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Mel und
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Anzahl der Antworten 103
zuletzt 8. Dez.

Ängste

Hallo Leute 👋 Es geht um Nios Freundin Yuna, eine Labradoodle-Hündin, unkastriert und vor kurzem 4 Jahre alt geworden. Sie hat heftigste Geräuschangst. Anfangs, als sie noch jünger war, trat diese Angst nur um Silvester herum auf, zur Knaller-Zeit. Mittlerweile ist es aber so, dass sie sowohl auf Motorräder als auch auf laute Autos – besonders mit Anhänger – oder Traktoren reagiert. Und wenn’s ganz schlecht läuft, sogar auf Fahrradfahrer. Sie springt dann an der Leine nach vorne und bellt. Man muss richtig aufpassen, dass sie nicht plötzlich auf die Straße springt. Sie ist auch schon ein paar Mal beim Gassi­gehen, während sie frei lief, bei einem lauten Geräusch einfach nach Hause gerannt – zum Glück nicht weit entfernt und in einer ländlichen Gegend, wo der Rückweg nicht ganz so gefährlich ist. Trotzdem natürlich absolut ein No-Go, ich weiß. Jetzt waren in der Nähe wieder Treibjagden auf den Feldern und es wurde geschossen. Seitdem will sie zuhause gar nicht mehr Gassi gehen. Nur mit ganz viel Glück und Überreden gelingt es an manchen Tagen überhaupt, dort eine kleine Runde zu drehen. Meist muss die Halterin sie ins Auto packen und woanders hinfahren. Dann geht’s etwas besser – aber oft auch nur wenige Minuten, und obwohl nichts zu hören ist, bekommt sie plötzlich wieder Angst und zieht panisch zum Auto zurück. Mittlerweile sind es offenbar nicht mehr nur Geräusche, sondern auch „gruselig“ aussehende Objekte. Besonders Dinge in der Luft. Heute waren wir hier bei mir zusammen Gassi (andere Stadt). Da spielen die beiden sonst immer super schön und hier knallt eigentlich nie etwas – bisher jedenfalls. Mal sehen, wie es Silvester sein wird. Aber plötzlich hat sie an den Stromleitungen diese „Dinger“ entdeckt – so flatternde Bänder, vermutlich gegen Vögel. Und zack, direkt wieder Angst: nur noch zurück zum Auto ziehen, Hecheln, Rute unten. Wir vermuten, dass das eventuell mit den Heißluftballons zusammenhängt, vor denen sie auch schon einmal panisch nach Hause geflüchtet ist. Ihre Ängste werden immer mehr, und ihre Halterin ist heillos überfordert und weiß einfach nicht mehr weiter. Sie reagiert auch auf Geräusche aus dem TV. Wenn es dort knallt, bekommt sie sofort Panik und rennt in den Keller ins Gästeklo. Deswegen denke ich, dass man wenigstens irgendeine Grundlage fürs Training hat – denn wenn sie auf TV-Geräusche reagiert, könnte man ja eigentlich mit Geräusch-Apps oder Ähnlichem arbeiten. Aber auch das klappt nicht. Sobald auch nur ansatzweise ein Knall oder Raketen-Geräusch zu hören ist, flüchtet sie. Selbst wenn es kaum hörbar ist. Es gibt einfach keinen Lautstärke-Bereich, der leise genug wäre, dass sie keine Panik hat und noch überhaupt aufnahmefähig ist. Habt ihr ähnlich ängstliche Hunde? Was sind eure Erfahrungen und Tipps in diesem Kontext?
 
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Mel und
8. Dez. 00:30
Du hast den Thread zwar erstellt, und es gab wirklich gute Beiträge aber nun hast Du das Problem, wie Du der Halterin die Lösungsansätze näher bringen kannst. Schwierig. Trotz all der guten Vorschläge hier wäre mein Lösungsvorschlag tatsächlich auch ein Profi vor Ort.
Das sehe ich genauso.
Die Beiträge hier waren wirklich hilfreich, aber ich merke selbst, dass es für mich wahnsinnig schwer ist, all das gebündelt und verständlich an die Halterin weiterzugeben.

Ein Profi vor Ort wäre tatsächlich die beste Lösung – jemand, der Hund und Umfeld direkt sehen kann und die richtigen Rückschlüsse zieht. Die Situation ist komplex, und bevor man irgendetwas falsch interpretiert, ist eine fachliche Einschätzung einfach am sinnvollsten.

Das Schwierige ist : Die Halterin war schon einmal bei einer Tierpsychologin oder Verhaltenstherapeutin.Das ist allerdings direkt beim Vorgespräch gescheitert, weil sofort zu Beruhigungsmitteln geraten wurde – ohne überhaupt zu klären, ob der Hund körperlich gesund ist. Kein Blick auf die Gesamtsituation, einfach direkt: „Ohne Medikation kein Training.“
Das fand sie völlig unseriös, und ehrlich gesagt sehe ich das genauso.

Sie hat vor ein paar Monaten noch einmal versucht, jemand anderen zu erreichen, aber laut ihrer Aussage ist gibt es momentan kaum Termine – wie beim Facharzt, man muss ewig lange warten.
 
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Sonja
8. Dez. 00:36
Das sehe ich genauso. Die Beiträge hier waren wirklich hilfreich, aber ich merke selbst, dass es für mich wahnsinnig schwer ist, all das gebündelt und verständlich an die Halterin weiterzugeben. Ein Profi vor Ort wäre tatsächlich die beste Lösung – jemand, der Hund und Umfeld direkt sehen kann und die richtigen Rückschlüsse zieht. Die Situation ist komplex, und bevor man irgendetwas falsch interpretiert, ist eine fachliche Einschätzung einfach am sinnvollsten. Das Schwierige ist : Die Halterin war schon einmal bei einer Tierpsychologin oder Verhaltenstherapeutin.Das ist allerdings direkt beim Vorgespräch gescheitert, weil sofort zu Beruhigungsmitteln geraten wurde – ohne überhaupt zu klären, ob der Hund körperlich gesund ist. Kein Blick auf die Gesamtsituation, einfach direkt: „Ohne Medikation kein Training.“ Das fand sie völlig unseriös, und ehrlich gesagt sehe ich das genauso. Sie hat vor ein paar Monaten noch einmal versucht, jemand anderen zu erreichen, aber laut ihrer Aussage ist gibt es momentan kaum Termine – wie beim Facharzt, man muss ewig lange warten.
Ja, es gibt leider überall schwarze Schafe.
Hat sie denn einen Termin ausgemacht? Auch wenn es noch dauert bis zum Termin, ist das ja wahrscheinlich ihre einzige Option. Wenn sich vor dem Termin was anderes ergibt, kann sie den Termin ja immer noch absagen.
 
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Mel und
8. Dez. 00:39
Ja, es gibt leider überall schwarze Schafe. Hat sie denn einen Termin ausgemacht? Auch wenn es noch dauert bis zum Termin, ist das ja wahrscheinlich ihre einzige Option. Wenn sich vor dem Termin was anderes ergibt, kann sie den Termin ja immer noch absagen.
Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass sie tatsächlich schon einen Termin ausgemacht hat – zumindest hat sie mir nichts davon erzählt. Ich frage sie aber noch mal und rate ihr dazu .

Edit: Ich habe ihr auch angeboten, dass sie Yuna hier gerne mal für einen ganzen Tag abgeben kann, falls es ihr zu viel wird.
Mich würde ehrlich gesagt sehr interessieren, wie sie sich dann verhält. Bei Knallern weiß ich ja, dass sie auch bei mir Panik bekommt, aber ich wüsste gern, ob sie dann zum Beispiel auch von den Stromleitungen oder ähnlichen Triggern genauso Angst hätte.

Das hier ist so eine gefährliche Stromleitung
 
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Karin
8. Dez. 02:03
Schreb doch mal an Martin rütter ich glaub der kann dir helfen.
 
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Julia 🐾Nero
8. Dez. 05:57
Eine Verhaltensanalyse kann sicher hilfreich sein, aber hier bei Dogorama ist das definitiv nicht der richtige Rahmen wie ich finde .Zumal die Halterin ja nicht einmal im Forum ist. Für mich persönlich geht das Ganze auch einfach zu weit. Um ehrlich zu sein: Schon die vielen Rückfragen und Antworten hier bringen mich gerade an meine Grenze – ich fühle mich damit ziemlich überfordert,ist ja nicht mein Hund und wir sind halt auch nur "Gassi-Freunde."
Ich habe auch gemeint, dass die Verhaltensanalyse natürlich vor Ort und vor allem von einem Person mit nötiger Expertise und Erfahrung durchgeführt werden muss.
Nicht im Forum.

Im Forum könnte man höchstens anhand von Videos Ideen oder Meinungen abgeben. Was immer noch alles Spekulation wäre, aber ohne jegliches Bildmaterial glaube ich stellt sich jeder auch völlig unterschiedliche Dinge vor.
Denn zu einer Analyse gehört ja auch Aktion und Reaktion auf menschlicher Seite in Echtzeit.
 
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Jörg
8. Dez. 07:27
Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass sie tatsächlich schon einen Termin ausgemacht hat – zumindest hat sie mir nichts davon erzählt. Ich frage sie aber noch mal und rate ihr dazu . Edit: Ich habe ihr auch angeboten, dass sie Yuna hier gerne mal für einen ganzen Tag abgeben kann, falls es ihr zu viel wird. Mich würde ehrlich gesagt sehr interessieren, wie sie sich dann verhält. Bei Knallern weiß ich ja, dass sie auch bei mir Panik bekommt, aber ich wüsste gern, ob sie dann zum Beispiel auch von den Stromleitungen oder ähnlichen Triggern genauso Angst hätte. Das hier ist so eine gefährliche Stromleitung
Es könnte auch die Elektro statische Aufladung in der Nähe von solchen Leitungen sein in der nass kalten Jahreszeit ist diese meistens höher als im Sommer. Achte mal drauf ob sie auch bei Gewitter ähnliche Stress Symptome hat. Allein das Knistern in der Nähe könnte ein Auslöser sein.
 
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Frank
8. Dez. 08:34
Das sehe ich genauso. Die Beiträge hier waren wirklich hilfreich, aber ich merke selbst, dass es für mich wahnsinnig schwer ist, all das gebündelt und verständlich an die Halterin weiterzugeben. Ein Profi vor Ort wäre tatsächlich die beste Lösung – jemand, der Hund und Umfeld direkt sehen kann und die richtigen Rückschlüsse zieht. Die Situation ist komplex, und bevor man irgendetwas falsch interpretiert, ist eine fachliche Einschätzung einfach am sinnvollsten. Das Schwierige ist : Die Halterin war schon einmal bei einer Tierpsychologin oder Verhaltenstherapeutin.Das ist allerdings direkt beim Vorgespräch gescheitert, weil sofort zu Beruhigungsmitteln geraten wurde – ohne überhaupt zu klären, ob der Hund körperlich gesund ist. Kein Blick auf die Gesamtsituation, einfach direkt: „Ohne Medikation kein Training.“ Das fand sie völlig unseriös, und ehrlich gesagt sehe ich das genauso. Sie hat vor ein paar Monaten noch einmal versucht, jemand anderen zu erreichen, aber laut ihrer Aussage ist gibt es momentan kaum Termine – wie beim Facharzt, man muss ewig lange warten.
Das kann durchaus Sinn machen den Panikkreislauf mit Beruhigungsmittel - die beruhigend(!) aber nicht(!) lähmend wirken, zu unterbrechen.
Ein angepasstes Training ist dann sicher einfacher.
🌻
 
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Sweets
8. Dez. 09:08
Würde auf jeden Fall mit einer Verhaltensmedizinerin darüber reden. Kann aus Erfahrung sagen, je länger man versucht das nur über Training alleine zu regeln, desto mehr riskiert man, dass sich richtige Traumata entwickeln.

Wir haben mit unserer Verhaltensmedizinerin unsere Hündin jetzt auf Pexion eingestellt, mit Trazodon zur Unterstützung an besonders stressigen Tagen. Meistens folgt darauf sowieso ein Stress-detox für mehrere Wochen, bevor man überhaupt mit der Verhaltenstherapie anfängt. Ist natürlich doofes Timing mit Silvester :(

Dr Amy Cook hat ein sehr gutes Framework für Geräuschangst, für Hunde die Spielbegeistert sind! Aber auch da wird es wahrscheinlich erstmal eine solide Grundlage brauchen und ich befürchte der nächste Kurs ist auch erst im Frühling wieder.
 
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Katja
8. Dez. 09:45
Hab gerade nochmal den Link von Steve Kaye und der Angsthündin gefunden:

https://youtu.be/KZ2V6qOI1zQ?si=tv_UPUShXU2IzYcL

Ich weiß ja nicht, wie Deine Freundin finanziell aufgestellt ist, aber eventuell wäre der ne Option?
Mir persönlich redet er ja zu viel und die Preise sind auch happig, aber ich finde den Ansatz, nach einer persönlichen Ersteinschätzung dann per Video-Unterstützung im eigenen Alltag gecoacht zu werden, doch ganz charmant…

Ansonsten sehe ich echt auch das Problem, dass sich viele Hundetrainer nennen, aber dann doch nur „Schema F“ anwenden… zudem muss es ja auch persönlich passen…
 
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Julia 🐾Nero
8. Dez. 12:09
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob es wirklich so ungewöhnlich ist, dass ein Hund im Fluchtmodus trotzdem noch hastig ein Leckerli verschluckt. Bei Yuna ist es so: Sie nimmt es hastig, schluckt es runter und zieht dann direkt weiter nach vorne. Das passiert allerdings nur draußen beim Gassi. Ob sie Zuhause – wenn sie wegen zb Knallern richtig Panik hat und in ihre Box flüchtet – überhaupt noch Futter nehmen würde, weiß ich nicht. Kann ich mir allerdings kaum vorstellen. Das werde ich mal nachfragen. Dass sich ein von dir beschriebenes Verhaltensmuster entwickelt haben könnte, kann ich mir durchaus vorstellen. Und ich denke, so etwas könnte vielleicht sogar auch draußen entstanden sein– nicht nur in der Wohnung. Was die Flucht in den Keller betrifft: Ich finde nicht unbedingt, dass das gefördert oder belohnt wurde. 🤔Es wurde doch lediglich eine schalldämmende Box dort hingestellt, und genau in dieser fühlt sie sich offensichtlich am sichersten.
Die Flucht wird denke ich dadurch gefördert und gelobt, in dem sie aktiv ermöglicht und sozial bestätigt wird.

Im Endeffekt trainiert die Hündin täglich Zuhause ein Verhalten, was sie aber draußen nicht zeigen soll. Selbstständig und ohne Rücksprache die Flucht ergreifen und entscheiden wohin. Je öfter ein Verhalten ausgeführt wird, umso mehr wird es gefestigt.
Ich meine du hättest geschrieben die Box wäre extra gemütlich eingerichtet worden und es gäbe da sogar Futter. Vielleicht verwechsle ich aber auch was.

Im Beispiel mit Nelly, der Hündin bei Steve war es ja zum Beispiel so, dass sie unter das Bett geflüchtet ist, wenn ich mich richtig erinnere. Steve hat sie ja zur sich genommen, also raus aus der gewohnten Umgebung, und ihr auch ein Safe space eingerichtet, aber nicht unter dem Bett und nicht isoliert in einem anderen Zimmer. Sie hatte ihre Box in einem durch ein Gitter abgetrennten Bereich, in einem Raum in dem sie sich mit den anderen Hunden und eben auch dem Mensch aufhielt. Flucht war weder möglich, noch nötig, sie befand sich ja immer im Safe space und wurde für kurze Trainings Einheiten rausgeholt.

Auch sieht man bei ihm ganz gut, dass der Hund besser früher, als später, aus der Komfortzone herausgeholt werden muss. Auch wenn es leichter Druck und Zwang bedeutet. Die Komfortzone ist ja gar keine Komfortzone, sondern ein mentales Gefängnis, aus dem der Hund selber nicht rauskommt.
Das Herausholen muss natürlich souverän und gleichzeitig bestimmend geschehen. Kleinschrittig und mit Empathie, aber ohne Angst und systematisch (also nach Plan, wann, wie lange, was wird gemacht).

Ich würde mir das alleine auch nicht zutrauen. Man hat ja große Angst etwas falsch zu machen, zu viel zu machen, Vertrauen zu verlieren usw.
Ich finde anhand des Nelly Beispiels sieht man aber ganz gut, dass es notwendig ist, damit der Hund nicht immer weiter in dieser Spirale abrutscht.