Ich habe nicht mitgelesen und kann nur für uns berichten.
Wir sind Team Stadt, haben aber Familie, die (für unsere Verhältnisse) sehr ländlich wohnt. Meine Tante und ich sind erstmals Hundehalterinnen und beide Hunde sind unter 3,5 Jahre. Insoweit waren das aber die Vergleiche.
In der Stadt hat man nicht viele Freilaufflächen und diese sind naturgemäß sehr gut besucht. Man trifft also zwangsläufig viele andere Hunde, mit denen es möglichst harmonisch laufen soll.
Oder man muss den anderen Hunden auf oft engem Weg ausweichen. Von großen, schneller befahrenen Straßen mit Lieferverkehr, Autos, Radfahrern, Fußgängern, bei uns auch Krankenhaus mit Rettungsdienst, die um einen herum sind, ganz zu schweigen. Kinderwägen, überhaupt Kinder, die den Hund streicheln wollen...
Leinenführigkeit und entspannte Hundebegnungen sind da ein Muss.
Eine gewisse charakterliche Festigkeit im Alltag und nicht allzu schreckhaft sein ist vom Vorteil.
Viele Menschen und Hunde sind durch den Alltagstrubel ganz automatisch etwas abgestumpft, vermute ich. Und stressige Situationen lassen sich besser trainieren.
Ich merke den Unterschied zu meiner Tante (und Oma, auch mit Hund, wohnt nahe der Tante). Wir waren vor zwei Wochen bei den beiden im Urlaub.
Es gibt viel Wald und Felder, aber das meiste wird bewirtschaftet, es ist offiziell kein Freilauf möglich. Die Straßen sind (schnell befahrene) Landstraßen, auch kein Freilauf möglich. Die meisten Menschen, die Hunde haben, gehen mit diesen in den Wald und treffen dort keine anderen Hunde. Die Sozialisierung erfolgt laut meiner Tante eher in der Hundeschule. Zitat: "Etwa einmal die Woche treffen wir hier andere Hunde und die kennen wir meist nicht, also leinen wir an. Zudem ist hier viel Wildwechsel und Hund hört noch nicht sooo gut."
Vor ca einem Jahr waren wir schon mal mit Lilly dort und auch gemeinsam Gassi.
Meine Oma und Tante leinten bei Sichtung eines anderen Hundes direkt sehr erschrocken ihre Hunde an. "Oh, da ist ein Hund am Horizont! Komm mal her, Pauli!"
Klar, dass Pauli dann aufgeschreckt war, weil Frauchen sich erschrocken hat - und an der Leine natürlich nicht die Bewegungsfreiheit hat, wie ohne.
Beide, Oma und Tante, waren sehr erstaunt, wie entspannt ich bin und das ich nicht gleich anleine.
Aber ich treffe in der Stadt, wie eingangs geschrieben, eben bei jedem Gassigang mindestens einen Hund. Anstatt einmal die Woche. Und ein Feld zum Ausweichen habe ich auch nicht.
Inzwischen sind beide aber etwas entspannter.
Und ich für meinen Teil, hatte etwas Sorge, dass mein Hund mit der "Ländlichkeit" nicht umgehen kann: Nutztiere, Landmaschinen, etc. Da ich aber etwas näher am Brandenburger Umland wohne, habe ich sie dahingehend sozialisiert, am Wochenende gibt es oft einen längeren Halbtagesausflug ins Grüne. Kühe, Schafe, Pferde - un/beritten, Alpakas, Wasserbüffel (gibt es auch hier in Berlin und das nicht nur im Tierpark), Ziegen, kennt sie alles. Ebenso Landmaschinen.
Ich habe daher das Glück, dass mein Hund beides kennt und kann. Muss aber dazu sagen, dass ich die ersten drei Monate unserer gemeinsamen Zeit, sprich Prägephase, auch sehr ländlich mit ihr gelebt habe. Pferde beispielsweise kennt sie aus größerer Distanz von Welpenalter an. In Berlin hatten wir ohne Leine eine Wildschweinbegegnung auf kurzer Distanz; direkt vor der Haustür ist eine große Kleingartenanlage mit kleinen Wildtieren und einer Fuchsfamilie, die wir öfter treffen.
Und Berlin selbst ist sehr grün und zum Teil in Kern der Stadtteile doch noch irgendwo "dörflich". Es gibt sehr viele, sehr versteckte, grüne Ecken, wenn man sich auskennt. Klar, kein Feld, aber ein paar verlassene Stadtwäldchen gibt es. Nur glauben einem das die meisten Landbewohner nicht, wenn sie es nicht selbst erlebt haben.