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Dogorama-Mitglied
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zuletzt 18. Okt.

HSH abgeben?

Hallo, ich hätte nie gedacht, dass ich sowas mal schreibe, aber ich überlege gerade stark, meinen Hund wegzugeben. Er ist ca 1,5 Jahre alt und ein Herdenschutzhundmix. Bei Adoption war uns das nicht klar, aber ich habe auch immer darauf vertraut, dass das Individuum zählt, nicht die Rasse. Das Thema Herdenschutzhund habe ich damit komplett ausgeblendet/verdrängt und wir hatten ein sehr anstrengendes erstes Jahr. Ich bin psychisch nicht wirklich belastbar und gerade ist mir alles zu viel. Die Probleme vorher waren, dass er nicht zur Ruhe kommen kann und Zuhause alles kaputt macht. Die Spaziergänge waren entspannt, da er alle Hunde liebte und Menschen ihm eher egal waren. Das hat sich komplett gedreht. Zuhause schläft er jetzt viel und zerstört nichts mehr. Aber jetzt fängt er gerade an, immer aggressiver auf Menschen in unserer Umgebung zu reagieren. Innerhalb eines Monats wurde es immer schlimmer, sodass ich abends nur noch mit Maulkorb rausgehe und vor jedem Spaziergang hier in der Gegend Angst habe. Wenn wir weiter wegfahren, ist es wesentlich entspannter. Nach allem, was ich jetzt gelesen habe, ist das eigentlich nicht unbedingt Problemverhalten, sondern das rassetypische Normalverhalten, das sich jetzt langsam entwickelt? Die Aussicht darauf, dass es nicht wegtrainierbar ist, sondern ab jetzt so bleibt oder sogar noch mehr wird, macht mich komplett fertig. Ich gehe gerade nur noch spazieren, lege mich dazwischen ins Bett und warte auf den nächsten Spaziergang. Ich kann wegen ihm nicht arbeiten, da er nicht lang allein bleiben kann und ich ihn so auch nicht mitnehmen kann. Wenn so die nächsten Jahre aussehen, gehe ich daran kaputt. Außerdem merke ich, dass mir mein eigener Hund immer fremder wird, wir keinen Draht zueinander haben und ich ihn oft nicht mal mehr mag. Andersherum glaube ich auch, dass er mich nicht besonders mag. er kann nirgendwo mehr freilaufen, da ich nicht weiß, ob er einen plötzlich auftauchenden Menschen angreifen würde. Und Garten haben wir leider auch nicht. Ich habe immer Leute verurteilt, die einen Hund weggeben. Jetzt weiß ich nicht, ob ich es schaffe, ihn zu behalten. Habt ihr auch Herdenschutzhunde und wenn ja, wie hat sich das bei denen beim Erwachsenwerden entwickelt? Können eure HSH freilaufen? Kann man mit Training hinbekommen, dass der Hund zuverlässig nicht beißt? Oder muss man immer auf Abstand bleiben? Hier begegnen uns sehr viele Menschen, wir wohnen am Stadtrand und jede Runde in seinem Revier ist ein ständiges ausweichen und Hund festhalten.. Ihr könnt mich gerne dafür verurteilen, tue ich selbst am meisten. Aber falls jemand irgendwelche hilfreichen Gedanken dazu hat, wäre das natürlich noch schöner. Verzweifelte Grüße..
 
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Sabine
15. Okt. 12:37
Hallo, erstmal vielen Dank für die ganzen lieben Kommentare 💚 Ich bin etwas überflutet und versuche mal, alles zu beantworten. Also der Tierschutzverein hat uns den Hund mit ca. 6 Monaten vermittelt. Eine Freundin meinte, er sieht aus wie ein Kangal, daraufhin haben wir gefragt, ob das sein kann und sie meinten, eigentlich nicht, da es dort keine Kangals gibt in der Gegend. Aber um fair zu sein, wir hätten ihn trotzdem genommen, weil ich wie gesagt das Thema HSH total unterschätzt habe. Bei der Vermittlung habe ich noch mit meinem Freund und zwei anderen Menschen in einem Einfamilienhaus mit großem Garten gewohnt. Nach einer Trennung wohne ich nun allein mit dem Hund in einer 2 Zimmerwohnung in einem eher grünen, eher ruhigen Stadtviertel. Aber dennoch gibt es hier halt einfach sehr viele Menschen und Hunde, an denen man vorbei muss und die auch mal überraschend um eine Ecke biegen. Unser Tagesablauf sieht so aus: Morgenrunde ca. 45 - 60 Minuten, aber sehr kurze Strecke. Hier kann er viel schnüffeln und wenn keiner da ist, spielen wir auf der Wiese. Dann sind wir ca. 4 Stunden Zuhause, manchmal gibt es zwischendurch eine Spieleinheit oder eine Schnüffelaufgabe. Mittagsrunde ist dann zwischen 1 und 2 Stunden. Jetzt erstmal nur noch im Wald (mit dem Auto schnell erreichbar), da es im Park zu viele Menschen und Hunde gibt. Dann sind wir wieder zuhause. In der Zeit übe ich ab und zu allein sein, bisher max. 1 Stunde (kann ich aber vll ausbauen). Am Nachmittag spielen wir nochmal oder es gibt mal einen Kong oder so. Streicheleinheiten immer mal zwischendurch, manchmal von mir aus, manchmal von ihm aus. Die Abendrunde ist dann 20 - 30 Minuten mit Maulkorb. Zusätzlich passieren Dinge wie Besuch, Ausflüge zum Wandern, Hundeschulkurs mal ausprobiert, Treffen mit befreundeten Hunden, bis vor zwei Monaten auch ein Tag in der Arbeit pro Woche. Vieles davon mache ich gerade nicht mehr, da ich Angst habe, dass auf dem Wanderweg zu viel los ist, dass der Besuch vll stressig wird usw. Was mich eben so belastet ist die Aussicht, dass es erst der Anfang ist und eher noch schlimmer wird, obwohl ich schon alles gegeben habe. Aber und dafür wirklich danke, einige Kommentare haben mir auch Mut gemacht. Es ist sehr schön zu hören, dass es Hunde gibt, die ähnlich waren und mit Training dann sogar wieder freilaufen konnten! Ich hab am Samstag meinen ersten Termin bei der neuen Trainerin (die auch im Tierheim viel mit HSH arbeitet) und selbst wenn ich mich doch noch zur Abgabe entscheide, will ich bis dahin so viel wie möglich verbessern für mich und auch ihre Chancen zu verbessern. Der Gedanke, ihn für ein zwei Wochen in eine Betreuung zu geben klingt paradiesisch. Leider können aber die Leute, die ich als Unterstützung hätte, mit ihrer Art gerade nicht umgehen (was ich sehr verstehe). Zweimal pro Woche ist er bei meinem Ex Partner und manchmal auch über Nacht. Ich versuche erstmal nicht ganz pessimistisch zu sein und einfach zu sehen, was das neue Training vielleicht verändern kann. Falls ich was vergessen habe, fragt gern nach. Nochmal vielen Dank! Und die ganzen privaten Nachrichten beantworte ich natürlich auch noch, aber es ist etwas überwältigend, wie viele Menschen unterstützen!
Zeigt er eigentlich identisches Verhalten, wenn er bei deinem Ex-Freund ist?
 
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Sonja
15. Okt. 12:54
Danke, dass du das mit uns teilst. Und vor allem schön, dass du direkt einen Termin mit einer Hundetrainerin hast. Es wäre wichtig, dass dein Ex-Partner, sollte er dieselben Baustellen mit dem Hund haben, auch mit an einem Strang zieht. Sonst ist das Training, was du am Ende investierst für die Katz. Ich denke, dass das Kernproblem in deiner Unsicherheit/ Angst liegt. Wenn du den Hund problemlos gehalten kriegst, versuche das auch unbedingt bei dir zu lösen, sprich am Mindset zu arbeiten. Wirke Gedanken „ohh schon wieder ein Hund, oh nein da kommt jemand, hoffentlich treffe ich keinen“ entgegen. Versuche mal alles im Kopf umzudrehen. Positive Gedanken und die am besten schon vor dem Spaziergang. Meditiere, mache für dich Ruheübungen, Sport, Yoga, was auch immer aber starte innerlich ruhig und bestimmt. Und wenn du merkst, dass du im Kopf abdriftest, nicht schlimm aber lenke sie bewusst um. Angst ist ein schlechter Ratgeber. Du darfst Respekt vor Situationen haben aber Angst ist für euch beide nicht gut. Daran wird aber die Hundetrainerin auch arbeiten. Sobald die erste kleinen Erfolgserlebnisse kommen, kommt vieles innerlich von alleine. ✨
Was der Ex-Partner mit dem Hund macht, ist zwar nicht völlig egal, aber da Hunde kontextbezogen lernen, muss er nicht unbedingt an einem Strang ziehen.
 
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Ulrike
15. Okt. 12:57
Was der Ex-Partner mit dem Hund macht, ist zwar nicht völlig egal, aber da Hunde kontextbezogen lernen, muss er nicht unbedingt an einem Strang ziehen.
Trotzdem kann das Verhalten des Hundes beim Ex Partner aufschlussreich sein. Im Hinblick darauf wo das Problem in der Beziehung zu Sarah liegt.
 
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Pauline
15. Okt. 13:11
Wir hatten einen Herdenschutzhund aus dem Tierschutz. Sie war zu allen Menschen super freundlich. Hatte nur Probleme mit fremden Hunden, das war aber gut zu handeln. Wenn ein fremder Hund in Sicht war, wurde sie angeleint, dann war es kein Problem. Sie hat fremde Menschen sehr genau beobachtet, aber niemals Aggressionen gezeigt. Im Ernstfall hätte sie mich verteidigt. Ich würde dir zu einem guten Hundetrainer raten.
 
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Celine
15. Okt. 13:21
Was der Ex-Partner mit dem Hund macht, ist zwar nicht völlig egal, aber da Hunde kontextbezogen lernen, muss er nicht unbedingt an einem Strang ziehen.
Doch das wäre hilfreich. Das ist ein Hund mit Baustellen und alle die mit dem Hund gassi gehen oder über Nacht haben, sollten an einem Strang ziehen.

Wenn die Dobermannhündin immer wieder vom Halter zurückkam, warf mich das auch immer wieder zurück.
Unabhängig von der Dobermannhündin hatte ich auch Hunde, wo ich gewisse Regeln und Rituale einhalten sollte. Meiner Erfahrung nach hilft es eine gewisse Sicherheit und Konsequenz zu schaffen, wenn alle an einem Strang ziehen.
 
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Jas Men
15. Okt. 21:56
Meine Erfahrung mit zwei Lieben gleicher Rasse (gleicher Züchter, Umfeld und Sozialisierung ähnlich) ist folgende.
Ja es gibt rassenspezifische Verhaltensweisen, daher gibt es ja die Rassen, aber es sind dennoch eigene Charaktere. Eddie ist viel schwieriger in der Erziehung (und viel sturer), was z. B. fremde Menschen und Hunde angeht, als es der erste war. Den ersten hätte jeder mitnehmen können, der wäre einfach so mit jedem mitgegangen, und Hunde waren iwie ne Nebensache, dafür war er halt in der Wohnung echt schwierig, was Möbel und Schuhe angeht + verfressen. Bei Eddie ist es fast umgekehrt, Wohnung und Fressen 👍, Anfassen von fremden Menschen geht erst, nachdem die nicht mehr Fremd sind, und das kann daaauuuern. Und es wurde bei beiden gut trainiert, nur diese Punkte erfordern immer noch Management.
Man weiß ja nicht immer im Voraus, welche Baustellen auf einen zukommen, wie intensiv diese sind und wie lange man fürs Wegtrainieren braucht. Und man weiß erst recht nicht, ob man dem gewachsen ist. Klar kennt man die rassenspezifischen Verhaltensweisen und Anforderungen, ein Rotweiler braucht halt ein paar km mehr Auslauf als ein Malteser usw., aber es bleiben halt auch eigene Charaktere.

Natürlich hatte/habe ich auch Situationen, wo ich mit Eddie überfordert war/bin, und von ihm und mir enttäuscht war/bin, aber zuhause und spätestens am nächsten Morgen sieht die Welt anders aus, zumindest nicht so schlimm, wie am Tag davor. Aber wenn es soweit ist, dass man den Lieben, auch am nächsten Morgen nicht ’mehr mag‘, dann ist es glaube ich schon deinerseits (innerlich) entschieden und es sollte ein neues Zuhause für ihn gefunden werden. Wie in einem andern Beitrag geschrieben, es kann Gründe geben, den Lieben abgeben zu müssen, aber es gibt keine Gründe dafür, ein schlechter Halter zu werden. Das meine ich nicht angreifend, da du ja genau das vermeiden möchtest, spricht ja für dich, und solange er noch jung ist, kann er besser vermittelt werden.

Aber eine Einschätzung von ner Fachfrau/Fachmann bist du ihm glaube ich dennoch schuldig, also jemand, der dich, dein Umfeld und ihn einschätzen kann und dir eine realistische Prognose geben kann, wie und was du zu erwarten hast, danach kannst du ja entscheiden. Denke, dass du danach auch besser mit der Entscheidung leben kannst, egal wie du dich entscheidest.

Finde auch, dass hier sehr viele gute Informationen geteilt wurden, an die du anknüpfen kannst.

Jedenfalls alles Gute für euch beide.
 
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Sonja
15. Okt. 22:19
Doch das wäre hilfreich. Das ist ein Hund mit Baustellen und alle die mit dem Hund gassi gehen oder über Nacht haben, sollten an einem Strang ziehen. Wenn die Dobermannhündin immer wieder vom Halter zurückkam, warf mich das auch immer wieder zurück. Unabhängig von der Dobermannhündin hatte ich auch Hunde, wo ich gewisse Regeln und Rituale einhalten sollte. Meiner Erfahrung nach hilft es eine gewisse Sicherheit und Konsequenz zu schaffen, wenn alle an einem Strang ziehen.
Gegen "hilfreich" habe ich nichts gesagt. Es ist nur nicht absolut notwendig.
Da es ein Expartner ist, kann es unnötigerweise enormen Druck aufbauen, wenn man sagt, dass es "wichtig" ist und "das Training sonst für die Katz" ist.
 
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Adda
16. Okt. 19:34
ich kenne das Gefühl einen Hund weg zu geben, und wüsste ich nicht das es "Amy" gut geht, hätte ich sie vlt. auch nicht her gegeben.
allerdings hatte die damals 8 jährige Rüdin* so viele Macken das sich mein Hund Rais, alles schlechte von ihr abgekuckt und nachgemacht hat. Nichts desto trotz bin ich aller müh' nicht mit ihr klar gekommen und gab sie zum Tierschutz zurück....jetzt lebt sie bei einer durch sie kennen gelernten Person in meiner Nachbarschaft. sie ist ein dobermann labrador mix, hmm das hätte besser weiter oben platz gefunden 😁
im grunde wollte ich nur sagen daß ich deinen Schmerz kenne und ich jede Entscheidung von dir akzeptiere und respektiere... Gruß Danny & Rais
 
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Sebbi
16. Okt. 21:06
Ich würde mir ganz klar einen Trainer zum Einzeltraining vor Ort hinzuziehen, der kann euch helfen. Du solltest nicht dein ganzes Leben auf Eis legen, das tut dir und damit deinem Hund sowie eurer Beziehung nicht gut, wie du selber schon merkst. Kopf hoch! Ihr könnt das zusammen schaffen!
Na wenn das so einfach wäre….
Nicht jeder, der sich Tier oder Hundetrainer (Nicht geschützter Titel) nennt, taugt auch wirklich als solches.
Es gibt hier einige Threads zum Thema „Trainer“, die Erfahrungen von vielen HH darstellen.
Den richtigen Trainer zu finden gleicht einer Lotterie.
 
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Claudia
17. Okt. 07:38
Warum bittest du nicht Martin Rütter und sein Team um Hilfe ??