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Julia 🐾Nero
Einleitungs-Beitrag
Anzahl der Antworten 74
zuletzt 18. Juli

Das Sozialisierungs-Paradox

Ich möchte mal meine aktuellen Gedanken teilen und gerne andere Meinungen einholen. Derzeit folge ich Tierschützern, die in Bosnien-Herzegowina Hunde aus Zwingern und von der Kette retten. Absolut herzzerreißend, Welpen werden mit wenigen Wochen an 2 Meter und kürzere Ketten gelegt und leben ihr Leben lang so. Oft auf Matsch und Schlamm, während 1 Meter weiter Gras und Wiese ist, an die sie nie rankommen... Aber darum geht es eigentlich nicht in diesem Thread. Es geht darum, dass diese Hunde mit 5 Jahren oder älter ziemlich problemlos und schnell nach Rettung in große Hundegruppen integriert werden können. Mit Hunden aller Größen, Fellfarben, kupierten Hunden und Plattnasen. Es funktioniert erstaunlich gut. Das widerspricht aber irgendwie der weit verbreiteten Sozialisierungstheorie, in der Hunde möglichst früh mit möglichst vielen verschiedenen Hunden Kontakt haben müssen um "hündisch" zu lernen. Verpasst man das sind innerartliche Konflikte vorprogrammiert, weil die Hunde keine angemeassen Kommunikation gelernt haben sollen und die "Resozialisierung" ein langer und steiniger Weg. Wie passt das zusammen? Gibt es eine Hyperfokussierung auf die sogenannte Sozialisierung und sind wir dadurch möglicherweise blind für andere Faktoren, die tatsächlich zu Unverträglichkeiten und innerartlicher Aggression führen? Denn es scheinen auch die Hunde, die brav Welpenstunden, Spielgruppen, Junghundekurse und Social Walks gemacht haben Probleme mit Artgenossen zu entwickeln. Dennoch wird es auf mangelnde oder falsche Sozialisierung geschoben. Ist unser Verständnis von Sozialisierung (das aktuell durch Hundeschulen geprägt ist) einfach komplett falsch? Wieso können Ketttenhunde perfekt hündisch, obwohl sie nie mit Artgenossen in Kontakt waren und unsere Hundeschulenhunde nicht?
 
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Sonja
3. Juni 09:45
..vor allem darf man nicht verallgemeinern.. Tendenziell läuft Hund im Dorf meiner Verwandten nebenher.. Der Hund gehört einfach dazu, läuft frei auf dem Hof und ggf im Umfeld, darf mal mit aufs Feld.. ist/ wird an Menschen und Tiere gewöhnt.. ohne da irgendetwas zu machen..auch geht nahezu nie jemand mit ihm Gassi oder ähnliches. Es gibt kein Training.. nur Gewöhnung.. Ganz anders ist das auf dem Gehöft, von dem ich Rocky habe.. Neben der Gewöhnung gibt es zB die Hütehundausbildung durch die Interessengemeinschaft altdeutscher Hütehunde..da die Hunde an Schaf, Rind und Pferden arbeiten. Es liegen Welten zwischen Dorf und Dorf.. Gemeinsam haben sie nach meiner bisherigen Erfahrung allerdings, das es keinerlei Training für den Hund/ Hund Umgang gibt. Das passiert ganz automatisch. Das anzusprechen würde für Verwunderung sorgen.. " .. das Lernen die doch von Mama und machen es unter sich aus".. 😅😉
Letzteres ist so ein typischer, althergebrachter Satz, bei dem sich mir die Haare sträuben... Klar, notfalls nach Darwin 🙄
 
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Jörg
18. Juli 09:10
Es gibt auch die Sogenannte übersozialiesirung, wenn der Hund zu jedem und allen darf. Kettenhunde die so aufgewachsen sind wie du hier beschreibt sehen andere Hunde mit anderen Augen die sehen bellen und knurren als wenig sinnvoll da sie damit kein Erfolg haben. Und Artgenossen nicht als Bedrohung da ja nichts passiert ist. Hunde haben in der Regel auch keine angst vor dem biss ansich sondern die irrtetiert meistens die Aufregung die andere Hunde verbreiten. Aber auch hierbei ist es wieder eine Sache der Gewohnheit. Diese Hunde haben eine hohe Frustrations Toleranz da sie nicht mit immer damit durchgekommen sind mit ihren willen. Jetzt kommt das aber wenn diese Hunde sich mit dem Gegenüber nicht verstehen kommt es direkt zu heftigen Auseinandersetzungen zb wenn die individuelle Distanz nicht gewahrt wird.

Das ist meine Meinung zu diesem Thema und wie immer meine Ansicht. Ob ich damit vollkommen richtig liege oder falsch kann wahrscheinlich nur jemand sagen der so einen Hund hat.
 
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Tim
18. Juli 09:44
Epigenetische Veranlagung würde ich vermuten 🤷🏽‍♂️
 
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Dogorama-Mitglied
18. Juli 21:28
Ich denke, dass Hunde das Verständnis für die Basics der hündischen Kommunikation in die Wiege gelegt bekommen und sich das, gefordert und gefördert durch den Anpassungs"druck" in einer Gruppe und ohne Vermurkserei durch den Menschen schnell solide ausbaut.

Die Sozialisierung in unserer Lebenswelt verlangt aber ein Skillset, das komplexer und weniger ursprünglich ist und wird oft viel zu verkopft und vermurkst angegangen und ich vermute darin die Ursache des Problempotentials, das du ansprichst.