gute Idee.
Vielleicht hat er einmal eine schlechte Erfahrung gemacht und wurde vom Nachbarrudel angefallen, als er als Junghund versehentlich über die Grenze geriet und da pinkelte?
Man weiß ja nie, was Straßen Hunden früher passiert ist, aber der Hund hat sicher einen guten Grund, sich so zu verhalten, wie er es tut, auch, wenn es supernervig ist.
Da sind wir dann als Besitzer gefragt, dem Hund der Fels in der Brandung zu sein und ihm als Rudelführer die nötige Sicherheit im „Feindesland“ zu vermitteln.
Leider ist es ja auch oft so, dass wir oft schon genervt sind, wenn wir nur an unsere Lieblings-Reizthemen denken.
Bei uns war es das Autofahren. Schon bei dem bloßen Gedanken an das Theater beim Einsteigen bekam ich Magenkribbeln und war schließlich schon total gestresst.
Das merkt der Hund natürlich, dass was nicht stimmt und wird dann noch unsicherer, versucht, uns durch Verlangsamen zu Beschwichtigen, wir werden noch genervter, so entsteht ein Teufelskreis.
Ist das Pinkelthema bei dir auch schon so aufgeladen?
Ärgerst du dich, wenn er pinkelt, dass er nicht überall pinkelt?
Und läuft der Film an, wie es weitergehen soll, wenn es nicht besser wird? Wenn es nie besser wird?
Wird der Hund gescholten, wenn er in fremden Gebieten zwar schnuppert, aber dann doch wieder nicht pinkelt?
Wenn ja entsteht dadurch für euch beide noch mehr Druck.
Diesen Teufelskreis können nur wir Menschen durchbrechen.
Bei uns wurde es besser, als ich gelernt habe, wirklich ruhig zu bleiben und den Druck aus der Sache zu nehmen. Ich muss gestehen, dass das sehr schwer war, aber es hat sich gelohnt.
Nach und nach wurde es besser und besser und heute steigt der Hund gerne ins Auto. Wunderbar!
Meine Empfehlung wäre, dem Hund grundsätzlich mit mehr Verständnis zu begegnen.
Er ist ein Tier und kann nichts dafür.
Wenn er in dir einen ruhigen Fels in der Brandung an seiner Seite hat, wird er sich sicher bald mehr trauen und schließlich auch das Pinkeln.
Bis dahin könnte vielleicht die Umstellung der Taktik helfen, die Sache zu entspannen.
Ich denke, er kann doch mit auf Ausflüge oder ein Turnier, wenn er sich vorher in einer Gassirunde in gewohnter Umgebung gründlich ausgepinkelt hat, oder?
Und für den Notfall könntet ihr eventuell eine Duftprobe seines Urins mitnehmen, (in einem Kotbeutel mit einem Taschentuch Urin auftupfen, Beutel verknoten und bei Bedarf als Schnupperstelle wieder öffnen - vielleicht klappt es dann…)
Alles Gute 🍀