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Katrin
Einleitungs-Beitrag
Anzahl der Antworten 36
zuletzt 10. Sept.

(Alb-)Traumberuf Tierarzt

Mir fiel gerade Töchterchens Freundebuch aus der Kiga und Grundschulzeit in die Hände. Beim durchschauen las ich oft Traumberuf Tierärztin/Tierarzt. Auch in meinen damaligen Freundebüchern tauchte der Wunsch sehr oft auf. Von all denen wurde letztendlich niemand Tierarzt, aus untschiedlichen Gründen. Die meisten hatten entweder nicht die passenden Noten oder entschieden sich doch lieber für andere Berufe die für sie geeigneter waren. Ich lernte später aber auch einige Leute kennen für die Tierarzt werden das ganze große Ziel war. Nicht nur Beruf sondern Berufung. Einige schafften es, andere hielten den Druck, das Pensum und die psychische Belastung während des Studiums nicht aus. Diejenigen die es schafften starteten schuldenbelastet in einen Arbeitsalltag der unglaublich anstrengend war, physisch und psychisch denn keiner startete sofort mit einer eigenen Praxis, niemand war danach sein eigener Chef und reich wurden sie auch nach fast 20 Jahren arbeiten nicht. Im Gegenteil, viele der Tierärzte die ich privat kennenlernen durfte hatten Probleme wie Burnout, Depression usw. Hinzu kommt das anscheinend auch noch die Gewaltbereitschaft auch gehen Tierärzte zunimmt. Drohungen, Sachbeschädigung, Cybermobbing bzw Tierarztbashing oftmals durch unzufriedene Patientenbesitzer sind leider keine seltene Ausnahmefälle. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin froh das meine Tochter nicht Tierärztin werden will. Auch mein Sohn hat andere Pläne für seine Zukunft. Trotzdem mache ich mir Sorgen. Schon jetzt haben wir in Deutschland ein Problem. Vielerorts ist keine Klinik oder Tierarzt mehr in der Nähe vorhanden. Praxen haben Aufnahmestopps. Die Dorftierarztpraxis wird zum Auslaufmodell. Notdienste fallen weg. Wir Haustierbesitzer können an vielen Problemen die die Ausbildung usw angeht nichts ändern. Aber wir können unseren Tierärzten den Arbeitsalltag etwas angenehmer und freundlicher gestalten. Wir können ihre Leistungen wertschätzen, Verständnis für längere Wartezeiten aufbringen, nicht gleich negativ reagieren wenn der TA unbequeme Themen anspricht oder Klartext redet. Und wir können Danke sagen. Nicht nur mit Worten sondern auch mal mit kleinen Aufmerksamkeiten für die Praxis. Denn ohne guten Tierarzt wird gute Tierhaltung schnell schwierig. Wie steht ihr zu dem Thema? Wer wollte Tierarzt werden und hat es dann sein lassen und wieso? Wusstet ihr wie hart das Studium und der Beruf sein kann? Habt ihr euch bei eurer Praxis mal bedankt? Wenn ja, wie und womit? Oder findet ihr sowas unnötig? Schließlich bezahlt man ja für die Arbeit die sie dort leisten. Wie immer nett und freundlich bleiben. Katrin J.
 
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Mirja
Beliebteste Antwort
28. Aug. 13:03
Das finde ich sehr schön, dass sich da mal jemand Gedanken zu macht, dass hast du sehr schön geschrieben 🥰. Meine Tochter hatte im Alter von 3 Jahren schon den Wunsch, Tierärztin zu werden. Jetzt ist sie 24 Jahre alt, studiert seit 4 Jahren Tiermedizin in Hannover und ist nächstes Jahr im April fertig 💪🏻. Es ist tatsächlich ein hartes und schweres Studium (Corona hat noch sein übriges dazu getan 🤪) aber sie hatte immer ein klares Ziel vor Augen. Sie wird Tierärztin aus Leidenschaft (reich werden mit dem Beruf wahrscheinlich die wenigsten) und ich hoffe auch, dass die Besitzer von den Tieren, die sie dann ab nächstem Jahr behandeln wird, das zu schätzen wissen 🙏🏻🥹.
 
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Birgit
28. Aug. 12:00
Ich hab neulich auch gelesen, dass bei Tierärzten die Selbstmordquote höher als beim Durchschnitt ist.
Das hat mir auch zu Denken gegeben.

Sicher ist man nicht immer gleicher Meinung oder mit allem einverstanden, aber grundsätzlich sollte man höflich und freundlich sein.
Meine Tierärzte sind und waren immer bemüht eine gute Lösung zu finden. Dafür bedankte ich mich auch und mache zu Weihnachten mal eine kleine Aufmerksamkeit, wenn ich da eh einen Termin habe. Das Trinkgeldschwein bekommt unter dem Jahr was ab 😉
Ich wollte Tierarzthelferin werden, bin aber dann anders abgebogen 🤷‍♀️
 
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Sabine
28. Aug. 12:00
Ich kenne eine Tierärztin die jetzt im Veterinäramt arbeitet weil sie vorallem mit zunehmend schwierigen und unverschämten Tiernesitzern nicht klar kam.
Ich habe bei meiner Tierärztin gerade einen schnellen Termin für eine Zahnop bekommen da wir in Urlaub fahren. Hab der Helferin die es organisiert hat und länger geblieben ist eine kleine Aufmerksamkeit mitgebracht und mich bei allen bedankt.
Finde ich selbstverständlich.
 
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Katja
28. Aug. 12:08
Zudem finde ich diesen Trend hier höchst bedenklich:

https://www.gesundheitsmarkt.de/liste-groessten-betreiber-tierarztpraxen/

Immer mehr Tierarztpraxen werden von weltweiten Konzernen wie Nestlé & Co aufgekauft… und den Tierärzten dann die Behandlungen nach „Return of Invest“ diktiert. Wenn da mal nicht irgendwann das Tierwohl auf der Strecke bleibt…🤔

https://www.rbb24.de/wirtschaft/beitrag/2023/04/nestle-mars-tierarzt-notversorgung-evidensia-anicura-hunde-katzen.htm
 
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Katja
28. Aug. 12:17
Noch ein paar interessante Fakten:

https://www.fr.de/politik/tiere-tierarzt-praxen-hund-katze-konzerne-spekulanten-91922587.html

Tierarzt scheint als Beruf in der Tat ein Auslaufmodel, was sich jetzt schon in einer massiven Reduktion der Kliniken & Notdienste äußert.
Und angesichts des fehlenden Nachwuchses wird das nur schlimmer werden…
 
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Bettina
28. Aug. 12:55
Noch ein paar interessante Fakten: https://www.fr.de/politik/tiere-tierarzt-praxen-hund-katze-konzerne-spekulanten-91922587.html Tierarzt scheint als Beruf in der Tat ein Auslaufmodel, was sich jetzt schon in einer massiven Reduktion der Kliniken & Notdienste äußert. Und angesichts des fehlenden Nachwuchses wird das nur schlimmer werden…
Ich denke, es ist aber ein Stück weit ein hausgemachtes Problem. Wir Tierbesitzer erwarten halt auch immer mehr von unseren Tierärzten. Mit unserem 1. Hund Ende der 80er Jahre gingen wir z.B. noch zu unserem "Dorftierarzt". Die Praxis war morgens und nachmittags jeweils ein paar Stunden geöffnet (Mittwoch Nachmittag war geschlossen). Wochenende, Sonn- und Feiertage ebenso geschlossen. Und wenn bei Bauer Huber die Kuh gekalbt hat und der TA helfen musste, dann wurde man auch mal wieder heimgeschickt. Labortechnisch konnte er nur Kleinigkeiten testen, bei größeren Operationen wurde man an die nächste Tierklinik verwiesen. Ich bin ehrlich - das würde mir heute nicht mehr ausreichen. Solche Praxen (1 Tierarzt, 1 oder 2 Helferinnen) werden es in Zukunft immer schwerer haben.
Tierarztpraxen müssen heute ein breites Spektrum an Leistungen anbieten. Das kann man als Ein-Mann-Betrieb kaum noch stemmen.
 
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SandrA
28. Aug. 13:01
Ich finde, du sprichst ein wichtiges Thema an.
Ich selbst habe früher überlegt, Tiermedizin zu studieren, bin aber ausgestiegen, weil das Schlachthauspraktikum für mich nicht machbar war – schon das zeigt mir, wie anspruchsvoll der Beruf ist.

Ich habe großen Respekt vor denen, die diesen Weg gehen und ihn durchhalten. Gleichzeitig bin ich ambivalent: Wertschätzung und ein freundlicher Umgang mit Tierärztinnen sind selbstverständlich, aber ich möchte nicht in eine Art ‚Dauerpflicht‘ verfallen, mich für die psychische Belastung der ganzen Berufsgruppe verantwortlich zu fühlen. Meine Lebenswirklichkeit hat ihre eigenen Herausforderungen und Grenzen, und ich sehe mich nicht in der Rolle der Retterin für Tierärztinnen – ich bin Kundin.

Dennoch erlebe ich Dankbarkeit ganz persönlich: Unsere Tierärztin hat uns kürzlich bei der schwersten Entscheidung begleitet – professionell in der medizinischen Betreuung und gleichzeitig menschlich und einfühlsam. Dafür bin ich sehr dankbar und kommuniziere das auch.

Ich habe aber auch schon das Gegenteil erlebt und wurde mit einem schwerkranken Hund im Stich gelassen.

Wie hier bereits gesagt wurde, ist die Situation vor allem strukturell problematisch: Viele Praxen schließen, Notdienste fallen weg, Nachwuchs fehlt, und immer mehr Einrichtungen werden von Konzernen übernommen, die wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund stellen.
Höflichkeit und Wertschätzung helfen, aber nur im Kleinen – die echten Lösungen müssen anderswo ansetzen.
 
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Mirja
28. Aug. 13:03
Das finde ich sehr schön, dass sich da mal jemand Gedanken zu macht, dass hast du sehr schön geschrieben 🥰. Meine Tochter hatte im Alter von 3 Jahren schon den Wunsch, Tierärztin zu werden. Jetzt ist sie 24 Jahre alt, studiert seit 4 Jahren Tiermedizin in Hannover und ist nächstes Jahr im April fertig 💪🏻. Es ist tatsächlich ein hartes und schweres Studium (Corona hat noch sein übriges dazu getan 🤪) aber sie hatte immer ein klares Ziel vor Augen. Sie wird Tierärztin aus Leidenschaft (reich werden mit dem Beruf wahrscheinlich die wenigsten) und ich hoffe auch, dass die Besitzer von den Tieren, die sie dann ab nächstem Jahr behandeln wird, das zu schätzen wissen 🙏🏻🥹.
 
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Maria
28. Aug. 13:58
Ich selbst arbeite in der Zahnmedizin. Aggressive Patienten haben wir zum Glück nicht, aber an manchen beißt man sich wirklich die Zähne aus (haha), weil sie die einfachsten Dinge nicht verstehen können und/oder wollen.

Bei Tierärzten ist es wohl noch mal schlimmer, weil man eben an seinem Tier hängt und es nicht leiden sehen will. Das ein Tierarzt kein Heiliger ist und die Medizin Grenzen hat wird oft vergessen.
Und wenn es ganz hart auf hart kommt...der Tod ist nun mal der Preis den wir alle, auch unsere Hunde, für das Leben zahlen müssen. 🤷

Wir selbst haben schon mal ein niedliches Bild von Lennox in einem selbst dekoriertem Bilderrahmen an unseren Tierarzt verschenkt. Steht da bis heute. 😄
Obwohl dort leider gerade Personalmangel herrscht, sind alle lieb, freundlich und nehmen sich immer Zeit. 💜
 
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Katrin
28. Aug. 14:02
Zudem finde ich diesen Trend hier höchst bedenklich: https://www.gesundheitsmarkt.de/liste-groessten-betreiber-tierarztpraxen/ Immer mehr Tierarztpraxen werden von weltweiten Konzernen wie Nestlé & Co aufgekauft… und den Tierärzten dann die Behandlungen nach „Return of Invest“ diktiert. Wenn da mal nicht irgendwann das Tierwohl auf der Strecke bleibt…🤔 https://www.rbb24.de/wirtschaft/beitrag/2023/04/nestle-mars-tierarzt-notversorgung-evidensia-anicura-hunde-katzen.htm
Bei den Großkonzernen bin ich ehrlich gesagt hin und her gerissen denn diese Konzerne bringen sehr viel Geld mit. In wie weit das positiv genutzt wird (Forschung, Personal, Bezahlung, Ausstattung der Praxen und Förderung der Ärzte durch Lehrgänge) kann ich allerdings nicht beurteilen.
 
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Regina
28. Aug. 14:10
Tolles Thema Katrin!
Nee, Tierärztin wollte ich noch nie werden. Überhaupt alles, was mit Medizin zu tun hat, war ausgeschlossen. Als ich auf Lehrstellensuche ging, war es extrem schwer, etwas zu bekommen, bei einigen Ärzten hier im Ort hätte ich sofort etwas bekommen. Da meine Kindheit von den schweren Erkrankungen meiner Eltern geprägt war wollte ich aber nicht, die psychische Belastung, egal ob Behandlung von Menschen oder Tieren, nee, nix für mich.
Ich bin froh, dass wir eine Tierärztin aus Leidenschaft haben, wahrscheinlich wird sie damit nicht reich, zumal sie mindestens einmal im Jahr nach Afrika fliegt, um dort kostenlos zu behandeln, impfen, kastrieren. Außerdem unterstützt sie dort noch ein Kinderheim....
Hausbesuche macht sie in ihrer Mittagspause, ist immer sehr engagiert, erklärt dem Halter alles gut und in aller Ruhe und das trotz eigener Erkrankung und Chemo-Therapie