Selbstbeherrschung ist nix anderes wie ein kurzzeitiges unterdrücken von Emotionen. Kurzzeitig weil das Fass in die man diese Emotionen steckt irgendwann voll ist. Dann kann es böse enden. Sinnvoller wäre es doch manche Emotionen zuzulassen damit dieses Fass nicht überläuft.
Hier bei uns darf zB geschrien, geschimpft, geflucht, wütend aufgestampft und mit Türen geknallt werden und ja ab und an fliegt auch mal was durch die Gegend. Wir lassen also diese Emotionen ein Stück weit zu.
Jetzt gibt es aber nicht nur den Normalo sondern auch viele impulsive Menschen auf der Welt die es noch lernen müssen.
Der Gedanke das man mit 30 sich selbst immer unter Kontrolle haben sollte klingt theoretisch ganz nett aber das wars auch schon. Jeder Mensch der Emotionen empfindet ist in jedem Alter anfällig für unkontrollierte impulsive Handlungen. Solange er damit niemanden schadet sehe ich darin auch kein großes Problem.
Katrin, wir sind ja meistens nicht einer Meinung. Aber hier sprichst Du mir gerade aus der Seele.
Ich verfüge durchaus über Selbstbeherrschung, und Entspannungstechniken machen mein Leben (und das der anderen) seit vielen Jahren leichter. Aber ich lasse meine Wut lieber raus, statt sie zu horten. Aus Überzeugung. Denn wenn ich mir sofort Luft mache, geschieht das noch halbwegs kontrolliert, und ist sehr schnell wieder vorbei. Und was ich dann auch immer mache, meistens lauter werden, trifft keinen Unschuldigen.
Wenn ich meinem Hund 5 x sage, was er tun soll, er das auch sichtlich weiß, aber willentlich ignoriert, halte ich es nicht für verwerflich, laut zu werden. Wenn mein Hund trotz monatelangem Training, mit einem Seitenblick auf mich einschätzend, ob ich weit genug weg bin, etwas vom Boden aufnimmt, was potentiell gefährlich ist, halte ich es für legitim, einen Schreckreiz anzuwenden.
Als Erziehungsmethoden sehe ich das nicht, da gebe ich positiven Methoden den Vorrang. Aber auf den Hund zu reagieren, indem ich freundlich herumsäusele, obwohl ich auf 180 bin, das wäre nicht authentisch, was wiederum der Hund bemerkt, was wiederum verhindert, dass er mich ernst nimmt.
Also wenn jemand eine so sanfte Seele ist, dass nie rumgeschrien wird, sollte derjenige es auch nicht anfangen. Aber wer der Typ ist, der sich lieber sofort kurz und heftig Luft verschafft, soll das tun. Meine Erfahrung ist, dass die Hunde das richtig verstehen. Besser als wenn jemand alles in sich rein frisst und dann nachtragend ist.
Natürlich hat das alles Grenzen. Ich bin damit aufgewachsen, dass Hauen, Prügeln, Schlagen eine normale Erziehungsmaßnahme ist, die man nicht nur aus Überforderung einsetzt. Zum Glück habe ich eine andere Sichtweise kennen gelernt, und würde meine Hunde niemals verprügeln. Für andere ist ein kleiner Klapps auf die Nase, den ich durchaus bewusst gebe, schon schlimmste Misshandlung. Für die Hunde, denen ich mal einen Klapps gebe, ist es keine.
Ich finde, das ist die Hauptsache, dass man die zum Hund passende Grenze nicht überschreitet.