Würde eine Hundin eine Hundeschule führen dürfen?
Würde eine Mutterhündin – also die leibliche Mutter eines Wurfs – nach heutigem Tierschutzrecht (konkret §11 TierSchG) eine Hundeschule betreiben dürfen?
Aus meiner Sicht: Nein.
Warum?
- Korrekturen ohne Vorwarnung: Wenn ein Welpe sich unangemessen verhält, wird er direkt korrigiert – das kann ein Knurren, Anrempeln oder ein kurzes Schnappen sein.
-> Im menschlichen Hundetraining würde das evtl. als „aversiv“ oder gar „gewaltsam“ gewertet, obwohl es biologisch, sozial und funktional absolut sinnvoll und angemessen ist.
- Grenzen setzen durch körperliche Präsenz oder Blockieren: Die Hündin duldet nicht alles, sondern setzt klare Grenzen – und das auf eine Weise, die dem Hund auch körperlich vermittelt wird.
-> In der Theorie des §11-Scheins müsste das oft durch positive Verstärkung ersetzt werden.
- Keine Leckerli-Pädagogik: Die Hündin arbeitet nicht mit Belohnungen im klassischen Sinne (wie Leckerli), sondern mit sozialer Bestätigung, Nähe, Schutz oder auch Entzug davon.
-> Das entspricht nicht dem gängigen Bild moderner Konditionierungsmethoden.
- Kontextuale Strenge: Die Mutterhündin ist nicht „konsequent im Sinne der Lernpsychologie“, sondern situativ.
-> Das würde in einer behördlichen Prüfung evtl. als „inkonsistent“ oder „nicht methodisch sauber“ bewertet.
Sie trainiert keine „Kommandos“, sondern Lebenskompetenz:
-> Wie man mit Frust umgeht.
-> Wie man Nähe aushält – oder Distanz akzeptiert.
-> Wie man sich sozial einfügt, ohne unterzugehen.
All das wäre in vielen Hundeschulen nicht zulässig, weil…
… es nicht mit positiver Verstärkung arbeitet.
… es keine standardisierte Methode ist.
… es im Zweifel als „aversiv“ gilt.
Die natürliche Erziehung durch die Hündin ist vielschichtig, klar, sozial differenziert – aber aus unserer Sicht oft „zu direkt“ oder „nicht freundlich genug“.
Wenn also einer Mutterhündin die behördliche Erlaubnis verweigern würden, Welpen zu erziehen, muss Erziehung dann immer positiv konditioniert sein? Oder sollten wir mehr auf soziale Interaktion und natürliche Kommunikation zu setzen?
Was ist eigentlich wirklich „tierschutzkonform“ – das, was gut aussieht? Oder das, was dem Hund wirklich hilft?
Ist das, was eine Hündin tut, wirklich weniger „tierschutzkonform“ als unsere Systeme?
Sollten wir also mehr von der Mutterhündin lernen – oder passt das nicht mehr in unsere Welt?