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Julia 🐾Nero
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zuletzt 18. Juli

Das Sozialisierungs-Paradox

Ich möchte mal meine aktuellen Gedanken teilen und gerne andere Meinungen einholen. Derzeit folge ich Tierschützern, die in Bosnien-Herzegowina Hunde aus Zwingern und von der Kette retten. Absolut herzzerreißend, Welpen werden mit wenigen Wochen an 2 Meter und kürzere Ketten gelegt und leben ihr Leben lang so. Oft auf Matsch und Schlamm, während 1 Meter weiter Gras und Wiese ist, an die sie nie rankommen... Aber darum geht es eigentlich nicht in diesem Thread. Es geht darum, dass diese Hunde mit 5 Jahren oder älter ziemlich problemlos und schnell nach Rettung in große Hundegruppen integriert werden können. Mit Hunden aller Größen, Fellfarben, kupierten Hunden und Plattnasen. Es funktioniert erstaunlich gut. Das widerspricht aber irgendwie der weit verbreiteten Sozialisierungstheorie, in der Hunde möglichst früh mit möglichst vielen verschiedenen Hunden Kontakt haben müssen um "hündisch" zu lernen. Verpasst man das sind innerartliche Konflikte vorprogrammiert, weil die Hunde keine angemeassen Kommunikation gelernt haben sollen und die "Resozialisierung" ein langer und steiniger Weg. Wie passt das zusammen? Gibt es eine Hyperfokussierung auf die sogenannte Sozialisierung und sind wir dadurch möglicherweise blind für andere Faktoren, die tatsächlich zu Unverträglichkeiten und innerartlicher Aggression führen? Denn es scheinen auch die Hunde, die brav Welpenstunden, Spielgruppen, Junghundekurse und Social Walks gemacht haben Probleme mit Artgenossen zu entwickeln. Dennoch wird es auf mangelnde oder falsche Sozialisierung geschoben. Ist unser Verständnis von Sozialisierung (das aktuell durch Hundeschulen geprägt ist) einfach komplett falsch? Wieso können Ketttenhunde perfekt hündisch, obwohl sie nie mit Artgenossen in Kontakt waren und unsere Hundeschulenhunde nicht?
 
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Kirsten
31. Mai 20:54
Die Hunde leben in Gruppen von schätzungsweise 30 bis 40 Tieren (natürlich kastriert) auf einem quasi Gnadenhof. Die Vermittlung steht nicht im Fokus der Organisation, es werden wohl nur einzelne Hunde vermittelt. Ziel ist es den Hunden im eigenen Land ein "Hundeparadies" zu bauen und die Probleme vor Ort durch Kastrationsprogramme (Straßenhunde) und Aufklärung (Kettenhunde) zu lösen. Jetzt will ich gar nicht bezweifeln, dass die Hunde, wenn sie in eine Stadt in Deutschland o.ä. vermitteln werden würden Schwierigkeiten hätten sich einzugewöhnen. Aber die Hund-Hund Kommunikation scheint überhaupt kein Problem zu sein (selbst bei kupierten oder brachyzephalen Hunden, bei denen bei uns immer von Verständigungsproblemem ausgegangen wird). Deswegen frage ich mich, ob innerartliches Sozialverhalten wirklich erlernt werden muss oder so fest im Hund verankert ist, dass sie es intuitiv können. Zumindest bekomme ich verstärkt den Eindruck. Jetzt will ich nicht sagen, dass man Welpen und Hunde nicht sozialisieren soll. Überhaupt nicht. Ich frage mich nur, ob die Art der Sozialisierung richtig ist und ob der Stellenwert so groß ist, wie wir annehmen. Und ob eben andere Ursachen für Artgenossenprobleme unbehandelt und unergründet bleiben, weil wir uns so auf "mangelnde Sozialisierung" stützen. Ich habe auch den Eindruck, dass all die "Sozialisierung" oft wenig Erfolg zeigt bei Hunden, die als unverträglich gelten oder generell immer in Konflikte mit Artgenossen geraten. Ist aber nur mein persönlicher Eindruck.
Ich denke, das Setting ist ja auch ein ganz anderes.

Die Hunde haben dort mehr Platz und werden weniger angeleitet, die Konflikte so zu lösen, wie „Mensch“ es gern hätte. Die Hunde probieren Stück für Stück eigene Strategien aus und verfolgen dabei eigene Ziele.
Die Gruppen bestehen aus unterschiedlichen Altersgruppen.
Die Hunde agieren auf ihre Weise und unterliegen weniger menschlichen Vorstellungen als hier in D im Stadtleben.

Meine Auslandshündin war mit dem Brüderchen auf Pflegestelle und kam „erst“ mit einem halben Jahr nach Deutschland. Die hat gar kein Problem mit optischen Besonderheiten.

Bei französischen Bulldoggen ist ihr aber die steife Form der Annäherung (also die Körpersprache) anfangs unangenehm. Ist das Eis erstmal gebrochen, aber auch kein Problem mehr.
Ob die Hunde große Augen haben, eine rassetypische Bürste, Kringelrute, Schnarchen, Grunzen oder was auch immer, völlig egal. Der Gesamteindruck zählt. Der kommt ja nicht, von einer einzigen Besonderheit.

Bei schwarzen Labradoren hat sie gelernt, dass die manchmal distanzlos und zu körperlich sind.
Wenn einmal untersucht wurde, ob das „Vorurteil“ zutrifft, ist das aber auch kein Problem mehr.

Im Direktkontakt gibt es hier eigentlich keine großartigen Probleme. Frontales reinlaufen der Hunde auf Menschenart wird aber wohl nie ihrs werden 😅
In einer festen Hundegruppe klarzukommen ist in meinen Augen etwas anderes, als ständige Begegnungen. Hundegruppen waren hier nie ein Problem.
 
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Frank
31. Mai 21:35
Ich denke dass es einen großen Unterschied macht ob Hunde in einer HundeMeute(!) leben oder vereinzelt bei paar Menschen, von denen viele nicht viel Ahnung und Bewußtsein von Körpersprache haben,

und zudem das menschliche Sozialverhalten manchmal auch eher unterirdisch, egozentrisch oder einfach nur bescheuert ist und dann vom Hund gespiegelt wird.

Das viele Verhaltensmuster genetisch gespeichert sind und weiter vererbt werden halte ich für selbstverständlich. Dieser "Grundstock" wird dann durch lernen und Erfahrung/Prägung weiter ausgebaut, was dann den individuellen Hund ergibt.
Im Grunde recht simpel - "oda"? 😁🌻
 
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Julia 🐾Nero
31. Mai 21:49
Ich denke dass es einen großen Unterschied macht ob Hunde in einer HundeMeute(!) leben oder vereinzelt bei paar Menschen, von denen viele nicht viel Ahnung und Bewußtsein von Körpersprache haben, und zudem das menschliche Sozialverhalten manchmal auch eher unterirdisch, egozentrisch oder einfach nur bescheuert ist und dann vom Hund gespiegelt wird. Das viele Verhaltensmuster genetisch gespeichert sind und weiter vererbt werden halte ich für selbstverständlich. Dieser "Grundstock" wird dann durch lernen und Erfahrung/Prägung weiter ausgebaut, was dann den individuellen Hund ergibt. Im Grunde recht simpel - "oda"? 😁🌻
Dann ist natürlich meine simple Schlussfolgerung, dass die Sozialisierung wie wir sie hier betreiben bzw wie sie propagiert wird, anscheinend nicht selten zu Erfahrungen und Prägungen führt, die sich negativ auf das Sozialverhalten der Hunde auswirkt.

Andererseits sind es vielleicht gar nicht die Erfahrungen, sondern wie wir Menschen mit den Erfahrungen umgehen und damit natürlich auch unsere Hunde.
Ähnlich dem Kind, das hinfällt und entweder abgeklopft wird und weiter geht's oder direkt auf den Arm genommen und getröstet wird, wodurch es erst den Eindruck bekommt, dass gerade etwas Schlimmes passiert sein muss und das Weinen anfängt.
 
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Julia 🐾Nero
31. Mai 21:55
Ich denke, das Setting ist ja auch ein ganz anderes. Die Hunde haben dort mehr Platz und werden weniger angeleitet, die Konflikte so zu lösen, wie „Mensch“ es gern hätte. Die Hunde probieren Stück für Stück eigene Strategien aus und verfolgen dabei eigene Ziele. Die Gruppen bestehen aus unterschiedlichen Altersgruppen. Die Hunde agieren auf ihre Weise und unterliegen weniger menschlichen Vorstellungen als hier in D im Stadtleben. Meine Auslandshündin war mit dem Brüderchen auf Pflegestelle und kam „erst“ mit einem halben Jahr nach Deutschland. Die hat gar kein Problem mit optischen Besonderheiten. Bei französischen Bulldoggen ist ihr aber die steife Form der Annäherung (also die Körpersprache) anfangs unangenehm. Ist das Eis erstmal gebrochen, aber auch kein Problem mehr. Ob die Hunde große Augen haben, eine rassetypische Bürste, Kringelrute, Schnarchen, Grunzen oder was auch immer, völlig egal. Der Gesamteindruck zählt. Der kommt ja nicht, von einer einzigen Besonderheit. Bei schwarzen Labradoren hat sie gelernt, dass die manchmal distanzlos und zu körperlich sind. Wenn einmal untersucht wurde, ob das „Vorurteil“ zutrifft, ist das aber auch kein Problem mehr. Im Direktkontakt gibt es hier eigentlich keine großartigen Probleme. Frontales reinlaufen der Hunde auf Menschenart wird aber wohl nie ihrs werden 😅 In einer festen Hundegruppe klarzukommen ist in meinen Augen etwas anderes, als ständige Begegnungen. Hundegruppen waren hier nie ein Problem.
Dann sollte man doch aber unbedingt daraus lernen und unsere Form der Sozialisierung anpassen.

Also Hunden mehr Raum geben, statt Welpengruppen gemischte Gruppen zusammenstellen und Hunde in der Konfliktlösung ausprobieren lassen.
Ich habe außerdem den Eindruck, dass sehr viel Fokus auf unwichtige Dinge wie Sitz gelegt wird.
Ich war zwar in keiner Welpengruppe aber in einem Junghundekurs und da fand Kommunikation und Interaktion nicht statt.
Jeder an der Leine sein Ding machen.
Auch die unzähligen Social Walks fand ich im Nachhinein sinnlos bzw sogar kontraproduktiv. Denn bis auf Stress und Frust hatte mein Hund da keine positiven Erfahrungen mit Hunden.
Spaß hatten aus meiner Sicht eigentlich nur die Hunde, die eh sehr sozialverträglich waren.

Generell habe ich den Eindruck, dass sich sehr viele bzw alle Sozialisierungsangbote an bereits sozialverträgliche Hunde richten. Die anderen fallen ziemlich schnell raus bzw es gibt für sie keine Strategie um frühzeitig etwas zu bewirken.
So dass die "Sozialisierung" die Hundeschulen anbieten Hunde eigentlich nicht sozialverträglich macht, sondern die bereits verträglichen Hunde bespaßt und die Unverträglichen aussortiert.
 
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Lisa-Eileen
31. Mai 22:15
Die Hunde leben in Gruppen von schätzungsweise 30 bis 40 Tieren (natürlich kastriert) auf einem quasi Gnadenhof. Die Vermittlung steht nicht im Fokus der Organisation, es werden wohl nur einzelne Hunde vermittelt. Ziel ist es den Hunden im eigenen Land ein "Hundeparadies" zu bauen und die Probleme vor Ort durch Kastrationsprogramme (Straßenhunde) und Aufklärung (Kettenhunde) zu lösen. Jetzt will ich gar nicht bezweifeln, dass die Hunde, wenn sie in eine Stadt in Deutschland o.ä. vermitteln werden würden Schwierigkeiten hätten sich einzugewöhnen. Aber die Hund-Hund Kommunikation scheint überhaupt kein Problem zu sein (selbst bei kupierten oder brachyzephalen Hunden, bei denen bei uns immer von Verständigungsproblemem ausgegangen wird). Deswegen frage ich mich, ob innerartliches Sozialverhalten wirklich erlernt werden muss oder so fest im Hund verankert ist, dass sie es intuitiv können. Zumindest bekomme ich verstärkt den Eindruck. Jetzt will ich nicht sagen, dass man Welpen und Hunde nicht sozialisieren soll. Überhaupt nicht. Ich frage mich nur, ob die Art der Sozialisierung richtig ist und ob der Stellenwert so groß ist, wie wir annehmen. Und ob eben andere Ursachen für Artgenossenprobleme unbehandelt und unergründet bleiben, weil wir uns so auf "mangelnde Sozialisierung" stützen. Ich habe auch den Eindruck, dass all die "Sozialisierung" oft wenig Erfolg zeigt bei Hunden, die als unverträglich gelten oder generell immer in Konflikte mit Artgenossen geraten. Ist aber nur mein persönlicher Eindruck.
Diese ganze Sozialisierung wird oft halt auch falsch angegangen, hab ich am Anfang halt auch falsch gemacht.
Es wird ja immer gesagt der Hund müsse möglichst viele verschiedene Kontakte haben, oft wird das dann aber verwechselt mit "ich schmeiße meinen Hund mit wahllos jedem Hund zusammen/ lass ihn überall hin/ dran" oder sogar das man den Hund in die Situation zwingt weil man denkt der MUSS ja unbedingt Kontakt haben.
Hab ich leider auch am Anfang gemacht, heute löffel ich die Suppe aus.
N Hund braucht nicht viel Kontakt sondern eben qualitativ guten und den findet man hier sehr selten.
Wenn man dann seinen Hund mit den ganzen unhöflichen Assihunden zusammenlässt, grad wenn er jung ist hat man sich fix den Hund versaut.
Ich glaube es geht auch nicht um die Kommunikation ansich, das ist bei Hunden drin und verankert ja, sondern sag ich mal eher um das gute Benehmen und miteinander, wie geht man höflich mit anderen Hunden/ Menschen und anderen Tieren um.
Das ist das was bei der Sozialisierung eigentlich gelernt werden muss/ wird (wenn es richtig gemacht wird).
Rocket zb kommuniziert sehr fein und gut aber das Verhalten ist halt nicht mehr grad höflich.
Durch die vielen Übergriffe hat er halt gelernt selbst ungestüm und aufdringlich zu werden.
Junge Hunde brauchen halt gut erzogene erwachsene Hunde die gut Grenzen setzen und regulieren können... weil das ist es was die Hunde im Umgang erst lernen müssen, die Kommunikation ansich steckt ja schon in ihnen.
 
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Lisa-Eileen
31. Mai 22:19
Ich denke, das Setting ist ja auch ein ganz anderes. Die Hunde haben dort mehr Platz und werden weniger angeleitet, die Konflikte so zu lösen, wie „Mensch“ es gern hätte. Die Hunde probieren Stück für Stück eigene Strategien aus und verfolgen dabei eigene Ziele. Die Gruppen bestehen aus unterschiedlichen Altersgruppen. Die Hunde agieren auf ihre Weise und unterliegen weniger menschlichen Vorstellungen als hier in D im Stadtleben. Meine Auslandshündin war mit dem Brüderchen auf Pflegestelle und kam „erst“ mit einem halben Jahr nach Deutschland. Die hat gar kein Problem mit optischen Besonderheiten. Bei französischen Bulldoggen ist ihr aber die steife Form der Annäherung (also die Körpersprache) anfangs unangenehm. Ist das Eis erstmal gebrochen, aber auch kein Problem mehr. Ob die Hunde große Augen haben, eine rassetypische Bürste, Kringelrute, Schnarchen, Grunzen oder was auch immer, völlig egal. Der Gesamteindruck zählt. Der kommt ja nicht, von einer einzigen Besonderheit. Bei schwarzen Labradoren hat sie gelernt, dass die manchmal distanzlos und zu körperlich sind. Wenn einmal untersucht wurde, ob das „Vorurteil“ zutrifft, ist das aber auch kein Problem mehr. Im Direktkontakt gibt es hier eigentlich keine großartigen Probleme. Frontales reinlaufen der Hunde auf Menschenart wird aber wohl nie ihrs werden 😅 In einer festen Hundegruppe klarzukommen ist in meinen Augen etwas anderes, als ständige Begegnungen. Hundegruppen waren hier nie ein Problem.
Ist ja auch nochmal was anderes, in so ner Gruppe ist es ja eine Meute oder sogar Rudel, das sind Hunde die sich kennen wo auch alles geklärt ist/ wird.
Was ganz anderes als Fremdhunde, glaube das wird auch oft nicht verstanden das es da für den Hund ein großer Unterschied ist.
Viele meinen der muss dann alles und jeden lieben und mit klarkommen.
Es ist aber nunmal n Rudeltier und kein "ich lieb alles und jeden" Tier.
 
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Lisa-Eileen
31. Mai 22:19
Ich denke dass es einen großen Unterschied macht ob Hunde in einer HundeMeute(!) leben oder vereinzelt bei paar Menschen, von denen viele nicht viel Ahnung und Bewußtsein von Körpersprache haben, und zudem das menschliche Sozialverhalten manchmal auch eher unterirdisch, egozentrisch oder einfach nur bescheuert ist und dann vom Hund gespiegelt wird. Das viele Verhaltensmuster genetisch gespeichert sind und weiter vererbt werden halte ich für selbstverständlich. Dieser "Grundstock" wird dann durch lernen und Erfahrung/Prägung weiter ausgebaut, was dann den individuellen Hund ergibt. Im Grunde recht simpel - "oda"? 😁🌻
Jup, genau das.👍🏼
 
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* ᴀʟᴇxᴀꜱ ꜱᴄʜɴᴀᴜᴢᴇʀᴛʀᴜᴘᴘ
31. Mai 23:14
Ich laufe mit einem ehemaligen Kettenhund 2 mal am Tag mit meinen 3 Mädels.
5 Jahre Kette und 1 Jahr dannach Tierheim.
Er ist verträglich egal ob mit Plattschnauzen, Hunde mit Bärten etc. 😊
 
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Sigi
31. Mai 23:19
Wie der Herr so sein Gscherr.😉
Ja ich glaube sozial verhalten haben Hunde in den Genen. Drum klappt das auch meist..
 
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Kirsten
31. Mai 23:24
Dann sollte man doch aber unbedingt daraus lernen und unsere Form der Sozialisierung anpassen. Also Hunden mehr Raum geben, statt Welpengruppen gemischte Gruppen zusammenstellen und Hunde in der Konfliktlösung ausprobieren lassen. Ich habe außerdem den Eindruck, dass sehr viel Fokus auf unwichtige Dinge wie Sitz gelegt wird. Ich war zwar in keiner Welpengruppe aber in einem Junghundekurs und da fand Kommunikation und Interaktion nicht statt. Jeder an der Leine sein Ding machen. Auch die unzähligen Social Walks fand ich im Nachhinein sinnlos bzw sogar kontraproduktiv. Denn bis auf Stress und Frust hatte mein Hund da keine positiven Erfahrungen mit Hunden. Spaß hatten aus meiner Sicht eigentlich nur die Hunde, die eh sehr sozialverträglich waren. Generell habe ich den Eindruck, dass sich sehr viele bzw alle Sozialisierungsangbote an bereits sozialverträgliche Hunde richten. Die anderen fallen ziemlich schnell raus bzw es gibt für sie keine Strategie um frühzeitig etwas zu bewirken. So dass die "Sozialisierung" die Hundeschulen anbieten Hunde eigentlich nicht sozialverträglich macht, sondern die bereits verträglichen Hunde bespaßt und die Unverträglichen aussortiert.
Ich mag in dem Bezug gerne mal das Buch von Turid Rugaas „Calming Signals“ ins Spiel bringen.

Dort wird ganz gut beschrieben, welchen Wert es hat, wenn Hunde über eine beruhigendes Verhaltensrepertoire verfügen.
Auch im Bezug auf Hunde die „ihre Sprache verlieren“. Die Sprache ist Teil des Erbes, der Genetik. Über Strafe durch Hunde oder Menschen, kann es passieren, dass Hunde anfangen, diese teilweise oder ganz zu unterdrücken (aber sie verlieren diese nicht wirklich).

Hunde können diese Sprache auch zurückgewinnen, im Zusammenhang mit fähigen Hunden, wenn man die unsicheren Hunde nicht in bedrohliche Situationen packt, in denen sie sich verteidigungsbereit zeigen müssen. Dafür sind gut sozialisierte Hunde von Vorteil.
Manchmal auch weniger Fokus auf gehorsames Verhalten, weil dieses manchmal mit dem Beschwichtigungsverhalten in Konkurrenz steht und den Hund in Konflikte bringt.

Ich finde auch, dass solche Aspekte häufig zu kurz in Sozialisierungsgruppen kommen. Ebenfalls interessant fand ich in dem Buch das ein Erstarren ebenfalls als beschwichtigend gewertet werden kann. Besonders hier im Forum und auch an anderen Stellen wird es oft eher als unhöfliches Signal gewertet.

Ich denke, wenn vielen Personen bewusst wäre, wieviel Mühe die Hunde bereits in Konfliktlösung investieren, wäre das Verlangen geringer, sie wegen Signalen zu schimpfen, die Distanz schaffen sollen.