Wieder einer dieser Artikel mit möglichst dramatischen Titel „Wissenschaftler warnt: Wölfe töten Menschen“. Grundlage ist die Einschätzung des kanadischen Wildbiologen Valerius Geist, der eine Eskalationsskala für Wölfe beschreibt: von neugieriger Annäherung bis hin zum Angriff. Klingt alarmierend, aber: Zeit für etwas Einordnung.
Was stimmt:
Ja, es gab in der Vergangenheit vereinzelt Wolfsangriffe auf Menschen, vor allem in Ländern mit Tollwutvorkommen oder wenn Wölfe gezielt angefüttert wurden.
Ja, Wölfe sind keine Kuscheltiere, sondern Raubtiere.
Und ja, wir sollten ihr Verhalten beobachten, gerade dort, wo sie regelmäßig menschliche Nähe suchen.
Was aber nicht stimmt (oder weggelassen wird):
In Europa sind tödliche Wolfsangriffe extrem selten bis nicht existent. Zwischen 2002 und 2020 gab es keinen einzigen dokumentierten Todesfall durch einen Wolf in Europa.
Wölfe meiden in der Regel den Menschen: Außer, sie werden durch Fütterung, Gier oder Unwissenheit enthemmt.
Studien belegen, dass das Risiko, durch einen Wolf zu Schaden zu kommen, geringer ist als durch einen Haushund, ein Pferd oder Wildschwein.
Warum ist so ein Artikel trotzdem gefährlich?
Weil er Ängste schürt, ohne Kontext zu liefern.
Weil er die Debatte emotional auflädt und das gerade jetzt, wo wir dringend sachliche Auseinandersetzungen brauchen: über sinnvollen Herdenschutz, über Koexistenz und über die Frage, wie wir mit Wildtieren in unserer Kulturlandschaft umgehen wollen.
Fazit:
Wer ruft „der Wolf kommt, er tötet!“, sollte mehr liefern als alte Theorien, vage Vermutungen und Einzelfälle aus fernen Ländern.
Denn Panik ist kein Managementkonzept.
Ja, ich finde den verlinkten Artikel auch ziemlich reißerisch und damit wenig seriös!
Ich finde aber auch, es lohnt sich, über Maßnahmen nachzudenken, die über Zäune und Herdenschutzhunde hinausgehen.
Je nach Eskalationsstufe (und die Fallbeispiele in dem Artikel zur verschiedenen Gewöhnung an den Menschen find ich echt gut!) braucht’s auch lokal kreativere Maßnahmen: Wenn die Menschen sich, wie beschrieben, alleine gelassen vorkommen, entwickeln sie eigene Strategien… und die sind mit Sicherheit nicht unbedingt im Sinne des Wolfes, das sehe ich auch im Spreewald.
Daher find ich’s schade, dass hier so viele Totschlagargumente a la „alles kein Problem, der Wolf wird dem Menschen nicht gefährlich“ kommen…