Spannendes Thema. Ich biete als Hundetrainerin eine Art der Resozialisierung. Angeblich unverträgliche Hunde integrieren wir zuerst in meine Gruppe, wo sie ganz neue Erfahrungen machen können, nämlich dass sie die Konfrontation mit Artgenossen aushalten müssen, weil keine Leine sie blockiert oder schützt, je nach Motivation für aggressiv anmutendes Verhalten. Kein Mensch, der Einfluss nimmt, keine gestressten Gefühle drum herum. Es dauert meist keine 5 Minuten, bis alle friedlich miteinander laufen. Diese Hunde fallen immer wieder damit auf, dass sie zu Beginn ihre Besitzer verteidigen, es nicht dulden, wenn diese meine Hunde streicheln, dass sie unruhig werden, wenn es mal ein paar Minuten nicht weiter geht und oft auch dadurch, dass sie Ressourcen verteidigen.
Und dann, wenn sie mal ein paar Wochen bis Monate 1x/Woche mitlaufen, werden sie langsam wieder ganz normale Hunde. Sie fangen an, an Hundebegegnungen (natürlich nur mit passenden Hunden) teilzunehmen und bekommen Feedback, das sie verstehen.
Es geht natürlich auch darum, dass die Menschen lernen, wie sich ihr Hund an ihnen orientieren kann und wie sie Grenzen setzen können, aber dazu gehört für mich auch, dass sie ihren Hund mal ganz anders erleben, nämlich dass er sehr wohl kann und auch braucht, wovor sie lange solche Angst hatten, nämlich Kontakt zu Artgenossen. Ganz ohne menschlichen Einfluss, der meist eher emotionaler Natur ist, was die Hunde aber natürlich extrem wahrnehmen. Also: ja, ich stimme absolut zu, dass der Einfluss des Menschen einen großen Einfluss auf das Sozialverhalten unserer Hunde hat, aber es bringt nichts, das zu verurteilen, denn wir alle stehen woanders, haben unterschiedliche Möglichkeiten, unsere Emotionen zu kontrollieren, wir alle sind unterschiedlich erzogen und sozialisiert worden. Aber wir alle können ruhig und ohne einzugreifen Hunden zusehen, ohne hysterisch zu werden, wenn es zu Konflikten kommt, und daraus eine Menge lernen.
Und hier spreche ich nicht von wirklich aggressiven Hunden sondern von Hunden, die aus Unsicherheit oder mangelnder Erziehung und Erfahrung im Umgang mit Artgenossen an der Leine pöbeln und deshalb von diesen isoliert wurden.
Besonders ehemalige Straßenhunde leiden darunter, plötzlich an der Leine Frontalbegegnungen aushalten zu müssen und keine Anleitung seitens des Menschen zu bekommen, außer dass der vielleicht ebenfalls versucht, andere Hunde panisch auf Distanz zu halten und dann auch noch mit anderen Hundehaltern "Krieg" anfängt, weil der seinen Hund zu nah ran lässt....
Und einer meiner Co-Trainer, der souveränste in meiner Truppe, ist übrigens selber ein ehemaliger Kettenhund.