Zuerst:
Entschuldige bitte den überlangen Text, aber ich war/bin von eurer Situation sehr ergriffen😔
Meinem Freund und mir sind die Tränen gekommen, schon beim Gedanken an die 2 und deiner hilflosen, verständlich überforderten Tochter kommt die Gänsehaut. Hut ab wie sie reagiert hat, wirklich (dass sie dem anderen vorerst verziehen hat). Direkt Beileid zu wünschen verkneife ich mir, weil es jeder schon aus Anstand sagt. Ich finde dafür lieber eigene Worte. Wie geht's deiner Tochter überhaupt? Ihre Gefühle sind mindestens genauso wichtig, wie die von dem Mischling. Ich kann mir in keinster Weise und nicht mal annähernd vorstellen wie ich an ihrer Stelle reagiert hätte. Aktuell durchlebt sie wahrscheinlich eine gewisse Ohnmacht, wenn nicht sogar Depression-durchaus verständlich. Das wird dann auch daran liegen, dass sie noch unter Schock steht und ihr Geist die Situation vom Rest trennt, weil sie es aktuell gefühlsmäßig gar nicht verarbeiten kann. Ich stimme den Anderen zu und würde ein Blutbild u/o Wesenstest machen und evtl. eine Hundeschule, zumindest aber professionelle Hilfe suchen, um euch wieder anzunähern und wieder ein gewisses Maß an Vertrauen aufzubauen.
Ich weiß nicht wie gut man so eine Situation selbst bewältigen könnte, zumal man diese bestimmt noch nicht mal ansatzweise durchlebt hat. Ein Hund ist immer noch ein wildes Tier, dass vergessen wir Menschen leider schnell, wenn uns diese lieben Augen angucken. Wir bestimmen mit wem sie Kontakt haben, wann sie fressen, was sie fressen, wann sie zu ruhen haben und was sie dürfen oder nicht. Leider kommt so eine Reaktion in seltenen Fällen auch in der Natur, ihrem Rudel, vor. Auch, wenn sonst die Erhaltung des Rudels an 1.Stelle steht. Hunde denken nicht wie wir Menschen im voraus und auch nicht daran, dass ein anderer Hund sterben und was das für Auswirkungen haben könnte. Wenn da ein Knochen lag, ging es bestimmt um Futterneid oder die Rolle wer ihn haben darf, wer der Alpha ist. Wenn der Mischling ein Straßenhund ist, weiß man leider nie was er durchlebt hat, was ihn in diesem Moment getriggert haben könnte. Da kommt dann das, eigentlich wilde, Tier durch. Ich glaube nicht, dass man solche Instinkte zu 100% weg trainieren kann, eine gewisse Gefahr bleibt immer, egal wie süß der Hund aussieht und wie toll er sich immer benimmt. Wir Menschen können bei Stress auch von jetzt auf gleich unsere gute Erziehung vergessen und uns dementsprechend scheiße benehmen. Wie du geschrieben hast, tat es dem Mischling sichtlich leid. Er wird die Trauer und Abneigung deiner Tochter leider auch bis in die letzte Zelle seines Körpers spüren, das ist schon Strafe genug für ihn. Immerhin ist er ein Rudeltier und darf nun nicht mehr dazugehören. Was absolut kein Vorwurf gegenüber euch sein soll, weil ich glaube, dass wir alle so gehandelt hätten. Der Hund weiß ja auch gar nicht mehr warum man überhaupt sauer ist, warum er verstoßen wird. Er weiß nur, dass ihm sein bester Freund fehlt und wird dadurch auch nochmal etwas mehr leiden. Ich würde ihn auf keinen Fall einschläfern lassen, sowas finde ich immer ganz schlimm, wenn Hunde zum 1.Mal gebissen haben. Natürlich wirst und musst du nun immer im Hinterkopf haben, dass er so reagieren kann und evtl. mal auf ein Kind losgehen könnte. Da würde ich draußen, bzw ohne Leine, vorerst einen Maulkorb nutzen, bis ihr wisst, ob es eine organische Sache war und wie es nun weitergeht. Kann ja sein, dass er irgendwo Schmerzen hat, jemand dran kommt und er dann wieder schnappt. Ich wäre deiner Tochter auch nicht böse, wenn sie ihn abgeben würde. Einmal, weil jeder Anblick aufs Neue schmerzt, weil das Vertrauen zu tief erschüttert ist und es ihm mit der emotionalen Situation ("verstoßen" zu werden) bestimmt auch nicht gut geht. Und einmal, um deine Tochter selbst zu schützen, weil sie in eine tiefe Depression fallen könnte. Bereits jetzt wird jeder Tag an ihr zerren, weil sie nicht weiter weiß. Immerhin hat man sich damals für den Hund entschieden und sollte nicht gleich auf- oder ihn abgeben, wenn es mal schwierig wird. Nur ist dies gerade keine schwierige Situation, die man mal so eben behandeln kann. Der Schaden sitzt viel, viel tiefer. Bei beiden. Stell dir mal vor sie bekommt irgendwann Angst vor ihm und er nutzt die Situation aus, um sich ihr gegenüber als Alpha zu etablieren. Oder merkt generell, dass er ohne Führung lebt-ich glaube, dass sich Hunde damit nicht ganz so wohl fühlen. Wir würden uns als Obdachloser, 20 Jahre alt, für den Rest unseres Lebens auf der Straße lebend auch ganz schrecklich alleine fühlen. Ich stelle mir vor, dass sich ein verstoßener Hund nicht viel anders fühlen wird und schon der Gedanke daran, dass es sowas überhaupt gibt, bricht mir das Herz. Ebenso der Gedanke an deiner traumatisierten Tochter. Im Tierheim fühlen sich Hunde garantiert auch nicht wohl, auch wenn dort viele Artgenossen leben. Aber dieses Leben kannten sie bis dahin nicht. Sie sind unter schlimmen Umständen geboren und mussten so eine zeitlang überleben, bis jemand sie in seinem warmen, geborgenen Zuhause aufgenommen hat. Dann hat der Hund durch seine Vergangenheit nur schwer Vertrauen aufgebaut und nun muss er wieder zurück. zwar nicht mehr auf die Straße, aber zurück in ein neues, anderes Leben. Ohne ein warmes Bett und ohne eine liebevolle Hand, zu der er vorher immer gehen konnte.
So oder so ist eure Entscheidung in anderen Augen eh immer falsch. Man muss so eine Situation immer einzeln betrachten, die kann man nicht verallgemeinern, weil jeder Hund und jeder Mensch trotz allen Gemeinsamkeiten dennoch sehr unterschiedlich und einzigartig sind. Im Endeffekt könnt nur ihr alleine wissen und entscheiden was euch gut tut, was nicht und was das Beste für jeden wäre. Leider kann der Hund sich dazu nicht äußern. Ihr werdet nie zu 100% wissen, ob es ein einmaliger Vorfall war, ob er auch bei einem Menschen so reagieren würde/könnte und was das alles ausgelöst haben könnte, um es zukünftig zu vermeiden. Deine Tochter sollte sich, sofern sie das durch ihren Schmerz überhaupt noch kann oder möchte, auf keinen Fall den gleichen Hund zulegen. Die Rasse ja, aber nicht die gleiche Farbe oder sehr ähnliches Aussehen, weil sie den neuen Hund dann immer unterbewusst und indirekt am vorherigen messen und vergleichen wird, was der Neue niemals nicht erfüllen könnte. Selbst ich, die vorher einen Bernersenne und nun einen Labbi hat, zwei doch sehr unterschiedliche Rassen und Farben, vergleiche manche Situationen und Charakterzüge miteinander. Das ist halt einfach so in uns drin. Und es könnte sein, dass ein sehr ähnlicher Hund immer wieder die Wunden aufreißt, obwohl er dafür gar nichts kann. Er wird dann auch verstärkt mit dem innerlichen Stress und Trauer deiner Tochter aufwachsen und spüren, dass irgendetwas ist. Im schlimmsten Fall erträgt sie den Schmerz nicht und muss sich vom neuen Hund trennen, um sich selbst und ihre Psyche zu retten. Müsste sie es machen, wird ihr Schmerz und Druck noch erhöht, weil sie ein Lebewesen weiter reichen muss, obwohl sie sowas nie machen wollte/könnte. Es ist halt alles eine sehr, sehr schwierige Situation für euch. Ich würde dir raten professionelle Hilfe zu suchen, um deine Gedanken und Fragen loszuwerden und dann irgendwann entscheiden zu können. Die sind Profis und haben in solchen Situationen Erfahrungen und Tipps und wissen worauf es ankommt, worauf du achten müsstest, wie du dich später fühlen könntest, was das Beste für deinen Mischling wäre und, und, und. Ich würde aber zeitig jemanden aufsuchen, bevor sich Tochter und Hund mit jedem Tag weiter voneinander entfernen, das Vertrauen und die Liebe verlieren und jeder durch den Verstoß still für sich leidet.
Ich wünsche euch das Beste, egal wie ihr euch entscheidet, ihr schafft das!❤