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Jörg
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zuletzt 12. Juli

Aggression beim Hund.

Nur mal so für die Menschen die immer schreiben das es immer am Halter liegt wenn ein Hund Aggression zeigt. https://youtube.com/shorts/-ZKH5FgyxjE?si=-1TvRrOs3h6rjmCN Was sagt ihr dazu und welcher Meinung habt ihr zu dem Thema Agresion. Das ganze ist ein schwieriges Thema daher bitte bleibt freundlich.
 
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Jörg
28. Juni 13:08
Impulskontrolle dient ja dazu einen Impuls zu unterdrücken Ob der Impuls Flucht oder Kampf ist, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Darunter auch die Genetik des Hundes. Bsp die Rasse meines Hundes ist darauf selektiert in fight zu gehen und nicht in flight. Das heißt aber nicht, dass die Hunde unkontrollierbar aggressiv sind. Dennoch ist ihr erster Impuls, ihre erste Reaktion auf eine bedrohliche Situation fight. Das muss man natürlich lenken und kontrollieren können. Durch positive Erfahrungen, Sozialisierung, Erziehung und Training. Der Impuls wird aber immer fight bleiben, außer der Hund wird traumatisiert und misshandelt usw aber in diese Extremen müssen wir nicht gehen. Und dann gibt es natürlich auch immer Ausreißer, die wären dann aber nicht Rassestandard und würden nicht zur weiteren Zucht eingesetzt werden.
Viele Tiere reagieren in einer Bedrohlichen Situation der sie sich nicht entziehen können mit Fight. Ob sie dieses dann auch tun wenn dies nicht nötig ist sehr unwahrscheinlich. Ja deine Rasse wurde für den Schutz seiner Herde gezüchtet die Frage ist jetzt was macht dein Hund wenn seine Herde nicht da ist. Meinst du er würde den Fight riskieren oder doch eher flüchten?
 
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Michi
28. Juni 13:26
Da möchte ich mal Joe , Julia und einigen Anderen unbedingt recht geben. Es lassen sich sehr wohl bestimmte Charaktereigenschaften oder Anlagen gezielt in eine Rasse rein oder auch rauszüchten.
Ob man das nun Aggressivität oder irgendwie anders nennt, das ist ein umgangssprachliches Problem.
Sehen wir mal den Jagdterrier. Da ist eine Schärfe reingezüchtet, die für Otto Normalverbraucher nicht händelbar ist.
Es lassen sich sämtliche gute und schlechte Anlagen in einer Zucht etablieren.
 
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Jörg
28. Juni 13:32
Da möchte ich mal Joe , Julia und einigen Anderen unbedingt recht geben. Es lassen sich sehr wohl bestimmte Charaktereigenschaften oder Anlagen gezielt in eine Rasse rein oder auch rauszüchten. Ob man das nun Aggressivität oder irgendwie anders nennt, das ist ein umgangssprachliches Problem. Sehen wir mal den Jagdterrier. Da ist eine Schärfe reingezüchtet, die für Otto Normalverbraucher nicht händelbar ist. Es lassen sich sämtliche gute und schlechte Anlagen in einer Zucht etablieren.
Ich habe ja auch geschrieben das Anlagen bei einer Zucht eine Rolle spielen. Nur ob diese Anlagen zum tragen kommen ist doch etwas ganz anderes.
 
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SandrA
28. Juni 13:49
Ich habe ja auch geschrieben das Anlagen bei einer Zucht eine Rolle spielen. Nur ob diese Anlagen zum tragen kommen ist doch etwas ganz anderes.
Vielleicht liegt ja genau hier die Gemeinsamkeit dieser Diskussion:
Verhalten ist nie rein genetisch, nie rein gelernt – sondern entsteht immer im Zusammenspiel von Anlage und Umwelt.

Züchterische Selektion kann gezielt bestimmte Anlagen fördern.
Im besten Fall solche, die Führbarkeit, Belastbarkeit und soziale Anpassungsfähigkeit begünstigen.
Im schlimmsten Fall aber werden Reizoffenheit, geringe Impulskontrolle oder niedrige Hemmschwellen weitervererbt – weil sie spektakulär wirken oder als „leistungsfähig“ gelten.

Dann ist das Risiko nicht nur individuell erhöht – sondern auch gesellschaftlich.

Zucht trägt deshalb eine enorme Verantwortung: Sie entscheidet mit, ob ein Hund überhaupt die Chance hat, stabil in unserer Umwelt klarzukommen.
Gleichzeitig tragen auch Halter*innen Verantwortung für die Wahl des Hundes und für den Umgang mit dessen Anlagen.
Wer weiß, was er sich da ins Haus holt, hat oft schon die halbe Miete.

Wer über Aggression spricht, sollte also beides mitdenken:
Zucht kann Risiken minimieren oder sie verschärfen.
Haltung kann Potenziale entfalten, aber nicht alles kompensieren.
 
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Jörg
28. Juni 14:04
Vielleicht liegt ja genau hier die Gemeinsamkeit dieser Diskussion: Verhalten ist nie rein genetisch, nie rein gelernt – sondern entsteht immer im Zusammenspiel von Anlage und Umwelt. Züchterische Selektion kann gezielt bestimmte Anlagen fördern. Im besten Fall solche, die Führbarkeit, Belastbarkeit und soziale Anpassungsfähigkeit begünstigen. Im schlimmsten Fall aber werden Reizoffenheit, geringe Impulskontrolle oder niedrige Hemmschwellen weitervererbt – weil sie spektakulär wirken oder als „leistungsfähig“ gelten. Dann ist das Risiko nicht nur individuell erhöht – sondern auch gesellschaftlich. Zucht trägt deshalb eine enorme Verantwortung: Sie entscheidet mit, ob ein Hund überhaupt die Chance hat, stabil in unserer Umwelt klarzukommen. Gleichzeitig tragen auch Halter*innen Verantwortung für die Wahl des Hundes und für den Umgang mit dessen Anlagen. Wer weiß, was er sich da ins Haus holt, hat oft schon die halbe Miete. Wer über Aggression spricht, sollte also beides mitdenken: Zucht kann Risiken minimieren oder sie verschärfen. Haltung kann Potenziale entfalten, aber nicht alles kompensieren.
Dem kann ich im großen und ganzen nicht wieder sprechen. Und will ich auch nicht. Aber ich halte es jetzt auch nicht unbedingt richtig alles der Zucht zu rechnen zu können. Die einen sagen es ist ein verhaltens auffälliger Hund der nächste sagt das ist ein Reaktiver Hund. Der eine Trainer nennt es ein Verhalten der nächste Trenner nennt es eine Reaktion. Was ist da jetzt richtig oder falsch? Der eine sagt es liegt an den Gehenen der nächste sagt es liegt am Charakter usw. . Wie können wir da auf einen Nenner kommen?
 
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Julia 🐾Nero
28. Juni 14:05
Viele Tiere reagieren in einer Bedrohlichen Situation der sie sich nicht entziehen können mit Fight. Ob sie dieses dann auch tun wenn dies nicht nötig ist sehr unwahrscheinlich. Ja deine Rasse wurde für den Schutz seiner Herde gezüchtet die Frage ist jetzt was macht dein Hund wenn seine Herde nicht da ist. Meinst du er würde den Fight riskieren oder doch eher flüchten?
Mein Hund wurde explizit für Polizei, Militär und Grenzschutz gezüchtet und ist leider kein Allrounder, wie der Deutsche Schäfi.

Beim Osteuropäischen Schäferhund wurde auch auf ein "geschlossenes" Wesen hin selektiert, während beim deutschen Schäferhund auf ein offenes, aufgeschlossenes Wesen geachtet wird.

Um den Job machen zu können ohne daran zu zerbrechen oder dazu dauerhaft durch Druck gezwungen zu werden, muss der Hund eine "natürliche" Konflikt und Aggressions-bereitschaft mitbringen. Um es mal blöd auszurudrücken, er muss es wollen und nicht nur "müssen".
Das ist ja das schöne und das gefährliche an Zucht.
Wir können Hunde schaffen, die das tun wollen, was wir von ihnen brauchen.

Natürlich kann mein Hund auch fliehen, aber die Wahrscheinlichkeit ist niedriger als bei einer Rasse, die darauf selektiert wurde möglichst wenig Bereitschaft und "Lust" an der Auseinandersetzung mitzubringen.
 
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Takumi
28. Juni 14:06
Vielleicht liegt ja genau hier die Gemeinsamkeit dieser Diskussion: Verhalten ist nie rein genetisch, nie rein gelernt – sondern entsteht immer im Zusammenspiel von Anlage und Umwelt. Züchterische Selektion kann gezielt bestimmte Anlagen fördern. Im besten Fall solche, die Führbarkeit, Belastbarkeit und soziale Anpassungsfähigkeit begünstigen. Im schlimmsten Fall aber werden Reizoffenheit, geringe Impulskontrolle oder niedrige Hemmschwellen weitervererbt – weil sie spektakulär wirken oder als „leistungsfähig“ gelten. Dann ist das Risiko nicht nur individuell erhöht – sondern auch gesellschaftlich. Zucht trägt deshalb eine enorme Verantwortung: Sie entscheidet mit, ob ein Hund überhaupt die Chance hat, stabil in unserer Umwelt klarzukommen. Gleichzeitig tragen auch Halter*innen Verantwortung für die Wahl des Hundes und für den Umgang mit dessen Anlagen. Wer weiß, was er sich da ins Haus holt, hat oft schon die halbe Miete. Wer über Aggression spricht, sollte also beides mitdenken: Zucht kann Risiken minimieren oder sie verschärfen. Haltung kann Potenziale entfalten, aber nicht alles kompensieren.
Ziemlich gut lt. meiner Definition auf dem Punkt gebracht 👍
 
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Julia 🐾Nero
28. Juni 14:18
Dem kann ich im großen und ganzen nicht wieder sprechen. Und will ich auch nicht. Aber ich halte es jetzt auch nicht unbedingt richtig alles der Zucht zu rechnen zu können. Die einen sagen es ist ein verhaltens auffälliger Hund der nächste sagt das ist ein Reaktiver Hund. Der eine Trainer nennt es ein Verhalten der nächste Trenner nennt es eine Reaktion. Was ist da jetzt richtig oder falsch? Der eine sagt es liegt an den Gehenen der nächste sagt es liegt am Charakter usw. . Wie können wir da auf einen Nenner kommen?
Es wird ja noch komplizierter, weil Verhalten ja immer Kontextbezogen ist.

Ein Verhalten kann in einer Situation normal und produktiv angesehen werden und in einem anderen Kontext als unnromal und auffällig.

Daher warnt man ja auch davor, spezialisierte Hunde in der falschen Umgebung zu halten.
Verhält sich der Kangal in der Stadt auffällig oder ist seine Umgebung einfach falsch.

Ich würde nie der Genetik alles in die Schuhe schieben. Was man aus der Genetik macht liegt am Menschen. Wir setzten unsere Hunde dem aus, womit sie klar kommen müssen.

Genetik kann sich unter richtigen Voraussetzung (Umgebung und menschlicher Einfluss) in einem wunderschönen und faszinierenden Verhalten äußern.
Oder in einer Katastrophe.
Bsp Border Collie der über die Weide fliegt wie der Wind oder in Zeitlupe schleicht und in unglaublicher Präzision eine Herde zielgerichtet hütet.
Oder Border Collie der neurotisch im Vorgarten in Dauerschleife seinen Schwanz jagt.
 
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Jörg
28. Juni 16:09
Es wird ja noch komplizierter, weil Verhalten ja immer Kontextbezogen ist. Ein Verhalten kann in einer Situation normal und produktiv angesehen werden und in einem anderen Kontext als unnromal und auffällig. Daher warnt man ja auch davor, spezialisierte Hunde in der falschen Umgebung zu halten. Verhält sich der Kangal in der Stadt auffällig oder ist seine Umgebung einfach falsch. Ich würde nie der Genetik alles in die Schuhe schieben. Was man aus der Genetik macht liegt am Menschen. Wir setzten unsere Hunde dem aus, womit sie klar kommen müssen. Genetik kann sich unter richtigen Voraussetzung (Umgebung und menschlicher Einfluss) in einem wunderschönen und faszinierenden Verhalten äußern. Oder in einer Katastrophe. Bsp Border Collie der über die Weide fliegt wie der Wind oder in Zeitlupe schleicht und in unglaublicher Präzision eine Herde zielgerichtet hütet. Oder Border Collie der neurotisch im Vorgarten in Dauerschleife seinen Schwanz jagt.
Ist den das ganze eine Reaktion oder ein Verhalten? Baumann sagt das Aggression kein Verhalten ist. Was ist es denn jetzt wer kann das genau definieren?
 
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Dogorama-Mitglied
28. Juni 17:03
Es findet auch eine natürliche Domestikation bei Füchsen statt. Das beobachtet man bei Füchsen, die in urbanen Gebieten leben. Das geht natürlich viel langsamer, als in der gezielten Zucht, aber die Veränderungen sind die gleichen wie im Zuchtexperiment. Füchse, die weniger scheu sind können in urbanen Gebieten besser Nahrung finden, sind weniger gestresst und vermehren sich natürlich besser, als Füchse die scheu sind. Und es treten auch die gleichen optischen Veränderungen auf. Wer Interesse am Phänomen hat kann das Stichwort "urbane Domestikation" zur Suche nutzen.
Sehr spannend, danke für die Info!