Da gehst du jetzt aber vom sehr spezifischen Fall aus, wo der Hund andere belästigt und gleichzeitig seinen Stressauslöser aktiv vermeiden könnte.
Vielen Stressoren kann der Hund aber nicht entkommen. Zum Beispiel dauerhaft zu viel Aktivität/Überforderung durch das Umfeld (zu enig Ruhemöglichkeit) kann der Hund nicht beeinflussen.
Das entlädt sich dann eben in Stressreaktionen.
Stressgerammelt werden ja oft eh keine anderen Hunde (ausser bei Überforderung auf der Hundewiese oder Mehrhundehaltung), sondern Menschenbeine und - arme, Polster, Stofftiere etc.
Da einfach nur zu Unterbinden/Abzugewöhnen wäre kontraproduktiv und würde mit größter Wahrscheinlichkeit nur zu einer Verlagerung des Ausdrucks führen.
Das war ja auch nur ein Beispiel. So spezifisch finde ich den Fall gar nicht, wenn man ihn abstrahiert.
Also deine Frage war ja, was kann ein gestresster Hund tun, wenn man ihm seine unproduktive Möglichkeit Stress abzubauen nicht erlaubt. Und du gehst davon aus, dass die einzige Option ist eine andere unproduktive Möglichkeit Stress abzubauen zu wählen.
Also ein Hund, der nicht rammeln darf, wird anfangen sich zu drehen oder so.
Und meine Meinung ist eben, dass beide Verhaltensweisen nichts bringen, sondern der produktive Weg wäre die Situation zu verlassen, Abstand zu gewinnen, sich abzuwenden etc. Die Möglichkeit muss der Halter dem Hund natürlich auch geben, das stimmt schon. Aber der Hund muss die Option überhaupt erst Mal auf dem Schirm haben.
Dass Hunde ihren Stressor aber aktiv aufsuchen, anstatt zu meiden findet aus meiner täglichen Beobachtung sehr oft statt.
Klassisches Beispiel Hund zieht an der Leine zum anderen Hund.
"Der will unbedingt hin, weil er spielen will" hört man dann immer. Und ja aus menschlicher Sicht ist es unlogisch, dass der Hund da hin zieht, obwohl der andere Hund ihn stresst. Aber meistens sind die ziehenden Hunde überfordert oder haben keinen Bock oder manche sogar Angst, haben aber nie gelernt auszuweichen oder die Situation zu verlassen. Die wenigsten Hunde wollen ihren Stressauslöser aktiv vermeiden, sondern halten genau drauf, weil sie es nie anders gelernt haben.
Hab sehr selten einen Hund gesehen, der sich umdreht und in die andere Richtung, weg vom Stressor zieht. Eigentlich nur bei Welpen und die wurden leider einfach von den Haltern weitergezogen.
Aber ja mein Szenario bezieht sich auf die Anwesenheit eines konkreten Stressors, Hund, Fahrrad, Kind etc.
Wenn man von genereller Übermüdung oder sowas ausgeht sind es verschiedene Situationen.
Jedoch sehe ich das auch beim Beine rammeln bei Übermüdung ohne konkreten Stressors nicht komplett anders. Als mein Hund am Samstag abends alle Frauen angerammelt hat, weil er gestresst und übermüdet war vom Trubel, hätte er auch in den Flur gehen und sich hinlegen können. Hat er aber nie gelernt, also rennt er die ganze Zeit rum, gönnt sich selber keine Erholung und irgendwann hat sich das dann eben in alle Beine rammeln entladen. Sprich meine Aufgabe wird sein ihm beizubringen, hier ist mir gerade zu viel los, ich verkrümmel mich mal in die ruhige Ecke und schlaf ne Runde.