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Kirsten
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Anzahl der Antworten 235
zuletzt 25. Okt.

Häufigere Attacken auf unsichere Hunde

Bei Spaziergängen habe ich nun auch schon mehrere Male Besitzer getroffen, deren Hunde deutlich öfter angegriffen werden, obwohl sie auf allen Kanälen senden, dass sie keine Gefahr sind und doch lieber unsichtbar wären. Wenige Male ist das während meiner Anwesenheit passiert und nicht immer konnte ich den Grund nachvollziehen. Mich interessiert, wo dieses Verhalten herkommt. Mir geht es hier nicht um Erziehung oder bestimmte (Qual-)zuchtmerkmale (wie Brachys, z.B.), deren äußere Merkmale eine schlechte Kommunikation begünstigt, sondern um Hunde mit durchschnittlichem Kopf und normaler Rute. Vielleicht kennt ihr ja tolle Literatur, die sich mit dem Thema befasst oder könnt mitreden, weil ihr einen solchen Hund besitzt, oder vielleicht auch einen, der sich gerne diese Art von Hund herauspickt. Was glaubt ihr, warum gerade diese Hunde häufiger zum Opfer werden? Was bewegt Hunde aggressiv auf deeskalierendes Verhalten zu reagieren? Können da auch gesundheitliche Ursachen hereinspielen, bzw. welche Erfahrungswerte habt ihr diesbezüglich? Hattet ihr vielleicht sogar einen Hund, der erfolgreich aus der Opferrolle herausgewachsen ist? Bitte bleibt fair und freundlich miteinander, ich habe ein hohes Interesse daran, dass übergriffige und respektlose Kommentare gegenüber Forumsmitgliedern entsprechend moderiert werden 😉 Edit: Mir geht es im Kern gar nicht so sehr um den stark eingegrenzten Begriff des Mobbings, sondern warum ein unsicherer Hundetyp scheinbar häufiger attackiert wird, als andere Hunde.
 
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Babs
17. Okt. 08:34
Ich denke, dass manches erlernt ist, aber auch angeboren.

Als ich mit Newton damals in der Welpengruppe war, welche immer wieder mal mit den Rassen variierte, waren an einem Tag bei uns in der Gruppe 3 Bordercollies, 1 Chihuahuahündin und mein Newton als Belgier. Die Welpen waren alle um die 11-12 Wochen alt. Wir ließen die Hunde von der Leine. Folgendes passierte: die 3 Border waren sofort zusammen und jagten sich. Die Chihuahuahündin ging 2 Schritte von ihrem Frauchen weg, blieb aber in ihrer Nähe und Newton setzte sich an den Rand und beobachtete von dort aus. Es dauerte ca. 1 Minute, dann rannten die 3 Border zu der Chihuahuahündin, welche sich schnell zwischen den Beinen ihres Frauchens zurückzog. Die 3 Border rannten um das Frauchen herum, merkten aber schnell, dass an der Chihuahuahündin kein rankommen war und gingen wieder in ihr Jagdspiel über. Nun ging Newton zu der Chihuahuahündin rüber, blieb aber auf Abstand. Nach ca. 2 Minuten kam die Chihuahuahündin aus ihrer sicheren Höhle hervor und es ging ziemlich schnell, dass die Chihuahuahündin und Newton miteinander spielten. Auffällig war, dass sie sich nicht berührten, sondern mehr dieses Spiegelbildspielen machten. Dies erweckte dann bei den Borders wieder Aufmerksamkeit und die kamen wieder angerannt. Newton stellte sich sofort zwischen den Bordercollies und der Chihuahuahündin, welche Zeit hatte, sich wieder in ihre Höhle zurückzuziehen. Die 3 Bordercollies drehten wieder ab und die Chihuahuahündin kam wieder raus. Diese ganze Sequenz dauerte höchstens 7-8 Minuten, dann wurden alle Hunde wieder angeleint.

Ich denke, dass vieles schon in den Hunden von Geburt an steckt. Bei den Bordercollies wird einer Führungsqualitäten gehabt haben und die anderen haben sich dem angeschlossen. Die Chihuahuahündin wird instinktiv gehandelt haben, da es nicht klug ist, sich 3 ankommenden Hunden zu präsentieren. Und Newton, den ich ja nun am Besten kenne, zeigt dieses Verhalten noch heute. Er gehört zu den selbstbewussten Rüden und hat sich noch nie einer Gruppe angeschlossen. Er ist eher der Sheriff und Sozialarbeiter auf dem Platz.

Ich denke, dass alle Hunde in diesen 8 Minuten viel gelernt und Erfahrung gesammelt haben. Leider habe ich keinen Kontakt mehr zu den Anderen. Es wäre interessant mal zu hören, wie sie sich entwickelt haben.

Ich habe das jetzt so objektiv wie möglich geschildert und für die Rassen bin ich nicht verantwortlich. Ob die Rasse eine Rolle spielte, weiß ich nicht. Rein gefühlt würde ich sagen, dass die 3 Bordercollies aufgrund ihrer gemeinsamen Stärke als Gruppe anders waren, als wenn jeder alleine gewesen wäre.
 
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Kirsten
17. Okt. 08:40
Übrigens, ein riesiges Dankeschön an alle die sich bisher beteiligt haben.

Ich freue mich total, wie nett und friedlich die Diskussion hier verläuft 🥰
 
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Ina
17. Okt. 08:53
Aber das erklärt irgendwie nicht, wieso einzelne Hunde von allen gemobbt werden. Würde ja bedeuten, dass alle Hunde mobben gelernt haben. Und wieso mobben Hunde nur diesen einen schwachen Hund und nicht alle schwachen, unterwürfigen Hunde? So ganz verstehe ich das nicht. Ich glaube richtiges mobben findet eigentlich nur in der Gruppe statt oder? Also zwischen zwei Hunden finde ich Mobbing sehr schwer zu definieren. Wenn eine Gruppe einen Hund ausgrenzt und alle auf ihm rumhacken, kann man das irgendwie deutlicher erkennen bzw als Mobbing definieren. Und es gehört ein längerer Zeitraum dazu (also es passiert immer und immer wieder, obwohl die "Fronten" geklärt wären), sowie die Möglichkeit für Gemobbten und Mobber sich aus dem Weg zu gehen. Aber die Mobber gehen immer wieder aktiv auf den Gemobbten zu. Ein Gruppenangriff ist finde ich auch wieder was anderes, als mobben.
In einer Gruppen situation besteht dann noch mal eine ganz andere Dynamik....
Aber grundsätzlich denke ich je unsicherer, unterwürfiger sich ein Hund verhält um so leichter wird er zum Opfer... Wenn er nicht lernt sein Verhalten, seine Körpersprache zu ändern wird es immer "schlimmer" für ihn und die Spirale nach unten setzt sich in Gang.... Noch ängstlicher, noch unsicherer noch leichteres Opfer....
Noch mal ein Beispiel....
Mein Leo, junger Rüde deeskalierend unterwegs, Jedem Streit aus dem Weg gehend.... Eines Tages von einem Schäferhund heftig angegangen, gebissen....obwohl er sich unterwürfig verhalten hat. In dem Moment hatte er scheinbar überhaupt nicht damit gerechnet, hat sich nicht gewehrt.... Aber er hat daraus gelernt.... Danach war er nicht mehr so unterwürfig, hat sich bei Begegnungen mit fremden Hunden " aufgebaut" Stärke signalisiert....
Es ist danach nie wieder zu einem solchen Vorfall gekommen..
Mein Joey, ähnliche Situation, heftig gebissen worden, beim nächsten Zusammen Treffen das gleiche.... Joey hat weiterhin versucht zu deeskalieren und damit die Spirale in Gang gesetzt, Unsicherheit signalisiert und zum Opfer geworden noch heftiger gebissen, und doch hat sich sein Verhalten nicht geändert... Wenn ich ihn nicht geschützt hätte.... 🤷
Tatsächlich lernen wohl die meisten Hunde nach solchen ersten Attacken ihr Verhalten zumindest etwas zu ändern, wenn nicht sind sie das klassische Mobbingopfer...
 
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Dogorama-Mitglied
17. Okt. 08:53
Es "mobben " ja nicht alle, ein souveräner Hund tut das eher nicht, warum auch, er ist sich seiner Stärke bewußt, warum ein anderer das macht....? Warum mobben Schüler einen Klassenkameraden.... Weil sie es können, weil dieser den anderen nichts entgegen zu setzen hat, ein leichtes Opfer ist.....sich nicht wehrt..????
Die aktuelle Forschung legt nahe, dass Mobbing mehr mit den gruppendynamischen Prozessen und sozialen Strukturen zu tun hat, als mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen des Opfers. Es geht darum, wie Machtungleichgewichte und soziale Isolation entstehen, wodurch einzelne Schüler als leichte Ziele wahrgenommen werden. Täter nutzen oft diese Dynamiken aus, unterstützt von der Gruppe, um ihre Macht zu stärken. Es ist also weniger eine Frage der Persönlichkeit des Opfers, sondern vielmehr, wie soziale Interaktionen und Ausschlussprozesse ablaufen.
 
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Ina
17. Okt. 09:07
Die aktuelle Forschung legt nahe, dass Mobbing mehr mit den gruppendynamischen Prozessen und sozialen Strukturen zu tun hat, als mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen des Opfers. Es geht darum, wie Machtungleichgewichte und soziale Isolation entstehen, wodurch einzelne Schüler als leichte Ziele wahrgenommen werden. Täter nutzen oft diese Dynamiken aus, unterstützt von der Gruppe, um ihre Macht zu stärken. Es ist also weniger eine Frage der Persönlichkeit des Opfers, sondern vielmehr, wie soziale Interaktionen und Ausschlussprozesse ablaufen.
Es geht in diesen Fällen immer um Macht Positionen.....
Wo kein Täter ist, ist kein Opfer, aber umgekehrt gilt das gleiche..... Eine Person die schon durch ihren Gang, ihre Gestik ihr ganzes Verhalten Unsicherheit zeigt wird eher zum Opfer als diejenige die aufgerichtet, Selbstbewußtsein, Stärke signalisieren durch die Gegend läuft, Täter suchen sich eine schwache Person als Opfer aus, schon allein um sich selbst nicht zu gefährden....
 
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Dogorama-Mitglied
17. Okt. 09:11
Es geht in diesen Fällen immer um Macht Positionen..... Wo kein Täter ist, ist kein Opfer, aber umgekehrt gilt das gleiche..... Eine Person die schon durch ihren Gang, ihre Gestik ihr ganzes Verhalten Unsicherheit zeigt wird eher zum Opfer als diejenige die aufgerichtet, Selbstbewußtsein, Stärke signalisieren durch die Gegend läuft, Täter suchen sich eine schwache Person als Opfer aus, schon allein um sich selbst nicht zu gefährden....
Mir geht es dabei um den Punkt der Verantwortung. Wenn wir einen Opfertypen benennen und ihm gewisse Eigenschaften zuschreiben, bekommt er auch eine Verantwortung dafür gemobbt zu werden, weil er ja so ist wie er ist. Das finde ich nicht zutreffend. Die Verantwortung für Mobbing liegt letztlich beim Täter. Täter entscheiden sich bewusst dafür, andere zu schikanieren, und sie nutzen Machtstrukturen aus, um Kontrolle über ihre Opfer auszuüben. Die Opfer tragen keine Schuld daran, gemobbt zu werden, unabhängig von ihrer Körpersprache oder ihrem Verhalten. Der Fokus auf den Täter ist entscheidend, weil er die Entscheidung trifft, Gewalt auszuüben – sei es physisch oder psychologisch – und damit die Dynamik des Mobbings überhaupt erst in Gang setzt.
Aus diesem Grund widmet sich die Forschung auch eher aktuell dem Tätertypus und den Strukturen als dem „Opfer“.
 
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Ina
17. Okt. 09:12
Kommt dann noch die Gruppendynamik dazu hat das Opfer kaum noch eine Chance und wird sich aus Angst weiter zurück ziehen....
 
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Babs
17. Okt. 09:15
Mir geht es dabei um den Punkt der Verantwortung. Wenn wir einen Opfertypen benennen und ihm gewisse Eigenschaften zuschreiben, bekommt er auch eine Verantwortung dafür gemobbt zu werden, weil er ja so ist wie er ist. Das finde ich nicht zutreffend. Die Verantwortung für Mobbing liegt letztlich beim Täter. Täter entscheiden sich bewusst dafür, andere zu schikanieren, und sie nutzen Machtstrukturen aus, um Kontrolle über ihre Opfer auszuüben. Die Opfer tragen keine Schuld daran, gemobbt zu werden, unabhängig von ihrer Körpersprache oder ihrem Verhalten. Der Fokus auf den Täter ist entscheidend, weil er die Entscheidung trifft, Gewalt auszuüben – sei es physisch oder psychologisch – und damit die Dynamik des Mobbings überhaupt erst in Gang setzt. Aus diesem Grund widmet sich die Forschung auch eher aktuell dem Tätertypus und den Strukturen als dem „Opfer“.
Die Verantwortung liegt dann aber bei dem Hundeführer denke ich. Der Hund macht ja erst mal aus seiner Sicht alles richtig und folgt seinem Instinkt bzw. dem, was er gelernt hat.
 
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Ina
17. Okt. 09:18
Mir geht es dabei um den Punkt der Verantwortung. Wenn wir einen Opfertypen benennen und ihm gewisse Eigenschaften zuschreiben, bekommt er auch eine Verantwortung dafür gemobbt zu werden, weil er ja so ist wie er ist. Das finde ich nicht zutreffend. Die Verantwortung für Mobbing liegt letztlich beim Täter. Täter entscheiden sich bewusst dafür, andere zu schikanieren, und sie nutzen Machtstrukturen aus, um Kontrolle über ihre Opfer auszuüben. Die Opfer tragen keine Schuld daran, gemobbt zu werden, unabhängig von ihrer Körpersprache oder ihrem Verhalten. Der Fokus auf den Täter ist entscheidend, weil er die Entscheidung trifft, Gewalt auszuüben – sei es physisch oder psychologisch – und damit die Dynamik des Mobbings überhaupt erst in Gang setzt. Aus diesem Grund widmet sich die Forschung auch eher aktuell dem Tätertypus und den Strukturen als dem „Opfer“.
Ich weiß aber nicht inwiefern man beim Hund von Verantwortung reden kann, hier sind doch eher die Instinkte Ausschlag geben, die Verantwortung liegt m. M. nach eindeutig beim Besitzer, Hunden die zum Mobbing neigen Grenzen setzen, und die Opfer stärken bzw schützen....
 
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Dogorama-Mitglied
17. Okt. 09:59
Mir geht es dabei um den Punkt der Verantwortung. Wenn wir einen Opfertypen benennen und ihm gewisse Eigenschaften zuschreiben, bekommt er auch eine Verantwortung dafür gemobbt zu werden, weil er ja so ist wie er ist. Das finde ich nicht zutreffend. Die Verantwortung für Mobbing liegt letztlich beim Täter. Täter entscheiden sich bewusst dafür, andere zu schikanieren, und sie nutzen Machtstrukturen aus, um Kontrolle über ihre Opfer auszuüben. Die Opfer tragen keine Schuld daran, gemobbt zu werden, unabhängig von ihrer Körpersprache oder ihrem Verhalten. Der Fokus auf den Täter ist entscheidend, weil er die Entscheidung trifft, Gewalt auszuüben – sei es physisch oder psychologisch – und damit die Dynamik des Mobbings überhaupt erst in Gang setzt. Aus diesem Grund widmet sich die Forschung auch eher aktuell dem Tätertypus und den Strukturen als dem „Opfer“.
Von Schuld und Verantwortung würde ich sowieso nicht reden, aber zu leugnen, dass es "Opfertypen" gibt ist auch sehr realitätsfremd.
Außerdem nimmt man dem Opfer dadurch auch jegliche Kontrolle über die Situation. Das finde ich so auch nicht richtig.
Natürlich kann man über sein eigenes Verhalten das Risiko senken oder erhöhen ein Mobbingopfer zu werden. Auch das Risiko häusliche Gewalt zu erfahren usw.
Ob man Opfer bleibt oder nicht liegt leider oft in der Hand des Opfers, da man an die Täter nicht ran kommt.

Ich wurde ziemlich heftig von meiner Chefin gemobbt -> Burnout, Therapie, Arbeitsunfähigkeit für ein Jahr.
Klar ist meine ehemalige Chefin Schuld.
Aber meine Rolle in der Situation zu leugnen wäre doch für mich komplett kontraproduktiv und würde mich ins offene Messer laufen lassen, wenn ich auf den nächsten Mobbertyp treffe, weil "es ja nicht an mir liegt".
Letztendlich kann nur ich mich durch mein Verhalten davor schützen wieder Opfer zu werden. Meine Chefin hatte 7 Mitarbeiter zur Auswahl, es ist kein Zufall, dass es mich am schlimmsten erwischt hat. Sie hat es bei allen versucht.

Fun fact: 90% der Reaktivität und der Probleme meines Hundes liegen an meinen Opfertyp Eigenschaften. Einen besseren Spiegel gibt es nicht.